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Living la vida localization – Die Sache mit der Lokalisierung

von am 10. März 2016
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Lesezeit: 3 MinutenMan muss es einfach mal sagen: wenn es um Lokalisierungen geht, geht es uns in Deutschland richtig gut. Zum einen bekommen wir nicht nur Unmengen an Texten in Form von Büchern oder auch in Videospielen in unsere Muttersprache übersetzt, wir dürfen uns auch vor allem bei Kinofilmen über eine deutsche Synchronisation freuen. Hier mögen einige zwar stöhnen, da es doch häufig Beschwerden über die deutsche Synchro gibt, aber sind wir mal ehrlich: verglichen mit anderen Ländern sind wir, was das betrifft, wirklich gut dran!

Vielleicht sollte man auch nochmal bedenken, dass viele, vor allem Synchronsprecher, vorher nicht den Einblick in die gesamte Story bekommen. Teilweise müssen Sätze ohne weiteren Kontext zu kennen übersetzt und synchronisiert werden. Dass das ab und zu daneben gehen kann ist unter diesem Blickpunkt doch nur verständlich.

Noch besser geht es uns, dass wir (größten dank) durch schulische Bildung der englischen Sprache meist flüssig mächtig sind. Wenn wir wollen, können wir unsere Konsumgüter, sei es Buch, Film oder Videospiel, auch im englischsprachigen Original genießen. Wodurch wir natürlich unsere eigenen Fähigkeiten in der Sprache unwissentlich verbessern. Ich wage zu bezweifeln, dass es einen so großen Anteil an Leuten, die der englischen Sprache mächtig sind, auch in anderen Ländern gibt. Ich gebe zu, ich mag es gerade auch nicht nachgucken, denn darum geht es primär hier gar nicht. Es geht darum, dass wenn wir wollen, wir in unserer Muttersprache bedacht werden oder meist selbst das Privileg haben, Werke in ihrem Original zu konsumieren.

Doch was ist mit den Ländern, deren Muttersprache nun mal englisch ist? Denen, die das Glück haben, dass das meiste tatsächlich im Original auch in ihrer Muttersprache erscheint? Denen, die sich nicht darüber Gedanken machen müssen, dass etwas bei einer Übersetzung verloren geht oder schlichtweg synchronisiert nicht so emotional rüberkommt? Hier kommt nun mein ursprünglicher Denkanstoß zu diesem Thema ins Spiel. (Kurzer Zwischenkommentar: wir reden vom hier und jetzt, also vergessen wir Perlen wie “All your base are belong to us.” mal kurz.) 

Die britische Seite Rock Paper Shotgun mag einem, vornehmlich PC-Spielern, vielleicht bekannt sein. Ja, richtig gehört: britisch. Also englischsprachig. Solche, die das Glück haben, meistens direkt in ihrer Muttersprache bedient zu werden. Was passiert, wenn ein britischer Redakteur plötzlich (na gut, ganz so selten mag das vielleicht nicht vorkommen) ein deutsches Spiel rezensiert? So wie jetzt im aktuellen Fall von Deponia Doomsday?

Ich möchte jetzt nicht näher auf das Review selbst eingehen. Im ersten Abschnitt erkennt man auch direkt die Meinung von Autor John Walker, dass er nicht besonders angetan von der Deponia-Reihe an sich ist. Es ist auch genug gesagt, wenn man sich den letzten Satz seines Reviews anguckt: “Just make it stop.” (Im Falle unserer Leserschaft nehme ich an, dass eine Übersetzung ‘glücklicherweise’ nicht nötig ist.) Na gut, er mag das Spiel nicht. Er mochte auch die komplette Reihe nicht. Das kann passieren, ist nicht verwerflich. Es ist ja eher löblich, wenn eine Videospiel-Seite ihrer Meinung ehrlich und offen kund tut. Doch woran sich Walker gerade besonders aufhängt, was auch für viel Furore unter den Kommentaren sorgt, ist die Tatsache, dass es “lines as nonsensical as: ‘A ghost town is a fairground compared to this’” enthält. Er findet also einige Übersetzungen (vom deutschen ins englische) schlichtweg unlogisch.

