Lesezeit: 2 MinutenEs gibt da eine Sache in Bezug auf Videospiele, auf die ich, während ich im Internet unterwegs bin, immer recht grob reagiere: der Kanon. Kurze Erklärung laut Wikipedia: “Bei fiktiven Werken stellt der Kanon jenes Material dar, welches als offiziell gültig für das fiktive Universum anerkannt wird.”
In meinen Worten: Es ist des Creators Werk, wenn er/sie sagt, dieses und jenes sei so und so, dann ist das Gesetz. Eine gut geschriebene Geschichte ist wie in einer magischen Blase, in der alles miteinander kooperiert, untereinander Sinn ergibt und sich ergänzt. Alles, was unnötig dazukommt, würde die Harmonie zerstören. Der Kanon ist für mich unantastbar.
Mit dem Begriff Kanon geht eine “Gattung von Literatur” einher, die Fanfiction.
Disclaimer: Ich möchte niemanden bashen, der selber Fanfiction schreibt oder liest. You do you, das ist nur meine persönliche Meinung dazu.
Ich kann den Gedanken hinter Fanfiction gut nachvollziehen. Nicht wahrhaben zu wollen, dass eine Geschichte an einem gewissen Punkt zu Ende geht. Charaktere, die man lieb gewonnen hat, nicht einfach nach den Credits gehen lassen zu wollen und auf eigene Abenteuer zu schicken. Noch mehr von der Geschichte und der Welt dieser Charaktere haben zu wollen. Trotzdem kann ich Fanfiction nicht viel abfinden, ich habe ein großes Problem damit: Es zerstört für mich die eben besagte Harmonie der Geschichte. Wenn jedes Detail, welches vom Creator selbst in die Geschichte hinein integriert wird, von Bedeutung ist, wirft (im schlimmsten Fall extrem schlecht geschriebene) Fanfiction alles aus der Bahn. Dazu kommt die Auflösung der Illusion, dass das alles real sein könnte. Klar, schwingen da eskapistische Züge mit und Erwachsene weiß ich ja, dass das nur Fiktion ist. Wenn aber jeder x-beliebige Larry (Danke, Henrik) seinen Senf dazugeben kann, und überhaupt kein Gespür dafür hat, wie ein Charakter handeln würde, ist für mich einfach die Luft raus. Niemand außer dem Schreiber selbst, hat über seine Fiktion zu entscheiden. Selbst bei manchem Fanart, und damit meine ich gewisse NFSW Bilder, auf die man beispielsweise auf Tumblr stößt, lösen in mir nur ein “Oh nein, das würde so niemals passieren, hör auf meine Illusion zu zerstören.” aus.
Im Laufe unseres Final Fantasy Wochenendes ist mir doch aufgefallen, dass es bei mir persönlich sogar über die “Einmischung Dritter” hinaus geht. Spin-Off oder Cross-over Spiele, in denen Videospielcharaktere aus ihrem “natürlichen Lebensraum” herausgezogen werden und ihrer Geschichte und allem Vergangenen entledigt werden, treffen bei mir ebenfalls auf einen Nerv. Da stellt sich natürlich die Frage, ist das überhaupt Kanon? Kurz in unserem Final Fantasy Special Podcast angesprochen, ist Dissidia ein gutes Beispiel dafür. Wenn plötzlich voneinander völlig isolierte Universen und Persönlichkeiten aufeinander treffen und miteinander agieren, und in dem Fall, sich die Seele aus dem Leib prügeln, kann das für mich einfach nicht der selber Videospielcharakter sein, den ich aus dem Original kenne. Insbesondere wenn dem Ganzen eine ganz neue, unabhängige Story aufgedrückt wird. Vielleicht bin ich in meiner Wahrnehmung auch etwas zu leicht aus der Illusion zu werfen, aber ich spiele Videospiele um in eine neue Welt aufzusuchen und mich der Geschichte voll und ganz hinzugeben. Solche Dinge sind da leider ein Störfaktor.
Um nicht nur negative Vibes zu verteilen, will ich auch nicht allzu lange weiter meckern. Ich weiß, Erweiterungen jeglicher Art eines Videospiels sind eben auch nur dazu da, noch mehr von etwas so Tollem zu erleben. Manchmal sprengt es für mich einfach den Rahmen (Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist) oder nimmt eine unschöne Absurdität an. Es wäre schließlich in der Literaturwelt genau so unangenehm, wenn plötzlich der große Gatsby auf Edward Cullen aus Twilight trifft.
