+ tolles Design
+ individualisierbare Kombos
+ Reminiszenen & Erinnerungs-Remixe
+ sehr guter Soundtrack
+ kleinere Rätsel-Einlagen
- teilweise zickige Kamera
- deutsche Sprachausgabe etwas dürftig
- Lippenbewegungen asynchron
- sehr linear
Lesezeit: 6 MinutenMit dem Release von Remember Me, hat das französische Entwicklerstudio Dontnod Entertainment nicht nur sein erstes Spiel veröffentlicht, sondern einen sofortigen Hit. Die Geschichte spielt im fiktiven Neo-Paris des Jahres 2084. Erinnerungen sind längst nichts mehr persönliches und können über ein Implantat namens Sensen digitalisiert und ausgetauscht werden. Und genau dort liegt auch der Schwachpunkt der Technologie, den Nilin ausnutzt.
Im Jahre 2084 schlüpft der Spieler in die Rolle von Nilin, einer Erinnerungsjägerin, mit dem Ziel, das Unternehmen Memorize zu stürzen. Die Firma erforscht nicht nur Erinnerungen, sondern kann diese auch, durch die erfundene Sensen-Technologie, ein Implantat im Nacken der Menschen, digitalisieren. Diese können dann extern gespeichert, geteilt oder sogar gelöscht werden. Doch wer, wie Memorize, das Monopol auf Erinnerungen besitzt, führt meistens nichts Gutes im Schilde. Nilin, war Mitglied einer sogenannten Erroristen-Bewegung und wollte das Unternehmen aufhalten. Doch bevor sie den finalen Schlag ausführen kann, wird sie geschnappt und muss ihre eigene Vergessens-Medizin kosten. Bevor die Wissenschaftler im Gefängnis, aber auch noch ihre letzten Andenken aus ihrem Gehirn stehlen können, wird Nilin durch die Hilfe von Edge, einer mysteriösen Person, befreit. Von da an beginnt ihr Rachefeldzug gegen diejenigen, die ihr Gedächtnis gestohlen haben und die Technologie für ihre Zwecke nutzen.
Die Achterbahn namens Neo-Paris
Besonders eindrucksvoll in Remember Me ist die realistische Umsetzung von Neo-Paris. Die Entwickler von Dontnod Entertainment haben sich wirklich viele Gedanken bei der Gestaltung dieses fiktiven Paris gemacht. Beim Schlendern durch die Straßen springt dem Spieler sofort der typische Charme der Stadt der Lichter entgegen. Straßencafés, viele Boutiquen und die schönen Fassaden einer reichen Großstadt. Schade ist nur, dass der Spieler nicht viel von dieser Stadt erkunden kann, denn Remember Me ist eines der linearsten Spiele des Jahres. Ohne Umwege wird der Spieler von A nach B gescheucht, lediglich kleine Gassen oder versteckte Passagen bilden eine Ausnahme. Aber auch diese Orte führen maximal zu irgendwelchen Gegenständen oder Tagebuch-Einträgen. Letztere lassen sich an den verschiedensten Stellen im Spiel finden und erzählen etwas zur Entstehung von Neo-Paris, der Sensen-Technologie und wichtigen Persönlichkeiten. Einen Kontrast zum schönen Saint Michel-Bezirk der Stadt gibt es ebenfalls. Der Slum 404 und die umliegenden Gebiete sind so etwas wie der soziale Brennpunkt der Stadt. Dort tummeln sich nicht nur Obdachlose, sondern auch Süchtige nach Erinnerungen und diejenigen, die durch eine Überlastung mutiert sind. Ja, ihr habt richtig gelesen, Erinnerungen sind in dieser fiktiven Zukunftsvision eine Droge. Immerhin können die Bürger, durch das Teilen der Erfahrungen, die Hochmomente anderer Personen fühlen, die sie in dem Moment erlebt haben. Allerdings führen übermäßiger Konsum oder korrupte Gedanken zu einer Mutation.
