So lange wie ihr möchtet
City-Builder, Anno 1800, Kreativen Spielen, Einfach mal ein bisschen Ruhe
Zu Teilen über Touchscreen steuerbar, Handheld-Modus, Tisch-Modus, TV-Modus, Umkehren der x- und y-Achsen, 36 Sprachoptionen
+ malerisches Design
+ gespickt mit vielen kleinen Details
+ einfache Steuerung
+ kann für Stunden unterhalten
- Bau-Raster nicht anpassbar
- Suchen nach der perfekten Stelle kann einschränken
Indie-Publisher Raw Fury und Entwickler Oskar Stålberg zeigen uns mit Townscaper was Entspannung wirklich bedeutet. Der City-Builder lässt uns auf einfachste Art und Weise kleine Inselstädte, idyllische Großstädte und kleine Dörfer erstellen. Ohne großes Drumherum, aber doch detailverliebt ist Townscaper ein ideales Spiel zum Runterkommen oder um seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Auf der Nintendo Switch-Version sind die malerischen kleinen Städte kinderleicht zu errichten.
Lesezeit: 6 MinutenMit Townscaper gibt uns Entwickler Oskar Stålberg die Möglichkeit, unsere eigenen kleinen Städte zu errichten. Schlicht und einfach gehalten gibt uns der Baukasten nicht viele Werkzeuge an die Hand, sondern lässt uns lediglich einzelne Blöcke setzen. Werden sie gestapelt oder aneinandergesetzt, verändert sich die Form der Konstruktion und es entstehen viele verschieden Gebäude und Bauwerke. So steht dem entspannten Bauen nichts mehr im Wege. Wir haben uns als Architekten versucht und wollten mit Townscaper ordentlich entspannen. Wie? Was? Warum? Findet es hier heraus.
Simpel, Simpler, Townscaper
Kein Krieg, kein Ressourcen-Management, keine Umweltkatastrophen. In Townscaper spielt das alles keine Rolle. In dem Indie-City-Builder geht es einzig und allein um Entspannung, kreatives Denken und Spaß an kleinen bunten Häuschen. Das Spiel ist recht einfach gestaltet. Es gibt kein Hauptmenü oder komplizierte Einstellungen. Startet man das Spiel, wird man sofort auf einen Bildschirm voller Wasser geworfen. Den Start bestimmt ihr. Im Fall der hier getesteten Nintendo Switch-Version navigiert ihr durch eure Konstruktionen entweder mit den Joycons oder per Touch-Funktion.
Ich habe einen Präzisionseingabestift Stylus benutzt, den ich mir schon für Spiele wie Super Mario Maker 2 zugelegt hatte. Das hat zwar gut funktioniert, die Finger musste ich dennoch ab und an zur Hilfe nehmen. Mit einem einfachen Tippen auf den Bildschirm erschafft ihr einen Boden-Block. Durch ein längeres gedrückt halten verschwindet dieser wieder. Das Drehen der Kamera funktioniert allerdings nur über zwei Finger. Im Joy-Con-Modus ist das Navigieren ein wenig einfacher und auch das rückgängig machen von Blöcken ist umgänglicher. Zu empfehlen ist also ein Mix aus Beidem.
Werkzeuge für den Städtebau
Bevor ich etwas zum Bauvorgang sage, möchte ich kurz auf die Einstellungen und Menüs des Spiels eingehen. Diese tragen nämlich durch ihr simples Design eben auch zur Entspannung bei. Ein Farben-Menü gibt uns die Möglichkeit, die kleinen Häuschen in 15 verschiedenen Farben anzupinseln. Leider geht das nur im Voraus und nicht mehr, wenn ihr einen Block gesetzt habt.
Ein weiteres dient als Hauptmenü-Ersatz. Hier könnt ihr eine neue Kreation anfangen oder gespeicherte Bauwerke öffnen. Außerdem bekommt ihr die Steuerung erklärt, könnt ein Boden-Raster ein- und ausschalten, Screenshots aufnehmen und die Mitwirkenden begutachten.
Auch Einstellungen zur Tageszeit und Form der Häuser gibt es hier. Ihr könnt die Häuser entweder mit vollen Details, wenigen Details oder komplett ohne Details anzeigen lassen. Letzteres wird später noch einmal wichtig sein. Außerdem gibt es noch ein kleines Zusatz-Menü, in welchem ihr die Bildwiederholungsrate auf 30 FPS festsetzen könnt und Optionen wie Anti-Aliasing, die Sprache und die Steuer-Achsen verändern könnt.
Grundlagen schaffen
Hat man sich genug mit den Optionen auseinandergesetzt, kann man endlich mit dem Städtebau anfangen. Hier setzt man keine Gebäude oder Straßen auf den Bildschirm, sondern startet mit einzelnen Blöcken. Ist der erste Block gesetzt, hat man eine Grundlage, auf die man weiter aufbauen kann. Auf diesem Grund und Boden könnt ihr dann weitere Blöcke stapeln. Ein zusätzlicher Block setzt auf den Grund ein kleines Häuschen. Wollt ihr noch einen obendrauf setzen, bekommt ihr einen kleinen Turm, meistens mit Runddach. So geht das Stapeln weiter und weiter. Ob es ein Limit für die Hochstapelei gibt, kann ich nicht sagen. Bei meinen Bauten habe ich es zumindest nicht erreicht.
