Lesezeit: 6 MinutenNeuer Monat, neues Spiel. Heute dreht sich alles um System Shock 2, dem Klassiker, der von so gut wie jeder Gaming-Redaktion in die Top10 der zehn besten Spiele überhaupt gewählt wird. Der Titel ist zudem eine Ausnahme in unserer feinen Rubrik, denn im Gegensatz zu Psychonauts oder den kommenden Spielen, habe ich den Titel noch nie vorher gespielt. Es dreht sich also alles um die Frage: Eines der besten Spiele, die je entwickelt wurden?
14 Jahre sind seit dem Release von System Shock 2 vergangen und die Installation ist für mich total neu. Ich habe sowohl BioShock und BioShock 2 von Irrational Games gespielt und die sind indirekte Nachfolger. Also bin ich schon mal nicht ganz ahnungslos. Doch wollen wir uns dem Thema widmen, ob die damalige Liebe und Bewunderung für einen Titel, von mir im Jahre 2013 nachvollzogen werden kann, oder ob ich besser auf die Veröffentlichung von BioShock: Infinite warte.
Die VonBraun ist infiziert
System Shock 2 ist ein Action-Horror-Rollenspiel, obwohl es auch in das Genre der Shooter fällt. Es ist das Jahr 2114 und die Handlung spielt damit 42 Jahre nach dem Vorgänger System Shock. Wir treten der United National Nominate bei und werden auf das Raumschifff Rickenbacker zugeteilt. Unsere Aufgabe ist es, die VonBraun, ein Wissenschaftsschiff, zu begleiten. Doch bei der Erkundung der fernen Welten läuft so einiges schief und die Alien-Eier, die auf einem Planeten gefunden wurden, infizieren die komplette Manschaft.
Die komplette Mannschaft? Nicht ganz, denn unser Spielcharakter war in einen verdienten Schlaf versetzt, wacht auf und ist (ähm ganz Videospiel-untypisch) total ahnungslos, weil er an Amnesie leidet. Doch sind wir nicht der einzige Nicht-Infizierte und werden von Dr. Janice Polito kontaktiert, die uns von nun an per Funk begleitet. Ziel ist es also, sich mit ihr zu treffen, herauszufinden was passiert ist und allem voran: Überleben.
Dead Space hatte wohl eine Inspirationsquelle
Eines vorweg, wer Horror nicht mag, wer mit Dead Space nichts anfangen konnte, der sollte vielleicht auch System Shock 2 vermeiden. Die Stimmungen in beiden Spielen, die teilweise vorhandene Hilflosigkeit und die Ahnungslosigkeit um das Geschehene, vermitteln die komplette Spielzeit hindurch ein unwohles Gefühl. Obwohl wir in den beiden BioShock-Teilen genauso wenig darum wissen, was eigentlich vorgeht, ist deren Atmosphäre weniger dem Horror, sondern der Welt und Umgebung im Allgemeinen geschuldet. In System Shock 2 passen die Musik, die Umgebung, unsere Amnesie und unser blindes Vertrauen in eine fremde Stimme einfach zusammen. Und da sind dann auch noch die Infizierten. Bei denen handelt es sich nicht um gehirntote Monster, sondern um Lebewesen, die sehr wohl wissen, was passiert ist. Die wissen, dass sie ihre Menschlickeit verloren haben. Das ist wohl das Besondere an dem Titel. Während wir von ihnen angegriffen werden, stehen wir nicht leblosen Objekten gegenüber, die wir ohne Probleme töten, sondern (verunstalteten) Menschen. Sie entschuldigen sich dafür, dass sie uns gleich töten werden, erklären uns, dass sie dies gar nicht wollen, aber tun müssen, weil es ihnen so befohlen wird. Sie fordern uns sogar auf, die Flucht zu ergreifen, um sie nicht zur Ausführung zu zwingen. Jeder Infizierte, der von uns umgebracht wird, wird am Ende von uns erlöst. Und es kommt im Spielverlauf dann auch noch schlimmer, für sie und für mich, wenn ich die Wahrheit hinter den Experiementen entdecke.
Was ich in BioShock mochte, war die Möglichkeit sowohl Schusswaffen, wie auch übernatürliche Fähigkeiten (PSI) zu nutzen. Die Idee stammt auch aus System Shock 2. Allgemein gleichen sich die Spiele sehr: Wir haben Kontakt zu einer Person über Funk, wir finden überall Audio-Logs, die uns unbekannte Schicksale von unbekannten Menschen näher bringen. Wir hacken Kameras, wir fliehen vor den Infizierten, leveln unsere Fähigkeiten auf und haben nicht wirklich eine Ahnung wer oder was wir sind. Einziger wirklich sichtbarer Unterschied, der sofort ins Auge fällt, ist natürlich die Grafik. Das ist bei einem Spiel aus dem Jahre 1999 im Vergleich mit der heutigen Technik nicht verwunderlich. Sie muss aber auch gar nicht mit dem Heute mithalten. Obwohl das Spiel wirklich in die Jahre gekommen ist und im Aussehen gealtert ist, hat es seinen eigenen Charme behalten und ist immer noch auf seine eigene Art und Weise nett anzusehen. Gut, wenn ich ehrlich bin, hab ich mich am Anfang schon erschrocken, als ich meinen Spielcharakter zum ersten Mal gesehen habe und auch die Infizierten. Man ist sich im ersten Moment nicht ganz sicher, ob der Horror von der Stimmung im Spiel oder von den Polygonen ausgestrahlt wird. Hat man sich jedoch an das Alter des Spiels gewöhnt, bemerkt man auch, dass es trotz der tristen Umgebung einiges an Details zu entdecken gibt. Jedes der Raumschiff-Decks ist unterschiedlich, selbst die Bereiche auf einem Deck weichen im Aussehen von einander ab. Je länger man sich mit dem Titel beschäftigt, desto mehr vergisst man die Ähnlichkeiten zu BioShock, weil es eine eigene Geschichte und Atmosphäre entwickelt.
