Lesezeit: 6 MinutenLange mussten wir auf Bayonetta 2 warten. Neben ZombiU gab es kaum einen anderen großen, erwachsenen Exklusiv-Titel auf Nintendos Wii U, obwohl die Konsole schon fast zwei Jahre auf dem Buckel hat. Platinum Games ist einer der wenigen Third-Party Entwickler, der Nintendos Heimkonsole noch einen Exklusiv-Titel spendiert. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Nintendo das Projekt finanziell unterstützt hat. Der Vorgänger bestach durch brachiale Nonstop-Action und Nonstop-Nonsens. Ob die sexy Hexe Bayonetta jedoch auch auf einer Nintendo-Konsole ungezügelt die Peitsche schnalzen lässt, dürft ihr schon gleich ab dem nächsten Absatz weiterverfolgen!
Wenn Japaner zu viel Koks im Keller haben…
…entstehen Geschichten, wie sie Bayonetta 2 erzählt. So viel gebündelten Schwachsinn auf einem Haufen sieht man wohl selten. Umbra-Hexen? Lumen-Weisen? Inferno? Paradiso? Purgatorio? Fimbulvinter? Goldene LPs? Bunte Lutscher? Engel? Bunte Lichter und Explosionen? Ringe fliegen durch die Gegend? Bayonetta 2 ist einer dieser Fälle, wo das Gehirn nach wenigen Sekunden kapituliert. In epischer Breite wird eine große Geschichte erzählt, die kein Schwein versteht und im Grunde eigentlich auch keinen interessiert. Solange Bayonetta dabei immer schön mit ihrem Hexenarsch hin- und herwackelt und ihre Gegner zum zerbersten bringt, ist die Welt in Ordnung. Falls jedoch jemand die hochkomplizierte und gleichermaßen schwachsinnige Story des Vorgängers noch auf dem Schirm hat: in Bayonetta 2 wird, einige Monate nach den kuriosen Vorgängen des ersten Teils, Bayonetta beim Christmas Shopping unverhofft von einer Gruppe Engel gestört. Im Kampf wird sie von ihrer Hexen-Kollegin Jeanne unterstützt, die allerdings durch unglückliche Umstände dabei ihre Seele an die Hölle verliert. Um Jeanne zu retten, reist Bayonetta zur Hölle und erlebt dabei jede Menge quatsch.
Schnetzel, Schnetzel, Popetzel
Bayonetta 2 ist ein modernes Hack´n´Slay im Stile von Devil May Cry oder God of War, gekoppelt mit einem ausgeklügelten Konter-System, das an Ninja Gaiden erinnert. Die variantenreichen Gegner haben jede Menge Angriffsmuster auf Lager, die sich jedoch meistens vorher durch ein Aufblitzen oder ähnliche Vorankündigungen auf Knopfdruck parieren lassen. Gelingt es euch im entscheidenden Moment, auszuweichen, dürft ihr den Tunichtgut in der sogenannten Hexenzeit verkloppen. Hexenzeit ist nichts weiter wie eine Zeitlupe, die nur eure Gegner betrifft und euch entsprechend viel austeilen lässt. Es ist daher für euren Spielstil unabdingbar, dass ihr stets die Angriffe eurer Gegner vorausahnen müsst, um zu überleben. Gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden ist das Spiel nämlich ziemlich knackig und lässt euch nicht selten die Luft anhalten. Dies liegt auch an der unglaublich hohen Spielgeschwindigkeit, die gerade durch die Verkettung von Kombos extrem dynamisch rüberkommt. Es gibt zwar nur einen Button zum Treten, einen zum Schlagen und einen für eure Extrawaffe – die Kombomöglichkeiten und Spezialmoves lassen euch jedoch die irrsten Manöver vollführen, so dass ihr beim Spielen wie in eine Art Rausch verfallt. Spitze des Eisbergs ist wohl der Umbra-Klimax, der sich nach gewisser Zeit auflädt und bei Aktivierung schließlich in gewaltigen Angriffen entlädt. Nach jedem längeren Kampf muss man sich erst mal die Augen reiben, da man bei diesem Spiel am Besten nicht blinzeln sollte. Die erledigten Gegner hinterlassen bewusst an Sonic erinnernde Goldringe, welche ihr beim Händler gegen neue Waffen, Moves oder Extra-Items eintauschen könnt. Neben den sehr gut spielbaren, spaßigen Kämpfen geht ihr in den teils schlauchigen, teils offenen Arealen auf Erkundungssuche.