Setzt ihr vier Häuser in einem Quadrat zusammen, bekommt ihr ein größeres Haus. Wollt ihr daran weiter anknüpfen, entsteht eine Plattform. Durch die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten ergeben sich neue Gebäude, bis Letztenendes eure eigenen architektonischen Meisterwerke entstehen.
Raster la vista, baby!
In Townscaper baut man seine Ideen auf einem Raster auf. Dieses besteht aber nicht aus einer X mal Y-Anzahl an Quadraten, wie man es aus dem Mathe-Unterricht kennt, sondern aus einem Gitternetz aus unbestimmten Vierecken. Die Blöcke werden dann auf die Verbindungspunkte des Gitters gesetzt. Dadurch haben die Blöcke auch nicht immer die gleiche Form. Auch in den Bauwerken selbst kann es zu Ungleichheiten in der Struktur kommen.
Möchte man gerne eine gerade Reihe an Häusern erschaffen, wird das Ganze ein wenig schwieriger. Wer sich jetzt denkt: Ohne Symmetrie, ohne mich, der sollte noch kurz weiterlesen, denn Symmetrie ist nicht ganz unmöglich. Doch dafür ist es vor dem Bauen wichtig, sich über die Position Gedanken zu machen.
Das Gitternetz ist so aufgebaut, das es neben der scheinbaren Asymmetrie auch viele symmetrische Punkte gibt. Begibt man sich vorher auf die Suche, findet man quadratische und auch runde Anordnungen. Besonders interessant sind gerade diese Rundungen. Baut man diese in die Höhe und löscht den Untergrund, entstehen so fliegende Inseln. Leider funktionieren diese Inseln nur bei eben diesen runden Stellen. Stören das Suchen und das etwas unsymmetrische Bauen nicht, bringt das Raster eine recht kreative Art des Bauens zum Vorschein.
Kreative Köpfe gesucht!
In Townscaper platziert man nicht einfach nur ein paar Blöcke und nennt das Ganze eine Stadt. Je nach Anordnung entstehen beim Bauen kleine Details, die den Charme des Spiels noch einmal in die Höhe treiben. Kleine Sitzbänke, aufgehängte Wäscheleinen zwischen Häuserschluchten und Tauben auf den Hausdächern sind nur ein paar der Details, die ihr beim Konstruieren beobachten könnt. Manche Details erscheinen scheinbar willkürlich, wohingegen andere bestimmte Bedingungen erfüllen müssen.
Baut man eine geschlossene Häuserwand, entsteht ein Innenhof mit grüner Wiese und Bäumen. Setzt man wiederum Häuser in diesen Innenhof, bilden sich Labyrinth-ähnliche Gebäude-Formationen. Erweitert man die geschlossene Wand aber durch Tore, entsteht ein Garten mit Steinwegen.
In Richtung Wasser entstehen an Hafenkanten nicht selten Treppen oder Anlegestellen für Schiffe. Kamine qualmen und wechselt man in den Nachtmodus, geht in den kleinen Häusern das Licht an. Solche kleinen Details machen das Spiel durchaus lebendig. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich beim Spielen bestimmt ein paar der Details übersehen habe.
Passend zum kreativen Design der Städte sieht Townscaper auch noch gut aus. Die malerischen Stadt-Szenen werden mit einer einfachen, aber schönen low-poly Grafik untermalt.
Entspannung Pur
Wenn ich es vergleichen müsste, würde ich sagen, dass das ruhige Aufbauen von Städten oder anderen Bauwerken fast die gleiche Wirkung wie Zeichnen oder Malen hat. Townscaper besitzt sehr wenig Musik, man hört nur die Töne beim Platzieren der Blöcke. Spiele wie Anno, Planet Coaster oder Jurassic World Evolution haben oftmals einen ähnlich entspannenden Effekt, wie er hier geboten wird. Damit gemeint ist, dass man sich voll und ganz auf die Aktivität im Spiel, der man gerade in diesem Augenblick nachgeht, konzentriert, ohne dabei seine Gedanken abschweifen zu lassen. Das Aufbauen der Mini-Städte in Townscaper ist also beruhigend.
Leider wird sich manch eine spielende Person die Frage stellen, ob das lange Sitzen am PC wirklich entspannend ist. Die Nintendo Switch-Version schneidet da vermutlich ein wenig besser ab. Einmal auf die Couch geschmissen, kann man sich mit Townscaper schon eine gute Zeit beschäftigen. Aber auch hier macht einem irgendwann der Akku der Nintendo Switch einen Strich durch die Rechnung.
Was es nicht alles gibt
Neben der ganzen entspannten Kost bietet Townscaper seit nicht allzu langer Zeit ein ziemlich spannendes Feature. Für die PC-Version wurde ein experimentelles Feature eingebaut, das es ermöglicht, die eigenen Bauten als Object-Files zu exportieren und sie dann in einen 3D-Drucker zu speisen.
