Resident Evil: The Darkside Chronicles – Düstere Flashbacks
Lesezeit: 8 MinutenZombies jagen geht immer. Das ist zumindest meine Meinung. Und irgendwie passen Zombies und Railshooter ganz gut zusammen. Wenn dann noch Resident Evil: The Darkside Chronicles auf der Verpackung steht, könnte das in Dauerstress ausarten: beim Akkuwechseln für die Wii-Remote! Ob die Schnetzelorgie auf der Wii grafisch wirklich so weit vorne mitspielt und wirklich den Vorschusslorbeeren gerecht werden kann, erfahrt ihr hier.
Capcom hat in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass die Marke Resident Evil wandlungsfähig ist und keinem starren Konzept folgt. Resident Evil 4 war eines der besten Spiele auf dem GameCube und sah auch auf keinem anderen System so gut aus, wie dort. Teil Nummer 5 verfrachtete den Spieler aus dem düsteren, grauen und verregneten Europa, dass streckenweise an Transsylvanien erinnerte in das brütend heiße Afrika, wo wir uns unter gleißender Sonne nicht weniger widerwärtigen Kreaturen entgegenstellen mussten.
Wii-Spieler gingen beim fünften Teil der Reihe bisher leer aus. Dafür bekamen sie im Vorfeld einen Railshooter vorgesetzt, der nicht ganz mit seiner Steuerung im Reinen war und darüber hinaus in Deutschland auch noch indiziert wurde. Mit The Darkside Chronicles scheint nun eine Entschädigung in Sicht.
Worum geht es?
Natürlich spielen auch in diesem Resident Evil-Teil die widerlichen Experimente der Umbrella Corporation die zentrale Rolle. Durch die zeitliche Stückelung des Spiels legen wir uns allerdings nicht nur mit dem T- und dem G-Virus an, sondern auch mit dem Veronica-Virus.
The Darkside Chronicles zeitlich einzuordnen ist schwierig. Denn im Grunde erlebt der Spieler drei vollkommen unterschiedliche Geschichten, die natürlich mit einander verknüpft sind. Es geht, wie der Name schon sagt, um die dunkle Seite. Dabei bedient sich das Spiel der roten Fäden zweier in Deutschland indizierten Titel der Reihe. Zum Einen Resident Evil 2 und zum Anderen Resident Evil: Code Veronica. Wichtige Passagen beider Spiele kommen in leicht angepasster Form in The Darkside Chronicles als zusammenhängende Railshooter-Sequenzen vor. Umspannt werden die Geschehnisse von einer neuen Kampagne, die Leon S. Kennedy und Jack Krauser nach Südamerika verschlagen. Hier soll ein Unmensch namens Javier Hidalgo sein Unwesen treiben, nachdem er versucht haben soll in den Besitz von Umbrella-Akten zu kommen. Kurz nach unserer Ankunft erfahren wir, dass in dem kleinen Dorf Amparo 50 Teenagerinnen vermisst werden. Steckt Javier dahinter? Natürlich müssen wir uns binnen Sekunden mit stöhnenden auf uns zuwackelnden Zombies herumschlagen. Nach dieser ersten intensiven Erfahrung beamt uns Leons Erinnerungen an eine untergegangene Stadt zurück: den Ursprungsort allen Übels: Raccoon City.
Hier erleben wir in den Rollen eines jungen Leon S. Kennedy und einer noch jüngeren Claire Redfield den Ausbruch des Virus und den Untergang der Stadt hautnah mit. Nach acht Kapiteln die uns durch die verheerte Stadt, ihre Kanalisation und finstere Labors getrieben haben, wechselt die Protagonisten-Riege. Nun ist Claire Redfield die “Erzählerin”. Wir befinden uns im zweiten Akt und erleben zusammen mit Steve Burnside die Geschehnisse von Code Veronica auf der Gefängnis-Insel Rockford und schließlich auch am Südpol noch einmal, bevor wir uns wieder als Jack Krauser und Leon S. Kennedy in der “Operation Javier” wiederfinden.
Die Gegner
Von normalen Zombies, über helmtragende Zombies, Zombie-Hunde, Zombie-Spinnen, Piranhas, Riesenmotten, Killerkröten, Mutanten in jeder Größe und Ausführung, über immer wieder kehrende Zwischen und Endgegner… Am Ende meines ersten Turns durch alle drei Akte hatte ich laut Spielstatistik rund 2300 Gegner ins Nirvana geschickt. Da man für einen durchschnittlichen Endgegner aber etwa soviel Munition braucht, wie früher in jedem guten Schwarzenegger-Film (außer Kindergarten-Cop) verfeuert wurden, summiert sich das Gewicht der verschossenen Patronen auf etwa zehn Tonnen.
