+ vier grandiose Anime-Kurzfilme
+ schräge Story (Videospiel)
+ coole Effekte (Videospiel)
+ Hommage an japanische Pop-Kultur
- zu teuer
- Spiel für den Preis zu kurz (30-60 Minuten)
- teilweise frustrierendes Gameplay
- etwas schwache Grafik (Videospiel)
Lesezeit: 5 MinutenAb und zu kommt es vor und große Anime-Schöpfer schließen sich zusammen, um eine Sammlung an eindrucksvollen Filmen zu einem bestimmten Thema zu kreieren. Short Peace ist eine solche Zusammenstellung mit dem Thema Japan im Hintergrund. Vier bekannte Anime-Schöpfer haben jeweils einen Kurzfilm zu ihrem Heimatland geschaffen und abgerundet wird das Ganze von niemandem Geringeres als Suda51 und seinem ganz eigenen Kurz-Projekt zum Thema Japan.
Wenn der Name Goichi “Suda51” Suda fällt, dann kann das nichts anderes bedeuten, als das ein Feuerwerk der Verrücktheiten auf uns wartet. Und das ist auch der Fall, denn sein Beitrag zum Projekt Short Peace ist ein Speed-Sidescroller mit dem Namen Ranko Tsukigime’s Longest Day. Doch bevor wir uns mit mordenden Schulmädchen und verstörenden Verwandlungen beschäftigen, sollten wir zunächst einen Blick auf die vier Anime-Kurzfilme wagen. Verantwortlich für diese zeigen sich unter anderem Akira-Schöpfer Katsuhiro Otomo oder auch Hajime Katoki, der an der Gundam-Serie mitgearbeitet hat.
Possessions
Der erste Kurzfilm handelt von einem Reisenden, der in einen Sturm gerät und deswegen Unterschlupf in einem Schrein sucht. Eigentlich schien dieser Schrein verlassen, doch im Verlauf der Nacht stellt der Reisende fest, dass alle leblosen Objekte von Geistern beherbergt werden, die ihn heimsuchen. Wie er die Nacht übersteht, wollen wir an dieser Stelle allerdings nicht verraten.
Kreiert wurde Possessions von Shuhei Morita, einem noch recht unbekannten Animator und Anime-Schöpfer. Sein Werk hat er schon 2012, innerhalb von nur fünf Monaten beendet und erhielt sogar eine Oscar-Nominierung dafür. Ein vielversprechender Nachwuchs-Künstler, dessen Werk sich nicht hinter denen seiner Kollegen verstecken muss.
Gambo
Gambo ist wahrscheinlich der brutalste und blutigste Vertreter der Sammlung. Verantwortlich für diesen Film zeichnet sich Hiroaki Ando. Die Geschichte handelt dabei von einem Dorf, das von einem brutalen Oni bedroht und fast komplett ausgelöscht wird. Als fast die gesamte Hoffnung verloren ist, macht sich ein kleines Mädchen als letzte Überlebende des Dorfes auf die verzweifelte Suche nach Hilfe und kreuzt schon bald die Wege mit einem schneeweißen Bären. Diese Begegnung sollte alles ändern.
Trotz der sehr direkten Gewaltdarstellung im Film weiß dieses Werk nicht weniger zu überzeugen. Die visuelle Umsetzung der Figuren oder Hintergründe spielt in einer sehr hohen Liga, sodass Gambo auf jeden Fall zu beeindrucken weiß.
Combustible
Ähnlich wie Possessions, wurde auch Combustible bereits 2012 fertiggestellt. Der Kurzfilm stammt dabei aus der Feder von Katsuhiro Otome (Akira) persönlich und erhielt sogar eine Auszeichnung beim Japan Media Art Festival.