Ich bin kein native speaker der englischen Sprache, da ich Satzkonstruktionen wie diese aus dem deutschen kenne, klingt sie für mich auch nicht unlogisch. Und auch in den Kommentaren ist erkennbar, dass einige Muttersprachler den Satz völlig verstehen und darin auch einen Sinn sehen können, der nicht bei der Übersetzung vielleicht verloren gegangen wäre. Einer mag einstimmen, dass der Satz vielleicht ein wenig “clunky” (dt. “klobig”) sei, ein andere meint, dass es eine Metapher sei und Metaphern nicht immer unbedingt klar und deutlich zu verstehen sein müssen. Eine regelrechte Diskussion über die Aussage Walkers ging im Kommentarbereich los. Und, wenn ich mich nicht verguckt habe, scheint keiner seine Meinung so wirklich zu teilen. Der Satz mag in der Übersetzung etwas unglücklich formuliert sein, nicht direkt verständlich, nicht so, wie ihn ein native speaker sagen würde. Aber er wird verstanden. Der Satz selbst und seine Aussage. Unlogisch? Keinesfalls (würde ich daraus schließend frei behaupten).

Wir deutschen können uns über unsere Lokalisationen und Synchronisationen glücklich schätzen. Wir können uns außerdem glücklich schätzen, dass wir in der Lage sind, Werke in ihrem Original verstehen zu können. Sollte etwas mal holprig in unsere Muttersprache übersetzt werden, können wir da meist sogar mit einem Schmunzeln drüber hinweg lesen. Doch wenn ein englisch-sprachiger native speaker, der sonst das große Glück hat, wenige Übersetzungen “ertragen zu müssen” sich in seiner Kritik an ein paar, seiner Meinung nach, unlogisch übersetzten Sätzen aufregt? Ist das dann meckern auf hohem Niveau? Oder doch nur ein Punkt, auf den man sich einschießt, weil man dem Spiel von Anfang an nicht wohl gesonnen war?

Kommentare
 
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  • Dave
    15. März 2016 at 22:48