Hexen lieben Chupa Chups
Zu entdecken gibt es abseits des Hauptweges tatsächlich Einiges! Da wären zum Beispiel die zahlreichen Lutscher, die euch mit Extra-Energie, Hexen-Klimax-Power oder sogar kurzer Unbesiegbarkeit aufpäppeln. Viel wichtiger sind jedoch Herzteile, von denen jeweils vier Stück eure Energieleiste verlängern. Bayonetta-Profis sollten sich in den Levels nach geheimen Portalen umschauen, die euch nach Muspelheim entführen. Dort gilt es, Challenges zu überstehen und fette Preise abzuräumen. Gerade diese optionalen Herausforderungen gehören zu den schwierigsten Stellen des Spiels und können gestandene Männer zum Weinen bringen. Wenn euer Ziel ist, mehrere Gegner in 30 Sekunden auszuschalten und der Timer beim letzten Feind unbarmherzig auf die 00:00 zurast, kristallisiert sich schnell der Schweiß auf eurem Gamepad. Übrigens wird der Touchscreen kaum genutzt, was beim Spieldesign aber nicht wirklich verwundert. Man kann zwar auch optional über den Touchscreen schnetzeln, allerdings ist dies eher als Gimmick zu verstehen als ernsthaftes Gaming.
Multiplayer-Crazyness im Hexenstrudel
Anders als in Teil Uno könnt ihr in Bayonetta 2 sogar zu zweit gegen die Unholde aus Himmel und Hölle antreten. Leider spielt sich der Mehrspieler-Part ausschließlich außerhalb der Story ab, so dass ihr etwa auf einen Koop-Modus im klassischen Sinne verzichten müsst. Unter dem Menüpunkt “Hexen-Klimax” darf der Spaß losgehen, allerdings dürft ihr nur online nach Mitspielern suchen. Ein Offline-Multiplayer wäre angesichts des Gamepad-Screens wohl auch ohne Splitscreen durchaus möglich gewesen. Je nach Story-Fortschritt bekommt ihr eine Auswahl an Kämpfen aus dem Hauptspiel, dessen Schwierigkeitsgrad davon abhängt, wie hoch ihr pokern wollt. Jede Runde kostet einen gewissen Einsatzbetrag eurer Ringe, bringt euch beim Erfolg allerdings ein Vielfaches wieder rein. Obwohl ihr zusammen mit anderen Spielern gegen die Monsterhorden metzelt, müsst ihr mehr Punkte erzielen, um die Runde zu gewinnen und entsprechend viele Ringe zurückzubekommen. Nach sechs Runden wird ausgewertet und falls ihr als Gewinner hervorgeht könnt ihr die oft im 5- bis 6-stelligen Bereich liegenden Goldringe auch im Laden des Hauptspiels gegen Extras eintauschen. Das ist eine tolle Möglichkeit, um Bayonetta zwischen den Leveln ein wenig aufzupäppeln, damit sie den kommenden Herausforderungen gewachsen ist. Das Sammeln der Goldringe wirkt im Hauptspiel hierdurch allerdings ein wenig obsolet, da ihr unterm Strich durch den Multiplayer-Part deutlich mehr Ringe in kürzerer Zeit rausbekommt. Letztendlich ist der Mehrspieler-Modus eine nette Ergänzung, die allerdings optisch noch chaotischer rüberkommt als das Hauptspiel und schnell unübersichtlich wird, da das Spiel nur für eine Spielfigur designt wurde.
