Lesezeit: 5 MinutenUrsprünglich war es Mal so, dass es drei große Spielemessen im Jahr gab, auf die alle Welt die Augen richtete. Die Electronic Entertainment Expo in Los Angeles, die Games Convention in Leipzig und die Tokyo Game Show in Tokio. Mittlerweile gibt es ein paar mehr Messen, die GC ist nun die gamescom und die Tokyo Game Show hat an Glanz verloren. Doch das hat uns dieses Jahr nicht abgeschreckt nach Tokio zu fahren, um zu schauen, was denn wirklich hinter der Tokyo Game Show steckt und ob sie nicht doch wieder zu alter Pracht zurückfinden kann.
Es ist ein grauer Donnerstagmorgen, halb 8 Ortszeit, als der Wecker klingelt. Mürrisch und mit einem Hauch von Jetlag machte ich mich aus dem Bett, duschte und trat die Reise zur Makuhari Messe an, die rund eine Stunde dauert. Mit einem minimalen Frühstück und einer kleinen Flasche Wasser ausgestattet machte ich am Zielbahnhof “Kaihin Makuhari” erst mal Rast, um mich zu stärken. Das Wetter war drückend, bei 26 Grad und der Regen lag bereits in der Luft.
In der Messe angekommen machte ich mich sofort auf zum “International Media”-Schalter, wo mich eine nette Dame begrüßte und mir meinen Presseausweis aushändigte. Nachdem dieser Schritt nun erledigt war, begab ich mich in die erste der vier Hallen und bemerkte direkt einige auffallende Unterschiede. Im Gegensatz zur Kölnmesse gehen die Hallen direkt ineinander über, sprich Halle 1-3 ist eine riesige Halle gewesen, dann Halle 4-6, Halle 7&8, sowie 9-11. Das sorgte dafür, dass es einem so vorkam, als wäre die TGS sehr viel kleiner, als eine gamescom, was zwar auch der Fall ist, aber durch diese Hallenanordnung noch verstärkt wird. Darüber hinaus waren die Hallen auch nach oben unglaublich weitläufig im Gegensatz zur bekannten Messe in Deutschland.
Nachdem dieser erste Moment der Überraschung verflogen war, machte ich mich auf die Hallen zu erkunden, um zu schauen, welche namhaften Entwickler und Publisher vertreten sind und welche besonderen Spiele es in Tokio zu sehen gibt. Besonders auffällig war das Fehlen von Nintendo, denn gerade dieses Urgestein der japanischen Videospielbranche hatte ich in Tokio erwartet. In Gesprächen mit einigen anderen Personen vor Ort kamen wir auf den gemeinsamen Nenner, dass es wohl mit der aktuellen Lage bei Nintendo, nach dem Tod von Iwata, zu tun haben könnte. Eine Bestätigung dafür haben wir allerdings nicht bekommen.
Neben zig Mobile Games und vielen unbekannten Titeln konnte ich aber auch einige bekannte Namen ausmachen. So war PlayStation VR vor Ort und anspielbar, was ich am TGS-Freitag auch getan habe (Eindruck folgt), Konami war mit dem aktuellen Line-Up vor Ort, auch gab es neues Footage zu The Last Guardian. In einer Halle fand ich sogar Electronic Arts, die dort allerdings ausschließlich das neue Star Wars: Battlefront vorführten. Auch Wargaming bin ich auf der Messe begegnet.
Ein großer Unterschied, der mir erst nach ein paar Stunden Messeaufenthalt auffiel, ist die Tatsache, dass es keinen extra Pressebereich gibt. Während ich es von der gamescom gewöhnt bin, meine Termine in einem separaten Bereich, abseits des Showfloors wahrzunehmen, ist auf der TGS alles in den Hallen selbst. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum der Donnerstag und Freitag jährlich ausschließlich der Presse- und Fachbesuchertag ist. Trotz dieser Tatsache waren aber schon am Donnerstag und vor allem am Freitag so viele Menschen vor Ort, dass es schon ein bisschen wie ein normaler Messetag wirkte. Die Wartezeit an manchen Ständen übertraf scheinbar mühelos die 60-Minuten-Marke. Berichten zur Folge, soll es am Wochenende unmenschlich sein über die Messe zu laufen, testen wollte ich es aber dann nicht.
