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Divinity: Original Sin 2 – Die Rückbesinnung zur Perfektion

von am 30. September 2017
DETAILS
 
Für Fans von:

Divinity: Original Sin, Pillars of Eternity, Baldurs Gate, Neverwinter Nights, Tyranny, Planescape Torment

Pluspunkte

+ Detailreichtum sondergleichen
+ grandiose Soundkulisse und Vertonung
+ wirkliche Entscheidungfreiheit
+ geschaffen für kooperatives Spielen
+ Gespräche mit Tieren sind immer ein Highlight
+ forderndes, aber nicht frustrierendes Kampfsystem

Minuspunkte

- zum Test gelegentliche Abstürze

Editor Rating
 
GAMEPLAY
10

 
GRAFIK
8.0

 
SINGLEPLAYER
9.0

 
MULTIPLAYER
10

 
SOUND
10

Gesamt-Wertung
9.0

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User Rating
 
GAMEPLAY
9.0

 
GRAFIK
9.0

 
SINGLEPLAYER
10

 
MULTIPLAYER
10

 
SOUND
9.0

User-Wertung
1 rating
9.4

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Zusammenfassung
 

Der Vorgänger war schon gut, doch dieses Rollenspiel von Larian Studios ist vermutlich das beste Rollenspiel, das ihr 2017 spielen könnt. Entscheidungsfreiheit und Detailreichtum, die ihresgleichen suchen, heben dieses für den kooperativen Spielmodus geschaffene Rollenspiel auf ein Level, das kaum eines der in den letzten Jahren entwickelten Rollenspielen erreichen kann.

 

Lesezeit: 5 MinutenIch hatte eigentlich genug von Rollenspielen, denn mein Maß war voll. Ich hatte genug Dialogrädern, von “Ja”, “Nein”, “Sarkastisch” und “Tschüß” á la nahezu jedes Rollenspiel der letzten drei Jahre und auch wenn ich 2014 mit Divinity: Original Sin ein gutes Spiel in Erinnerung hatte, war ich eher zurückhaltend optimistisch. Nach fast zwei Wochen mit Divinity: Original Sin 2 kann ich mit gutem Gewissen behaupten, dass es da draußen noch Rollenspiele gibt, die eine Seele haben und deren Entwickler wirklich in der Erschaffung ansprechender Spielwelten aufgehen.

Divinity: Original Sin 2 Trailer

Komplexität als Alleinstellungsmerkmal

Das Divinity: Original Sin 2 kein gewöhnliches Rollenspiel ist, stellt sich bereits zu Beginn der Charaktererschaffung heraus. Selten fand ich die Charaktererstellung  derart erfrischend und zeitweise auch überfordernd. Neben den vier spielbaren Rassen: Elf, Mensch, Echse und Zwerg, konnte ich mich zusätzlich noch entscheiden, ob ich nicht vielleicht doch lieber die entsprechende Rasse in der Untoten-Variante spielen wollte. Auch wenn es verlockend war als abgenagtes Skelett eines Baumkuschlers durch die Spielwelt zu streifen, so sah ich bei meinen ersten Gehversuchen von derlei Abenteuern zunächst ab. Abenteuerlich wurde es dann aber doch im Kontext der Klassenwahl. Klar, ich hatte die Wahl zwischen 14 vordefinierten Klassen, aber da ich lieber etwas mehr Kontrolle über meine Talente und Attribute habe, war ich umso glücklicher, als ich die Optionen zur vollständigen Klassenanpassung sah. In diesem Sinne ist das Klassensystem von Divinity: Original Sin 2 eher als Stütze für RPG-Neulinge zu verstehen, denn deutlich kräftigere Charaktere lassen sich über die detailreiche Maßschneiderei von Attributen und Talenten erschaffen. Hier sind eurer Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Ob ihr Magier mit Bogen, Schurken mit Feuerbällen oder doch lieber einen untoten Echseninquisitor spielt, Divinity Original Sin 2 gibt euch alle nur denkbaren Freiheiten. Dass es hier allerdings auch einigen Raum für misslungene Charakterexperimente gibt ist keine Seltenheit. Wenn ihr allerdings im späteren Spielverlauf das Gefühl haben solltet, dass eurem Zwergenmagierbogenschützenkriegerdiebheiler vielleicht doch etwas mehr Struktur gut täte, dann habt ihr jederzeit die Option euren Charakter ohne lästigen Editor oder andere Tricksereien neu zu konfigurieren. Experimentierfreudigkeit wird also nicht abgestraft, sondern geradezu unterstützt!