Sexy Grafik und epischer Soundtrack
Huch, die Wii U hat ja doch was auf dem Kasten! Obwohl das Spiel “nur” in nativer 720p-Auflösung läuft und die meist flüssige Framerate in größeren Arealen einbricht, sieht Bayonetta 2 sehr hübsch aus. Gerade die toll inszenierten Action-Sequenzen lassen einen zwischendurch schnell vergessen, dass die Wii U technisch nicht on par mit einer Xbox One oder gar Playstation 4 ist. Mit herrlich bunten Welten, scharfen Texturen, vielen Details und flüssigen Animationen katapultiert sich Bayonetta 2 ohne Mühe an die Pole Position des derzeit bestaussehendsten Wii U-Titels. Ob einem das schräge Artdesign, der Kurzhaarschnitt und die unfassbar sexistischen Titten-und-Arsch-Kameraeinstellungen um Bayonetta herum zusagen, ist natürlich Geschmackssache – rein technisch überzeugt das Spiel aber im Rahmen der Wii U-Hardware über alle Maße. Der Soundtrack kann ebenso überzeugen und wechselt verspielt zwischen flotten J-Pop-Songs und epischer Orchestermusik mit Chorgesängen hin- und her. Gerade im Vergleich zum ersten Teil legt Bayonetta 2 sowohl grafisch als auch soundtechnisch eine ordentlich Schippe drauf. Lediglich die sich ständig wiederholenden Sprachsamples von Bayonetta können einem irgendwann auf den Wecker gehen. Übrigens können Puristen das Spiel auch auf Japanisch genießen, allerdings passen die Lippenbewegungen in den Zwischensequenzen nur zur englischen Synchro.
Fazit: Hokus, pokus, Spinnenbein, lass doch mal das spinnen sein!
Bayonetta 2 führt den Wahnsinn des Vorgängers konsequent fort. Dabei besticht vor allem die tolle Spielbarkeit und die fast schon lächerlich überepische Präsentation. Natürlich darf bezweifelt werden, ob der durchschnittliche Wii U-Besitzer dem Zielpublikum entspricht. In Japan ist das Spiel bereits seit einem Monat erhältlich – die Verkaufszahlen sind mehr als ernüchternd, obwohl man das bei einem Spiel wie Bayonetta 2 nicht vermuten würde. Schade, denn das Spiel ist gerade anspruchsvolleren Spielnaturen wärmstens zu empfehlen, auch wenn man angesichts des geballten Schwachsinns ab und zu mal ein Auge zudrücken muss. Die eingestreuten Action-Passagen können zudem nicht verhindern, dass die Standard-Kämpfe im letzten Spieldrittel etwas ermüdend wirken, sobald sich die ersten Gegnertypen in etwas stärkerer Ausgabe wiederholen. Wenn ihr auf Japanoschlampen steht, habt ihr das Spiel wahrscheinlich sowieso schon vorbestellt. Ihr werdet nicht enttäuscht.
Ich finde es sehr witzig, dass hier in der einen Aufzählung der Kurzhaarschnitt en par mit dem schieren Wahnsinn der Story und den Titten- und Arsch- Kamerazeitlupen gesetzt wird (ich persönlich fand die langen Haare im ersten Teil aber auch irgendwie noch eine Spur cooler, stimmt schon). Lol.
Außerdem… hätte ich jetzt schon sehr gern eine Wii U um das auch zu spielen…
Ich bin froh, dass es vorbei ist 😀
Pfft. Ihr könnt mir ja eure Wii U samt Spiel mal ne Runde ausleihen, dann kannst du sicher sein dass es auch so bleibt :).
haha, ist eine Überlegung wert! Aber 2-3 Wochen ohne Mario Kart 8? no-no!