Lesezeit: 5 MinutenMan kennt das System aus dem erfolgreiche Fernsehserien gestrickt werden: Es gibt einen männlichen und einen weiblichen Hauptdarsteller, beide sehr unterschiedlich was ihre Charakter angeht, knisternde sexuelle Spannung, obwohl beide für mindestens drei bis vier Staffeln leugnen, sich überhaupt zueinander hingezogen zu fühlen. Und jede Woche sind sie damit beschäftigt skurrile bis fanstastische Probleme zu lösen. So zu beobachten und zelebriert in Akte-X, Stargate SG-1, Crossing Jordan, Bones, Castle und ich könnte vermutlich noch für eine halbe Ewigkeit weitere Beispiele aufzählen. Das funktioniert war gut, gehört aber mittlerweile in die Kategorie: Schon tausendmal gesehen, langweilig! Wie erfrischend ist es da eine Serie zu sehen, die auf dieses Schema verzichtet: Warehouse 13.
SyFy‘s Warehouse 13 ist eine Familienserie (und das sogar im engeren Sinne der Formulierung), welche im gleichen Universum wie Eureka und Alphas spielt. Obwohl wir es hier mit einer eigentlich typischen “Monster-of-the-Week” Show Ă lĂ Buffy the Vampire Slayery, Supernatural oder auch Akte-X zu tun haben, geht es nicht um “Monster”, sondern um von Menschen geschaffenen Artefakte. Diese drohen die Welt im Chaos versinken zu lassen, wenn das Warehouse-Team sie nicht vorher “snaggen, baggen und taggen” kann, um ihre zumeist desaströsen EinflĂĽsse einzudämmen. Die Serie hat natĂĽrlich die oben angsprochene Konstellation von männlichem und weiblichem Hauptcharakter, dennoch ist die Dynamik zwischen den beiden eher die zwischen besten Freunden oder Geschwistern. Ich rede hier von der stoischen, hochintelligenten Myka mit ihrem Blick fĂĽr Details und dem eidetischen Gedächtnis, und von Pete, mit seinem ausgeprägten BauchgefĂĽhl, der tief in seinem Inneren oft kaum älter als zwölf zu sein scheint. Dazu kommen noch Claudia (Allison Scagliotti), die unangepasste und brilliante Hackerin und der meist nach auĂźen hin schlecht gelaunten Artie, sowie die mysteriösen Mrs. Frederic (CCH Pounder), die wie aus dem Nichts auftauchen und genauso schnell auch wieder verschwinden kann (was durchaus eine Art running Gag ist). Kurz: Es geht um eine Familie aus “Misfits”, von denen jeder allein tief unglĂĽcklich ist, aber dann im Team geradezu Wunder vollbringt. Genau das macht Warehouse 13 zu einer WohlfĂĽhl-Serie (jedenfalls bist zum Ende der zweiten Staffel… aber dazu später etwas mehr), die dem Zuschauer bewusst werden lassen, dass es die kleinen bis groĂźen Macken sind, die eine Person zu etwas besonderem machen.
Myka Bering (gespielt von der wundervollen Joanne Kelly) ist eigentlich eine Secret Service Agentin mit Zukunft. Sie ist ein bisschen steif, eine von diesen “by-the-book”-Agenten, spricht unzählige Fremdsprachen, liebt BĂĽcher und hat ihren letzten (verheirateten) Partner, mit dem sie ein Verhältnis hatte, im Einsatz verloren (und natĂĽrlich gibt sie sich an seinem Tod die Schuld). Pete Lattimer (Eddie McClintock), ein Ex-Marine, ist trockener Alkoholiker, schon einmal geschieden, durchaus ein Frauenheld und ein groĂźes Kind, das gern mal auf Regeln zugunsten des eigenen BauchgefĂĽhls pfeift. Kein Wunder also, dass die Zusammenarbeit zwischen den beiden alles andere als geschmeidig abläuft, als sie in Washington den Präsidenten bei der Einweihungsfeier eines Museums beschĂĽtzen sollen. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Denn zu den AusstellungsstĂĽcken gehört ein Artefakt, dem zum Teil extrem gefährliche Eigenschaften inne wohnen können. Und dieses Artefakt stört die Abläufe der Veranstaltung erheblich. GlĂĽcklicherweise ist dann aber auch schon Artie Nielsen (Saul Rubinek) – Ex-NSA Agent, mittlerweile aber auch beim Secret Service – zur Stelle, um das Artefakt zu neutralisieren. Im Zuge dieser Aktion werden Pete und Myka fĂĽr das Warehouse 13 rekrutiert.