Die sogenannten Leaper sind das Ergebnis dieser Mutation. Menschenähnliche Wesen, die nur noch instinktiv handeln und alles tun, um an Erinnerungen zu gelangen. Sie leben allerdings nicht nur in Slum 404, sondern vor allem in den alten Metro-Schächten von Paris. Dort sammeln sie sich und kommen nur heraus, wenn sie die Sucht vorantreibt. Aber auch der Spieler macht einen Abstecher in die alten Tunnel und erlebt dort ein wenig Geschichtsunterricht von Paris. Diese Erkundungstouren sind die Plattformer-Passagen des Spiels. Der Spieler klettert, ähnliche wie in den Uncharted-Spielen, vorgegebene Wege entlang und springt von einem Vorsprung zum Nächsten. Zumindest in der Theorie, denn in der Praxis ist, ähnlich wie in den Kämpfen, die Kamera oft etwas zickig, sodass ein Sprung gelegentlich ins Leere geht. Auch das Springen an Kanten, was zum Beispiel in anderen Spielen kein Problem ist, triggert hier teilweise kein automatisches Greifen von Nilin.
Die Do-it-yourself-Kombo-Schmiede
Die Kämpfe in Remember Me verlaufen ähnlich wie in Rocksteadys Batman-Spielen. Es wird auf komplizierte Techniken verzichtet und stattdessen konzentriert sich der Spieler nur auf zwei Tasten. Das Besondere ist, dass die Kombos vollständig angepasst werden können, sodass der Spieler den maximalen Nutzen aus den Schlägen und Tritten zieht. Beispielsweise ist es möglich, dass der erste Schlag ein intensiver Treffer wird, der zweite die Lebensenergie auflädt und der dritte den Cooldown der Spezialfähigkeiten reduziert. Angepasst werden können die Kombos durch sogenannte Impressons, von denen es vier verschiedene Arten gibt. Kraft-, Regenerations-, Auflade- und Ketten-Impresson. Während die ersten drei die bereits genannten Aufgaben erfüllen, verdoppelt der Ketten-Impresson die Fähigkeit des vorherigen. Aber nicht nur das macht die Kombo wirkungsvoller. Je später ein Impresson in einem Kombo auftaucht, desto effektiver wird er. Cool ist auch, dass die Kombos jederzeit geändert werden können. Wenn der Spieler also in einem Endgegner-Kampf seine Strategie überdenken muss, kann er einfach seine Kombos der Situation anpassen und dann weiterkämpfen. Doch wer nun auf die Freiheit hofft, seine Kombos so ganz nach Belieben austauschen zu können, den muss ich leider enttäuschen. Der erste Tastendruck, der die Kombo einleitet, ist vorgegeben und auch sonst muss sich der Spieler an die Vorgaben halten. Somit bleibt unter dem Strich nur der Inhalt der Kombo dem Spieler überlassen.
Diejenigen, die auf der Suche nach irgendwelchen Schusswaffen in Remember Me sind, können die Suche sofort abbrechen. Nilin selbst benutzt sie zu keinem Zeitpunkt, zumindest nicht direkt. Sie besitzt einen sogenannten Spammer, ein Upgrade für ihren Erinnerungs-Jagdhandschuh, das ihr erlaubt Datenpakete zu verschießen. Aber bis auf diese indirekte Schusswaffe geht es in Remember Me eher schlagfertig zur Sache. Auch auf Seiten der Feinde werden eher Tonfas bevorzugt. Und falls der Spieler doch mal in Bedrängnis gerät und etwas mit mehr Stärke benötigt, besitzt Nilin noch fünf verschiedene Spezial-Fähigkeiten. Von der Verstärkung ihrer Kombos, bis hin zu einer Bombe, die am Gegner befestigt wird, gibt es genügend Möglichkeiten sich aus jeder Misere zu befreien.
Die Erinnerung als Kernelement
An manchen Stellen im Spiel gibt es allerdings keine Möglichkeit weiterzukommen, ohne auf die gestohlenen Erfahrungen anderer Personen zuzugreifen. Im Vorfeld gestohlene Erinnerungen können an bestimmten Stellen als Reminiszenen aufgerufen werden. Dabei handelt es sich um eine Art AR-Projektion von den gestohlenen Daten. Diese Projektion zeigt die Vergangenheit der Person, die Nilin beraubt hat. So kann der Spieler den richtigen Weg durch ein Minenfeld sehen, weil eine andere Person den Weg bereits gegangen ist. Schalter können aktiviert werden, indem sich Nilin mit der Erinnerung synchronisiert. Diese Projektionen sind eine gelungene Abwechslung im Einheitsbrei der typischen Spezial-Ferngläser oder ähnlichen Dingen von anderen Genre-Vertretern. Besonders gut inszeniert sind allerdings die Erinnerungs-Remix-Sequenzen.
