Lesezeit: 3 MinutenDas Final Fantasy-Wochenende ist für Einige von uns eine ziemlich große Sache. Genau genommen geistert die Idee, einen Final Fantasy-Podcast aufzunehmen, schon seit geraumer Zeit durch die Köpfe unserer Redakteure, aber wir wussten von Anfang an, dass ein normaler Podcast nicht genügen würde, um das zu sagen, was wir denken, denn auch wenn Videospiele generell für uns ein Herzensthema sind, handelt es sich bei Final Fantasy für Viele von uns, um ein ganz besonderes Stückchen Nostalgie. Seht euch die Top 10-Listen der Lieblingsspiele unseres Teams an und ihr werdet sehen, dass kaum eine davon ohne einen Teil von Square Enix‘ bzw. früher Squaresofts Flaggschiff auskommt. Wer die Reihe kennt (und das werden einige von euch sein) wird verstehen, warum das so ist. Die goldene Ära des Franchises (damit ist die Übergangszeit vom SNES auf die Sony Playstation gemeint), war ein audiovisuelles Feuerwerk, ein Paradebeispiel für die Fortschritte, die die Technologie in den 90er Jahren gemacht hat.
Aber auch für mich persönlich spielt diese Zeit eine ganz besondere Rolle. In genau dieser goldenen Ära erhielt ich nämlich meine Playstation. Nachdem ich zuvor zwar relativ aktiv auf dem SEGA Mega Drive II und dem Amiga 500 als Grundschüler meine ersten Erfahrungen am Gamepad machen durfte, wusste ich bis dato Videospiele nicht als das künstlerische Medium zu schätzen, das es war. Sonic The Hedgehog war sinnloses Level-Hopping. Gut gemachtes Level-Hopping, aber trotzdem eben nicht mehr als das. Selbst The Legend of Zelda: A Link to the Past, das als eines der stärksten Adventure-Games seiner Zeit gehandelt wird, gab mir nicht das Gefühl, ich würde wirklich eine Geschichte spielen. Es gab zwar eine Rahmenhandlung, aber sie spielte keine essentielle Rolle und folgte dem allgemein bekannten Schema: Besiege Bösewicht, rette Prinzessin, alle sind glücklich. Versteht mich nicht falsch! Beide der eben genannten Beispiele sind grandiose Spiele und haben sehr viel Freude in mein Kinderzimmer gebracht, aber ich wusste nicht, was ich bis dato an Videospielen vermisst hatte, bis ich das erste Mal Final Fantasy VII bzw. VIII anspielte.
Wer schon mal Final Fantasy oder ein vergleichbares J-RPG gespielt hat, kennt das. Der Protagonist wird vorgestellt und soll seinen Namen nennen. Dann sitzt man da und hat die freie Auswahl. Belässt man den Namen, wie er ist oder gibt man ihm einen neuen, eventuell auch den eigenen Namen? Und wenn man den Hauptcharakter umbenennt, benennt man auch den Rest der Gruppe um? Die meisten meiner werten Kollegen haben immer die Originalnamen der Charaktere beibehalten, weil alles andere ihre Immersion störe, wie sie selbst sagen. Für mich stand das gar nicht zur Debatte. Cloud wurde zu Chucky. Squall wurde zu Chucky. Zidane wurde zu Chucky und selbst Tidus wurde zu Chucky. Warum? Weil Videospiele Eskapismus sind. Ich wollte nicht der Junge sein, der mit dem Gamepad vor dem Bildschirm saß. Ich wollte der Junge sein, der gegen das Böse kämpfte, dem sich Menschen anschlossen, der verraten wurde, sich verliebte, seine Liebe verlor und Rache nahm, um dann schließlich die Welt zu retten. Raus aus dem schnöden Alltag, rein ins Abenteuer. Endlich mal Teil von etwas Größerem sein. Wer Cast Away gesehen hat, wird verstehen, was ich meine, wenn ich sage, dass – indem ich ihnen Namen gab – diese Polygone mein persönlicher Wilson wurden. Plötzlich waren das nicht mehr nur noch irgendwelche fremden, von mir abgetrennten Charaktere wie in einem Buch oder einem Film. Das war ich. Oder eine Version meiner selbst, die ich gerne gewesen wäre. Und mit den Jahren änderten sich die Namen meiner Partymember und damit auch das Abenteuer selbst. Ich erzähle die Geschichte immer wieder gerne: Immer wenn ich mich als kleiner, pickeliger Teenager verliebte, nahm ein anderes Mädchen die Rolle von Tifa/Aerith (je nachdem ob ich auf Tragik aus war oder nicht), Rinoa oder Garnet ein. Und über mehr als ein Jahrzehnt hinweg habe ich dieses Schema beibehalten. War eine Frau auf meiner Memory Card, dann konnte sie sich etwas darauf einbilden. Schließlich musste ich nun das ganze Spiel mit dieser Person durchspielen. Das benötigt Hingabe!
Worauf will ich damit hinaus? Waren Videospiele bis zu jenem Zeitpunkt nur ein freudiger Zeitvertreib, sorgte Final Fantasy das erste Mal dafür, dass ich mit einem Spiel auch echte Emotionen verband. Es war, als hätte ich mein Leben lang Tetris gespielt. Ohne diesen entscheidenden Moment, als ich merkte, dass Storytelling in Videospielen eine Rolle spielt, wäre mir das Ganze vermutlich zu langweilig geworden und ich hätte nie wieder einen Controller in die Hand genommen. Wenn meine Mutter das liest, verklagt sie wahrscheinlich Squaresoft, aber ich bin glücklich, dass es so gekommen ist und nicht anders. Denn Final Fantasy ist der Grund, dass ich heute hier sitze und über eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen schreiben kann. Wir alle haben diese Spiele anders, auf unsere ganz eigene Art und Weise, an unterschiedlichen Punkten in unseren Leben durchgespielt und teilen trotzdem diese kindliche Begeisterung, die wir als Erwachsene so sehnlichst vermissen. Final Fantasy ist mehr als Nostalgie. Final Fantasy ist ein alter Freund, den wir immer dann anrufen, wenn uns das Leben zu ernst, zu erwachsen und zu groß erscheint. Denn wenn erst einmal das Opening Theme spielt, dann ist nichts mehr zu groß für uns. Dann sind wir Helden.
Wunderschöner Artikel.
NEIN ICH HAB KEINE GÄNSEHAUT! HIER IST ES NUR SEHR KALT!!!!