Während Halle 1-8 den Spielen galten, wurde es in Halle 9-11 etwas ruhiger, denn dort würde am Wochenende das Cosplay-Village abgehalten werden, von dem am Donnerstag und Freitag daher noch nichts zu sehen war. Auch vertreten in Halle 9-11 war der “PlayStation ♥ Indie’s”-Stand, an dem diverse Indiespiele vorgestellt wurden, die von Sony unterstützt werden. Weiterhin waren in den drei Hallen diverse Merchandise-Stände, der Food-Court und ein paar Bühnen zu finden, auf dem unter anderem auch die “Sense of Wonder Night” stattfand. Dabei handelt es sich um ein Event, bei dem zehn Spiele mit ausgefallenen Ideen vorgestellt werden, die allesamt den Spieler oder Zuschauer überraschen sollen. Die Spiele werden dabei nicht nur von alten Hasen der Branche, sondern auch von jüngeren Vertretern entwickelt.
Ein weiterer überraschender Punkt an der Tokyo Game Show, sind die Messehostessen. Während es mittlerweile vielerorts so ist, dass die Hostessen nicht mehr übermäßig sexualisiert werden, ist dieser Zug scheinbar in Japan noch nicht angekommen. Nicht alle, aber sehr viele der Hostessen tragen recht kurze Outfits und versuchen mit ihrer Sexualität anzulocken. Ich hab ein paar Bilder geschossen, die ich in einer separaten Galerie zusammenfassen werde, damit ihr euch einen Eindruck davon machen könnt. Die Krönung des Ganzen war allerdings am Messefreitag am Stand von Sony XPERIA, als eine Badewanne auf die Bühne gebracht wurde, in der eine gut aussehende Japanerin in Bikini mit dem neuen wasserdichten Smartphone saß und von einer riesigen Traube von Fotografen umgeben war. In solchen Momenten kann man einfach nur den Kopf schütteln.
Gegen 16-17 Uhr am Donnerstag, als sich die Messe langsam leerte, bemerkte ich dann den Platzregen, den ich bereits am Morgen vermutet hatte. Es war zwar immer noch warm, bei ungefähr 25 Grad, aber der Regen war so stark, dass ich mir im kleinen Supermarkt in der Messe noch einen Regenschirm kaufen musste, damit ich nicht nass werde.
Der Messefreitag sah in etwa so aus, wie der Donnerstag, nur dass das Wetter mitspielte und sogar die Sonne rauskam.
Mit ein bisschen mehr Zielstrebigkeit lief ich am Freitag gezielt Stände an, um diverse Eindrücke zu sammeln, aber da – wie oben bereits angedeutet – der Freitag weitaus voller war, konnte ich am Ende nicht so viel sehen, wie ich mir vorgenommen hatte. Ich sag eine Präsentation zum Yakuza 1 Remake, das bereit im Quartal 1 hier in Japan erscheinen soll und ich konnte Sonys PlayStation VR ausprobieren. Den restlichen Freitag schlenderte ich also über die Messe, nahm jeden Eindruck mit, fotografierte ein paar Hostessen und lernte ein paar nette Leute kennen.
Wie fand ich sie nun, die Tokyo Game Show 2015? Ehrlich gesagt bin ich positiv überrascht. Nachdem ich von Sophia vorgewarnt wurde, dass die TGS nicht so toll ist, wie man vielleicht denkt, muss ich gestehen, dass ich doch mehr Spaß hatte, als angenommen. Weiterhin scheint sich die Messe langsam zu “erholen”, denn den Informationen der Veranstalter nach, war die TGS 2015 die zweitgrößte Messe in der Geschichte. Insgesamt 268.446 Menschen besuchten die Messe in den vier Tagen und 480 Aussteller, davon allein 246 aus Übersee, waren vor Ort. Meiner Meinung nach wird die TGS in den kommenden Jahren wieder mehr an Wichtigkeit dazugewinnen und sich langsam aber sicher wieder zur wichtigsten Spielemesse im asiatischen Raum mausern. Damit das aber möglich ist, muss sich aber auch ein bisschen was ändern. Allem voran war die Messe sehr “japanlastig”, um es Mal so auszudrücken. Damit mein ich weder die Kultur, noch die Besucher, sondern eher die Tatsache, dass der Großteil der Spiele und Präsentationen auf Japanisch war. Natürlich findet die Messe in Japan statt, aber wenn internationales Publikum erwartet wird, dann hatte ich gehofft, dass zumindest bei Entwicklern wie Sony oder SEGA Untertitel angeboten werden. Das war allerdings nicht der Fall und ich konnte mehrfach beobachten, wie Menschen verzweifelt versucht haben sich zu verständigen, allerdings ohne Erfolg. Auch könnte diese Sexualisierung der Hostessen für verschiedene Personen sehr abschreckend wirken. Grundsätzlich bin ich dennoch sehr zufrieden und werde sicherlich nicht zum letzten Mal zur Tokyo Game Show gegangen sein.