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Pillars of Eternity II: Deadfire – Gott war tot

von am 9. Juni 2018
DETAILS
 
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Plattform
Entwickler
Publisher
Für Fans von:

Baldurs Gate, Neverwinter Nights, Pillars of Eternity, Tyranny, Icewind Dale

Pluspunkte

+ Exzellente Dialoge/Story
+ Hoher Wiederspielwert
+ Eure Entscheidungen haben ernsthafte Konsequenzen
+ Schwierigkeitsgrade für Einsteiger und Experten

Minuspunkte

- Kein Multiplayer

Editor Rating
 
GAMEPLAY
9.0

 
GRAFIK
8.0

 
SINGLEPLAYER
10

 
MULTIPLAYER
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SOUND
9.0

Gesamt-Wertung
9.0

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GAMEPLAY
7.9

 
GRAFIK
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SINGLEPLAYER
10

 
MULTIPLAYER
0.1

 
SOUND
9.0

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Zusammenfassung
 

Pillars of Eternity II: Deadfire ist ein Rollenspiel, das seinesgleichen sucht. Kein modernes Rollenspiel liefert bis dato eine derart konsequent umgesetzte Spielwelt. Dieses Spiel hat einfach alles: Tiefgehende Charakterentwicklung, knifflige Kämpfe und exzellent geschriebene Dialoge, die eine Welt zum Leben erwecken, in der eure Handlungen noch wirkliche Konsequenzen haben und der ihr euch über Stunden komplett verlieren könnt.

 

Lesezeit: 4 MinutenWer die gute oder schlechte Angewohnheit hat, in guten oder schlechten Rollenspielen vollkommen zu versumpfen, der sollte sich im Anschluss an dieses Review direkt einen goldenen Torfspaten +4 kaufen. Pillars of Eternity II: Deadfire, im Folgenden PoE II genannt, versprach uns Einiges. Nach dem grandiosen Erfolg des Vorgängers, musste sich PoE II in wirklich enorm große Fußstapfen wagen, denn ein neues Zeitalter isometrischer Rollenspielabenteuer zeichnete sich immer deutlicher am digitalen Horizont ab.

Pillars of Eternity II: Deadfire Campaign Launch Trailer

Gott war tot

“Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken: Wohin ist Gott?” rief er “Ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder!” Ja, na dann ist ja alles prima, Herr Nietzsche! Nur warum ist dann inmitten meines Landsitzes plötzlich eine 50m hohe Statue, die belebt wurde vom wiederkehrenden Geist des Gottes Eothas, der quer durch mein Haus gestampft ist? Achja, und die Hälfte meiner Seele hat er mir auch noch geraubt! All’ das geschieht auch direkt in den ersten 30 Minuten von PoE II. Die Ruhe, die sich euer Charakter nach den Erlebnissen des ersten Teils gönnen wollte, ist jedenfalls dahin. Eines Teils eurer Seele beraubt, macht ihr euch also auf, um einem tot geglaubten Gott nachzujagen. Eine Reise, die euch in die entferntesten Winkel der Welt führen wird. Eine Reise, die euch nicht nur dutzende Stunden Spielspaß bringen wird, sondern auch gleichzeitig ein Lehrstück darüber ist, welch’ tragende Funktionen Kohärenz und Konsequenz für ein gutes Rollenspiel haben. All’ ihr gehypten Rollenspiele mit euren Auswahlrädern und maximal vier Antwortmöglichkeiten, von denen alle letztlich irrelevant sind – ihr lest jetzt besser mit.

Kapitän zur See!

Unsere Spur führt uns schnell ins Deadfire-Archipel, eine Gruppe von Inseln in den weit entfernten, östlichen Gefilden der Welt. Zu Fuß oder per Kutsche werden wir nicht weit kommen, daher ist unser bevorzugtes Transportmittel ein Schiff. Schiffe sind in PoE II die neue Burg, denn ein Großteil eures Einkommens kann und wird vermutlich für den Ausbau, die Reparatur oder aber die Anschaffung von Schiffsupgrades draufgehen. Kanonen, Besatzungen, neue Segel und zig andere Verbesserungsmöglichkeiten sind Teil eines Gesamtpakets, dessen Feinschliff bis in die kleinsten Details zu gehen scheint. Wir fahren in PoE II die großen Pötte!. Jenseits eures Schiffes erwarten euch bei euren Landgängen zahlreiche neue Gebiete, deren Farbpaletten und Abwechslungsreichtum eine deutliche Verbesserung zu Teil eins darstellen. Der Osten ist bunt und wunderlich und zwischen bedrohlichen Kraken und dampfenden Badehäusern wirkt die Welt von PoE II so gänzlich exotisch und fremd im Vergleich zu den eher mondänen Spielwelten des Vorgängers.

