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Finding Paradise – Die ewigen Zweifel beseitigen

von am 22. Dezember 2017
DETAILS
 
Für Fans von:

To the Moon, emotionalen Spielen

Pluspunkte

+ emotionale und spannende Geschichte
+ umwerfender Soundtrack
+ handgezeichnete Hintergründe
+ Anspielungen auf Anime und andere Videospielgenres

Minuspunkte

- Humor teilweise komisch platziert
- Pacing gelegentlich ungleich

Editor Rating
 
GAMEPLAY
9.0

 
GRAFIK
9.0

 
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9.0

 
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10

Gesamt-Wertung
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Zusammenfassung
 

Finding Paradise nimmt euch, wie sein Vorgänger To the Moon, auf eine emotionale Reise durch die Erinnerungen einer sterbenden Person mit. Erlebt die Hochs und Tiefs des Lebens und versteht, wieso Colin Reeds bestimmte Dinge bereut. Es erwartet euch eine emotionale und spannende Geschichte, die von einem tollen Soundtrack und handgemalten Hintergründen begleitet wird. Die sentimentale Stimmung wird teilweise allerdings von schlecht platzierten Witzen unterbrochen. Dazu kommen ebenfalls leichte Pacing-Probleme. Wer allerdings über alle diese Dinge hinwegsehen kann, wird für fünf Stunden bestens unterhalten und erlebt eins der besten Indiespiele des Jahres.

 

Lesezeit: 4 MinutenFünfeinhalb Jahre ist es her, seitdem ich To the Moon für I KNOW YOUR GAME getestet habe. Fünfeinhalb Jahre, in denen sich nicht nur die Videospielwelt verändert hat, sondern auch ich. Doch in der gesamten Zeit habe ich trotzdem auf die Fortsetzung dieses kleinen Meisterwerks gewartet. Nun erschien Finding Paradise und nahm mich erneut mit auf eine emotionale Reise durch die Erinnerungen von Colin Reeds.

Finding Paradise setzt eine gute Zeit nach den Ereignissen von To the Moon an und erzählt die Geschichte von Colin Reeds. Dieser ist bereits durch das Kurzspiel A Bird Story bekannt, in der wir ihn in seiner Jugend kennenlernen. Wie auch schon im Vorgänger erleben wir die Geschichte aber aus der Perspektive von Dr. Eva Rosalene und Dr. Neil Watts. Diese sind Mitarbeiter der Sigmund Corp. einer Firma, die es Sterbenden ermöglicht, ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Dazu bedienen sie sich einer Technik, die es möglich macht die Erinnerungen der Patienten zu erleben und schlussendlich so zu beeinflussen, dass der Wunsch erfüllt wird. Wünscht sich ein Patient beispielsweise Ruhm und Reichtum, könnten die Erinnerungen so verändert werden, dass er ein Leben als Rockstar gelebt hat. Ziel dieser Eingriffe ist es schlussendlich den Toten einen Abschied zu bereiten, den sie nicht bereuen.

Finding Paradise (To the Moon 2) - Trailer

Ein unmöglicher Wunsch?

Colins Wunsch ist allerdings keiner dieser 0815-Wünsche. Stattdessen möchte er, dass seine Erinnerungen völlig intakt bleiben, er jedoch seine Zweifel und die Schuldgefühle verliert, die er über die Jahre aufgebaut hat. Ohne wirklich zu wissen, wie sie das anstellen sollen, betreten Dr. Rosalene und Dr. Watts Colins Erinnerungen. Schnell bemerken sie jedoch einige ungewöhnliche Anomalien, die zuvor bei keinem einzigen dokumentierten Patienten aufgetreten sind. Nach und nach beginnt die Reise immer dunklere Züge anzunehmen. Was verbirgt sich in Colins Vergangenheit und was hat es mit seinem ungewöhnlichem Wunsch auf sich? Die Antwort dazu werde ich hier nicht verraten, denn Finding Paradise ist wie sein Vorgänger ein Spiel, das jeder selbst erleben muss. Es ist eine emotionale Reise durch das Leben einer einzelnen Person.

Memento mori

Wie auch schon im Vorgänger, bereist ihr verschiedene Abschnitte von Colins Leben und hangelt euch von einer Erinnerung zur nächsten. Das geschieht, in dem ihr sogenannte Mementos aufspürt. Dabei handelt es sich um bestimmte Gegenstände, die über verschiedene Abschnitte hinweg eine starke emotionale Bedeutung für Colin hatten. Um diese Mementos zu aktivieren, müsst ihr zunächst Ausschnitte seiner Erinnerungen erleben, die sich wie ein Film vor euch abspielen. Nach jeder Erinnerung erhaltet ihr einen Orb, den ihr nutzen müsst, um die Barriere, die die Mementos umgibt, zu durchbrechen. Anschließend erwartet euch ein kurzes Schieberätsel, das die Mementos für ihre Aktivierung vorbereitet. Insgesamt warten fünf Lebensabschnitte mit jeweils vier Erinnerungen auf euch.

