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F1 2009 – Was kann die Rennsimulation?

von am 2. Januar 2010
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Lesezeit: 8 MinutenDie Formel 1 – bekannter Maßen die Königsklasse der Rennserien – kehrte Ende 2009 auf die heimischen Daddelkisten zurück. Nach mehrjähriger Pause sicherte sich Racing-Spezialist Codemasters die sicherlich nicht günstigen FIA-Lizenzen und brachte für die PSP und die Wii F1 2009 auf den Markt. Wir nehmen das Comeback der traditionsreichen Reihe auf Nintendos Heimkonsole unter Lupe. Hat der Titel genug Benzin im Tank?

Der erste Wermutstropfen ereilt den Rennspiel-Fan schon vor Beginn des Spiels: die spannende und ungemein turbulente Saison 2009 gehört bereits seit geraumer Zeit der Vergangenheit an. Kurz bevor Michael Schumachers Comeback in ein Formel 1-Cockpit bei Mercedes unterschrieben hat, kam das Rennspiel erst auf den Markt. Mit anderen Worten: Fahre noch einmal F1-Boliden, die es nie wieder geben wird und werde Teil von Teams die es überhaupt nicht mehr gibt. Das schmerzt schon ein wenig. Vielleicht hätte man noch ein paar Monate warten sollen und dann statt dessen Fahrzeuge, Fahrer und Teams der Saison 2010 einbauen sollen.

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Rein ins Cockpit!

Genug von schlechter Vorabstimmung. Wenn man die Saison 2009 einmal betrachtet dürfte klar sein, dass man mit einer gewissen Spannung vor dem Fernseher sitzt und ständig im Hinterkopf hat, dass auch die vermeintlich kleinen Teams eine realistische Chance haben. Das Spiel wird eingelegt, die Wii legt los. Zuerst erstellt man sich ein neues Profil mit vollständigem Namen, eigenem Pistenkürzel und sucht sich einen möglichst schicken Helm aus. Danach stellt sich die Frage wie tief man in den Rennzirkus eintauchen möchte. “Schnelles Rennen”, “Einzelspieler” oder “Mehrspieler”? Das schnelle Rennen lässt uns in die Rolle eines bekannten Fahrers, samt seinem Vehikel schlüpfen. Empfiehlt sich, um mal schnell in das Spiel hinein zu schnuppern. Wählt man “Einzelspieler” eröffnen sich dem Spieler die durchaus reichhaltigen Möglichkeiten “Zeitfahren”, “Grand-Prix-Wochenende”, “Weltmeisterschaft”, “Karriere” und “Challenge”. Dabei spielt sich Zeitfahren wie eine Qualifying-Session, der nächste Schritt ist dann ein komplettes “Gran-Prix-Wochenende” mit freien Trainings-Sessions, den drei Qualifyings und dem Sonntagsrennen selbst. Aber schließlich will man Hamilton, Button und Co. ja eine ganze Saison davonfahren. Dann bleibt euch nur der Weltmeisterschafts-Modus, oder die Karriere. Die geht sogar über drei Jahre. Die Challenges sind sehr unterschiedlich, reichen von Checkpoint-Rasereien, über Überhol-Herausforderungen, bis hin zu zu gewinnenden Rennen.

Der Schwierigkeitsgrad

Es gibt zwei wichtige Stellen im Spiel an denen sich das eigene Können und die Schwierigkeit des Spiels einschätzen und einstellen lassen. Der erste Punkt ist direkt nach der Erstellung des eigenen Fahrerprofils. Jetzt lässt sich einstellen, ob ihr die Ideallinie sehen wollt und welche mechanischen Hilfen ihr in Anspruch nehmen wollt. Lenkunterstützung, Bremsunterstützung, ABS, Antriebsschlupfregelung? Und wollt ihr selber schalten, oder soll das automatisch geschehen? Aber Vorsicht! Ein F1-Bolide mit seinen sieben Gängen ist kein Opel Corsa! Hier wird in Bereichen geschaltet, von denen normale Motoren des nachts träumen!

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Der zweite Knackpunkt bei der Einstellung der Schwierigkeit folgt dann, wenn man sich für eine Weltmeisterschaft oder eine Karriere entschieden hat. Jetzt geht es nicht mehr um das eigene Können, sondern um das der Gegner und darum, wie real wir das Spiel erleben wollen. Das fängt bei der Renndistanz an, die in sechs Stufen (3 Runden, 10% des Rennens, 25% des Rennens, 50% des Rennens, 75% des Rennens und 100% des Rennens) einstellbar ist. Dann folgen das Fahrkönnen der Gegner in drei Stufen (leicht, mittel und schwer), die Frage ob wir bei Kollisionen Schaden nehmen möchten oder nicht, ob wir Sprit-Verbrauch und Reifenabnutzung haben wollen (was natürlich Boxenstopps nach sich zieht), ob wir wechselhaftes Wetter haben wollen oder nicht, ob wir zulassen, dass uns auch mal ein geplatzer Motor ein Rennen versauen kann und in welchem Maße wir Rennstrafen kassieren können (ausgeschaltet, entspannt, genau).

