Lesezeit: 8 MinutenBei Veröffentlichung der Orange Box im Jahre 2007, hatte wohl auch Valve nicht unbedingt damit gerechnet, dass sich gerade das nur fünf Stunden umfassende Denkspiel Portal zum eigentlichen Highlight zwischen Half-Life 2: Episode 2 und Team Fortress 2 herausstellt. Als kostenlose Dreingabe gedacht, begeisterte es Presse und Spieler gleichermaßen. Seit dem 21. April sind Chell und GLaDOS zurück, um erneut im Wettstreit Mensch gegen Maschine anzutreten. Langweilige Kopie oder innovativer Titel? Wir haben Portal 2 für euch getestet.
„Wir haben beide Vieles gesagt, was dir noch leidtun wird“
Das Ende von Portal deutete es bereits an: Chell mag die charmant böse Maschine GLaDOS besiegt haben, doch nach einer erfolgreichen Flucht sah es nicht aus. Und wie Portal 2 nun zeigt, ist die Heldin tatsächlich noch innerhalb der Mauern des Laboratoriums gefangen, genauer gesagt in einer der 10.000 Schlafkammern. Das vermutlich jahrhundertelange Schlummern wird zu unserem Glück von einer Roboterkugel namens Wheatley unterbrochen. Das Gebäude befindet sich im Verfall und ist kurz davor komplett in sich zusammenzustürzen. Zuständig für die Überwachung aller Testsubjekte und aus Angst vor dem Management, verbündet sich Wheatley mit Chell, um gemeinsam aus dem Laboratorium zu flüchten.
Doch aus dem Plan wird erst einmal nichts, denn anstelle den Exit-Schalter zu aktivieren, schafft es der naive und mit der Situation total überforderte Roboter, eine alte Bekannte zurück ins mechanische Leben zu rufen: GLaDOS. Diese zeigt allerdings keinen Funken Dankbarkeit für ihre plötzliche Auferstehung, sondern nutzt den Moment, um sich auf ihre spezielle Art und Weise an ihrer Mörderin Chell zu rächen. Willkommen zurück in den Testkammern der Aperture Laboratories!
„Ich war vor allem damit beschäftigt, tot zu sein“
Das Spielprinzip von Portal bleibt auch im Nachfolger erhalten: Sobald wir die Portalkanone in unserer Hand halten, lassen sich die beiden namensgebenden Portale (orange und blau) erschaffen. Was immer durch die orangene Öffnung geht oder fliegt, kommt aus der blauen wieder heraus und umgekehrt. So lassen sich nicht nur Abgründe umgehen, sondern auch Wege zwischen abgetrennten Räumen überwinden, Laser umleiten oder Geschütztürme vernichten. Wer den Vorgänger nicht gespielt hat, muss sich keine Sorgen machen: das Spiel führt Neulinge hervorragend in die Funktionsweise der Rätsel und der Portal-Waffe ein. So wird vor allem das erste der insgesamt neun Kapitel zum Tutorial. Spieler, denen das Prinzip bereits bekannt ist, sollten sich hiervon allerdings nicht abschrecken lassen, auch wenn es einfach wirkende Erfolge sind, jeder davon wird ein gewisses Gefühl namens Stolz hervorrufen. Zudem baut Valve frische Elemente in die Rätsel ein, die diese im Verlauf der Spielzeit herausfordernder machen.
Zu diesen Neuerungen gehören Brücken, mit deren Hilfe Plattformen in luftiger Höhe erreicht werden können und als Schutzschild gegen Geschütztürme dienen. Ebenfalls neu hinzugekommen sind Traktorstrahlen, die unsere Heldin oder Würfel automatisch befördern und das Erreichen von Schaltern an der Decke ermöglichen. Spiegelwürfel lassen uns Laser geschickt um Ecken leiten und Katapulte schleudern uns mit schneller Geschwindigkeit durch die Räume. Apropos Springen: Musste der Spieler in Portal noch beim Sprung aus großer Höhe die Flugbahn der Spielfigur korrigieren, ist dies nun nicht mehr notwendig, wie auf einer Schiene gezogen erwischen wir immer die Öffnung des Portals.