Was ist eure Meinung dazu? Schreibt oder lest ihr Fanfiction? Schreibt’s in die Kommentare!
Da geht es mir ganz genauso, besonders übel stößt es mir auf, wenn es gegen die im Kanon gegebenen Fakten geht und einfach völlig frei nach eigenem Gusto gehandelt wird. Da werden Figuren teilweise komplett umgeschrieben, wo ich mich teils frage: sind das wirklich Fans, die da am Werk sind? Warum spüren die nicht wie ich, wie völlig falsch das hier gerade ist?
Aber ich mag es ebenfalls nicht, wenn Figuren aus ihrer Welt herausgerissen werden und plötzlich miteinander agieren. Deswegen schließe ich mich an, dass ich auch niemals Fan von Dissida oder aber auch Kingdom Hearts werden kann (hier spielt nochmal meine große Abneigung zu Disney und die Liebe zu Final Fantasy mit).
Ich bin ja ein großer Fan von Dissidia und Konsorten. Für mich werden die Charaktere nicht “herausgerissen”, sondern man erschafft ein neues Universum in dem eine “Was wäre wenn?”-Haltung eingenommen wird. Allerdings muss ich zustimmen, dass eine Veränderung des Charakters auch für mich komisch ist.
Andererseits sind die Versionen der Charaktere auch keinesfalls Kanon und bilden eine alternative Ansicht auf die Persönlichkeit der Figur, frei nach Interpretation.
Solange sie sich nicht mit Wattebällchen bewerfen macht mir das wenig aus.
Ich selbst habe weder Fanfictions geschrieben, noch gelesen, aber so richtig verstehe ich die Abneigung dagegen nicht, denn wenn es kein Kanon ist, dann kan ich es geflissentlich ignorieren. Wenn ich Glück hab, hab ich eine eigene kleine Geschichte, die für sich selbst seteht, aber auch völlig belanglos ist. Von daher ist doch alles ok.
Fanfiction ist so eine Sache. Es steht ja jedem frei, sich seine eigenen Geschichten mit seinen Lieblingscharakteren auszudenken und niederzuschreiben. Und selbstverständlich gibt es auch sehr gut geschriebene Fanfiction. Die Sache ist die, dass Fanfiction nie dem Leser dient, sondern immer nur dem Schreiber. Denn im Prinzip führt man eine Story weiter, die man nicht enden sehen will und das ist etwas sehr egoistisches. Gleiches gilt für das Shipping von Charakteren. Wenn Miene jetzt eine Story schreibt, in der Cloud in der Zeit zurückreist, um Aerith zu retten, dann tut sie das nicht für uns, sondern weil sie ein Happy End für die beiden will. Wie gesagt, es steht jedem frei, sich seine eigenen Geschichten mit diesen Charakteren auszudenken, aber es steht mir auch frei, zu sagen, dass ich das scheiße finde.
Diese Dissidia oder Kingdom Hearts Sache sehe ich deshalb davon losgelöst, weil die beiden Titel für sich nicht den Anspruch stellen, kanonisch an die jeweiligen Spiele anzuknüpfen, aus denen sie ihr Material beziehen. Dissidia ist Super Smash Bros für Final Fantasy Fans. Die Rahmenhandlung ist so unwichtig und nebensächlich, dass es im Prinzip keine Rolle spielt. Da steht das Gameplay im Vordergrund. Und bei Kingdom Hearts ist es eine Frage des Geschmacks. In der Story ist die Handlung ja, dass die Welten miteinander verbunden werden. Damit wird diese Disney/Final Fantasy Connection ja begründet. Allerdings habe ich die Final Fantasy Charaktere in Kingdom Hearts nie als die Originale betrachtet. Wer etwas mit Comics anfangen kann, der versteht, wenn ich sage, dass für mich die Original-Games auf Earth-1 stattfanden und die Kingdom Hearts Charaktere von Earth-2 stammen. Und deshalb hat es mich nicht gestört, dass Cloud nen Flügel hatte und Squall sich Leon nannte und Tidus und Selphie Kinder auf ner einsamen Insel waren.
Zusammenfassend: Ich mag Fanfiction nicht, weil es sich anfühlt, als würde man einen guten Whiskey aus ner Schnabeltasse trinken. Da sind Charaktere, an denen ein Mensch lange und hart gearbeitet hat und sie werden dann aus dem Kontext gerissen, nach Belieben verändert und… ja, zweckentfremdet. Das heißt nicht, dass ich etwas dagegen habe, wenn Menschen Fanfiction schreiben. Das ist ja jedem selbst überlassen, aber wenn daraus so etwas wie 50 Shades of Gray entsteht, dann demontiert sich unsere literarische Kultur selbst. Und da hab ich dann etwas gegen.