Auffälligkeiten, die heute beinahe verschwunden sind
System Shock 2 ist ein gutes Beispiel für Gameplay aus der Vergangenheit. Es zeigt uns, wie Spiele einmal funktioniert haben und ruft in Erinnerung, wie sehr sich die Genre doch mittlerweile auch verändert haben. Das fängt bei einfachen Dingen wie dem Tutorial an. Während diese heute direkt in die Handlung eingeflochten sind (Ausnahme ist zum Beispiel Crysis 3), ist es einfach ein eigener Abschnitt, eingebunden in meine Ausbildung an der Akademie. Die Bewegungen meines Charakters wirken realer. Ich kann nicht schwer bepackt mit Waffe im Anschlag eine Leiter flott hochklettern oder Hindernisse wie ein Floh hochspringen. Es fühlt sich schwer und umständlich an. Es wirkt realistischer und nicht wie in einem Call of Duty, wo ich selbst mit einem Raketenwerfer auf dem Rücken ein paar Kisten hochspringe oder fröhlich über die Karte renne. Dasselbe gilt für die Verwendung einer Waffe. Egal ob Pistole, Gewehr oder Rohrzange: Es dauert, bis ich nachgeladen habe, die Waffe fühlt sich wie eine Waffe an. Ich muss mit der Zange erst lange ausholen, zuschlagen, wieder ausholen. Das benötigt Zeit, in der der Feind schneller sein könnte und ich muss das berücksichtigen. Keine Selbstheilungskräfte, streng rationierte Medi-Packs und so gut wie keine Munition bereiten mir zusätzliche Schwierigkeiten auf meiner Erkundung. Das alles gibt es natürlich heute auch noch, aber die Tendenz in Spielen geht (leider) in die andere Richtung.
Die Stimmung im Spiel hat mich manchmal so mitgerissen, dass ich mich verlaufen habe, ständig im Kreis gerannt bin, weil ich Stimmen gehört habe, von Versuchsäffchen bedroht wurde oder Geschütze nicht deaktivieren konnte. Ich bin teilweise um mein Leben gerannt, wo gar keine Gefahr war. Ich bin aber auch oft gerannt, weil die Karte zu schlicht ist, ich meine Auftragsziele überhört hatte und einfach die Orientierung verloren habe. Letzteres ist aber auch meiner Unfähigkeit geschuldet, mich in neuen Umgebungen zurechtzufinden. Vor allem wenn ich abgelenkt bin, aber auch weil mein Gehirn irgenwann einmal beschlossen hat, dass es Wege, Umgebungen und Objekte für recht uninteressant hält und die Erinnerung daran verschwinden lässt.
Fazit: Eines der besten Spiele, die je entwickelt wurden?
Obwohl ich mir am Anfang nicht sicher war, ob System Shock 2 eines der besten Spiele überhaupt ist, ob BioShock mich nicht zu sehr in meinem Urteil beeinflusst, muss ich mittlerweile sagen, dass der Titel wohl für lange Zeit in meiner Erinnerung hängen bleibt. Nicht wegen der veralteten Grafik oder der Spielweise, sondern wegen seiner Stimmung. Ich glaube, was Dead Space für viele von uns heute ist, war vor 14 Jahren System Shock. Und es lässt einen nicht wirklich los. Die Musik, die Stimmen, die ständig drohende (und doch unsichtbare) Gefahr, nicht zu wissen, was passiert ist, was als nächstes passiert. Die Infizierten, die noch Menschlichkeit in sich tragen, das alles bleibt und das macht System Shock 2 tatsächlich zu einem der besten Spiele.
System Shock 2 ist bei Good Old Games erhältlich und läuft unter allen Windows Betriebssystemen. Wenn ihr also in der Zeit zurück reisen möchtet, Horror mögt und die Mischung aus Shooter und Action-Rollenspiel, dann solltet ihr zugreifen.
Habt ihr System Shock 2 gespielt? Was ist eure Meinung? Kennt ihr andere Spiele aus der Zeit, die ihr mögt, spielen möchtet oder deren Einfluss ihr heute noch seht? Sagt uns eure Meinung und teilt eure Erfahrung mit uns in den Kommentaren.
System Shock 2 war echt geil, finde es auch heute noch verdammt gruselig. Aber nach ein paar Stunden Spielzeit bin ich dann doch ausgestiegen, weil ich irgendwann von den Robotern in den Kisten ständig auf die Fresse bekommen hab…