Divinity: Original Sin 2 ist wie geschaffen für den Co-Op

Die Singleplayer-Kampagne von Divinity: Original Sin 2 ist schon ein Träumchen, aber verglichen mit dem Potential, das diese Kampagne entfesseln kann, solltet ihr mit bis zu drei Freunden spielen, ist dieses Spiel quasi prädestiniert für den Co-Op. Ich habe die letzten Tage so einigen Schabernack in der Welt von Rivellon getrieben und meine Freundin schaut mich heute noch grantig an, da sie wegen mir von den Stadtwachen ins Verließ geworfen wurde. Vielleicht bin ich nicht ganz unschuldig, denn ich stahl zwar einige Gegenstände mit meinem Dieb, entschied mich dann aber kurzfristig dazu, die Hehlerware heimlich in ihrem Rucksack zu deponieren. Leider kamen wir kurz darauf in eine Kontrolle durch die Stadtwache. Ich war mindestens genau so empört wie sie, als das Diebesgut in ihrem Rucksack gefunden wurde! Sie verbrachte die Nacht im Kerker, ich im Hotel. Was für ein Leben! Hätten wir noch zwei weitere Freunde zum Spielen eingeladen, würde unser Freundeskreis vermutlich sehr schnell zu einem Freundespunkt werden. Die Möglichkeiten sind vielfältig, denn Divinity: Original Sin 2 bietet euch auch im Zuge der Kampagne unzählige Freiheiten und Lösungsansätze, mit denen ihr die teils recht komplexen Rätsel und Aufgaben lösen könnt. Das Spiel ist geradezu gespickt von Alternativrouten, die auch wirkliche Alternativen sind und nicht bloß digitale Augenwischerei vor dem Hintergrund fiktiver Entscheidungsfreiheit. In diesem Sinne ist dieses Spiel geradezu eine Hommage an die alten Rollenspiele, denn auch wenn es zeitweise wirklich schwer ist, so bleibt Divinity: Original Sin 2 doch durchweg fair. Klar, solltet ihr euch dazu entscheiden einen für eine Aufgabe relevanten Charakter umzunieten, dann könnt ihr das gerne tun, solltet dann aber auch bereit sein mit den Konsequenzen zu Leben. Ein falsches Wort kann manchmal schon genügen, um euch den Weg zu verbauen. Etwas, das übrigens auch für die Hintergrundgeschichten eurer potentiellen Begleiter gilt. Fernab dieser digitalen Stolpersteine gibt aber allerhand zu sehen und auch zu hören. Divinity: Original Sin 2 ist komplett von vier unterschiedlichen Aufnahmestudios vertont worden. Ein Aufwand, dem man dem Spiel bis ins kleinste Detail anmerkt. Die Soundqualität, die Musik und die kleinsten Hintergrundgeräusche sind vielfältig, detailreich und selbst beim Rauschen des Meeres gleicht kein Geräusch einer Welle dem anderen. In diesem Spiel steckt eine solche Liebe zum Detail, die sich wirklich an allen Ecken und Enden nachweisen lässt. Wir haben zum Beispiel, dank eines entsprechenden Talents, die witzigsten Dialoge mit Tieren geführt. Wir philosophierten mit einer Zaubererkrabbe über die Vorzüge von sechs Gliedmaßen. Wir haben angriffslustige Hunde mit einem angesabberten Tennisball besänftigt und wir fungierten als Beziehungstherapeuten für eine Schildkröte, die sich in eine Ratte verliebte. Derlei Gespräche führte ich das letzte Mal in Fallout 1, als ich mich mit einer Ratte einen anregenden philosophischen Austausch hatte. Ich wusste gar nicht, dass ich etwas so sehr vermissen konnte.