Fan-Fiction und Meinungen haben eine Menge gemeinsam. Wenig davon ist qualifiziert.
Aaaaalso… zum Thema Fanfiction. Aus der Sicht des Autors und aus der Sicht des Lesers (es gibt Zeiten da lese ich fast ausschließlich Fanfics und wenig anderes…), folgendes: es gibt Gutes, es gibt Schlechtes.
Je nach Canon-Vorgabe gibt es auch massenhaft AUs (alternate universe). Und das ist auch gut so (das hat sogar neulich mal einer analysiert und gesagt: die neue Generation schreibt fast überwiegend triviale AUs vermutlich weil die Realität so ätzend ist). Denn – ich rede jetzt nur bedingt von Videospielen, sondern verstärkt von TV Shows – manchmal wird der Canon halt von der Fandom als eher scheiße angesehen – besonders zum Ende von Serien hin, hat sich das jetzt gehäuft – und wird relativ kollektiv ignoriert. Hängt halt von der Fandom ab.
Und Fanfics sind ja auch generell “transformative Arbeiten”. D.h. sie sind dazu da, zu erweitern und umzuformen. Klar, sind canon-compliant Fanfics nett. Aber nur solange wie man sich mit dem Canon identifiziert. Es gibt zum Beispiel für Mass Effect 3 unfassbar viele absolut geniale Stories, die das Ende so wie es war nicht hinnehmen; da gab es eine riesige kreative Explosion in der Fandom. Oder es gibt massenhaft Stories, die zum Beispiel die eingeschränkten LI (love interest) Optionen nicht so hingenommen haben. Oder wieder andere in denen nur minimale Aspekte vom Canon abgeändert wurden. Obwohl viele sich halt mit Szenen zwischen dem beschäftigen was das Spiel gezeigt hat; wie unterhalten sich die Crewmitglieder, wer freundet sich mit wem an und wie passiert dieses bonding. Szenen die in Dialogen angedeutet wurden, werden ausgearbeitet, etc. pp.
Und manches davon ist einfach wunderbar, sowohl von der Idee her, als auch von der Umsetzung.
Ein Anderes Beispiel da die Fandom von Warehouse 13 von der LGBTQ Community dominiert wurde, sind die überwiegenden Fanfics Femslash orientiert und die letzte, extrem enttäuschende Staffel wird oft in Fanfics komplett ignoriert, auch wenn bis dahin alles canon-compliant beschrieben wird.
Und dann ist es ja so: aufgrund des großen Trends zu “grittier, darker, mehr Tote” in Serien explodieren die AUs. Coffeeshop AUs, Highschool AUs, Babysitter AUs you name it (sehr beliebt auch: “Person X ist nicht tot AU”). Und das ist einfach nur super, wenn man den transformativen Aspekt bedenkt, da werden die Charaktere (zum Teil wunderbar “in character”) in eine völlig andere Situation verfrachtet und einige Dialogzeilen aus der Serie funktionieren immer noch. Crossovers zwischen den unterschiedlichen Serien sind auch einfach toll und faszinierend. Ich lese zum Beispiel gerade eine wunderbare Arrow AU, die das Highlander Universum integriert hat. Mit insgesamt locker 100k Wörtern genauso lang und qualitativ hochwertiger was den Schreibstil angeht als so manches Buch dass ich in den letzten Jahren gekauft habe.
Je nachdem wie eine Fandom sich zusammensetzt (also demografisch) kommen da zum Teil nämlich Sachen raus, da kann sich so mancher Bestseller Autor (ich nehme an ihr wisst wen ihr side-eye) stilistisch und inhaltlich ne Scheibe von Abschneiden. (Natürlich gibt es auch immer mal wieder grottenschlechte Stories, die so arg ooc (out of character) sind das es echt nicht geht, oder die einfach grammatikalisch und ausdruckstechnisch so mies sind, dass man nach zwei Sätzen das Teil schon weglegt und sich denkt: verdammt, schade um die geile Idee.)
Aber häufig sind die Sachen einfach nur toll, sehr kreativ und unfassbar unterhaltsam. Von daher: mehr Fanfics für Alle!