    Der Artikel beginnt wirklich gut und hat mich auch über die ersten paar Absätze durchaus interessiert weiterlesen lassen und hat von mir auch größtenteils Zustimmung erfahren (Der Punkt mit der englischen Sprache mächtigen Dichte an Menschen innerhalb Deutschlands gegenüber anderen Ländern mal außen vor gelassen, weil ich da durchaus dran zweifle. Aber wer weiß, danach gesucht habe ich auch nicht).
    Leider baut der Artikel ab der Erwähnung der Review von John Walker dann aber doch deutlich ab. Dies mag schon damit anfangen, dass du nicht näher auf die Review eingehst, sondern dich viel mehr auf einen geringen Teil kurz vor seinem Fazit beschränkst, welcher weder vollständig zitiert wird (Denn schließlich gab es nach dem ersten Satz noch das zweite Satzbeispiel: “Either there are some flowers missing here, or a sandwich loaf parked its car really badly.”, auf welches interessanterweise auch in dem von dir später erwähnten Kommentarbereich niemand näher einging. Gut, der Satz ist ins Deutsche übersetzt auch einfach nur sinnlos, aber es wirkt halt seltsam, wenn du ihn nur halb zitierst.), noch im Gesamtkontext präsentiert wird, da er die Lokalisierung abgesehen dieser Sätze gar nicht mal so abwertend erwähnt (Du erwähntest ja selbst zu Anfang, dass zu Lokalisierung auch die Synchronisation gehört, welche er so rezensiert: “most of the voice actors are decent enough”. Mag nun auch kein tolles Kompliment sein, aber zumindest keine Abwertung, besonders da es zusammen mit anderen positiven Aspekten genannt wird.). Zudem wird er durch deine Präsentation, dass es etwas sei “woran sich Walker gerade besonders aufhängt”, (was im Gesamtkontext auch einfach nicht stimmt, denn es ist quasi eine kurze Bemerkung kurz vorm Fazit) recht falsch dargestellt bzw. zitiert. Als “viel Furore” würde ich einen Kommentarstrang, der sich damit befasste und durchaus auch geteilte Meinungen enthielt nun auch nicht bezeichnen.
    Und eben darin sehe ich leider den Verfall deines Artikels. So wirkt es doch mehr als wolltest du Walkers Review bzw. ihn an sich kritisieren, anstatt dich wirklich mit der Sicht auf Lokalisierungen von englischsprachigen Reviewern zu beziehen. Und natürlich steht dir das auch zu, nur passt es dadurch nur gezwungen in diesen Artikel hinein, eben weil dieses Thema innerhalb seiner Review nur sowas wie eine Fußnote war. Vor allem durch deine letzte (Suggestiv-)Frage wird dies ersichtlich.
    Dabei sehe ich durchaus viel Potential in der Thematik. Fürs nächste Mal würde ich dir raten mehr als eine Quelle zu benutzen, um ein breiteres Meinungsspektrum abzugreifen. Man könnte argumentieren, dass die Kommentare auf Walkers Kritik auch dazu gut sind, jedoch kann man hier nicht wirklich nach Nationalität filtern und nach deiner klaren Betonung des britischen Ursprungs von Walker ging es dir ja eben genau darum. Weitere Quellen wären hier zudem hilfreich gewesen, da Walker ja wirklich nur minimal innerhalb seiner Review auf Lokalisierungen eingeht und dies auch alles andere als detailreich. So sind die beiden von ihm gewählten Sätze schon unterschiedlich in ihrer Art und Weise (außer man möge ihm unterstellen, dass er den Zusammenhang des ersten Satzes tatsächlich nicht verstanden hat).
    Wie schon gesagt, die Thematik hat durchaus Potential und dein Artikel fing auch relativ vielversprechend an. Dass du dich dann aber wirklich extrem in der Review von John Walker verbissen hast, ist leider schade.
    P.S. Ich weiß selbst, dass vor allen Dingen bei langen Texten, die man selbst verfasst hat und für die man lange gebraucht hat, ein erneutes Überlesen nervig sein kann und es einem selbst auch als unangenehm erscheint. Dennoch fallen immer wieder kleine Tippfehler innerhalb deines Textes auf, die den Lesefluss zwar nicht unmittelbar stören, aber dennoch unschön wirken. Vielleicht kannst du auch einfach einem Freund oder einer Freundin den Text schicken. So habe ich es manchmal auch gemacht. ^^


  • AlmightyPhi
    17. März 2016 at 08:18

    Hi Dave,
    Danke für deine Kritik. Ich muss dir zustimmen, da scheint der erste Teil dann wirklich irreführend zu sein. Ich wollte bei bestem Willen keine große Gesamtübersicht oder dergleichen liefern, sondern wirklich nur das Review, gezielt eben diese Aussagen zur Übersetzung, kommentieren. Dazu wollte ich einen “allgemeineren” Einstieg finden, was dann wohl nach hinten los ging und falsche Erwartungen weckte (wodurch es wohl wirkt, als hätte ich mich nur darauf verbissen, obwohl das ja gezielt mein Hauptthema war). Aber ich stimme dir zu, das Thema an sich finde ich auch interessant und würde gerne nochmal ausführlicher etwas dazu machen, sobald ich mal genügend Zeit habe. Bei den Tippfehlern muss ich aber nochmal intern schimpfen, da wir da eigentlich eine Schlussredaktion haben, die wohl diesmal geschlafen hat! 😀


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