Erlebt Colins Leben von seiner Kindheit, über seine Jugend, bis hin zu seinem letzten Moment. Erfahrt seine Motivationen, seine Beweggründe, Ängste, Sorgen und Nöte. Mit der Zeit baut ihr so eine Bindung zu ihm auf. Ihr fangt an zu verstehen, warum er so gehandelt hat, wie er es tat. Und ihr versteht schlussendlich auch, warum er gewisse Entscheidungen getroffen hat. In gewisser Weise erinnert das Spiel so an Filme wie Boyhood, in der auch die gesamte Jugend eines Jungen beleuchtet wird. Die Unterschiede sind natürlich hierbei der Umfang und die Interaktivität.

Mood meets Memes

Kritiker von To the Moon stellen oft das Pacing und den Humor als wesentliche Kritikpunkte heraus. Natürlich ist der Titel im heutigen Meer der Indiespiele nicht mehr so gut, wie er noch 2012 war, doch trotzdem erzählt er eine tolle Geschichte. In Finding Paradise wird der Humor erneut die Geister scheiden. Der pessimistische Kindskopf Neil schlägt auch in diesem Spiel gelegentlich über die Stränge. Videospielanspielungen, Memes und sogar kleine Genrevermischungen, zeigen Kan Gaos Liebe zu Videospielen und der Internetkultur. Während ich persönlich viel Spaß mit diesen Dingen hatte, wird es Spieler geben, die diesen Bruch von ernster Thematik mit dummen Sprüchen nicht ansprechend finden. Meiner Meinung nach passt aber genau das ins Bild von Neil Watts, einer Person, die besonders in diesem Spiel mehr Tiefgang erhielt.

Etwas für die Augen und Ohren

Ebenfalls mehr Tiefgang erhielt die musikalische Untermalung. Kan Gao hat bereits mehrfach bewiesen, dass seine Spiele Musik enthalten, die einen im Herzen berührt. Finding Paradise bildet da keine Ausnahme und besticht von Anfang bis Ende mit tollen Musikstücken. Selbstkomponierte Stücke mit Gitarre, Cello und Piano passen nicht nur perfekt zu den jeweiligen Erinnerungen von Colin, sondern verstärken emotionale Momente nur noch mehr. Dazu kommt ein Titelsong, der wie auch schon bei To the Moon, in Zusammenarbeit mit Laura Shigihara entstanden ist und dem Ganzen noch einen weiteren emotionalen Schlag Sahne verpasst.

Grafisch entschied sich Kan Gao auch dieses Mal wieder für ein Spiel im RPG-Maker-Stil. Das mag für viele altmodisch wirken, passt aber vielleicht auch in gewisser Weise zum Gesamtbild. Immerhin geht es um alte Menschen und ihre Erinnerungen an früher. Vermittelt nicht auch ein RPG-Maker-Spiel ein gewisses Gefühl von Nostalgie? Neben den selbst gemachten Sprites für das Spiel, hat sich Gao nicht Lumpen lassen auch wieder selbst gezeichnete Hintergründe in das Spiel einzubauen. Sei es eine Skyline, ein Gebirge oder eine Südseeinsel, jedes Bild ist einfach wunderschön und lädt zum Träumen ein.

Im Wandel der Zeit

(Ein sehr persönliches Fazit von André)

Wie anfangs erwähnt, hat sich in der Zeit zwischen To the Moon und Finding Paradise Einiges getan. Spiele kamen, Entwickler gingen, Freundschaften wurden geschlossen, Präsidenten haben gewechselt. Das Alles lässt mich das neueste Werk von Kan Gao in einem leicht anderen Licht sehen, als es bei seinem Erstlingswerk der Fall war. Natürlich hat mich auch Finding Paradise berührt und ich finde, jeder sollte diesen Titel spielen. Aber gleichzeitig bin ich mir sicher, dass spielerisch gesehen viele enttäuscht sein werden. Die Messlatte für Indiespiele ist weit höher, als noch damals. In mancherlei Hinsicht sind wir vielleicht sogar “verwöhnt”. Das Sequel zu To the Moon spielt sich genau wie To the Moon selbst. Natürlich gibt es ein paar Neuerungen und ein paar Überraschungen, aber in vielerlei Hinsicht bleibt Kan Gao sich treu. Doch ganz ehrlich, würde ich auch nichts anderes wollen. Finding Paradise ist kein Spiel für die breite Masse. Es ist ein Spiel für diejenigen, die To the Moon mochten und darüber hinaus eine emotionale Reise suchen. Die sich mit dem Tod auseinandersetzen wollen. Die auch mit weniger Gameplay und mehr Story klarkommen. Die auch über kleinere Probleme hinwegsehen können, um eine schöne Geschichte zu erleben. Denn manchmal reicht genau das schon aus.

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