Die Waffen
Um all diesem Getier und fiesen Supermutanten etwas entgegensetzen zu können verfügt der Spieler in The Darkside Chronicles über gleich mehrere Waffen. Für den Nahkampf gegen nerviges Kleingetier prima geeignet: das Messer. Besser ist allerdings die Pistole, denn sie hat als einzige unendlich Munition. Dann hätten wir noch im Angebot: Magnum, Uzi, Pumpgun, Bogengewehr, Granatenwerfer, Raketenwerfer und Granaten. Das wunderbare ist: Alle Waffen lassen sich in puncto Nachladezeit, Kapazität, Kraft, Mannstoppwirkung und Schussrate mit im Spiel erkämpftem Geld nachbessern, was sich vor allem bei der Pistole auszahlt.
Spielumfang
Das Spiel besteht aus drei Akten, die in der Übersicht zeitlich sortiert sind. “Erinnerungen einer verlorenen Stadt” ist der älteste der drei Abschnitte und besteht aus 8 Kapiteln. Das “Spiel des Vergessens” bringt noch einmal sieben Kapitel mit, während “Operation Javier” aus fünf Kapiteln besteht. Hinzu kommt dann noch “Die dunkle Seite”, zu der ich aber nicht zuviel verraten möchte.
Die Möglichkeit das Spiel im Co-Op-Modus durchzuspielen verändert das Spielgeschehen deutlich. Durch den Tofu-Modus kommt noch eine weitere witzige Variante des Spiels hinzu und wer Spaß dran hat, kann mit jedem Charakter noch zusätzliche Kostüme freischalten. Für das reine Durchspielen der drei Akte – ohne “die dunkle Seite” – habe ich knapp acht Stunden gebraucht. Das ist in meinen Augen für einen Railshooter mehr als okay.
Wie spielt es sich?
Gut. So hätten wir diesen Punkt abgehakt.
Nein, mal im Ernst. Seitdem das Genre des Railshooters auf der Wii zu neuer Blüte aufersteht bin ich ein großer Fan dieses speziellen Spielmechanismus geworden. Der Spieler wird auf vorgegebenen Bahnen durch das Level gezogen und konzentriert sich darauf sich die Gegner vom Leib zu halten. Das klingt wahnsinnig öde? Nicht unbedingt. Denn die Atmosphäre des Spiels schafft es, dass man vergisst, dass man sich gar nicht selbst bewegt. Das Genre des Spiels ist “Survival-Horror”. Hier wird mit Kameraperspektiven gespielt. Die Spieler schauen um eine Ecke, wo eben noch ein riesiges Ungetüm schnaubend dastand. “Ich glaube es ist weg”. Die Kamera dreht nun jener Ecke den Rücken zu, um so besser mit dem Begleit-Charakter zu sprechen und als Spieler stellen sich dir die Nackenhaare auf: “Warum zum Geier drehst du dieser Ecke den Rücken zu! Der fiese Typ von eben ist 100%ig noch immer da. Dreh Dich rum!”
Solche Momente gibt es zu hauf. Und nerven sie in Spielen wie Ghost Squad oder House of the Dead: Overkill, so werden sie hier mit dem klaren Ziel eingesetzt Stimmung zu schaffen. Das gilt auch für die vielzitierte Wackelkamera a la Blair Witch Projekt. Ganz so schlimm ist sie dann doch nicht! Auch das gehört meiner Meinung nach dazu und ist gut umgesetzt, wobei man wirklich nicht an Motion Sickness leiden darf. Dann nämlich wird das Spiel sicher etwas unangenehm.
Die Steuerung ist simpel, theoretisch brauch man den Nunchuk gar nicht, weswegen er bei mir immer nur in der Gegend rumliegt. Geschossen wird mit dem Trigger (B-Knopf), Gegenstände sammelt man mit dem A-Knopf auf, nachgeladen wird nach leergeschossenem Magazin durch erneutes Schießen, oder durch ein Rütteln an Nunchuk oder Remote. Grüne Kräuter zur Heilung aktivieren wir über den Plus-Button ins Waffenmenü gelangen wir über den Minus-Knopf. Dort können wir vier Waffen aus unserem Arsenal auf je eine Richtung des Digikreuzes verteilen. Ist die Pistole leergeschossen, können wir so wunderbar schnell mit einem Druck auf die entsprechende Richtung des Digikreuzes die nächste Waffe anwählen.
Herrlich ist, wieviel interaktive Gegenstände in den Levels zu finden sind. Bilder, Obstschale, Körbe, Kisten, Fässer, Lampen, Stühle, Tische, Scheiben, Gläser… prinzipiell reagiert alles physikalisch korrekt auf grobe Gewalteinwirkung, was dazu führt, dass man ständig wie ein Wild-West-Pistolero in der Gegend herumballert, obwohl weit und breit niemand zu sehen ist. Denn überall verstecken sich Goldbarren, Münzen, Munition und seltene Umbrella-Abzeichen, die Infos, Bilder und Videos in unser Archiv spülen (was übrigens wirklich sehr interessant ist, wenn man sich für die Geschichte der Reihe und ihre Charaktere interessiert).