Alles ist wichtig, alles ist relevant

Abseits von Äußerlichkeiten, zeigt PoE II noch einmal ganz deutlich, warum die Schreiber von Obsidian zu den besten ihres Fachs gehören. Seit Baldurs Gate und Neverwinter Nights habe ich kaum eine derart lebendige und von ansprechenden Narrativen getragene Rollenspielwelt mehr beschritten. Ein Textniveau, dessen sprachliche, wie auch inhaltliche Güte jenseits aller Maßstäbe liegt, wird fast schon zum Alleinstellungsmerkmal dieses bemerkenswerten und fesselnden Nachfolgers. Einfach alles hat Relevanz. Jede eurer Entscheidungen hat Auswirkungen – Gute wie Schlechte. Ein Prediger, dem wir zu Beginn des Spiels den Wagen reparierten, zeigte sich unzählige Stunden später erkenntlich, als er unseren Charakter andernorts wiedererkannte und sich für unsere Hilfe revanchierte. Unsere Taten werden von der Welt wahrgenommen und hinterlassen Spuren. Handlungen und Motive der im Spiel vorhandenen Fraktionen sind nicht überzeichnet und stellen uns nicht vor fingierte moralische Entscheidungen, sondern wirken authentisch und bewegen sich allesamt in Grauzonen und Bezugsrahmen, die uns als Spieler mit Fragen konfrontieren, die uns auch jenseits des Bildschirms beschäftigen. Wie gehen wir beispielsweise mit einer Fraktion um, die den eher traditionsgebunden Kulturen des Archipels Fortschritt und Wohlstand bringen möchte, dabei aber nur selten Samthandschuhe anzieht? Das in Teilen des Archipels bestehende Kastensystem ist nämlich alles andere als ein Segen für jedermann und wäre es daher vielleicht nicht doch richtig, wenn man hier Veränderung erzwingen möchte? Monokausalitäten und Eindimensionalität haben in PoE II keinen Platz und so webt ihr euch in eurem Abenteuer durch ein dichtes Geflecht von Abhängigkeiten, Abwägungen und Überraschungen, die dieses Spiel meisterhaft zu verschränken weiß.

Knusprig schwer, wenn ihr es mögt

Ähnlich raffiniert ist auch das Kampfsystem in PoE II. Seinem Vorgänger gleich, ist es immer noch dieselbe Mischung aus Echtzeitgefechten und rundenbasiertem Kampf. Hier könnt ihr das mitunter hektische Treiben bequem per Tastendruck stoppen und euren Charakteren dann entsprechende Anweisungen geben. Eine Pause, die ihr euch insbesondere auf höheren Schwierigkeitsgraden ruhig hin und wieder gönnen solltet. Wenn ihr allerdings richtig irre seid, dann spielt doch einfach mal die “Trial of Iron”. Hier habt ihr genau einen Speicherstand und wenn eure Party stirbt, dann wird dieser Speicherstand gelöscht und das war es dann mit eurem Abenteuer. Gar kein Problem, oder? Wem das allerdings zu stressig ist, der kann auch einfach im Story-Modus spielen und muss sich in Kampfsituationen kaum einen Gedanken um umherfliegende Blitze und Feuerbälle machen. Was mir in anderen Spielen vermutlich missfallen würde, funktioniert in PoE II allerdings ganz gut, da die Spielwelt einfach derart lebendig ist, dass es die Kämpfe nicht einmal braucht, um wirkliche Spannung reinzubringen. Ich kann kaum glauben, dass ich das tatsächlich geschrieben habe. Abgesehen davon liefert PoE II so allerhand von kleineren Features, die deutlich machen, dass sich die Entwickler wirklich mit den Schwachstellen des ersten Teils befasst haben und diese auszubessern suchten. Ob es nun kleine Marker sind, die anzeigen, wer welches Ziel angreift, die Aufwertung nicht-magiebegabter Klassen oder die Aufwertung der KI – die Liste ist lang.

Pillars of Eternity II: Deadfire ist die neue Messlatte für Rollenspiele

Was soll ich groß rumreden? Pillars of Eternity II: Deadfire ist die neue Messlatte für nachfolgende Rollenspiele. Kein mir bekanntes Rollenspiel liefert aktuell eine derart kohärent und immersiv geschriebene Story, die bisweilen allein durch die schiere Anzahl von Nebenquests und deren Verwebungen in den Schatten gestellt wird. Euer Charakter, eure Gefährten, eure Talente und Attribute – alles kann Einfluss auf Gesprächs- und Handlungsverläufe nehmen und die Geschichte in Bahnen lenken, die so für andere Charaktere nicht erreichbar wären. Ein mit einer Silberzunge gesegneter Charakter wird einen anderen Weg beschreiten, als ein bulliger Kriegsveteran und ein Survivalexperte wird sich mit Kreaturen unterhalten können, die andere Charaktere unter Umständen nicht einmal zu Gesicht bekommen. In diesem Sinne eröffnet PoE II Räume, die allerhand Motivation für einen erneuten Spieldurchlauf geben und all’ das ohne den von mir doch vermissten Multiplayer-Modus liefern zu müssen. Der Wiederspielwert ist hoch und mit Hinblick auf die qualitativ hochwertige Vertonung und die wirklich exzellent geschriebenen Dialoge, die sich nahtlos in ein poliertes technisches Grundgerüst fügen, erreicht PoE II Pfade, bei denen viele andere, von Textauswahlrädern getragene Rollenspielvehikel, schon längst Achsbruch erlitten hätten.

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