Durch eine plötzliche Wendung in der Handlung wird Chell von den sterilen Testräumen in ein riesengroßes unterirdisches Konstrukt befördert. Hierbei handelt es sich um verlassene Gebäude aus den Anfangsjahren von Aperture. So erfahren wir nicht nur, wer Cave Johnson war oder wie GLaDOS die Herrschaft über die Anlage übernehmen konnte, sondern bekommen auch die Möglichkeit, die Testanordnungen vergangener Zeiten zu absolvieren. Dadurch wird aus Portal 2 ein Denkspiel mit einer schlüssigen Hintergrundgeschichte. Der Sprung zurück zu den Anfängen des Unternehmens bringt auch mehr Anspruch in die Rätsel, denn nun stehen drei Gels zur Verfügung, mit denen wir unsere Umgebung beeinflussen können und deren Einsatz nicht immer ganz so einfach ist. Die Gels lassen sich durch die Portale über die Räume verteilen und einsetzen. Während das blaue Repulsion Gel wie ein Katapult wirkt, lässt uns das orangene in schneller Geschwindigkeit über den Boden schlittern. Das weiße Gel ermöglicht es, Wände für Portale nutzbar zu machen, an denen vorher keine Öffnung gesetzt werden konnte. Die ersten Versuche mit den Gels enden oft in einer farbenfrohen Umgebung ohne Sinn und Erfolg, dennoch macht es Spaß, mit ihnen zu experimentieren.
„Um zu vermeiden, dass ihre Gesichtszüge entgleiten, spielen wir nun etwas Jazz-Musik“
Die Rätsel nehmen ständig an Komplexität zu, die Lösung bleibt dabei immer logisch. Ein genauer Blick durch den Raum und kurzes Überlegen reichen aus, um zumindest zu verstehen, was das Spiel von uns möchte. Gesetzte Portale werden durch eine ovale Silhouette angezeigt, die jederzeit sichtbar ist, so verliert man auch auf niedrigeren oder höheren Plattformen nie den Überblick. Der Spieler wird nie mit unbrauchbaren Elementen konfrontiert, wie er zum gewünschten Ergebnis kommt, bleibt ihm überlassen. Ein großer Pluspunkt von Portal 2, denn der Titel regt zum Experimentieren an. Leider ist der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben sehr schwankend und nicht linear ansteigend, so können auf eine schwierige Testkammer wieder mehrere leichte folgen, bevor man sich wieder einem Problem gegenüber sieht. So gehört zum Beispiel auch der Endkampf zu den leichteren Aufgaben im Spiel und wirkt beinahe banal.
Die Physikrätsel werden immer wieder von Fluchtsequenzen aufgelockert, in denen es vor allem darum geht, ohne Zeitdruck den richtigen Weg durch eine Halle oder Röhren zu finden. Wie bei den Testkammern mangelt es auch hier nicht an Abwechslung, ob vorbei an der Produktion der Geschütztürme oder geleitet von Wheatley, der uns mit einer Lampe in einer komplett dunklen Umgebung den Weg leuchtet (und zusammen mit den Geräuschen an einen Horrorfilm erinnert), es wird nie langweilig oder zweimal das Identische geliefert.
Scheitern kann man in Portal 2 nicht, frustrierend aufgeben wird niemand. Dafür sorgen auch die sehr fair gesetzten automatischen Speicherplätze. Die meisten davon sind allerdings mit einem Ladebildschirm verbunden und damit wird der Spielfluss zu oft unterbrochen. Wer sich unsicher ist, kann jederzeit frei speichern.
