Lesezeit: 4 MinutenSeien wir mal ehrlich: Die meisten Musikspiele sind eigentlich nur nett gemachte Reaktions-Tests in denen es nur darum geht im richtigen Moment eine Taste zu drücken. Doch hinter dem neuesten Titel Sound Shapes von Indie-Entwickler Queasy Games verbirgt sich ein waschechter Platformer mit der Extraportion Musik! Ist der Titel also auch für musikalisch völlig unbegabte geeignet oder vergreift sich Sound Shapes im Ton? Es folgt ein Erfahrungsbericht eines Musikers, der auszog, um das Zocken zu lernen…
Genre-Remix in da House!
Nach den ersten Spielminuten wehte erstmal ein pixeliges Brainstorming durch meine Hirnzellen. Zahlreiche Videospiele schossen mir duch den Kopf, die ich ganz klar als Inspirationsquelle für Sound Shapes definieren würde: Rez, LocoRoco, LittleBigPlanet, Manic Miner… Obwohl das Endprodukt für sich genommen ein ganz eigenes Spielerlebnis geworden ist hat man ständig ein wohliges Déjà-vu-Feeling beim Durchstreifen der Level. Im Grunde ist Sound Shapes ein recht simples Jump’n’Run, besser gesagt: ein Jump’n’Roll. Denn eure Spielfigur ist ein rundes, einäugiges Bällchen. Die Steuerungsmöglichkeiten gestalten sich recht simpel: Es gibt eine Taste zum Springen und eine Taste zum Ablösen von Klebeflächen. Letztere ist dahingehend wichtig, da ihr an den meisten Wänden und Decken kleben bleibt und euch somit das Weiterkommen innerhalb der Level erheblich erleichtert. Dabei scrollt der Bildschirm übrigens nicht – jeder Bildschirm bildet für sich einen Abschnitt, den es zu überwinden gilt. Dabei dürfen fiese Gegner und einsammelbare Goodies natürlich nicht fehlen aber hierin liegt auch schon der Hund begraben, warum Sound Shapes so besonders ist.
Klangtastische Welten
Praktisch alles, also wirklich ALLES gibt in Sound Shapes Töne von sich. Gegner, Geschosse, überrollbare Flächen, etc… Jedes Element trägt dazu bei die Hintergrundmusik zu erweitern. Als ob das noch nicht genug crazy shit wäre dürft ihr außerdem Musiknoten einsammeln die innerhalb der Level-Screens verteilt sind. Lustigerweise erzeugen diese Noten jeweils einen hohen oder Tiefen Ton, je nachdem in welcher Höhe sie auf dem Screen positioniert waren. Dadurch entsteht bei eurem Streifzug durch die Level ein ganz eigener, abgefahrener Soundtrack, der die Hauptfaszination von Sound Shapes ausmacht. Um sich mal ein Bild davon machen, wie genial die Musik innerhalb der Level harmonieren kann, seht ihr hier mal eine Stage aus der Kampagne:
Prominenter Soundtrack
Produziert wurden die Klänge von namhaften Indie-Bands wie Beck und Deadmau5. Fans der Interpreten dürfen sich auf exklusive Tracks gefasst machen, denn die Hintergrundsounds wurden nicht etwa aus großen Hits rausgefiltert sondern eigens für Sound Shapes produziert. Das die musikalische Untermalung geschmackssache ist lässt sich allerdings nicht bestreiten. Schräge Töne und schöne Harmonien wechseln sich je nach Screen gerne mal ab. Mir gefiel die Musikauswahl insgesamt aber ausgesprochen gut. Ich kann mir auch vorstellen, dass in naher Zukunft neue DLC-Inhalte den recht überschaubaren Umfang der Kampagne erweitern.
LittleBigMusic
Nach zwei Stunden solltet ihr auch die letzte Stage der Kampagne gemeistert haben. Das ist nicht besonders viel. Doch für Bastler fängt der Spaß jetzt erst richtig an: Denn die freigespielten Objekte und Gegner können jetzt innerhalb eines mächtigen Level-Editors platziert werden. Eurer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt: sowohl musikalisch als auch architektonisch dürft ihr hier beweisen, was in euch steckt. Faulpelze wie ich können den mühsamen Weltenaufbau aber getrost überspringen und direkt ans Eingemachte gehen: Im Community-Bereich könnt ihr auf alle hochgeladenen Bastel-Ergebnisse zugreifen und diese natürlich auch bewerten. Das erstellen einer guten Stage im Sound Shapes-Universum ist gar nicht so einfach, denn sowohl Musikzusammenspiel als auch Leveldesign sind stark voneinander abhängig. Während meiner Testphase gab es zwar schon viele gut aufgebaute Level, die Musik wirkte dafür aber eher willkürlich reingepresst. Umgekehrt sind kleine musikalische Meisterwerke aber auch oftmals spielerisch eine Katastrophe. Auf jeden Fall gibt es viele lustige Stages zu entdecken: Ganz oben in der Bewertungsskala fand ich einen Level, der die Techno-Mucke aus Mortal Kombat aufgegriffen hat und vom Aufbau her wie ein in Microsoft Paint nachgemalter Screenshot aus dem Spiel aussah. Ich bin auf jeden Fall jetzt schon gespannt, was für kranken Scheiß sich die User in Zukunft einfallen lassen werden! An die tolle Qualität der Kampagne kam bislang aber bei Weitem nichts ran.
Fazit: Musikspielkultur at its best!
Obwohl es dem Titel an spielerischer Tiefe fehlt ist Sound Shapes für mich eines der innovativsten Spielkonzepte diesen Jahres. Die Kombination aus Musik und Spielgeschehen wurde selten so perfekt gemeistert, wie in diesem fast schon künstlerisch wertvollen Indie-Game. Durch das extrem zugängliche Gameplay kann man auch nicht aufhören eine Stage nach der anderen zu meistern. Leider ist das Hauptspiel in knapp zwei Stündchen auch viel zu schnell durchgespielt und durch großzügig verteilte Checkpoints kaum fordernd. Für Masochisten gibt es danach glücklicherweise noch fiese Challenges oder so manche beinharte Map aus dem Community-Bereich zu erforschen. Gerade die User-Maps strotzen nur so vor wahnsinnigen Einfällen und erinnern nicht selten an die abstrus-genialen Level eines Manic Miner oder Jet Set Willy (…kennt diese alten Schinken überhaupt noch jemand außer mir?). Für die Zukunft wünsche ich mir aber noch viele offizielle Levels als DLC, denn für den Kaufpreis von 13 Euro hätten es ruhig ein paar mehr sein können. Unterm Strich bleibt Sound Shapes ein absolut faszinierendes Spiel, dem ich auf den ersten Blick liebend gerne 10 Punkte gegeben hätte. Der schmale Umfang und das auf Dauer abwechslungsarme Gameplay sorgen jedoch für Abzüge in der Gesamtnote. Zocker, die schon meinen alles gesehen zu haben, sollten dennoch unbedingt einen Blick auf Sound Shapes werfen!
ich mag das spiel gern <3