Allerdings nimmt gerade diese zerstörbare Umgebung, dem Spiel oft den Ernsthaftigkeitsfaktor. Denn die Geschichte um Umbrella und die Machenschaften ist nicht gerade eine Gute-Nacht-Geschichte. Warum zum Geier sind also jedes Mal, wenn man in einem Raum alles, aber auch wirklich alles zerschossen hat, alle Gegenstände wieder heile und am rechten Fleck, wenn man zwei Minuten später den selben Raum noch einmal betritt, nachdem man vom Spiel in eine Sackgasse geführt wurde? Das freut die schießwütigen unter uns, verdutzt aber total. Als hätten die Zombies zwischendurch gedacht: “Aaahhhrg…muss Bilder…wieder…aufhängen…Lampe reparieren…”
Tofu-Modus und weitere Boni
Wer glaubt Zombies wären schlimm, widerlich und hartnäckig zu töten, der sollte sich einmal mit mannshohen Tofustücken beharken. Da bekommt fies eine ganz neue Bedeutung. Klar, dass ich vom Tofu-Modus spreche, der dem Spieler nach einigen Stunden harter Arbeit zur Verfügung steht, wenn man gewisse Level im Schwierigkeitsmodus “Normal” bestanden hat. Die Belohnung besteht nicht nur darin, dass man nun gegen aggressiv auf den Spieler zuwobbelnde Tofuquader kämpfen muss, sondern man gibt auch all’ seine Waffen ab. Jetzt gibt es nur noch dich – in der Rolle von Claire Redfield – und deine nichtgetunete Pistole. Das Fiese mit dem Tofu ist, dass er wirklich zäh ist und damit meine ich absolut nicht die Konsistenz. Selbst, wenn man den Sojabohnenteigblöcken über die Hälfte ihrer Masse wegschossen hat, sind sie auf Krawall gebürstet.
Es gibt auch keine grünen Kräuter oder Erste-Hilfe-Sprays die uns vor dem sicheren Tod bewahren.
Außerdem können wir für jeden der beteiligten Charaktere verschiedene Kostüme freispielen, die wir ihnen dann vor Beginn eines Levels anziehen können. Das hat zwar keine Auswirkungen auf die Gegner oder die eigene Performance ist aber beim dritten, vierten und x-ten Durchgang einer Levels, oder gar eines ganzen Aktes in puncto Abwechslungsreichtum ein kleiner aber feiner Zugewinn. Besonders Claire Redfield macht im Biker Kostüm eine wirklich gute Figur.
Ein besonders interessanter Part der freischaltbaren Inhalte ist “Die dunkle Seite”. Dieser Modus lässt uns die letzten Kapitel des Aktes “Operation Javier” noch einmal in der Rolle von Jack Krauser durchleben. Allerdings hören wir diesmal was er denkt. Und wenn Leon wüsste, was der gute Jack da so vor sich hindenkt, dann würde er sich gut überlegen, ob er ihm am Ende… Genug gespoiled für heute!
Der Multiplayer
Beschränkt sich leider auf einen Nicht-Online-Co-Op-Modus, bei dem die Kämpfenden sich die Waffen und die Munition teilen. Das macht die Situation aber auch ein wenig taktisch und man kann sich herrlich dabei amüsieren gemeinsam schnellstmöglich die Gegnerhorden nieder zu mähen. Denn spielt man allein fragt man sich oft, was der Begleitcharakter eigentlich die ganze Zeit so macht. Schiessen tut der nämlich nur dann, wenn ihm die Zombies in die Nase beissen könnten.
Grafik
Im Vorfeld wurde viel über die Grafik des Spiels berichtet. Ich kann jetzt nach über zwölf Stunden Spielzeit sagen, dass die Optik des Spiels wirklich hervorragend ist. Die Kulissen sind abwechslungsreich und detailreich gestaltet, die Charakter-Modelle sind super gelungen die Zwischensequenzen sind erstklassig und auch sonst sieht das Spiel wirklich super aus. Vorbei scheinen die Tage zu sein, wo man auf der Wii mehr Treppchenbildung als sonst etwas zu sehen bekam. Grafisch ist The Darkside Chronicles auf der Wii ein verdammt starker Vertreter.
Fazit
Wunderbare Sache das. Vergleicht man das Spiel mit seinen Genrebrüdern Ghost Squad und House of the Dead: Overkill hat Capcom alles richtig gemacht. Die Atmosphäre ist dicht und stimmig, die Grafik ist blendend, die Steuerung eingängig und simpel und der Spielumfang ist auch super. Besonders gefällt das Feature der zerstörbaren Umgebung. Allerdings sucht man vergebens nach großen Innovationen im Spiel, wie es vielleicht bei Dead Space: Extraction der Fall ist. Aber mal ehrlich: Das ist Nörgeln auf hohem Niveau. The Darkside Chronicles baut keine unnötigen Längen auf und ist wirklich sehr gute Unterhaltung für Erwachsene mit einem Hang zu Horror- und Splatter-Spielen.




















