Lesezeit: 5 Minuten“Kämen die Außerirdischen, wäre der Effekt etwa so, wie die Landung von Christoph Columbus in Amerika und die ist den Ureinwohnern nicht gerade gut bekommen.” Bereits 2010 warnte der renommierte Astrophysiker Stephen Hawking vor den potentiellen Gefahren eines Zusammentreffens zwischen Menschen und Außerirdischen. Es ist noch immer offen, ob Hawking mit seiner Prognose Recht behalten wird. Wollt ihr allerdings nicht mehr auf eine Antwort warten, dann könnt ihr sie euch nun einfach selbst geben. Stellaris, ein kürzlich erschienenes Strategiespiel von Paradox Interactive, öffnet euch das Tor zu den Sternen.
Erschafft eure eigene Zivilisation
Stellaris beginnt in einer Zukunft, in der eure Zivilisation an einen Punkt gekommen ist, an dem sie ihren Blick sehnsüchtig in die Sterne richtet und bereit ist die Weiten des Universums zu erkunden. Ja, irgendeine Zivilisation, denn in Stellaris spielt ihr nicht zwangsläufig als ein Vertreter der Menschheit. Zwar gibt es auch zwei humane Fraktionen, allerdings lädt euch das Spiel regelrecht dazu ein, euch eure eigene, fiktive Zivilisation zu generieren. Dabei sind eurer Fantasie kaum Grenzen gesetzt und in meinen verschiedenen Anläufen habe ich als kriegstreibender Pilz, als raffgieriger Vogel und selbstverständlich auch als spirituell angehauchtes Tentakelmonster die Galaxien dieses Universums besiedelt. Ich habe mich wirklich schwer getan, bis ich wirklich einmal mehrere Stunden am Stück mit einer Zivilisation verbracht habe. Zu einladend waren die Anpassungs- und Gestaltungsoptionen, als das ich mich wirklich festlegen konnte. Auf der einen Seite steht die sozialgesellschaftliche Ausrichtung eurer Zivilisation und auf der anderen könnt ihr eure Spezies mit speziellen Attributen und Eigenarten versehen. Nur die Kirsche vom Kuchen naschen funktioniert jedoch nicht. Wer sein Volk mit zahlreichen guten Eigenschaften versehen möchte, der muss an anderer Stelle bereit sein Abstriche zu machen. Im Falle meines kriegerischen Pilzvolks waren es ein abstoßendes Erscheinungsbild und langsame Fortpflanzung, die mir die nötigen Punkte gaben, um meine Zivilisation zu kampferprobten und besonders zähen Champignons zu entwickeln.
Verlasst eure Heimat und erkundet das All
Habt ihr eure Zivilisation gewählt oder eben erstellt, geht es auch schon direkt ans Eingemachte, denn zivilisatorisch seid ihr gerade an einem Punkt angelangt, an dem eure Technik es erstmals erlaubt andere Planeten und fremde Sonnensysteme zu erkunden. Schickt euer Forschungsschiff zunächst im eigenen System auf Erkundungsreise und später dann in die angrenzenden Systeme. Nach und nach werden dabei Ressourcen, die ihr wiederum mit Konstruktionsschiffen nutzbar machen könnt, auf eurer Gesamtübersicht hervorgehoben. Während also eure Forschungs- und Konstruktionsschiffe so durch die Galaxie schippern, gilt es auf dem Heimatplaneten Grundlagenforschung und den Ausbau der eigenen Industrie zu fördern. Neue Waffentechnologien, Antriebe, aber auch verschiedenste sozialwissenschaftliche Forschungsprojekte erleichtern euch nicht nur das Erkunden entfernter Systeme, sondern erlauben euch auch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu all den anderen Zivilisationen, die ihr dort draußen in den Weiten des Alls treffen könnt. Solltet ihr erst einmal die ersten Kolonisationsschiffe zu neuen Welten geschickt haben, dann reiben sich auch sehr bald schon die Grenzen eures Imperiums mit denen eurer intergalaktischen Nachbarn.
