Lesezeit: 3 MinutenVor wenigen Monaten schrieb ich bereits ein Lesezeichen zu Christian Gehlens Und dann kam Tetris. Das Buch behandelte die Entstehung, den Untergang und die Wiedergeburt der Videospielszene rund um Atari, Amiga und natürlich Nintendo. Einem großen Entwickler wurde dabei jedoch wenig Beachtung geschenkt. Die SEGA Story von Jörg Burkart füllte für mich diese Wissenslücke. Das knapp 86 Seiten dicke Hardcover Buch erklärt in Kürze die Geschichte des zu seiner Zeit zweitgrößten Konsolenherstellers SEGA von den Anfängen als Flipperautomatenhersteller in Honolulu, über die Eroberung des europäischen Marktes bis zur Entwicklung der SEGA Dreamcast und dem Rückzug aus dem Konsolengeschäft.
Schon nach den ersten paar Seiten war mir bewusst, dass ich nicht darum herumkommen würde, dieses Buch mit Und dann kam Tetris zu vergleichen. Unweigerlich zog mein Kopf den direkten Vergleich und sofort war klar, dass auch hier SEGA den Kürzeren ziehen würde. Denn um die komplette Anthologie eines der größten Konsolenherstellers der 90er Jahre zu behandeln braucht es definitiv mehr Platz als 86 Seiten. Zugegeben, das Buch ist im DIN A4 Format, allerdings ist die Schrift relativ groß gehalten und die Seiten sind nur zum Teil mit Text gefüllt, sodass man für happige 24,99€ nur wenig eigentlichen Content erhält. Allerdings setze ich vielleicht auch falsche Ansprüche an Burkarts Werk. Man darf nicht vergessen, dass Die SEGA Story keinen Unterhaltungswert für sich beansprucht. Das Buch soll informieren und das tut es äußerst effizient. Wer die harten Fakten sucht, um sich weiterzubilden, wird sicherlich auf seine Kosten kommen, zumal das Buch mit vielen verschiedenen Illustrationen zu punkten weiß, die bei einem SEGA Kind wie mir das ein oder andere nostalgieinduzierte Grinsen verursacht hat. Dennoch hatte ich nicht das Gefühl, dass Die Sega Story mir mehr Informationen bietet als beispielsweise Wikipedia. Zumal auch dieses Buch, ähnlich wie Und dann kam Tetris komplett auf Quellenangaben verzichtet. Wo Gehlens Werk sich las wie ein Krimi, liest sich Burkarts mehr wie eine trockene Nacherzählung der Firmengeschichte. Ich persönlich hätte mir mehr Background gewünscht und weniger Bilder. In einer digitalisierten Zeit wie dieser ist es leicht, an Illustrationen von alten Konsolen zu kommen. Schwieriger ist es, ein knappes Kompendium der Videospielgeschichte zu finden, das sich beim Lesen nicht so anfühlt, als würde man gerade für die Schule lernen. Auf dieser Ebene versagt Die SEGA Story. Innerhalb weniger Kapitel verließ mich die Lust.
Vermutlich lag es nicht einmal wirklich am Schreibstil, sondern an der Selektion des Inhaltes. Die Entstehung von SEGAs Flaggschiff Sonic The Hedgehog wurde beispielsweise in einem Nebensatz abgefrühstückt. Über den kreativen Prozess hinter der Entstehungsgeschichte der Figur wird nicht ein Wort verloren. Dass Sonic vom damaligen U.S. Präsidenten Bill Clinton und Popstar Michael Jackson inspiriert wurde, warum überhaupt ein Igel als Maskottchen gewählt wurde, über den Erfolg und späteren Untergang des Franchises, davon findet man nichts. Man kann SEGA nicht ohne Sonic erklären, so wie Nintendo nicht ohne Donkey Kong bzw. Jumpman bzw. Super Mario erklärt werden kann. Das sind die Informationen, die ich mir gewünscht hätte. Die technischen und wirtschaftlichen Aspekte hinter den Geschäften sind sicherlich wichtig, aber während in Und dann kam Tetris ein tieferer Einblick in die Arbeitsweise und Businessstrategien von Atari und Nintendo gewährt wird, liefert Die SEGA Story lediglich Daten. Technische, wirtschaftliche und zeitliche Daten. SEGA verlor im amerikanischen und asiatischen Raum gegen Nintendo und übernahm Kontrolle über den europäischen Markt. Der SEGA Mega Drive hatte einen 8Mhz schnellen Hauptprozessor. SEGA entstand unter dem Namen Standard Games im Jahr 1940 auf Hawaii. Das sind Fakten und diese geben dem Buch einen gewissen informativen Wert, aber all diese Informationen gibt es leicht zugänglich im Internet. Ein Sachbuch, das informieren will, muss meiner Meinung nach mehr bieten, als diese Daten lediglich zu akkumulieren. Es muss die Informationen gut präsentieren, mit einer Schreibweise, die einen zur Aufnahme dieser Daten motiviert.
Dennoch bereue ich es nicht, das Buch gelesen zu haben. Es fühlt sich im Nachhinein nicht an wie verschwendete Zeit. Ich habe definitiv einiges gelernt und allein die vielen Illustrationen haben Die SEGA Story zu einem netten Zeitvertreib gemacht. Im Prinzip ist dieses Buch wie ein Besuch im Museum. Und wo ich vielleicht Unterhaltungswert vermisse, können begeisterte Lerner sicher ihren Spaß an den gebündelten Fakten finden. Es ist kein Buch, das man von vorne bis hinten durchlesen kann oder soll wie einen Roman. Wer jedoch Informationen sucht, der ist auf der sicheren Seite, denn die verschiedenen Epochen, die SEGA durchlebt hat, werden kurz und effizient zusammengefasst und allein diesem Anspruch wird Die SEGA Story in jedem Fall gerecht.
Das Buch ist für 24,99€ im CSW-Verlag erhältlich.