Lesezeit: 4 MinutenEuch hat The Stanley Parable gefallen? Dann wird es vielleicht Zeit, ein Auge auf den absurden Titel Jazzpunk zu werfen. Warum? Weil es kein anderes Spiel gibt, dass in zwei Stunden so viel Humor und Absurditäten bündelt, wie der Indie-Titel von Necrophone Games. Wir treffen auf Hunter S. Thompson, jagen mechanische Schweine und irgendwas hat der KGB geplant. Als Detektiv machen wir uns auf, die speziellen Fälle zu lösen und treffen auf allerlei Easter Eggs und komische Gestalten.
Was mache ich hier eigentlich?
Jazzpunk erklärt nicht wirklich, wer wir sind, was wir hier machen. Klar ist nur, unser Hauptcharakter ist bei einer Detektiv-Kanzlei angestellt und muss Aufträge für unterschiedliche Klienten erledigen. Wir fragen nicht weiter nach, das ist ja auch gar nicht unser Job und nehmen an. So landen wir erst einmal vor dem Russischen Konsulat. Doch bevor wir es betreten, lohnt sich vielleicht mal ein Rundgang in der Stadt, die in eine grafisch sehr gelungene Welt eingebettet ist, und hören etwas 50er, 60er Jahre Musik dabei. Da steigt die Stimmung schon einmal. Die steigt noch mehr, wenn man die ersten Aufgaben erfüllt oder einfach nur mit allem möglichen in der Umgebung (Objekte und Menschen) agiert. Wer hätte gedacht, dass Tauben jagen Spaß machen kann, wenn man Pheromone einsammelt und die auf unschuldige Passanten verstreut.
Kurze Zeit später, haben wir den Auftrag erledigt, füttern noch kurz Koi in einem Teich (einfach so, ohne Grund) und gehen zurück zu unserem Boss, der schon den nächsten Job für uns hat. So geht es Kapitel um Kapitel und es wird immer abstruser. Wir helfen einer asiatischen Ladenbesitzerin Fliegen in ihrem Vasengeschäft loszuwerden, mit all den Konsequenzen, die eine Fliegenklatsche nun mal auf teurem Porzellan hat, jagen Pizza-Zombies, verwandeln uns in eine Katze und haben Freude am zerstören der heimischen Einrichtung (Weihnachtsgeschenke sind sowieso überbewertet). Danach haben wir uns den Urlaub in der Karibik aber redlich verdient, auch wenn wir elektrische Schweine einfangen bevor wir uns an den Strand begeben. Alternativ können wir auch die Bar besuchen oder Hunter S. Thompson Hallo sagen.
Ihr merkt, wir werden mit Witzen, Humor und Sinnlosigkeit erschlagen. Das macht vor allem in der ersten Hälfte des Spiels unheimlichen Spaß, nimmt dann leider etwas ab, ohne aber schlecht zu werden. Beim zweiten Durchspielen von Jazzpunk hab ich noch einmal mehr kurioses gefunden und auch noch zusätzliche Nebenaufgaben, die ich so im ersten Durchlauf gar nicht bemerkt hatte. So werden auf die normalerweise zwei Stunden dann doch noch lohnenswerte Spielzeit drauf gesetzt.
Mal ehrlich, was mache ich hier?
Jazzpunk vermittelt Retro-James Bond-Flair und dabei stehen die einzelnen Missionen des Adventures ĂĽberhaupt nicht im Mittelpunkt, sie leiten uns durch das Spiel. Dadurch, dass es aber so viel mehr auĂźerhalb der “Storyline” zu sehen und erleben gibt, vergessen wir den eigentlichen Auftrag schnell und wollen nur noch die Umgebung erkunden. Genauso verhält es sich mit den Witzen und Anspielungen im Spiel. Nie werden sie uns plump aufs Auge gedrĂĽckt, sondern es ist an uns, sie zu entdecken oder auch einfach zu ĂĽbersehen. Da alle mit uns nur in komischem Gebrummel reden, werden wir Ă la Splinter Cell: Conviction per an die Wand oder Personen gehafteten kurzen Sätze auf Ziel und Dialoge aufmerksam gemacht. Das funktioniert blendend und passt sehr gut in das komplette Setting.
Es gibt teilweise auch mehrere Möglichkeiten, einen Auftrag zu erfüllen, wir bekommen viel in die Umgebung gesetzt, vieles davon funktioniert. Anderes führt wiederum zu komischen Situationen. Die Entwickler nennen auf ihrer Homepage die Filme Nackte Kanone, Die Reise in einem verrückten Flugzeug oder HotShots als Vorbilder und das trifft es wirklich sehr gut. Dabei haben die Filme wahrscheinlich doch den ein oder anderen albernen Schenkelklopfer in ihrer Geschichte, die Jazzpunk gekonnt vermeidet.
Weniger Adventure, als Comedy
Jazzpunk sollte fĂĽr jeden einen Blick wert sein, der Experimente mag, der Erkunden und selbstbestimmtes Entdecken, einem vorgefertigten, an der Hand gefĂĽhrten Spiel bevorzugt. Der Titel mag eine kurze Spielzeit haben, die ist es aber allemal wert zu nutzen. Jazzpunk ist kein Spiel, das in Genre passt, sondern (wie schon The Stanley Parable) mit dem Spieler kommuniziert und es ihm selbst ĂĽberlässt, was er aus dem Ganzen macht. Ein Videospiel, das Comedy in seiner puren AusfĂĽhrung ist. 15 Euro ist zwar ein happiger Preis, wenn man es auf die Spielzeit umlegt, aber hört auf meine geschriebenen Worte: Es lohnt sich wirklich, insofern man mit dem Humor etwas anfangen kann. Und wer darf schon auĂźerhalb von Street Fighter einmal gegen Honda kämpfen. Nein, nicht der Sumoringer … einem richtigen Honda, das Auto.