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Outlast II – Unsere kleine blutige Farm

von am 9. Mai 2017
DETAILS
 
Für Fans von:

Outlast, Amnesia, Resident Evil 7

Pluspunkte

+ technisch einwandfrei
+ dichte Atmosphäre
+ Dauerbedrohung

Minuspunkte

- frustrierende Stellen
- wirre Story
- schlecht gesetzte Checkpoints

Editor Rating
 
GAMEPLAY
4.0

 
GRAFIK
9.0

 
SINGLEPLAYER
5.0

 
MULTIPLAYER
0.0

 
SOUND
7.0

Gesamt-Wertung
5.0

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Lesezeit: 4 MinutenHorrorspiele und -filme  haben viele Gemeinsamkeiten: Sie existieren seit Ewigkeiten als Genre in ihren jeweiligen Medien, haben eine große Anhängerschaft und bieten seit Jahren viele verschiedene Titel für jedermanns Geschmack. Ihre größte Gemeinsamkeit ist allerdings, dass der Großteil dieser Titel großer Mist ist. Auf jede Perle (Amnesia: The Dark Descent) kommen ca. zehnmal so viele Gurken (Daylight, Alone in the Dark: Illumination, Layers of Fear) und man muss sich durch diesen Wust an mediokren und miserablen Spielen kämpfen um dann zwischendurch ein beachtenswerten Titel zu finden. 2013 war dies der Fall, als das noch taufrische Entwicklerteam Red Barrels ihren Erstling Outlast veröffentlichten. Vier Jahre später kommt nun der ersehnte Nachfolger. Ob Outlast II nun zu den Perlen oder zu den Gurken zählt?

The hillbillies have eyes

Blake Langermann, Journalist und Kameramann, fliegt mit seiner Frau, ebenfalls Journalistin, in eine bergisch-ländliche Gegend von Arizona, um den Tod einer jungen Frau zu untersuchen, als plötzlich das Getriebe des Helikopters ausfällt und sie abstürzen. Pilot tot, Ehefrau vermisst, aber die gute alte Handkamera funktioniert noch. Also begibt sich unser Held auf die Suche nach seiner besseren Hälfte und findet unterwegs stattdessen viele halbierte Leichen. Sorry, der musste sein. Denn der Trip wird zunehmend zu einer blutigen, religiösen-verklärten Reise der tiefen Abscheulichkeit, die der Mensch sich und anderen antun kann. Nebenbei wird er von einem Trauma seiner Kindheit verfolgt, welches in gewisser Weise mit den Geschehnissen in die gottlosen Gegend zusammenhängt. Ich halte die Story absichtlich so vage wie möglich, denn Horrorspiele leben ja schließlich davon. Und von Jumpscares, aber dazu später mehr.

Outlast II sieht fantastisch aus, das sollte sofort erwähnt werden. Was man sieht ist natürlich grausam, abartig, blutig und gleichzeitig so realistisch, dass man unterschwellig das Bedürfnis hat sich zu waschen, nachdem man minutenlang durch Blut, Organe und menschliche Überreste marschiert ist. Im Gegensatz zum Vorgänger wurde hier der Gore-Faktor nochmal erhöht, was fast unmöglich schien. Doch dient dies nicht wie in anderen Spielen zum bloßen Selbstzweck, vielmehr erhöht es das Gefühl von Beklommenheit und Ekel, was die Konkurrenz nur selten erreicht. Zudem ist der Sound perfekt abgemischt und glasklar, die Bedrohung ist allseits gegenwärtig und meist auch zu lokalisieren – wenn das Spiel es dem Protagnisten erlaubt. Überhaupt steckt in Outlast II eine so hohe Produktionsqualität, dass es bemerkenswert ist, dass da kein großer Publisher Geld reingepumpt hat und alles in Eigenregie entstanden ist.