Damit können die kleinen Häfen und Städte in wirkliche kleine Spielzeuge verwandelt werden. Auch hier wird es euch einfach gemacht. Die meisten 3D-Druckern erkennen das ausgespuckte Datei-Format und die Größe der eingespeisten Modelle kann nachträglich im Drucker skaliert werden.
Laut ersten Versuchen sind viele der Details der Städte wie Sitzbänke, Pflanzen und Schornsteine auch noch relativ gut erkennbar. Treppen und manche kleine Objekte sollen jedoch ab und zu Klumpatsch werden. Für 3D-Drucker-Besitzer ist das aber nichts Neues. Handelsübliche Drucker sollen aber schon in der Lage sein, kleinere Details gut umzusetzen. Das angesprochene Feature, die Stadt ohne Details anzuzeigen, gibt hier eine ungefähre Ansicht von dem, was aus dem Drucker kommen könnte.
Ich kann mir gut vorstellen, dass sich eine selbst entworfene Stadt auf dem Schreibtisch echt gut macht.
Meine kleine Townscaper-Wunschliste
Wenn ich mal so frech sein darf, möchte ich hier mal meine egoistischen Wünsche für die Zukunft äußern. Eine kleine Wunschliste mit Dingen, die mir richtig gut gefallen würden und das Konzept von Townscaper nicht zu sehr verändern würden.
Auf Platz eins steht bei mir ganz klar “lebendigere Städte”. Damit meine ich, dass sich kleine Menschen in den gebauten Städten und Konstrukten aufhalten würden. Vielleicht kleine Boote, die ab und zu an den Anlegestellen halten.
Auf Platz zwei steht die Variation des Spiels. Ich bin ein großer Freund des einfachen Handlings in Townscaper, aber genau wie es Häuser und Türme geben kann, finde ich, könnte es auch wirkliche Häfen oder Läden geben. Nicht einmal mehr aktiv, sondern passiv und willkürlich auftretend.
Den dritten und letzten Platz auf meiner Wunschliste bekommt das Aussehen der Gebäude. Gemeint ist damit eine Auswahlmöglichkeit für einen Stil-Wechsel. So könnten Häuser einen mehr mediterranen- oder einen eher mittelalterlichen Look bekommen. Die Funktionen bleiben die Gleichen.
Mit meiner Wunschliste will ich unter keinen Umständen die Arbeit und den Stil des Spiels schlecht reden. Aber ich finde das Spielprinzip und den Entspannungsfaktor in Townscaper so wunderbar einfach und großartig, dass ich nicht anders kann, als zu fantasieren, was alles noch sein könnte.
Townscaper: Ein Fazit
Wie eingangs schon erwähnt, ist Townscaper ein sehr minimalistischer City-Builder. Es geht um Entspannung und Kreativität. Das ist natürlich mal wieder nicht für jeden etwas. Liebt ihr Managementsysteme für Nahrung und Einwohnerzahlen oder eine Zufriedenheitsskala? Dann seid ihr hier vielleicht falsch. Aber auch nur vielleicht.
Denn, wie schon erwähnt, haben Spiele wie Anno auch einen sehr entspannenden Effekt. Townscaper ist zwar lange nicht so detailreich wie ein Anno-Titel, bringt aber den Entspannungseffekt noch mehr zum Vorschein. Die einfache Bedienung macht das gelegentliche Bauen zu einer Ruhepause, um kreativ zu werden.
Negative Kritik an so einem Spiel zu äußern, finde ich sehr schwierig. Ich habe euch ja schon meine Wunschliste gezeigt, aber das soll ja bei Weitem keine Kritik sein. Vielleicht könnte man die Möglichkeit, das Raster anzupassen und einfacher auf Symmetrie zu treffen, einfügen. Dadurch kann man auch den “symmetrieverliebten” Baumeistern die Chance geben, einfacher das zu bauen, was sie wollen.
Ich hatte zumindest viele schöne Stunden mit dem Städtebau. Sucht ihr entspannende Kost und etwas, um kreativ zu werden, ist Townscaper eine ganz klare Empfehlung.
Ich hatte es ja nicht gedacht, aber Townscaper ist echt ein wundervolles Spiel. Es ist quasi unmöglich hässliche Städte zu bauen und man hat immer Erfolgserlebnisse, egal ob man nur ein kleines Dorf baut mit ein paar Häusern oder riesige Hochhäuser.
Was ein bisschen nervt ist die Performance, die auf der Switch schnell an Ihre Grenzen stößt. Wohl auch am PC. Kaum wird es nur ein bisschen voller, kann man nur noch einzeln gebaut werden und es dauert ewig, bis die Stadt richtig geladen hat.
Was noch schön gewesen wäre, wenn die Städte ein bisschen lebendiger noch wären. Die Schmetterlinge und Tauben sind ja schön, aber vielleicht kleine Figuren die auf Bänken sitzen oder auch durch die Stadt gehen. Und was auch schön wäre, wenn ich selbst einfach durch meine Städte gehen könnte.