5-6 Stunden für einen Durchgang
Until Dawn, Men of Medan, Little Hope
Farbenblind-Modus, QTE-Strafen abstellen
+ atmosphärisches Setting
+ unterhaltsamer Coop-Modus
+ Entscheidungen führen zu Konsequenzen
- technische Mängel, hölzerner Gesichter
- miserable deutsche Synchro
- zu wenig Horror
- QTEs entweder zu schwer oder viel zu einfach
"House of Ashes" ist gameplaytechisch der ausgereifteste Teil der Dark Anthology Reihe und bietet eine interessante Story, sowie einen unterhalten Couch-Coop Modus. Doch bleibt bei dem vielen Spektakel der Horror zu sehr auf der Strecke. Ein gutes Spiel, aber leider kein gutes Horrorspiel.
Lesezeit: 5 MinutenEigentlich wollte ich im ersten Absatz einen hochnäsigen Kommentar darüber abgeben, dass Supermassive Games seit ihrer Gründung 2008 immer nur die selbe Art Horrorspiele produzieren, doch ein kurzer Blick auf deren Spielekatalog hat mir eröffnet, dass sie sogar DLCs für Little Big Planet(!) produziert haben und an einigen VR-Titeln beteiligt waren. Daher rudere ich hier zurück und gebe stattdessen einen hochnäsigen Kommentar darüber ab, dass die The Dark Pictures Anthology-Teile sich alle mehr oder minder gleich spielen und keiner an deren Primuswerk Until Dawn herankommt. Ha, das war einfach, ab zum Mittagessen… das würde ich schreiben, wenn ich das Ganze hier nicht ernst nehmen würde. Deswegen lasst uns ein wenig über den neuesten Ableger House of Ashes reden!
First Things First
Ich bringe euch zunächst mal auf meinen Wissenstand, was die The Dark Pictures Anthology angeht: Men of Medan durchgespielt und nicht so sehr gemocht, Little Hope angespielt, aber bisher nicht weitergeführt. In House of Ashes gibt es ebenfalls ein paar Easter Eggs, was die beiden anderen Teile angeht, welche ich wahrscheinlich nicht alle verstanden habe – doch auch ohne Vorwissen kann man direkt mit House of Ashes loslegen, was man schon mal als Pluspunkt ansehen kann.
Doch worum geht es überhaupt in diesem Horrorspiel? Nicht wirklich um Horror, so viel kann ich bereits verraten. Wir sind im Jahre 2003, eine US-Spezialeinheit soll im Irak ein Waffendepot ausmachen. Plötzlich werden sie von der irakischen Armee attackiert, was dazu führt, dass sich der Boden unter ihnen auftut und sie in ein Höhlengewölbe fallen. Es dauert nicht lange, bis die Überlebenden merken, dass sich da unten etwas befindet, was schon seit Jahrhunderten vergraben war und einen gewissen Hunger auf Menschen hat.
Vampires in Space!
Wie in den anderen Teilen bekannt spielt man verschiedene Charaktere, deren Entscheidungen in diesem alten sumerischen Tempel zu “verheerenden Konsequenzen” führen können. Neben meinem persönlichen OG Salim steuert man die US-Marines Eric (stoisch und illusorisch), Nick (diplomatisch und besonnen), Jason (hitzköpfig und leicht rassistisch) und natürlich Rachel, welche von niemand geringerem als Ashley Tisdale geschauspielert wird! Ja genau, ich muss ebenfalls googeln – die arrogante Blondie aus Highschool Musical. Ohne groß spoilern zu wollen kann ich nur sagen, dass einige Charaktere wirklich brutale Storylines durchlaufen müssen, während die anderen – je nach Entscheidungen und Quick Time Affinität – relativ schadlos davon kommen. Die Story insgesamt ist nichts besonders, bis es zum letzten Akt geht und … argh, keine Spoiler. Ich sage nur so viel: das Setting geht plötzlich vom Film The Descent in die Fieberträume von H.R. Giger über (u.a. bekannt für Alien). Was man davon hält, bleibt jedem selbst überlassen.
