Lesezeit: 5 MinutenWeiter geht es mit unserer Artikelreihe “1-2-3-4” und das heutige Thema schreit nach Videospiel-Masochismus, Blut, Schweiß und Tränen. Wieviele Controller-Buttons oder vielmehr Controller wurden schon sauschweren Bossen und Endgegnern geopfert? Sei es im Kampf oder wenn der verflixte Levelboss uns einmal zu oft über den digitalen Jordan befördert hat und der Controller zerschellend an der Wand oder auf dem Boden zerplatzend sein Ende fand. Endgegner und Bosse… eine Hassliebe? Notwendiges Übel? Vielleicht wirklich die harte Grenze zwischen Sadismus (auf der Seite der Entwickler) und Masochismus (auf der Seite der Spielenden)? Ich habe stets einen weiten Bogen um die “Souls-Reihe” gemacht da das Genre mich so nicht wirklich packt, aber Bosse und Endgegner gibt es schließlich auch bei The Legend of Zelda, nicht wahr “Silberner Leune”!!! Aber wie sieht es bei anderen aus? Hier sind die Fragen und Antworten unseres heutigen 1-2-3-4-Tag-Teams!
Meine Gäste zu diesem Thema sind:
Aurelia Hirsch, Indie-Developerin – reliAttic Games
Johannes Sprott, Ex-IKYG-Redakteur & Emulator-Gott – IKYG-Profil
Andy Buchhalter, Inhaber / Game Designer – TeraKnights
Sebbelsby beantwortet dieses Mal die Fragen als IKYG-Team-Mitglied.
Los geht’s!!!
Was macht für Dich einen guten Bosskampf aus?
Aurelia Hirsch: Das kommt immer ein bißchen auf das Spiel an, aber ich mag Bosse mit Patterns, die ich auch verstehen und lernen kann. Also das Gegenteil von “einfach” hoch skalierten Gegnern, die dann einfach nur mehr aushalten. Nach der Logik müsste Dark Souls eigentlich mein Lieblingsgame sein. Hmm, ich schau nochmal rein. Bisher habe ich es noch nicht beendet 😀
Johannes Sprott: Ein Bosskampf ist im besten Fall wie ein Stück mit mehreren Akten. Im Prolog sollte der Gegner möglichst dramatisch eingeführt werden und übermächtig wirken, so dass beim Spieler ein “Holy Shit”-Gefühl entsteht. Akt eins bis drei ist dann der harte, aber faire Tanz mit dem Teufel, der im Optimalfall in mehreren Phasen ablaufen soll. Als Spieler habe ich in der Regel mehrere Leben und Versuche, daher fühle ich mich bei einem Endgegner, der nach dem vermeintlichen Todesstoß zu neuer Stärke erwacht, auch auf Augenhöhe. Dabei sollen die Hände schwitzen, die Musik mich antreiben und meine Augen austrocken, da mir zum Blinzeln keine Zeit bleibt. Den Epilog sollte ein Feuerwerk aus Explosionen, Blut und Gedärm bilden, welches der Endgegner in einer spektakulären Abgangssequenz hinterlässt. Nichts kann so befriedigend sein, als einen Boss zu besiegen, an dem man sich den halben Sonntag die Zähne ausgebissen hat.
Andy Buchhalter: Ein guter Bosskampf muss in erster Linie für mich technisch sehr anspruchsvoll sein. So richtig erfolgreich fühle ich mich nach einem Bosskampf erst, wenn ich auf meinen gesamten Skill zurückgreifen musste, um dem Gegner den Rest zu geben. Andere weitere Faktoren sind aber noch die Einbindung in die Story und die visuelle Präsenz. Ich bin ein großer Fan von gigantischen Bossen, bei denen man im ersten Moment das Gefühl hat “Das kann ich niemals schaffen” und sich dann als David gegen den bevorstehenden Goliath durchsetzt.
Sebbelsby: Normalerweise würde ich jetzt sowas sagen wie: Nicht zu schwer und nicht zu leicht. Aber nach reichlicher Überlegung habe ich mir gedacht: Ist das alles? Klar ist die Schwierigkeit ausschlaggebend für Motivation und Spaß am Endgegner, aber mir sind da noch mehr Dinge eingefallen. Ich mag es sehr gerne, wenn ich klar strukturierte Bosse bekämpfe, bei denen ich nach ein paar Versuchen ein Pattern ausmachen kann und weiß, wo ich meine neue Spezialwaffe raushole. Neben dem Gameplay ist mir auch die Ästhetik des Kampfes sehr wichtig. Darunter zählt Musik, Charakterdesign und die Stimme des Gegenspielers. Klingt kleinkariert, aber genau das macht Dark Souls-Bosse oder den Great Mighty Poo aus Conker’s Bad Fur Day zu einer so geilen Endgegner-Erfahrung.
Welcher Bosskampf ist Dir bis heute in Erinnerung geblieben?
Aurelia Hirsch: Der Endkampf, bzw. die „Endflucht“ von Spiderman auf der ersten PlayStation. Hier muss man nämlich vor Doctor Octopus durch eine super enge Passage fliehen und kämpft dabei mit der Kamerasteuerung aus der Hölle. Ich muss aber gestehen, dass es nicht viele Anläufe braucht, da der Kampf sich hier rein auf das Abhauen beschränkt. Aber holy… Die Paranoia, die man dabei verspürt hat, merke ich noch immer. Das war damals schon eine krasse Erfahrung für mich.