Die Geschichte handelt von zwei Liebenden, die sich bereits seit der Kindheit kennen. Doch bei Combustible handelt es sich nicht um eine romantische Geschichte, mit Happy End, sondern um ein Drama. Im Verlauf der Erzählung wird schnell klar, dass es zu einem tragischen Ende kommen wird. Besonders hervorzuheben ist bei diesem Werk die Erzählweise, die an japanische Bilderrollen angelehnt, die immer weiter gerollt werden. Passend zu dieser traditionellen Erzählweise passt auch der gesamte Zeichenstil, der sich an die alten Kunstwerke Japans orientiert.
A Farewell to Weapons
A Farewell to Weapons kann als Kollaborations-Projekt von Katsuhiro Otome und Hajime Katoki angesehen werden. Letzterer ist vor allem für seine Arbeit an der Gundam-Serie bekannt und hat das Skript zu A Farewell to Weapons, das von Otome geschrieben wurde, umgesetzt. Dieser Kurzfilm sticht besonders aus der Pentalogie heraus, da er in einem postapokalyptischen Japan angesiedelt ist. Des Weiteren kommen die Fähigkeiten von Katoki hier sehr gut zur Geltung, da es um Technik, Waffen und ähnliche elektronische Gerätschaften geht, die er mit seinem Zeichenstil perfekt einfängt.
Die Story handelt von einem Sondereinsatzkommando, das eine verloren gegangene Waffe in einer verwüsteten Stadt bergen soll. Auf ihrem Weg die Waffe zu finden, geraten sie jedoch an einen riesigen Roboter, den sie zunächst außer Gefecht setzen müssen. Der Kampf selbst ist dabei sehr eindrucksvoll in Szene gesetzt und überzeugt durch seine visuelle Umsetzung und die Spannung, die aufgebaut wird. Nach dem Kampf schaffen es die Soldaten die Waffe zu bergen. Doch was diese Waffe ist, damit hat niemand gerechnet.
Natürlich werden wir euch das Ende nicht verraten, doch es sei so viel gesagt, dass die Waffe einen sehr zum Nachdenken anregen kann. Generell ist A Farewell to Weapons ein Film, über den ihr viel nachdenken könnt. Der Umgang mit der Technisierung, die immer stärker werdende Abhängigkeit zur Technik oder auch was den Krieg angeht.
Ranko Tsukigime’s Longest Day
Suda51 rundet die Japan-Pentalogie schließlich mit seinem eigenen Werk ab. Passend zum Thema handelt es sich bei Ranko Tsukigime’s Longest Day um ein Videospiel und somit um ein wichtiges Kulturgut Japans. Aber nicht nur das Spiel selbst, sondern auch der Inhalt passt zum Überthema. Egal ob Karaoke, Schulmädchen, Mangas, Anime oder Ähnliches, Goichi Suda hat sich all dieser Themen angenommen und ein Spiel kreiert, das wieder mal völlig “over the top” ist.
Die Geschichte handelt von der namensgebenden Protagonistin Ranko Tsukigime. Die 17-jährige Schülerin lebt eigentlich ein ganz normales Leben mit ganz normalen Problemen. Eines dieser Probleme ist ihr Vater, der sehr erfolgreiche Besitzer einer Firma für Monatsparkplätze. Dieser hat kaum Zeit für seine Tochter, sodass diese einen sehr radikalen Entschluss fasst. Sie will ihren eigenen Vater umbringen, da dieser angeblich am Tod ihrer Mutter verantwortlich sei. Wie viel Wahrheit in dieser Story steckt, das muss der Spieler selbst für sich entscheiden, denn nach einem kurzen Intro beginnt bereits die irre Achterbahnfahrt durch Suda51’s Gedankenwelt.