„Wenn Sie den Buzzer hören, starren Sie bitte auf das Kunstwerk“
Der Humor, dieser wunderbare schwarze Humor, der schon in Portal ein herausragender Aspekt war, wird auch im Nachfolger beibehalten. Die sarkastische GLaDOS, die alles versucht, um Chell zu entmutigen, sei es mit Anspielungen auf deren Gewicht oder durch Andeutungen zu ihren Racheplänen, die Autoren von Valve haben hervorragende Texte geschrieben. Als Spieler weiß man, dass man GLaDOS weder vertrauen noch glauben darf, dennoch gibt es viele Augenblicke, in denen man richtig darauf wartet, dass sie endlich eine Situation kommentiert. Der neue Charakter Wheatley ist herrlich naiv und verwirrt, weil er zum ersten Mal unabhängig von äußeren Befehlen agieren darf. So wird ein von ihm groß angekündigter Hacker-Versuch zum Einschlagen einer Glasscheibe oder selbst der Sprung aus niedriger Höhe zu einem aufregenden Erlebnis für die Kugel mit dem großen blauen Auge. Das Ende des Spiels gehört für mich zu einem der sehenswertesten und natürlich endet der Humor nicht bei den Credits, sondern geht darüber hinaus.
Portal 2 besitzt auf den ersten Blick keinen Wiederspielwert, warum sollte man die gleichen Rätsel noch einmal lösen? Allerdings führen gerade der Humor, Entwicklerkommentare und Achievements dazu, dass man es sich am Ende überlegen wird, es ein zweites Mal zu versuchen.
„Im Gegensatz zu uns müssen Menschen Teamarbeit erst lernen“
Neu in Portal 2 ist der Koop-Modus, der unabhängig vom Singleplayer eine andere Geschichte erzählt. Als Testsubjekte dienen GLaDOS keine Menschen, sondern die beiden Roboter Atlas und P-body. Egal ob man eine Xbox 360, PS3, einen PC oder MAC besitzt, die spielerische Zusammenarbeit ist plattformübergreifend möglich. Konsolen bieten die Splitscreen Ansicht, im Falle des PCs kann mit der TAB-Taste jederzeit der Blickwinkel des Partners in einem kleinen Fenster eingeblendet werden. Wer keinen Mitspieler hat, kann über Steam eine Zufallsbekanntschaft für diesen Zweck finden, ansonsten loht sich auch der Blick in die Foren.
Teamwork ist im Koop-Modus natürlich das Wichtigste, Egoisten sollten beim Singleplayer bleiben. Atlas und P-body können unabhängig voneinander zwei Portale erstellen, weswegen auch der Aspekt der Kommunikation nicht vernachlässigt werden darf. Ein Head-Set schadet hierbei nicht, das Spiel ermöglicht aber auch nonverbale Unterhaltungen mit Hilfe des so genannten Ping-Tools. Hierbei wählen beide Spieler vor Beginn ein Zeichen aus, das sie im Anschluss nutzen können, um dem Partner an den Wänden etc. aufzuzeigen, wo ein Portal gesetzt werden soll. Die beiden Roboter sprechen in einer Sprache, die stark an R2D2 aus Star Wars erinnert. Da dies wohl niemand von uns verstehen kann, gibt es die Möglichkeit, Gesten einzusetzen (F-Taste), wie Winken oder auch freudiges Lachen.
Stirbt euer Partner einmal, gibt es keinen Grund zur Sorge, er taucht sofort wieder an gleicher Stelle auf, also kein Zeitverlust. Schließlich sollten zumindest die zwei menschlichen Spieler am Ende keine Feindschaft wegen möglichen Fehlern aufbauen. Wie auch im Einzelplayer bleiben die Testkammern abwechslungsreich und GLaDOS Humor erhalten. Die Spielzeit entspricht ungefähr der Hälfte des Singleplayers.