Johannes Sprott: Der Boss aus allen Souls-Spielen, der mir wirklich Angst eingejagt hat: Old King Allant, der falsche König aus Demon’s Souls. Was für ein Drecksack. Was ihn so besonders fies gemacht hat? Der Dude hatte einen „Soulsucker“-Move drauf, der dir einen kompletten Seelenlevel abzog. Richtig gelesen, der kleine F*cker konnte dich nicht nur umbringen, sondern sogar deinen Spielfortschritt in Luft auflösen. Nun, nicht ganz. Souls-typisch schwamm der Spielfortschritt nach dem Ableben in einer Seelenpfütze rum, unglücklicherweise im Bossraum. Die einzige Möglichkeit war also, beim Start des Bosskampfs zur Pfütze zu rennen, das verbratene Level einzusammeln und es diesmal hoffentlich besser zu machen, bevor er dir ein weiteres Level abzog.
Andy Buchhalter: Da ich Schwierigkeit bei Bossen sehr schätze, ist Dark Souls hier natürlich der Vorreiter. Vor allem Lothric aus DS3 hat mir hier all mein Ausweich-Timing und das korrekte Finden meiner Angriffsmöglichkeiten abverlangt. Story-technisch finde ich Sephiroth aus FF VII extrem gut umgesetzt und vom Visuellen her finde ich alle Bosse aus Shadow of the Colossus sehr eindrucksvoll. Vor allem Hydrus, den Aal.
Sebbelsby: Das war niemand Geringeres als der One Winged Angel Sephiroth höchstpersönlich. Jedoch spreche ich hier nicht von Final Fantasy VII oder dem Remake. Vielmehr von seinem Auftritt in Kingdom Hearts und einem schweißtreibenden Kampf in der Arena des Olymps. Und der Kampf gegen den Mann im schwarzen Gewand hatte es in sich. Seine Angriffe waren schwer auszuweichen und stahlen mal eben die Hälfte der Lebensanzeige. Taktiken wurden geändert. Ausrüstung perfektioniert. Ich habe geschwitzt, gehofft und letzten Endes doch gewonnen. In keinem anderen Bosskampf war ich so investiert. Verdammt guter Bossgegner!
An welchem Bosskampf hast Du Dir die Zähne ausgebissen?
Aurelia Hirsch: Tja, an einem, den ich bis heute irgendwie noch immer nicht gescheit auf die Reihe bekomme. Der Bosskampf gegen Sigma vom ersten Mega Man X. Ich weiß, dass er super simpel sein sollte, aber irgendwie hört es bei mir auf, sobald es in diese Elektroklauen-Phase am Ende geht. Ich finde einfach nicht den Sweetspot und das mit dem Treffen müsste ich auch nochmal üben.
Johannes Sprott: Der Boss aus allen Souls-Spielen, der mir wirklich Angst eingejagt hat: Old King Allant, der falsche König aus Demon’s Souls. Was für ein Drecksack. Was ihn so besonders fies gemacht hat? Der Dude hatte einen „Soulsucker“-Move drauf, der dir einen kompletten Seelenlevel abzog. Richtig gelesen, der kleine F*cker konnte dich nicht nur umbringen, sondern sogar deinen Spielfortschritt in Luft auflösen. Nun, nicht ganz. Souls-typisch schwamm der Spielfortschritt nach dem Ableben in einer Seelenpfütze rum, unglücklicherweise im Bossraum. Die einzige Möglichkeit war also, beim Start des Bosskampfs zur Pfütze zu rennen, das verbratene Level einzusammeln und es diesmal hoffentlich besser zu machen, bevor er dir ein weiteres Level abzog.
Andy Buchhalter: Die Abyss Watchers, ebenfalls aus Dark Souls 3, waren für mich ein unheimlich schwieriger Kampf. Natürlich ist das bei Dark Souls immer sehr von den gewählten Attributen und Waffen abhängig, aber ich habe sicher 50 Anläufe für diesen Boss gebraucht und das Spiel zwischendurch auch mal einige Tage liegen lassen bevor ich mich wieder daran gewagt habe. Ich wollte aber nicht aufgeben, da sowohl der Kampf an sich, als auch die Cutscenes und der Style durch SFX, VFX und das Moveset der Charaktere unheimlich beeindruckend waren.
Sebbelsby: Das ist sogar noch eine relativ neue Erinnerung. Bislang habe ich auf meiner Dark Souls-Reise so manche Gegner getroffen, die einem ordentlich Ärger machen. Da ich ein Souls-Neuling bin, erst recht. Die Kirsche auf der Torte waren dann Ornstein und Smaug. Nicht nur, dass die beiden einem schon genug Probleme machen, der Weg zu ihnen war die reinste Hölle. Nach jedem Versuch warteten die gleichen Gegner auf einen. Hatte man dann mal einen Run ohne viel Schaden geschafft, gaben einem der olle Henker und der olle Richter ordentlich auf die Mütze. Ich habe mich zwar mit Freunden abgewechselt, aber schon das Zuschauen löst noch immer leichte Schweißattacken in mir aus.
In 14 Tagen haben wir dann ein anderes Thema und andere Gäste für Euch versammelt.
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Oder ihr verratet uns, wie ihr die Fragen beantwortet hättet.
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