Warehouse 13 steht irgendwo im nirgendwo in South Dakota, in der Nähe der Stadt Univille (Uni steht dabei fĂĽr unincorporated unnamed settlement). Gebaut wurde es von Thomas Edison, Nikola Tesla (Erfinder des Wechselstroms) und M.C. Escher kurz nach der Jahrhundertwende, um Warehouse 12 in London abzulösen. Warehouse 8 zum Beispiel hat sich zur Zeit des heiligen römischen Reiches in Berlin befunden, Warehouse 2 noch vor Christi Geburt in Ă„gypten. Kurz: Das Warehouse zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte (Ikarus’ FlĂĽgel sind/waren zum Beispiel in Warehouse 2 gelagert). Zu den wohl gefährlichsten Objekten im Warehouse gehört unter anderem der Minoische Dreizack, mit dem man eine neue Eiszeit auslösen kann, oder auch ein StĂĽck Mauer vom Haus of Commons aus London, das während des zweiten Weltkrieges mit ungefähr der Sprengkraft einer Atombombe versehen wurde. Oder eine Kamera von Man Ray mit der man die Jugend einer Person auf eine andere ĂĽbertragen kann. Dazu kommen noch Dinge wie H.G. Wells’ Zeitmaschine, Erfindungen von Nikola Tesla (zum Beispiel der “Tesla” eine nicht-tödliche Schusswaffe und Standardausstattung der Warehouse Agenten), oder der von Philo Farnsworth (Erfinder des Fernsehers) entwickelte “Farnsworth” eine Art Video-Walkie-Talkie). Es versteht sich von selbst, dass wir es hier mit Steampunk Equipment und nerdigen popkultur Anspielungen vom Feinsten zu tun haben und meistens auch noch ein bisschen ĂĽber Geschichte lernen.
Ich muss hier gleich hinzufĂĽgen, dass die erste Staffel recht schwach anfängt. Besonders der Pilotfilm ist nicht besonders gut, vor allem im Vergleich mit späteren Episoden, was vermutlich u.a. auch daran liegt, dass er zunächst als einzelne Testepisode abgedreht wurde und der Rest der Staffel erst ein Jahr später. Es wird danach aber stetig besser, sodass man sich davon nicht abschrecken lassen sollte. Mich hatten sie spätestens mit dem Beginn von Staffel zwei völlig fĂĽr sich gewonnen, als wir auf den weiblichen(!) H.G. Wells treffen, die von Jaime Murray (Dexter, Defiance) gespielt wird und eine zentrale, immer wiederkehrende Figur auch in den späteren Staffeln ist. Die Figur Helena G. Wells ist zum absoluten Publikumsliebling geworden und es gibt sogar Pläne fĂĽr eine eigene Steampunk Spin-Off Serie mit ihr, die ihre Abenteuer als Agentin von Warehouse 12 thematisieren soll; was durch das Engagement von Ms. Murray in Defiance allerdings vermutlich nicht in naher Zukunft realisiert werden kann. SyFy hat aus dem “Vater” der Science Fiction Literatur eine 150-jährige bisexuelle(!) Erfinderin gemacht und es funktioniert einfach wunderbar. Allein deshalb ist Warehouse 13 absolut einen Blick wert. Erwähnenswert ist an dieser Stelle ĂĽbrigens, dass Warehouse 13 eine fĂĽr Science Fiction Serien absolut ungewöhnlich hohe weibliche Zuschauerquote hat. Was daran liegt, dass es in dieser Serie viele gut geschriebene, starke, weibliche Charaktere gibt; besonders Claudia und Myka (und auch H.G. Wells) sind dabei Vorbildfiguren fĂĽr technik- oder buchbegeisterte Mädchen.
Leider beginnt schon mit dem Ende von Staffel zwei ein Trend den ich immer öfter in Serien beobachten konnte: Thematisch wird alles immer dunkler, dĂĽsterer. Und gerade mit der dieses Jahr ausgestrahlten Staffel 4.1 (4.2 folgt im April 2013), wurde das nur noch deutlicher. Ich finde das schade, denn wenn diese Entwicklung anhält wird Warehouse 13 immer weniger die Serie sein, in die ich mich “verliebt” habe.
In Deutschland sind aktuell nur Staffel eins und zwei auf DVD erhältlich. Staffel drei kann man aktuell leider nur aus GroĂźbritannien importieren und wann Staffel vier endlich bei uns ausgestrahlt wird, steht in den Sternen. Empfehlen kann ich die deutsche Fassung ĂĽbrigens nicht uneingeschränkt. Die Synchronisation ist absolut in Ordnung und der Voice-Cast professionell (Stimmen von Matt Damon, Angelina Jolie), aber es ist einfach nicht das Gleiche. Einige der Gags wurden erstaunlich gut ĂĽbersetzt, aber es gibt Momente in denen denkt man sich trotzdem: “Verdammt, wer hat das ĂĽbersetzt? Google Translator?”, besonders die letzten beiden Folgen der zweiten Staffel enthalten absolut katastrophale Ăśbersetzungen.
Wenn ihr denkt, dass Warehouse 13 genau nach der Art von Science Fiction/Familienserie klingt, die ihr unbedingt sehen wollt, dann könnt ihr die DVD’s auch direkt bei ums im IKYG-Shop erstehen.
Hab jetzt ein paar Folgen gesehen und mir gefaellt die Serie. Wird von Episode zu Episode besser.
Ja, ich sag ja: fängt leider etwas schwach an. Aber der Mix aus ernst und witzig funktioniert meistens ganz gut. Mir persönlich hat bisher Staffel zwei am besten gefallen.