“Im Falle einer Implosion sehen Sie direkt in die Implosion”
Portal 2 bleibt der technisch sterilen Umgebung treu. Der Titel sieht trotz gleicher Engine besser aus als der Vorgänger. Ein grafisches Wunderwerk sollte man dennoch nicht erwarten, aber darum geht es in Portal ja auch gar nicht. Die Rätsel und die Charaktere stehen im Mittelpunkt, farbenfrohe Grafik wird und ist hier nebensächlich. Die komplette Umgebung ist stimmig im Spiel umgesetzt, mit abwechslungsreichen Laboren.
Die Soundkulisse beschränkt sich auf das Wesentliche, wie das Krachen von Wänden, Knarren von Plattformen oder Maschinenmotoren. Unterbrochen wird die Geräuschkulisse durch Einsatz von unterschiedlichsten Musikstilen (von Klassik über Jazz bis hin zu Elektro), die immer zur Atmosphäre des Spielabschnitts passen. Ich persönlich empfand vor allem die Musik während der Credits als eine der besten, die man derzeit in einem Game finden kann.
Portal 2 kann in deutscher oder englischer Sprache gespielt werden. Der Wechsel ist jederzeit im Optionsmenü und nach Neustart des Spiels möglich. Die deutschen Stimmen sind dabei nicht schlecht, allerdings sollte jeder, der des Englischen mächtig ist, auch diese Einstellung nutzen. Stephen Merchant als Wheatley (bekannt aus der britischen Serie „The Office“) und Ellen McLain als GLaDOS sind hervorragend. Erster macht Wheatley erst zu dem vertrottelten Roboter, der er wirklich ist und GLaDOS kommt viel stärker als sarkastische Computerstimme zur Geltung, als im deutschen.
Fazit
Valve zeigt auch in Portal 2, dass Weniger oft Mehr ist. Es braucht keine stupiden Ballereien oder grafisch aufgemotzte Umgebungen, um zu überzeugen. Einzel- und Koop-Modus, 60 abwechslungsreiche Testkammern und die neuen Spielelemente fesselten mich an den PC. Hinzu kommt der exzellente Humor, den die Synchronsprecher perfekt rüberbringen. Alleine schon deswegen, lohnt es sich, das Spiel ein zweites Mal zu spielen. Die Rätsel sind logisch aufgebaut und es ist möglich, sich jederzeit selbst mit einem unerwarteten Erfolg zu überraschen. Viele Spiele enttäuschen heutzutage mit ihrem plötzlichen, meist unlogischen Ende, während Portal 2 den Spieler für das Durchspielen mit einem wunderbaren Schluss belohnt. Dass der Titel nur knapp an der Topwertung vorbei rutscht, liegt daran, dass der Schwierigkeitsgrad leider zu stark schwankt und Ladebildschirme den Spielfluss zu häufig unterbrechen.
Zum Schluss muss der Schmeichelei noch ein letztes Lob hinzugefügt werden, denn Valve hat bereits für den Sommer ein DLC mit weiteren Testkammern und einer Rangliste angekündigt. Bevor jetzt die Ersten stöhnen, weil sie diese teuren Zusatzinhalte leid sind: Der DLC ist kostenlos. Ich kann es bereits jetzt kaum noch erwarten, erneut in die Laboratorien zurückzukehren.
portal 1 war sau geil!
2 werde ich mir kaufen, wenn ich siecher weiß, dass PSN wieder on ist und stabil leuft.
Spaaaaaaaaaaaaaaace SPAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAACE
Portal 2 eines der besten Spiele 2011. Ich habe das Spiel, als es endlich funktionierte, innerhalb eines Abends durchgespielt. Es ist einfach super. Die englische, aber auch deutsche Synchronisation is einfach perfekt gewählt und GLaDOS hat erneut geniale Sprüche drauf.
Meiner Meinung nach ein Spiel, das um den Thron “Spiel des Jahres 2011” kämpfen wird. Einfach gut.
der multiplayer ist genial!