Wrong turn, dead end

Zudem ist die Atmosphäre  zeitweise ungemein dicht, auch wenn sie zu keinen Zeitpunkt die Intensität des ersten Teils erreicht. Und hier kommen wir schon zu dem großen Problem: Outlast II ist nicht ansatzweise so großartig wie sein Vorgänger. Die Spielmechaniken sind größtenteils gleich geblieben, doch alle Neuerungen wie z.B. die Bandagen sind eher nervig als sinnvoll. Die KI ist kompetent und stets gefährlich, doch manchmal neigt sie dazu, den Spieler durch die Wand zu sehen und verstecken ist auch nicht mehr so relevant bzw. effektiv wie im ersten Teil.  Degenerierte Rednecks – hallo Resident Evil VII! – und christliche Psychopathen sind nicht halb so gruselig wie verunstaltete Irrenanstaltsbewohner und weite Außenareale sind trotz all der blutigen Szenarien und der omnipräsenten Dunkelheit nicht halb so beklemmend wie ein geschlossenes Irrenhaus. Und Jumpscares haben nur in zwei Fällen wirklich funktioniert, ansonsten haben sie sich schon von zehn Metern Entfernung aus angekündigt.

Außerdem besteht die Hauptspielmechanik mittlerweile aus weglaufen. Natürlich sind hektische Fluchtszenarien nervenaufreibend und spannend, doch wenn man gefühlt 70% des Spiels mit der Flucht verbringt, ärgert man sich dann doch mit der Zeit über zwei Dinge: Warum ist das Leveldesign teilweise so undurchsichtig und wer im Entwicklerteam ist für die vollkommen schlecht gesetzten Speicherpunkte zuständig gewesen? Denn es kam mehr als einmal vor, dass der Protagonist nach seinem Ableben am nächsten Speicherpunkt direkt wieder von den Gegnern entdeckt wird und sich sofort wieder im Fluchtmodus befindet, ohne die Situation vorher bewerten zu können. Zusätzlich ist es schon bemerkenswert, dass unser Held berufsbedingt als Kameramann unterwegs ist, sich aber für diesen Trip in die Berge die Kamera mit der kürzesten Batteriehaltbarkeit aller Zeiten ausgesucht hat.

Mehr Friday the 13th 6 als Friday the 13th 4

Die besten und gruseligsten Momente spielen sich sowieso wo ganz anders ab, denn unser Protagonist erlebt zwischendurch Flashbacks, die ihn in seine alte katholische Schule befördern. In diesen Sequenzen gibt es keine Feinde und man löst (wie im Rest des Spiels) simple Suchen-und-finden-Rätsel, die nach und nach das Trauma wiedergeben, welches ihm widerfahren ist. Es sind die Momente mit dem wenigsten Blut und der höchsten Spannung, da man wirklich lange nicht weiß, wo das ganze hinführt und man wünscht sich nachdem der Abspann kommt, dass man häufiger dort gewesen wäre oder gar die Hauptstory dort stattgefunden hätte. Zu der Verbindung zwischen der Schule und dem Kult in den Bergen möchte ich spoilerbedingt an dieser Stelle nicht viel sagen außer das diese wirklich haarsträubend ist.

Outlast II war wirklich einer der wenigen Titel, auf die ich mich dieses Jahr gefreut habe und daher ärgert es mich doppelt wie enttäuschend der Nachfolger von einem der besten Horrortitel der letzten Jahre ausgefallen ist. Technisch zwar top, doch kann weder das Szenario überzeugen noch ist es besonders gruselig. Der Gore ist nach wie vor hoch, doch nutzt sich dieser ab und mit der Zeit achtet man – bis auf einige Ausnahmen – überhaupt nicht mehr auf die verstörenden Leichen. Das Gameplay ist frustrierend und unnötig hektisch, die Story schwach und wirsch und Konnektivität zwischen den verschiedenen Handlungssträngen ist unglaubwürdig zusammengekleistert. Ob wie beim ersten Teil ein DLC die Storylücken schließen wird ist bisher noch nicht klar, doch bin ich ehrlich gesagt nicht besonders daran interessiert, es herauszufinden. Trotz einiger Höhepunkte und fieser Momente ist Outlast II nicht der große Wurf geworden.

 

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