Lesezeit: 5 MinutenDie diesjährige Tokyo Game Show ist vorbei und auch wenn ich noch ein paar Tage länger im Land der aufgehenden Sonne verbringe, wird es Zeit ein paar Worte zur diesjährigen Ausgabe zu verlieren. Ganze drei Tage, von denen zwei “Business only” waren, war ich auf der TGS, bevor ich die Reißleihne zog. Warum dem so ist, das und viel mehr erfahrt ihr nun.
Nachdem ich am Mittwochabend bereits auf der BitSummit Roadshow Tokyo einen ersten Vorgeschmack auf die Tokyo Game Show bekam, war die richtige Messe natürlich noch mal eine ganz andere Erfahrung. Angekommen um elf Uhr morgens, eine Stunde nach der Eröffnung der Kaihim Makuhari Messe, dem Austragungsort der Spielemesse, ging es zunächst zur Akkreditierung. Nachdem ich mit meinem Presseausweis ausgestattet war, ging es nicht etwa in die Spielehallen, sondern zunächst in Richtung Merchandise.
Das ist auch eine Besonderheit der Tokyo Game Show. Während die Spiele selbst in drei großen Hallen zu finden sind, die dann noch mal weiter auf insgesamt acht Hallen unterteilt sind, sind Merchandise, die Indie-Area und die eSports-Bühnen in einer knapp 100-200 Meter entfernten Halle zu finden. Diese sind wiederum auch in drei kleinere Hallen unterteilt. Allerdings sind diese nicht etwa durch Türen oder Wände begrenzt, sondern es kommt einem eher wie eine große durchgehende Halle vor.
Merchandise-Manie, VR-Späße, Bühnen-Action und Indies
Dort angekommen machten wir uns als erstes auf, alle Merchandise-Stände zu inspizieren, an denen wir am Folgetag sogar Geld lassen würden. Zu den interessantesten Ständen gehörten definitiv der von Kojima Productions und der von Square Enix. Nicht nur beeindruckten beide Firmen mit einem riesigen und teilweise sehr kostspieligen Line-Up, sondern im Falle von Square Enix gab es auch fünf Zeichnungen von bekannten Final-Fantasy-Produzenten und sogar signierte Musik-CDs. Abgesehen vom Merchandise begeisterten die Hallen neun bis elf noch mit einem riesigen Aufgebot an AR- und VR-Titeln, einige davon sogar mit entsprechender Peripherie. So gab es einen riesigen Stand mit VR-kompatiblen Karts und Motorrädern, an denen Freiwillige teilweise Tron-ähnliche Rennen fahren konnten. Als weiteres großes Highlight fanden sich in der Halle zudem die zwei großen Bühnen, die einerseits für eSports-Matche und weiterhin auch für die Sense of Wonder Night, am zweiten Business Day, genutzt wurde. Unter anderem schauten wir so einem Freundschaftsmatch in FIFA 19 zwischen Feyenoord Rotterdam und den Urawa Reds zu, das vor einer eher kleinen Runde ausgetragen wurde, da schließlich nur Medienvertreter und Fachbesucher die Messe betreten konnten.
Mit insgesamt 150 vertretenen Titeln, war auch der Indie-Bereich der Tokyo Game Show ein wichtiges Element der Hallen neun bis elf. Aufgeteilt in verschiedene Plattformen und nach Größen, nahm dieser Bereich einen großen Teil der Hallen ein und lockte nicht nur andere Interessierte, sondern auch mich, mehrfach an. Auch das spannende Minoria von Bombservice oder die Teilnehmer der Sense of Wonder Night waren natürlich dort anzutreffen. Besonders im Vergleich zur Indie-Area von 2015 ist sie um ein Vielfaches gewachsen und wurde sogar nun auch von Nintendo unterstützt und nicht mehr nur von Sony.
Lange Schlangen, strenge Richtlinien und viele Sticker
Nachdem wir genug von der ruhigen Atmospähre und den Indies hatten, wurde es Zeit für die normalen Messehallen der Tokyo Game Show. Direkt beim Eintreten fallen einige Dinge auf, insbesondere, nachdem die gamescom erst knapp ein Monat zurücklag. Zum einen gibt es keine lauten Stageshows und jubelnden Fans, da so etwas auf der japanischen Messe komplett untersagt ist und zum anderen ist alles viel geordneter. Die Schlangen sind viel geordneter und funktionieren problemlos, sogar mit auf den Boden aufgeklebten Linien, wie es am Stand von Sony der Fall war. Gleichzeitig gibt es allerdings an vielen Ständen sehr strenge Foto- und Videoverbote, die vielleicht noch an den Business-Tagen verstanden werden können, aber auch an den regulären Tagen aufrechterhalten werden. Da viele der Ankündigungen und Stage Shows ohnehin in Streams übertragen werden, ist es für einen europäischen Standpunkt nicht einsichtig, warum es untersagt ist.