Im Kampfsystem trennt sich die Spreu vom Weizen

Was die kämpferischen Auseinandersetzungen angeht, so werdet ihr in Divinity: Original Sin 2 auch wieder mit dem Kampfsystem des ersten Teils konfrontiert. Eine sinnige Entscheidung, denn was bereits im ersten Teil gut funktionierte, muss für den zweiten Teil nicht neu erfunden werden. Einige Änderungen gab es aber trotzdem. Während man im Vorgänger noch ganze Gegnergruppen einfach aus der Distanz mit Flächenzaubern gespammt hat, fügten die Entwickler nun neue Mechaniken ein, die solchen eher unkreativen Taktiken einen Riegel vorschieben. Leichter wurde es dadurch selbstverständlich nicht. Das rundenbasierte Kampfsystem ist fordernd und insbesondere auf höheren Schwierigkeitsgraden nur noch von erfahrenen Rollenspielern beherrschbar. Gute Positionierung, das perfekte Ausspielen von magischen Synergie-Effekten, wie auch das Tragen von stets hochwertigsten Ausrüstungsgegenständen sind noch längst kein Garant für Erfolg im Kampf. Ein Blitzschlag in die Pfütze zu euren Füßen oder ein explosives Fass, dass im ungünstigen Moment explodiert und schon findet ihr euch im Ladebildschirm wieder. Divinity: Original Sin 2 ist viel, aber ganz sicher kein Spaziergang für Neulinge. Wer sich allerdings die Zeit nimmt und einen Moment in sich geht um das Schlachtfeld zu analysieren, der wird auch relativ flott zu Erfolg kommen. Eine Konsequenz, die ich hier als löblich hervorheben möchte, denn im Kampfsystem steckt mindestens so viel Liebe wie im Rest des Spiels und diejenigen, die sich etwas intensiver mit ihrer Charakterplanung und ihrem eigene Kampfverhalten auseinandersetzen, werden vom Spiel großzügig belohnt. Minuziös geplante Kettenreaktion von Elementarangriffen, telekinetische Angriffe und Dutzende von unterschiedlichsten Fähigkeiten können im Kampfsystem dieses Spiels zu einer Symphonie verwoben werden, deren Höhepunkt von erfahrenen Spielern frei diktiert werden kann. Etwas, bei dem Zwergenmagierbogenschützenkriegerdiebheiler vermutlich ihre Probleme haben werden!

Ein besseres Rollenspiel werdet ihr 2017 kaum finden

Was soll ich noch groß sagen? Es würde mich nicht überraschen, wenn Dinivity: Original Sin 2 das beste Rollenspiel dieses Jahres ist. Ich habe in den letzten Jahren einfach kein Rollenspiel gespielt, bei dem ich mit derlei Hingabe dabei war. Ab einem gewissen Punkt war mir sogar die Hauptstory egal, da ich nur noch nach dem nächsten Tier suchte, um was auch immer zu erleben. Je länger wir nach Details suchten, desto klarer traten sie hervor und jeder von uns begangene Weg zeigte uns mindestens zwei oder mehr Alternativen auf. NPCs, Begleiter und irgendwie alles reagierte auf unsere Charaktere und je nach Ausrichtung konnte sich jeder in unserer Gruppe irgendwie einbringen. Selbstverständlich fluchten wir auch bei verlorenen Kämpfen, aber diese Frustration überschritt nie unsere innere Grenze, sondern diente vielmehr als Ansporn es beim nächsten Versuch besser zu machen. Erfolg stellte sich schnell ein und nach manchem Spielzug fühlten wir uns wie Schach-Großmeister, da unsere entwickelte Stragie, einem Uhrwerk gleich, zur sichtbaren Messung unseres Erfolges führte. Gleichwohl können wir an dieser Stelle auch nur erahnen, welchen Spaß diejenigen wohl haben, die in den vollen Genuss einer Vierspieler-Kampagne kommen und welche Geschichten solche Gruppen wohl zu erzählen hätten. Wie dem auch sei: Mein Glaube in die Existenz guter Rollenspiele ist nach diesem Spiel wiederhergestellt und auch wenn solche Spiele zusehends seltener werden, so gibt es noch Entwickler wie Larian Studios, die wissen wie man einem Rollenspiel Charakter gibt.

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