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Body Harvest – Angriff der Menschenfresser

von am 15. Juni 2012
 

Lesezeit: 3 MinutenAuch wenn das Nintendo 64 oft als Kinderkonsole verschmäht wurde, gab es in dieser Konsolengeneration ein paar der besten und härtesten Actionspiele. Alleine Rare hatte zwei großartige Ego-Shooter auf Lager und auch die Turok-Serie war zumindest in der englischen Version ein Fest für Splatterfreunde. Heute möchte ich euch jedoch ein Spiel von DMA Design vorstellen, einem Entwickler, der heute unter dem Namen Rockstar Games ein Garant für hochwertige Spiele ist.

So feiern Aliens Erntedankfest

Die Story ist ebenso abgefahren wie makaber: Im Grunde existiert die Menschheit nur dank Aliens, die uns vor Millionen von Jahren auf der Erde “gesäät” hatten. Da die Heimat der insektoiden Außerirdischen ein Komet ist, können die Killer Freaks from Outer Space zum “Menschen ernten” nur für wenige Tage auf die Erde hinabsteigen. Dieser Zyklus wiederholt sich alle 25 Jahre – unsere Geschichte beginnt jedoch im Jahr 2016, als die Menschheit praktisch schon restlos ausgerottet wurde. Als einer der letzten Überlebenden auf einer Raumstation wagt Supersoldat Adam Drake das Unmögliche: Er reist durch die Zeit in die Vergangenheit, ins Jahr 1916 – Erstkontakt mit der Bedrohung aus dem All. Eure Aufgabe wird es von nun an sein, alle 25 Jahre die Alien-Invasion zu verhindern und danach den Kometenkäfern auf ihrer eigenenen Heimatwelt eine Fliegenklatsche zu verpassen.

GTA trifft auf Starship Troopers

Gleich zu Beginn beeindruckt Body Harvest mit einer offenen Spielewelt – im Erscheinungsjahr 1998 gab es für das Open World-Genre noch keinen passenden Begriff, aber im Grunde bekommt ihr genau das geboten. Sogar in Fahrzeuge könnt ihr Einsteigen und den Alien-Käfern ordentlich einheizen: Eure Kollegin Daisy Hernandez hält den Funkkontakt aufrecht und sagt euch Bescheid, sobald die außerirdische Bedrohung irgendwo zuschlägt. Dann gilt es, so schnell wie möglich das befallene Gebiet aufzusuchen und Kammerjäger zu spielen – falls die geerntete Menschen-Population nämlich ein gewisses Limit übersteigt, ist das Spiel vorbei. Ebenso müsst ihr natürlich auf eure Gesundheit achten, denn nach eurem Ableben könnt ihr nur von eurem letzten Spielstand starten. Da die Speicherpunkte rar gesät sind, werdet ihr viele Frustmomente erleben und oft den Controller wütend in die Ecke pfeffern – willkommen in einer Videospielerfahrung ohne den Luxus von Checkpoints oder selbstheilender Helden. Im späteren Spielverlauf müssen gut 30-40 Minuten Action überstanden werden, um zu speichern – Hardcore-Zocker kommen hier auf ihre Kosten.

Der Beginn einer Erfolgsformel

Auch wenn das Open World-Genre merklich noch in den Kinderschuhen steckte – Body Harvest machte damals schon erstaunlich viel richtig und sorgte für mächtig viel Spielspaß. Da die Wege immer etwas anders genommen werden konnten, wurde das Spiel trotz mehrerer Anläufe nicht so schnell langweilig. Neben Autos durften sogar Panzer, Boote, Hubschrauber und Flugzeuge bestiegen werden – und Fliegen konnte man nicht mal später in GTA III. Auch die Gefechte gegen die Riesen-Insekten waren stets spannend und fordernd – bedingt durch die offene Welt konnte jedoch ein Auto auch gerne mal zwischen den Polygonfelsen hängenbleiben und euch somit ein schnelles Game Over bescheren. Besonders nervig werden dann die überraschend oft eingestreuten Rätsel-Passagen, die ihr dann auf ein Neues lösen dürft. Body Harvest schenkt euch nichts, belohnt aber jene, die die Herausforderung suchen. Neben vier verschiedenen Zeiten wechseln sich auch die Umgebungen ab – ihr startet in Griechenland und reist ab dort im 25-Jahre-Takt noch nach Indien, Amerika, Russland und schließlich in die Zukunft. Für optische Abwechslung ist also gesorgt.

Body Harvest Game Sample - N64

Technik von vorgestern

Schon damals war die Grafik nicht besonders hübsch – heute ist sie eigentlich eine Beleidigung. Hinter riesigen Nebelschwaden lauern karge Polygon-Landschaften und verwaschene Texturen, dabei läuft das Spiel nicht mal konstant flüssig. Die Aliens sehen da schon etwas besser aus und bemalen beim Zerplatzen gar lustig den Boden mit grünem Blut. Wo die Grafik enttäuscht, überzeugt hingegen die Soundkulisse: Für N64-Verhältnisse war die Musik technisch sauber umgesetzt und gut orchestriert. Sprachausgabe gab es natürlich nicht – wo denkt ihr hin!

Ein Klassiker zum Nachholen?

Body Harvest war kommerziell gesehen leider ein Flop. Dabei ist es objektiv betrachtet eines der besten und wegweisendsten Videospiele auf dem Nintendo 64 gewesen und der legitime Vorgänger von GTA III. Daher ist es umso trauriger, dass dieses Spiel so oft in Vergessenheit gerät, wenn es um die besten Nintendo 64-Spiele geht. Wer über die schwache Grafik hinwegsehen konnte, bekam damals ein Erlebnis serviert wie es die wenigsten Videospiele ihrerzeit boten. Aus heutiger Sicht ist Body Harvest jedoch mit Vorsicht zu genießen – zahlreiche Videospielartefakte trüben mächtig den Spielspaß und die Grafik ist einfach nur noch abgrundtief hässlich. Bis heute gab es keinen Re-Release über Virtual Console – daher bleibt euch nur der Weg über das Original-N64-Modul, was wirklich Schade ist. Fans der 3D-GTA-Spiele oder Earth Defense Force sollten ruhig mal die Möglichkeit bekommen, diese digitale Geschichtsstunde auch auf neueren Konsolen nachzuholen. Vielleicht merkt Rockstar Games irgendwann mal beim Sortieren in der Spiele-Vitrine, dass es neben einem Nico Bellic, Carl Johnson und John Marston auch noch einen kleinen Astronauten-Supersoldaten namens Adam Drake gibt, der auf ein Reboot wartet.

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