An bestimmten Stellen im Spiel bekommt Nilin die Chance in die Erinnerungen von wichtigen Personen einzutauchen. Dort bekommt sie diese wie in einem Film vorgespielt und kann anschließend hin- und herspulen. Der Spieler kann dann, fast wie der “Cutter des Lebens”, die Erinnerung so beeinflussen, dass die jeweilige Person ganz anders an das Geschehene zurückdenkt, als es wirklich passiert ist. Dadurch wird beispielsweise die Schuld an einem Unfall genommen oder der Tod einer Person wird in das Gedächtnis eingepflanzt. Anschließend kann der Spieler sofort sehen, wie sich der gesamte Charakter der Zielperson verändert. Allerdings gibt es auch hier gewisse Einschränkungen, denn nicht alles kann beeinflusst werden. Lediglich bestimmte Erinnerungsfetzen, können verändert werden. Um die richtige Kombination der Veränderungen zu finden, benötigt der Spieler teilweise einige Anläufe.
Soll ich mich an die Grafik erinnern?
Grafisch wirkt Remember Me auf den ersten Blick wirklich toll gemacht. Die Gassen von St. Michel und auch der Slum 404 wissen durch ihren persönlichen Charme zu überzeugen. Allerdings ist auch hier ab und zu das Alter der Unreal Engine 3 zu merken. Beispielsweise laden einige Texturen eher spät und andere wirken eher schwammig. Auch ist die fehlende Lippen-Synchronität sehr schade, wobei sich der Fehler gibt, sobald die englische Sprachausgabe ausgewählt wird. Das ist sowieso eine empfehlenswerte Entscheidung, da die deutschen Synchronsprecher teilweise keine überzeugende Arbeit abliefern. Es klingt gelegentlich fast so, als würden Wörter komplett unpassend betont werden. Um eine wirklich gute Spielerfahrung zu haben, würde ich persönlich sogar zur französischen Original-Sprachausgabe, mit deutschen Untertiteln raten. Immerhin ist nicht nur das Entwicklerstudio aus Frankreich, sondern wir bewegen uns durchNeo-Paris und treffen im Spiel immer wieder auf französische Texte. Musikalisch weiß Remember Me ebenfalls zu überzeugen: Orchestrale Klänge, gepaart mit elektronischen Einflüssen, unterstreichen das Sci-Fi-Cyberpunk-Setting des Spieles perfekt.
Ein erinnerungswürdiges Fazit
Remember Me ist nicht nur das Erstlingswerk von Dontnod Entertainment, sondern ein klasse Spiel. Neo-Paris strahlt einen unfassbaren Charme aus, auch in den schmutzigsten Ecken von Slum 404. Schade ist nur, dass dem Spieler keine Möglichkeit gegeben wird, die facettenreiche Metropole noch weiter zu erkunden. Das Spiel ist wie eine Achterbahn-Fahrt durch eine Welt, in der Erinnerungen nichts mehr Privates sind. Das Konzept der Erinnerungen ist definitiv gut gewählt, doch ab und zu bekommt der Spieler das Gefühl, dass die Entwickler von Dontnod die Fiktion nicht auf einem Level halten können. An diesen Stellen wirkt die Geschichte eher verwirrend oder schon zu dramatisch. Natürlich kann es sein, dass es sich dabei um die Probleme eines Studios handelt, das gerade das erste Spiel veröffentlicht hat. Schade ist es dennoch. Genauso schade ist die teilweise zickige Kamera und die Lippen-Asynchronität der Charaktere. Aber unterm Strich bin ich trotzdem von Remember Me begeistert. Das Setting und die Thematik sind wirklich sehr gut gewählt und fantastisch umgesetzt. Sie machen definitiv Lust auf mehr.
Fühlt ihr euch der Herausfordeurng gewachsen Nilins dunkle Vergangenheit zu enthüllen? Dann bestellt das Spiel doch einfach direkt. Klickt einfach auf den folgenden Button.