Im Spiel steuert ihr Ranko vom linken Bildschirmrand zum Rechten in typischer Sidescroller-Manier. Ganz typisch japanisch ist die Geschwindigkeit in diesem Spiel das A und O. Sobald ihr zu langsam sein, oder vor ein Hindernis rennt, holen euch perverse Verfolger, Dämonen oder auch mal ein riesiger Spitz ein, um euch zu vernichten. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Feinde per simplen Knopfdruck zu erledigen und die Hindernisse mit einer anderen Taste geschickt zu überspringen. Leider gestaltet sich das Ganze nicht immer so einfach, wie es eigentlich sein sollte. Teilweise müsst ihr extrem schnell reagieren, damit ihr nicht einen alternativen Pfad wählt, der euch Zeit und im schlimmsten Fall euer Leben kostet. Sollte Letzteres eintreten müsst ihr das gesamte Level von vorne starten, da Check-Points oder Ähnliches die Geschwindigkeit mindern würden, die in diesem Spiel so wichtig ist. Das sorgt jedoch häufig für Frustmomente, da ein Ableben kurz vor Levelende bedeutet, dass ihr wieder am Anfang anfangen müsst.
Abwechslung gibt es allerdings auch, denn das gesamte Spiel ist eine Hommage an Videospiele. So kommt es vor, dass ein Bosskampf beispielsweise ein Shoot ’em Up ist, während ein anderer ein 8-Bit-Beat ’em Up ist. Genauso wechselhaft wie die Bosskämpfe sind auch die Zwischensequenzen. Mal erlebt ihr die Geschichte in einzelnen Manga-Panels, dann in einem realistischen Zeichenstil, dann als 90er-Jahre-Anime und dann plötzlich als Visual-Novel. So bringt Suda51 geschickt alle möglichen Stilrichtungen unter einen Hut, sodass das gesamte Spiel eine einzige Anlehnung an die Pop-Kultur Japans ist. Und natürlich wäre Ranko Tsukigime’s Longest Day kein Suda-Spiel, wenn nicht alles in diesem Spiel komplett verrückt wäre.
Feinde explodieren in bunten Schriftzeichen, Figuren, Manga-Augen oder Sonstigem, ein riesiger Spitz jagt dem Spieler hinterher, ein Mädchen verwandelt sich in einen Drachen, Zombies und vieles mehr sorgen für eine visuelle Umsetzung der besonderen Art. Goichi Suda beweist bei Ranko Tsukigime’s Longest Day wieder mal, dass er der Meister der Verrücktheit ist, auch wenn dieser Titel definitiv in eine ganz andere Kerbe schlägt, als seine sonstigen Werke. Trotzdem passt der Titel perfekt in die Short Peace-Pentalogie, da er die japanische Pop-Kultur und das Jugendleben auf skurrile Art und Weise perfekt einfängt.
Fazit
Short Peace: Ranko Tsukigime’s Longest Day ist eine sehr interessante und eindrucksvolle Sammlung von Anime-Werken. Jeder einzelne Kurzfilm überzeugt durch seinen eigenen besonderen Charme und die visuelle Umsetzung. Besonders hervorzuheben ist zudem, dass alle Werke in ihrer Originalsprache belassen wurden und Untertitel zusätzlich vorhanden sind. Beim Videospiel sind sogar alle Zwischensequenzen auf Japanisch und die deutschen Untertitel in einer halb-durchsichtigen Bauchbinde. Zusätzlich zu den Filmen und dem Spiel gibt es natürlich noch Artworks, Storyboard und Trailer mit auf der Blu-Ray. Short Peace darf nicht als Spiel gesehen werden, dem zufällig vier Kurzfilme beiliegen, sondern als Ganzes. Es ist ein Projekt, das Interessierten die japanische Kultur, das Land und die Menschen näher bringen soll und vielleicht auch etwas zum Nachdenken anregt. Dazu gehört auch Ranko Tsukigime’s Longest Day, ein Titel, der spielerisch zwar eher mittelmäßig ist, aber als Teil der Pentalogie zu überzeugen weiß. Ein großer Kritikpunkt ist allerdings der Preis, der für diese Sammlung viel zu hoch ist.