Lesezeit: 6 MinutenEndlich ist die lange Durststrecke für Ballerfans auf der PS Vita vorbei – mit Resistance: Burning Skies erscheint jetzt der erste waschechte Ego-Shooter auf Sonys neuem Handheld-Flagschiff. Für Genre-Freunde stellt sich jetzt natürlich als Erstes die Frage: Kann ein moderner First Person Shooter auch auf der PS Vita bestehen? Schließlich bietet die Hardware zwei schmucke Analogsticks – beste Voraussetzungen also für naturgetreuen Ballerspaß, wie wir ihn gewohnt sind.
Doch kommen wir erstmal zur Story. Denn Aufgrund der Spielewüste, die auf der PS Vita derzeit noch herrscht, kommen bestimmt einige Action-Freunde jetzt zum ersten Mal in die Verlegenheit, ein Spiel der Resistance-Reihe anzuzocken – mich eingeschlossen.
Feuerwehrmann vs. Alien-Invasion
Zeitlich spielt die PS Vita-Episode Burning Skies zwischen den ersten beiden Hauptteilen. August 1951: Tom Riley muss längst nicht mehr in die Fußstapfen von Grisu, dem kleinen Drachen treten, denn unser Held ist ein gestandener, amerikanischer Feuerwehrmann und wird mitten in einem Einsatz mit der Alien-Invasion auf Amerika konfrontiert. Als dabei auch noch seine Familie entführt wird, platzt dem Feuerbekämpfer entgültig der Kragen – statt zum Schlauch greift Tom schnell zu den Waffen und die Suche darf beginnen…
Ausgeflippte Waffen und eine Feueraxt
Neben dem Standard-Repertoire wie Sturmgewehr, Sniper-Rifle oder Granaten, gesellen sich im Laufe des Abenteuers auch ziemlich abgefahrene Waffen zu eurem Arsenal, welches sich angenehmerweise nicht nur auf zwei Waffen beschränkt. So könnt ihr z.B. mit einem Gewehr durch Wände eure Gegner befeuern oder mit einem MG einen Gegner markieren und eure Kugeln im Bogen um die Ecke schießen. Andere Waffen sind schon durch den Aufbau kurios: Eure Pumpgun ist oben zusätzlich mit einer Armbrust inklusive Explosiv-Pfeile bestückt – naja, warum auch nicht? Gegen Ende des Spiels könnt ihr aus einem Bestand von acht Hauptwaffen hin- und herschalten. Das hört sich vielleicht nicht nach mannigfaltiger Waffenvielfalt an, doch der Schein trügt: Jede Waffe hat eine Sekundär-Funktion, die durch den Touchscreen der PS Vita ausgelöst wird. Dies kann ein durch zwei auseinanderziehende Finger herbeigerufenes Schutzschild sein oder auch eine zielsuchende Funktion, indem der gewünschte Gegner angetippt wird. Andere Waffen verlangen für den Einsatz der Sekundär-Munition einen bestimmten “Wisch” über den Touch-Screen. Eure Handwaffe ist übrigens eine Feueraxt, die sich umständlicherweise nur durch den Touchscreen schwingen lässt.
Tom Riley und das Geheimnis der blauen Zauberwürfel
Doch das ist längst nicht alles: Freunde des Waffentunings – aufgehorcht! Innerhalb der Levels findet ihr immer wieder mal blaue Zauberwürfel, die eure Waffen etwas aufpeppen. Von insgesamt sechs möglichen Erweiterungen müsst ihr euch pro Schießgerät aber auf zwei Upgrades beschränken. Dies kann ein Zoom-Zielvisier für euer MG sein, erhöhte Magazinkapazität, geringeres Gewicht für euren Raketenwerfer usw… Keine Panik, wer sich mal “vertunt”, darf auf ein anderes Upgrade wechseln – es liegen auch genügend Würfel bereit und besonders gut versteckt sind sie auch nie – zum Spielende hatte ich noch sechs Würfel “frei” und schon alle Waffen aufs Maximum hochgepeppelt.
Wie ein Feuerwehrschlauch – Das Leveldesign
Auch ohne jeglichen Orientierungssinn werdet ihr wohl kaum Probleme haben, euch in Resistance: Burning Skies zurecht zufinden. Euer Weg verläuft über das ganze Spiel hinweg extrem schlauchig und bietet neugierigen Um-die-Ecke-Guckern höchstens einen versteckten Zauberwürfel oder ein Dokument zum Sammeln. Zwar werdet ihr euch so nie verlaufen und kaum Leerlauf haben, allerdings ist der Spaß damit auch verdammt schnell vorüber. Erfahrene Shooter-Spieler können selbst auf der Einstellung “Schwer” locker in 5-6 Stunden durch die Kampagne spazieren.
Invasion der Backpfeifen
Da ihr über jede Menge Feuerkraft verfügt und zu jeder Situation die passende Waffe zücken könnt, habt ihr oft einfach zuviel Möglichkeiten, euch das Überleben leichter zu machen. Mit der Durch-die-Wand-Abknall-Waffe kann man beispielsweise die meisten etwas kniffligeren Passagen locker meistern. Selbst die End- und Zwischengegner stellen sich oft blöder an, als der Alien-Papst erlaubt und lassen sich prima aus toten Winkeln heraus erledigen. Überhaupt ist eine Gegner-KI praktisch nicht vorhanden – ich frage mich, wie diese Knallchargen überhaupt eine großflächige Invasion planen konnten. Hier gilt die Devise: Masse statt Klasse, denn nur bei mehreren Gegnern kommt ihr mal ins Schwitzen – besonders, wenn sie auch durch Wände ballern können. Ein Alien-Idioten vor dem Herrn muss ich aber noch unbedingt hervorheben: Der Endgegner in Resistance: Burning Skies ist wohl der unfairste Killer Freak From Outer Space, der mir seit langem unter gekommen ist. Besonders toll: Vor dem Endgegner-Kampf darf man erstmal eine halbe Minute rennen, da direkt davor kein Checkpoint ist. Freut euch drauf.