Die Karriere beginnt

Ich habe mich nach einem schnellen Rennen direkt für die Karriere entschieden. Nach einer Testfahrt für das Toro Rosso-Team, bei dem ich eine vorgegebene Zeit unterbieten musste, wurde ich der zweite Fahrer des Rennstalls. Belässt man die Schwierigkeitseinstellungen so, wie sie sind, erlebt man nun als Newcomer eine Saison im Geschwindigkeitsrausch. Meine erste Saison für Toro Rosso gewann ich auf Anhieb und trotz drei geplatzter Motoren mit deutlichem Vorsprung. Qualifying-Sessions waren notwendiges Übel und die Rennen mit 10% der Original-Renndistanz schneller rum, als all die Quali-Läufe zusammen. Trotzdem vergingen gut und gerne zehn bis zwölf Stunden für diese erste Weltmeisterschaft.

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Ich entschied mich die Schwierigkeit für den Neustart meiner Karriere deutlich nach oben zu schrauben. Gegner-KI rauf, Schadensmodell an, Spritverbrauch und Reifenverschleiss eingeschaltet und die Renndistanz auf 25% der Original-Länge gestellt. Um mir meinen Start so schwer wie möglich zu machen, versagte ich absichtlich bei den Test-Läufen für das BMW-Sauber-Team und den Toro Rosso-Rennstall (die übrigens immer zu Beginn der Karriere nach neuen Fahrern gieren). Meine “Belohnung” folgte auf dem Fuße: das Force-India-Team angiert mich vom Fleck weg, ob ich will oder nicht. Es lässt sich nicht verhindern. So landet man unweigerlich bei einem dieser drei Teams: BMW-Sauber, Toro Rosso, Force-India. Schade eigentlich, denn ich persönlich wäre gerne in einem der anderen Teams gestartet. Brawn GP zum Beispiel. Aber egal. Nun saß ich in meinem grün-weiß-orangen Vehikel und musste mich behaupten. Im ersten Qualifying für den großen Preis von Australien in Melbourne spürte ich die Veränderungen des Spiels. Die Gegner konnten plötzlich genauso gute Rundenzeiten fahren wie ich und fuhren nicht länger mit Standgas über die Kurse. Tatsächlich fuhren sie sogar bessere Zeiten. Plötzlich musste ich mich anstrengen und immer wieder raus auf die Piste, um Session zu Session um eine möglichst gute Startposition zu kämpfen. Die Zeit, die man mit den Quali-Läufen verbrachte, verdoppelte sich plötzlich. Hinzu kam, dass vor dem dritten Lauf, wenn man den soweit kam, hier plötzlich seine Rennstrategie entscheiden musste. Wie oft geht es in die Box? Welche Reifen haben wir wann drauf? Jetzt fühlt sich das Spiel wie eine Simulation an.

Mit aller Mühe konnte ich für Melbourne Startplatz drei sichern, den ich dank einer Zwei-Stopp-Strategie und Fahren an meinem persönlichen Limit auf einen etwas unglücklichen zweiten Platz am Ende ausbauen konnte. Zwei Kurven vor Ende des Rennens waren meine Reifen ziemlich rutschig geworden, was ich unterschätzt hatte. So konnte mir Lewis Hamilton, den ich quasi schon riechen konnte mir doch noch entwischen.
Es folgte ein katastrophales Regenrennen in Malaysia, bei dem ich auch noch die falsche Boxen-Strategie gewählt hatte. So kämpfte ich mich vier Runden lang nach vorne fuhr als Führender richtig gute Zeiten ein, bis der Grip meiner Reifen rapide abnahm. Ein Abflug ins Kiesbett kostete mich zehn Plätze, bis ich zum Reifenwechsel in die Box fuhr, war ich nur noch 15. Den Platz konnte ich halten, bis irgendwann erneut der Grip nachlies und ich im Schneckentempo über den Kurs tuckerte. Das Ergebnis war ein niederschmetternder 20. Platz.
Mit solchen Niederlagen muss man fertig werden. Oder damit, dass einem vier Runden vor Ende, während man seelenruhig vorne wegfährt, plötzlich der Verfolger dermaßen in die Karre semmelt, dass eine Runde später der Motor platzt und man liegenbleibt. Das gehört schließlich alles zur Formel 1 dazu.

