Kommentar – Warum erdolcht sich Nintendo selbst?

Lesezeit: 3 MinutenDie E3 2012 ist vorbei. Die Hektik hat sich gelegt. Und auch, wenn man es in den letzten Tagen nicht wollte, hat man sich mit Kollegen und Freunden doch immer wieder über die Nintendo-Pressekonferenz unterhalten. Allerdings bleibt auch Tage nach der desaströsen Präsentation das flaue Gefühl im Magen. Was hat Nintendo da bloß geritten eine so schlechte Show abzuliefern? Was folgt ist ein Klage-Schrift und ein wenig Schwarzmalerei.

Mal ganz ehrlich!
Nach dieser Präsentation – wer sie noch nicht gesehen haben sollte: E3 2012 – Nintendo-Pressekonferenz – Zusammenfassung – will doch kein Mensch auf diesem Planeten die Wii U kaufen.
Für was denn auch? Wii Fit U? Nintendo Land? New Super Mario Bros. U?
Brauche ich alles nicht. Ich will keine Minispiel-Sammlungen mehr. Ich will kein Fitness-Spiel mehr und ein bescheiden aufgebohrtes New Super Mario Bros. will ich erst recht nicht. Pikmin 3 und ZombiU bekommen das Prädikat “könnte mich interessieren” aber werden mich garantiert nicht dazu animieren mir die Konsole deshalb zu kaufen. Und sonst war da ja nicht viel. Ein paar Features, wie dieser komische Panorama-Video-Mist, der vermutlich schneller nicht weiter gefüttert wird, als der Akku des Wii U Tablets leer ist.

Ich weiß, dass da noch ein paar Portierungen von anderen Spielen für die Wii U kommen. Aber Assassin’s Creed III, Aliens: Colonial Marines, Dead Space 3 und Neuauflagen wie Mass Effect 3 zwingen mich und sicherlich auch andere Spieler nicht auf die Seite der Wii U-Käufer. Denn das alles bekommt man ja auch, wenn man eine PS3 oder eine Xbox 360 zu Hause stehen hat.

Selbst, wenn man so tun würde, als hätte Nintendo erstklassige neue Spiele – oder zumindest akzeptable Software-Kost – serviert, bleiben gewaltig große Fragezeichen in Bezug auf die Hardware selbst. Hat denn Nintendo aus der E3-Pressekonferenz aus dem Jahr 2011 nichts gelernt? Damals bekam “Big N” von der versammelten Weltpresse Prügel einstecken müssen, weil man nur den Tablet-Controller und ein paar Tech-Demos gezeigt hatte. Die Reue der Nintendo-Chefetage folgte auf dem Fuße: “Wir haben uns zu sehr auf den Controller konzentriert!”

Ja das habt ihr! Und dieses Jahr habt ihr euch zu sehr auf das bullshittige Nintendo Land konzentriert.
Was ist mit dem Versprechen, das ihr Coregamern gegeben habt? Wo sind die großen neuen Software-Ideen, die uns Tränen des Glücks in die Augen treiben?
Wie stark ist der Wii U-Prozessor? Wieviel kann der Grafik-Chip leisten? Wieviel Speicherplatz hat die Konsole? Wird es externe Speichermedien wie USB-Stick/SD-Karte geben?
Wie genau sieht der Online-Modus aus? Wird es DLCs für Spiele geben? Und Patches? Werden Virtual Console-Spiele, die ich auf der Wii gekauft habe, übertragbar sein? Wie wird sich der Multiplayer-Part der Konsole gestalten? Wird der Online-Part etwas kosten? Wann kommt die Konsole denn eigentlich und zu welchem Preis?

Das sind für meine Begriffe zu viele offene Fragen für eine Konsole, die Ende dieses Jahres auf den Markt kommen soll.
Warum tut ein Weltkonzern wie Nintendo das?
Ist die verbaute Hardware so rückständig, dass man sich schämt sie Preis zu geben?
In dem Fall wünsche ich Nintendo viel Spaß bei der Geheimhaltung sobald das Gerät auf dem Markt ist.
Solche Infos zurück zu halten ist kein cleverer Schachzug. Es ist ein PR-Desaster.
Denn die versammelte Gaming-Welt hat bereits jetzt das Interesse an der Wii U verloren.
Und dieses Mal zieht leider auch nicht die Casual-Nummer. Denn alle für die Wii Fit U interessant sein könnte, haben bereits eine Wii zu Hause stehen. Mit Balance Board.
Also auch für diese Käuferschicht kein Grund sich eine neue Konsole anzuschaffen.

Und das bleibt am Ende des Tages auch leider nur übrig: Kein einziger Grund eine nahende Nintendo-Konsole zu kaufen!
Das lässt mich als bekennenden Fanboy wirklich darüber nachdenken, ob ich diese Konsole überhaupt haben will. Ende des Monats hat Nintendo die Presse nach Köln eingeladen, um im Rahmen eines Post-E3-Events die Wii U vorzuführen. Ich überlege ernsthaft, ob ich mir das antun möchte. Denn schlauer werde ich von diesem Event gewiss nicht fortgehen. Ich werde immer noch keine Hardware-Specs kennen, keinen Preis und kein Startdatum wissen. Vielleicht lese ich stattdessen ein gutes Buch. Oder bügele meine Socken.

Das Problem an der ganzen Sache ist: einen kommerziellen Fehlschlag mit der Wii U – und den wittern inzwischen sehr viele Gamer und Redakteure – wird Nintendo nur mit Mühe und Not verkraften.
Als die Wii damals vorgestellt wurde, war sie zum Erfolg verdammt. Hätte sie mit dem GameCube gleichgezogen, wäre Nintendo heute vielleicht schon ein völlig anderes Unternehmen. Vielleicht hätte es eine Neu-Ausrichtung gegeben. Und genau dieses Szenario haben wir nun wieder am Horizont. Nicht 2013, nicht 2014… Aber vielleicht schon 2015, wenn die Nachfolge-Konsolen von Sony und Microsoft sich warmgelaufen haben und die mauen Verkaufszahlen der Wii U noch mauer werden, weil die Technik schon wieder veraltet ist. Und dann werden wir an diese E3 zurück denken und uns wünschen, dass Nintendo das Jahr 2012 mit einer fantastischen Show, tollen Spielen und großartiger Unterhaltungselektronik bereichert hätte.