Intergalaktische Technik?
Leider bleibt die Grafik hinter den Erwartungen der Fähigkeiten einer PS Vita zurück. Während die Gegner- und Charaktermodelle ganz solide aussehen, schwankt die Qualität der Umgebungstexturen zwischen N64 und erster Spielegeneration PS3. Teilweise sehen Wände dermaßen matschig aus, dass man die Qualitätskontrolle ernsthaft in Frage stellen darf. Vor allem die zahlreichen Polygaps (weiße Linien zwischen aneckenden Polygonwänden), starke Framerate-Einbrüche bei hohem Gegneraufkommen und nach einer Sekunde wegploppende Leichen machen schnell den Eindruck eines unfertigen Titels. Sogar die animierten Zwischensequenzen sind stark verpixelt und hätten eine deutlich höhere Bitrate gut vertragen – heutzutage darf man Käufern eines Vollpreistitels solch eine unterirdische 2005er-Youtube-Qualität wirklich nicht mehr zumuten. Beim Sound sieht es zum Glück um einiges besser aus: Wuchtige Waffensounds (über Kopfhörer), orchestraler Soundtrack und eine ordentliche deutsche Synchro können überzeugen.
Das Beste kommt zum Schluss: Die Steuerung
Bei all den technischen Schwächen muss man Resistance: Burning Skies aber eins lassen: In Sachen Steuerung haben die Entwickler alles richtig gemacht. Dank der beiden Analogsticks der PS Vita steuert sich das Spiel wie auf einer großen Konsole. Fehlende Funktionen, die über die zweiten Schulterbuttons oder eindrückbare Analogsticks ausgeführt werden würden, sind auf das vordere und hintere Touchpad verlegt worden. Zum Rennen genügt es, die rückseitige Touchfläche zweimal anzutippen – das funktioniert in der Praxis ganz prima. Auch der Touchscreen wird für die Sekundärfeuer-Optionen meistens sinnvoll genutzt und sorgt für den einzigen frischen Wind in Sachen Shooter-Gameplay, denn im Grunde spielt sich Burning Skies wie jeder andere Shooter auf großen Konsolen. Auf Schnick-Schnack wie Bewegungssensor oder Fotofunktionen wird gänzlich verzichtet – es wird so gezockt wie man es kennt und das ist auch gut so.
Multiplayer
Bei solch einer kurzen Kampagne muss der Mulitplayer-Modus einiges reißen – in der Testphase konnte ich bislang jedoch nur an einem kleinen Deathmatch teilnehmen. Macht Spaß, wird aber auf Dauer etwas eintönig – auf insgesamt sechs unterschiedlichen Karten habt ihr schnell alles gesehen. Besonders ausgefallene Multiplayer-Varianten sucht ihr ebenso vergebens, ein klassisches Erfahrungssystem mit Rangaufstieg gewährt euch dafür Zugriff auf bessere Waffenkombinationen und hält euch so länger bei Laune. Da es an echten Shooter-Alternativen auf der PS Vita derzeit noch mangelt, könnte Resistance: Burning Skies ähnlich wie damals Call of Duty 2 auf der Xbox 360 ein echter Multiplayer-Magnet unter den FPS-Zockern werden. Denn so simpel die gebotenen Modi auch sind: sie funktionieren und machen durchaus Spaß.
Fazit – geglückte Alien-Invasion auf der PS Vita?
Auch wenn weder technisch noch spielerisch das Rad neu erfunden wird, ich hatte zugegeben echt viel Spaß, einen Ego-Shooter endlich mal vernünftig auf einem Handheld spielen zu können. Allerdings muss man sich vor Augen halten, dass Resistance: Burning Skies einen extremen Plattform-Bonus hat und auf den großen Konsolen unweigerlich schnell untergehen würde – ein richtig toller Shooter ist trotz guter Spielbarkeit leider nicht daraus geworden. Gerade von technischer Seite wird einem schnell klar, dass Sony das Spiel wohl schnellstmöglichst auf den Markt pfeffern wollte. Da die PS Vita dringend eine größere Spieleauswahl benötigt, ist dies zwar verständlich, aber etwas unverantwortungsvoll. Denn Resistance ist eine der größeren Sony-Exklusivmarken und meiner Meinung nach keinen Schnellschuss wert. Uncharted: Golden Abyss hat hier gezeigt, wie es richtig geht und sowohl technisch als auch spielerisch deutlich mehr auf dem Kasten. So bekommen wir jetzt also einen Shooter, der qualitativ leider eher in Richtung Duke Nukem Forever schlägt. Trotzdem kommt derzeit kein Egoshooter-Fan um Resistance: Burning Skies herum – ein Shooter von der Stange, aber auf der Vita? Hell yeah. Doch nach oben hin ist noch verdammt viel Luft.