Die Unzulänglichkeiten

Was allerdings auch zur bunten, lauten Welt der Formel 1 dazugehört sind die vielen Kleinigkeiten, die das Leben lebenswert machen. Wo sind die Boxenluder, die Kommentatoren, die einem im Rennen den letzten Nerv rauben und schließlich und endlich: wo ist die Siegerehrung? Wo das Bad in der Menge und die Schampusdusche? Jener Moment, der einen Fahrer für all’ die Strapazen des Wochenendes entschädigt und ihn ein klein wenig von uns Normalsterblichen entrückt? Nicht vorhanden in Codemasters F1 2009. Keine Siegerehrung, nur eine Notiz in einer, wie auf einer Schreibmaschine getippten Meldung einer ständig wechselnden Zeitung. Ohne Bild natürlich. Das ist sehr schade. Denn der ganze Glamour, der Wirbel und die Schickeria der Formel 1 werden hier völlig ausgeblendet. Sogar bei der Kreismeisterschaft im Hallenjojo wird mehr Tamtam veranstaltet. Wie kam es zu diesem Total-Ausfall bei der Präsentation einer echten Rennwochenend-Atmosphäre?

Die Fahrzeuge selber fahren sich, obwohl die Steuerung sehr schnell und erbarmungslos reagiert, sehr gut. Nur leider fahren sich alle Fahrzeuge nahezu gleich. Und das umstrittene KERS-System, bei der Bremsenergie elektronisch geregelt und als Zusatz-Boost an die Antriebswellen wieder abgegeben werden kann, ist im Spiel in allen Fahrzeugen verbaut worden. Das entspricht leider nicht mal ansatzweise der Realität, da nicht mal zu Saisonbeginn alle Rennställe diese Technik eingesetzt hatten.

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Die Gegner-KI stellt manchmal verrückte Sachen an. Da brettern vor einem glatt vier Fahrzeuge in einer Kurve in einander, und das FIA-Strafsystem verurteilt dich zum Absitzen einer Strafe in der Boxengasse, dabei bist du nur ins Stauende gerast. Alle anderen dürfen trotz bewiesenem Schwachsinn weiterfahren. Oft kommt es doppelt schlimm: Die Karambolage zwingt uns nochmal in die Boxengasse weil etwas beschädigt ist. Knüppeldick kommt es jedoch, wenn die Boxencrew einfach die Arbeit verweigert. Dann fahren wir unverrichteter Dinge einfach durch die Boxengasse durch und bleiben wenig später liegen. Die Boxenstopps selber sind übrigens frei von jeder Aktion des Fahrers. Keine Minispiele um Reifen zu wechseln, oder dergleichen. Hier lehnt man sich zurück und entspannt… und wird wahnsinnig, weil die Stopps so lange dauern!

Besonders auf Strecken wie Monte Carlo, aber auch in Monza, auf dem Nürburgring oder in Suzuka erleben wir in Spitzkehren mit vielen Gebäuden oder Gebilden im Hintergrund haarsträubende Einbrüche in der Spielgeschwindigkeit. Die Slow-Downs sind erschreckend stark und ist man auch als versierter Zocker so nicht gewohnt. Und eigentlich gibt es auch keine Rechtfertigung für solche Tempo-Einbrüche in einem fertigen Spiel. Denn ansonsten präsentiert das Spiel technisch gut.

Der Look

…ist Geschmackssache. Grafisch pendelt das Spiel zwischen den Welten. Halb Realismus, halb Zeichnung a la Cell-Shading-Look. So wirklich kann sich das Spiel nicht entscheiden. Im Großen und Ganzen ist das Spiel grafisch in Ordnung, weist aber erhebliche Schwächen in der Detail-Darstellung auf. Die Texturen auf den Fahrzeugen sind in der Cockpit-Perspektive teilweise enorm stumpf, wirken matt und so, als hätte man die falsche Grafikeinstellung gewählt (was ja überhaupt nicht möglich ist). Die Bäume am Streckenrand sehen gut aus, die Papp-Zuschauer mit ihren animierten Fähnchen überhaupt nicht. Über der Strecke selber scheint eine Glasplatte zu liegen, die man immer dann indirekt sieht, wenn sich Spuren von Verbremsern etwa fünf Zentimeter über der Strecke zu befinden scheinen. Oder wenn Regen sich wie ein perfekter Spiegel über die Straße legt.

Fazit

F1 2009 ist kein schlechtes Spiel. Leider allerdings auch kein wirklich Gutes. Denn obwohl es – für die Wii ungewohnt – als Rennspiel in der Lage ist über Stunden solide und spannende Unterhaltung zu bieten, sind die Mängel immer zugegen. Die Grafik wirkt oft matschig und lieblos, es fehlt die Atmosphäre eines echten Formel 1-Spektakels und die Tatsache, dass der Force-India-Renner genauso schnell ist, wie der Ferrari-Bolide lässt den Anspruch eine Simulation zu sein erheblich bröckeln. Ich persönlich hatte mir mehr vom Comeback der Formel 1 erhofft. Da ist viel Luft nach oben für die folgenden Jahre meine lieben Herren von Codemasters und Sumo Digital!

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