Für den Fall, dass Pressevertreter zudem Stände fotografieren wollen, müssen sie sich zuerst bei einem Schalter registrieren lassen und zudem durchweg einen Pressesticker offen am Körper tragen, damit die Mitarbeiter wissen, das man eine Erlaubnis besitzt. Und wo wir gerade von Erlaubnis sprechen: Im Gegensatz zu westlichen Messen, sind auf der Tokyo Game Show Booth Babes noch an der Tagesordnung. Frauen in knappen Outfits, die nur dafür da sind, um sich fotografieren zu lassen und nur zweitrangig um das jeweilige Spiel zu bewerben. Natürlich betraf das nicht jeden Stand und es gab auch viele schlicht gekleidete Mitarbeiterinnen, aber gelegentlich war es sehr auffällig, gerade am Beispiel der Damen im Sekretärinnen-Outfit für die Judge-Eyes-Booth. Oder die Damen in Kleidern, die auf einem Thron beim Yakuza-Online-Stand saßen, an dem es nicht mal das Spiel selbst gab, sondern nur Fotomöglichkeiten.
Überraschend waren auch die Wartezeiten an den einzelnen Ständen, insbesondere für Business-Tage. Im Gegensatz zu einer gamescom gibt es nämlich keinen speziellen Bereich für Pressevertreter, in dem es einfacher ist ans Spielen zu kommen, sondern wir mussten uns auch in die Schlangen einreihen. Beispielsweise standen wir bei Judge Eyes am ersten Business-Tag knapp 40 Minuten an, bevor wir überhaupt ans Spielen kamen. Und auch an anderen Ständen gab es Schilder, die beglaubigten, dass es Wartezeiten von bis zu 60 Minuten gab. Das ist aber natürlich noch kein Vergleich zu den Wartezeiten eines Public-Days, an dem gewisse Zugangspässe für Titel bereits nach nur 15 Minuten verteilt waren.
Das Stadion und der Public Day
Neben den normalen Hallen und der Merchandise Halle gab es noch ein Stadion, das normalerweise sicherlich für Sportevents genutzt wird. Im Zuge der Messe wurde es allerdings zum Food Court und Familienbereich umfunktioniert. So konnten in der Food-Court-Hälfte diverse japanische Fastfood-Gerichte, wie Fleischspieße, frittiertes Hühnchen oder ein deftiger japanischer Pfannekuchen gekauft werden. Die andere Hälfte wurde erst ab den Public Days genutzt und konnte nur von Eltern und ihren Kindern betreten werden, wo die Kleinen (bis 6 Jahre alt) in einem entspannten und überwachten Umfeld neue Spiele ausprobieren konnten. Ringsherum wurden die Stadionsitze als Chill-Out-Area genutzt und auch wir verweilten dort einige Zeit, insbesondere am Public Day, an dem die Menschenmassen unerträglich waren.
Das bringt mich auch direkt zu dem Public Day an sich. Natürlich ist eine Tokyo Game Show nicht mit einer gamescom zu vergleichen, auch wenn die Messe insgesamt an allen vier Tagen 298.680 Besucher anzog. Dennoch waren insbesondere die offenen Tage sehr anstrengend. Das lag zum einen an den Menschenmengen an sich, aber zum anderen auch an den bereits genannten Standmitarbeitern, die in ihrem Ordnungswahn mit Megafonen zum näher ranrücken oder wegstecken von Kameras und Handys aufforderten. Spätestens nach dem dritten Megafongebrüll hat man dieselben Kopfschmerzen, die man auf einer gamescom von brüllenden Fans bekommt. Dennoch würde ich sagen, dass ein Durchkommen durch die Hallen einfacher war, als in Köln, sofern nicht gerade eine Stage Show stattfand.
Das Fazit der drei Tage
Nachdem ich in 2015 nur an den Business Tagen da war, würde ich auch in Zukunft wieder zu dieser Entscheidung tendieren. Ähnlich wie ein gamescom-Freitag oder -Samstag, ist es unfassbar anstrengend durch die Hallen zu manövrieren und gerade inmitten der ganzen Foto- und Videorichtlinien ist es umso anstrengender und umständlicher zu arbeiten. Natürlich ist es schade, dass gerade so Dinge wie die Cosplay-Area erst an den Public Days eröffnet werden, aber da auch dort eine strikte Ordnung durchgesetzt wird, sodss jeder anstehen muss und Videos grundsätzlich untersagt sind, kann ich darauf verzichten.
Solltet ihr keine Möglichkeit haben die Messe an den Business Days zu besuchen, solltet ihr mein Fazit jetzt aber nicht als abschreckend ansehen. Immerhin vergleiche ich die Messe gerade auf Basis eines Pressevertreters und nicht eines regulären Besuchers. Und auch wenn ich vieles bemängel, find ich die Ordnung gleichzeitig auch sehr entspannend. Alles scheint in geregelten Bahnen zu laufen und ohne laute Fans, wirkt es auch ein bisschen ruhiger, auch wenn nun andere Dinge die Lautstärke erzeugen. Weiterhin sind gerade die Sense of Wonder Night und der riesige Indie-Bereich, wie auch die Merchandise-Halle einen Besuch wert. Ich für meinen Teil würde die Messe auch jedes Mal wieder besuchen.
Aber eine wichtige Sache solltet ihr auch im Hinterkopf behalten, solltet ihr die TGS besuchen wollen: Es ist eine Messe von Japanern, für Japaner. Mit Englisch kommt ihr auch im Jahre 2018 immer noch nicht wirklich weit. Die Spiele sind nicht auf Englisch, die Trailer ebenso wenig und selbst die meisten Mitarbeiter sprechen nur Japanisch. Wenn ihr die Sprache nicht beherrscht, wird euch ein großer Teil verloren gehen.