QTEs aus der Hölle
Doch wie spiel sich House of Ashes? Genau so wie alle anderen neueren Supermassive Games Titel: die Protagonisten steuern sich sehr behäbig und grob, die Kollisionsabfrage von Gegenständen ist zuweilen sehr fummelig und man vermisst mehr als ein mal eine Taste zum Sprinten. Dabei sind die Gameplay-Varianten meist so aufgeteilt, dass man entweder Dinge entdeckt, Gespräche mit Entscheidungsmöglichkeiten führt oder in die vermeintliche Action rutscht. Die “Action” besteht zu 90% aus Quick Time Events, welche einem auf dem zweiten von drei Schwierigkeitsgraden eine viel zu kurze Reaktionszeit lassen, auf dem einfachsten Grad hingegen viel zu freundlich gestaltet sind. Hier hätte ich mir gerne einen Modus zwischen Vor-Frust-in-den-Controller-beißen und Stützräder-und-Knieschoner gewünscht. Zumal das Überleben einiger Charaktere von ordentlich ausgeführten QTEs abhängt und dann doppelt frustrierend ist, dass eine vermeintlich schlechte Reaktionszeit zum frühzeitgen Ableben führt.
Besser als schlecht
Und wie sieht House of Ashes aus? Im Gegensatz zu den Vorgängern – und dank der PS5-Fassung – ein gutes Stück schicker. Das Höhlensetting lädt zu atmosphärischen Licht- und Schatteneffekten ein, die Texturen sind schärfer und das Monsterdesign ist wunderbar eklig und innovativ. Leider erreichen die Gesichter und deren Animationen nicht ganz dieses Niveau. Vor allem Ashles Tisdales Charakter wirkt häufig sehr emotionslos bzw. reagiert deplaziert auf gewisse Ereignisse. Zudem gibt es noch einige technische Bugs. In einer Sequenz zum Beispiel musste ich das Spiel neu starten, da mein Mitstreiter den Eingang versperrt hatte und sich partout nicht weg bewegen wollte. Beim Thema Audio ist es ebenfalls ein zweischneidiges Schwert. Wenn es passt, sind die Soundeffekte sehr gut platziert und entfalten ihre Wirkung. Doch häufig ist die Soundabstimmung mangelhaft – Stimmen überlappen, sodass Untertitel fast schon obligatorisch sind. Und bleibt der deutschen Synchronisation fern. Diese ist hölzern im besten, unfreiwillig komisch im schlimmsten Falle. Die englischen Synchronsprecher machen hingegen ein wunderbaren Job, vor allem Salims Sprecher sorgt für Pluspunkte.
Eine Sache fehlt
Die Bugs? Kann man noch patchen. Die QTEs? Geschmackssache. Die Spiellänge? Mit fünf bis sechs Stunden für einen Nicht-Vollpreistitel vollkommen in Ordnung. Alle diese Dinge sind diskutabel, doch der größte und problematischste Kritikpunkt könnte eure Kaufentscheidung am meisten beeinflussen: House of Ashes ist kein Horror-Spiel. Es hat ein Horror-Setting, es hat mit seinen Monstern die perfekten Horror-Wesen und zwischendurch kommt sogar effektiver Body-Horror zum Zuge, doch zu keinen Zeitpunkt hatte ich ansatzweise das Gefühl, ein gruseliges Spiel zu erleben. Na ja, eine Sequenz (kein Spoiler, daher nur: Bluuut) kam dem Siegel “Horror” noch am nächsten, doch ist diese eine Variation aus einer Sequenz in Until Dawn, daher kann ich Supermassive Games keine Punkte für das Abschreiben bei sich selbst geben. Ansonsten gibt es sehr viel Actionmomente, welche zuweilen auch Spannung erzeugen können, doch kam zu selten ein echtes Gefühl der Bedrohung auf.
G.I. Flaw – ein Fazit
House of Ashes ist wirklich kein schlechter Titel und vor allem im Filmabend-Modus kann er für ein abendfüllendes Programm sorgen. Und ich empfehle den Titel genau so zu genießen – schnappt euch ein paar Freunde, streitet euch darum, wer Salim spielen darf und genießt eine Story, die zwar keinen Innovationspreis gewinnen wird, aber dennoch gut genug unterhalten kann. Brüllt euch am besten noch gegenseitig an, falls ein Charakter zum vermeidbaren Tod des anderen führt und gebt gehässige Kommentare über die teils absurden Gesichtsanimationen ab. Doch erwartet keinen echten Horror, denn House of Ashes schafft es leider zu selten seine in Ansätzen gruselige Prämisse in echten Grusel umzuwandeln. Und das ist im Gegensatz zu den technischen Schwierigkeiten das weitaus größere Problem. Ich hoffe, dass Supermassive Games mit dem Abschluss der The Dark Pictures Anthology sich nochmal auf die Horrorwurzeln zurückbesinnen können.