Diplomatie, die Achillesverse von Stellaris
Bis hierhin lief es ganz gut für unsere Champignons, aber spätestens seit wir einen bewohnbaren Planeten vor unseren Nachbarn kolonisierten, kippte die Stimmung in der Galaxis. Meine Zivilisation wurde von den umliegenden Reichen als störender Rivale empfunden und auf einmal war mein Imperium politisch isoliert und von potentiellen Feinden umgeben. Der Ärger ging dann richtig los, als sämtliche Grenzen dicht gemacht wurden und meine Forschungs- und Konstruktionsschiffe in den überschaubaren Sphären meines Reichs gefangen waren. Auf diplomatischem Wege konnte ich der Sache einfach nicht beikommen, denn zu groß waren die ideologischen Differenzen. Bis dahin hatte sich aber keiner meiner Pilze auch nur irgendetwas zu Schulden kommen lassen! Vermutlich gefiel den angrenzenden pazifistischen Imperien mehr als nur mein lamellenbehaftetes „Gesicht“ nicht. Denn hat sich in Stellaris erst einmal eine Zivilisation auf euch eingeschossen, dann habt ihr schlechte Karten. Ideologische Differenzen scheinen kaum überbrückbar und spielt ihr in einer Galaxie, die dünne und ausufernde Arme hat, dann könnt ihr sehr schnell in die Zange genommen werden und euren expansiven Rivalen nur unzureichend ausweichen. Was für meine kriegserprobten Pilze in diesem Fall kein allzu großes Problem war, muss allerdings nicht immer gelingen und resultiert, solltet ihr euch mit den falschen Aliens anlegen, unweigerlich im Spielende.
Gefallene Reiche, die Aufpasser des Universums
Neben den normalen Zivilisationen, mit denen ihr zumindest noch zu Beginnauf Augenhöhe steht, gibt es in jeder Galaxie auch noch die sogenannten Gefallenen Reiche. Diese Zivilisationen, die vor Äonen auf ihrem kulturellen Höhepunkt waren, nehmen zunächst keinerlei Notiz von euch – zu unwürdig und unbedeutend seid ihr und eure junge Zivilisation. Solltet ihr allerdings den Zorn dieser Reiche auf euch ziehen, dann kommt auch euer Imperium zu einem raschen Ende. Was genau diesen Reichen die Zornesfalten auf die Stirn treibt ist unterschiedlich. Siedelt ihr auf einer Welt, die vom jeweiligen Gefallenen Reich als heilig angesehen wird, dann sprecht ihr besser euer letztes Gebet. Forscht ihr an gefährlichen Technologien, wie einer KI mit eigenem Bewusstsein oder reißt ihr bei zu häufigen Raumsprüngen Risse in das Raum-Zeit-Kontinuum, so zieht ihr mit angrenzender Sicherheit den Zorn dieser mächtigen Reiche auf euch. Sollten also eigene Grenzen in der Nähe eines Gefallenen Reichs sein, gilt es mit besonderer Vorsicht vorzugehen. Leider oder vielleicht auch glücklicherweise, sind diese Reiche durchweg passiv ausgerichtet. Sie breiten sich nicht aus und sie mischen sich ansonsten auch nicht weiter in irgendwelche diplomatischen Angelegenheiten ein. Ich nahm sie in diesem Zusammenhang vielmehr als ein großes Hindernis oder eben als überdimensionale No-Go-Area wahr.
Stellaris, eine Unendlichkeit mit Sackgassen
Ich bin in einem Zwist. Auf der einen Seite fand ich enormen Gefallen an zahlreichen der präsentierten Features, wie dem großartigen Gestaltungssystem eigener Zivilisationen, aber so ganz überzeugt hat mich Stellaris noch nicht. Die Diplomatie in diesem Spiel ist mir zu starr und es fehlt die nötige Komplexität um Hindernisse, wie unterschiedliche Ideologien, auf diplomatischem Weg überwinden zu können. Krieg schien mir immer die bequemere und bessere Alternative zu sein, insbesondere dann, wenn mein Imperium sich mal wieder nicht ausbreiten konnte, weil sich zig Zivilisationen wie ein Gurt um meine Grenzen legten. Eigentlich nicht weiter schlimm, denn das passiert auch hin und wieder in Spielen wie zum Beispiel Civilization, allerdings ist die Expansion in Stellaris ein so integraler Bestandteil, dass wirklich alles in Stillstand gerät, sollten eure Forschungsschiffe nicht mehr neue Systeme erkunden können. Darin liegt auch ein anderer Kritikpunkt, denn während sich der Anfang eines neuen Spiels noch recht dynamisch gestaltet, so gerät das Spiel mit zunehmender Spieldauer immer mehr ins Stocken. Grenzen verhärten sich und irgendwann ist dann auch jedes Ressourcengebäude gebaut. Was bleibt sind Krieg und Forschung – beide laufen ohne euer Eingreifen im Hintergrund. Das ist schade, denn das grundlegende Spielprinzip von Stellaris ist großartig und wurde bis dato auch noch nie so ansprechend und immersiv umgesetzt. Allerdings ist noch längst nicht aller Tage Abend, denn Paradox Interactive ist ein Entwickler, der dafür bekannt ist solide und ansprechende Simulationen zu liefern und das in der Vergangenheit bei seinen anderen Spielen, mittels nachgeschobener Patches und Updates immer wieder bestätigte.
Bleiben wir zuversichtlich.