The Legend of Zelda, kunstvollen Spielen, japanischer Kultur
+ interessante Pinselmechanik....
+ Grafikstil, der an japanische Ukiyo-e / Sumi-e erinnert
+ wunderschöne Musik
+ strotzt nur so vor japanischer Mythologie
+ interessante Geschichte mit wechselnden Stimmungen (mal fröhlich, mal düster)
+ einzigartige Monster und Bosse
+ viele Nebenaufgaben (Sammelbares, Nebenmissionen uvm.)
- ... die manchmal etwas ungenau ist
- zickige Kamera
- keine richtige Sprachausgabe
- nur 30 FPS
Mit Ōkami HD erscheint eine HD-Version des PS2-Klassikers aus dem Jahre 2007. Es handelt sich dabei um das Spiel, das bereits damals mehrere Preise für seinen einzigartigen Tusche-Look, der an japanische Kunstwerke erinnert, gewann. Dieser Look sorgt auch noch heute für einige atemberaubende Stunden mit diesem Spiel. Als Amaterasu, einer Göttin in Wolfsgestalt müsst ihr mithilfe eines magischen Pinsels Japan von den bösen Mächten befreien. Dazu reist ihr durch eine offene Welt, die teilweise an die Zelda-Serie erinnert und besiegt Monster und Bosse. Nebenbei nutzt ihr euren magischen Pinsel, um das Leben der Bewohner zu verbessern. Repariert ihre Häuser, pflegt die Natur oder helft ihnen aus anderen misslichen Lagen. In Ōkami HD gibt es immer etwas zu tun. Leider fallen die Altersschwächen besonders in den Kämpfen auf, wenn die Kamera rumzickt oder die Pinselstriche ungenau sind. Auch gibt es keine Sprachausgabe und trotz 4K-Support nur maximal 30 FPS. Wer aber Lust auf ein Spiel hat, das nur so vor japanischer Mythologie, atemberaubender Musik und wunderschönen Zeichnungen strotzt, der sollte die 25 Euro für dieses Spiel investieren.
Lesezeit: 4 MinutenAm 09. Februar 2007, einen Tag nach meinem 14. Geburtstag erschien ein Spiel, das ich bis heute nie gespielt habe, aber immer wollte. Die Rede ist von Ōkami, einem Spiel, das nicht nur extrem kunstvoll ist, sondern auch nur so vor japanischen Themen strotzt. Erschienen in einer Zeit, als Spiele wie Call of Duty: Modern Warfare, die Orange Box oder Assassin’s Creed auf den Markt kamen und ein junger André langsam seiner PlayStation 2 den Rücken zukehrte. Trotzdem begegnete ich dem Spiel einige Male und wollte es auch definitiv ausprobieren. Doch es sollte weitere zehn Jahre dauern, bis es so weit ist. Nun habe ich Ōkami HD für die PlayStation 4 gespielt und kann endlich mein lange überfälliges Urteil zu diesem Spiel abliefern.
In Ōkami HD (nachfolgend nur noch Ōkami genannt), schlüpft ihr in die Rolle von Amaterasu, der Göttermutter, die in Gestalt eines weißen Wolfes auftritt. 100 Jahre vor den Geschehnissen des Spieles kämpfte sie Seite an Seite mit einem legendären Schwertkämpfer gegen eine riesige, achtköpfige Schlange namens Orochi und versiegelte das Monster in einem Mondschrein. Es folgte eine lange Periode des Friedens, bis eines Tages das Siegel auf mysteriöse Weise gebrochen wurde und die Welt erneut in der Dunkelheit versank. Mit der letzten Kraft einer Naturgöttin wird Amaterasu aus ihrem schlafenden Zustand geweckt, um erneut das Böse zu bannen. Doch die lange Zeit hat die Göttin geschwächt und ihre einstigen Kräfte sind nun in ganz Japan verstreut. Zusammen mit dem wandernden Künstler Issun müsst ihr euch nun auf die Suche nach diesen Kräften begeben, die sich in Form von Pinselgöttern im Verborgenen aufhalten.
Die Macht der Kunst
Warum gerade Pinselgötter? Das hat viel mit der besonderen Mechanik von Ōkami zu tun. Anstelle der “typischen 2000er-Kämpfe”, wie sie aus Sly Cooper, Jak & Dexter oder ähnlichen Spielen dieser Zeit bekannt sind, wartet Ōkami mit einem Twist auf. Jederzeit im Spiel könnt ihr mit einem Tastendruck die Zeit anhalten, um euch für Kunst die Zeit zu nehmen. Aber anstelle sie zu bewundern, erschafft ihr sie selbst. Mithilfe eines Götterpinsels beeinflusst ihr die Realität an sich. So könnt ihr mit einer einfachen Horizontalbewegung eures Analogsticks einen Strich malen, der einem mächtigen Schnitt entspricht, mit einem einfachen Tupfer Bäume gedeihen lassen oder mit einem Wirbel mächtige Winde erzeugen. Je nach Situation können diese Fähigkeiten unterschiedliche Nutzen für euch haben.
So könnt ihr die Bäume im Kampf als Schutzschilde nutzen oder mithilfe von Windstößen Gegner zu Fall bringen. Auch könnt ihr eine Bombe erzeugen, die allen Gegnern mächtigen Schaden zufügt. Je nach Gegnerart müsst ihr sogar auf diese Pinselangriffe zurückgreifen, wenn ihr eine gute Bewertung wollt. Schließlich wird jeder Kampf in einer eigenen kleinen Arena abgehalten und abschließend bewertet. Wenn ihr zu langsam seid oder zu viel Schaden nehmt, sinkt eure Bewertung und einhergehend auch eure Belohnung. Doch Geld ist in der Welt von Ōkami nicht das Wichtigste.
Göttliche Intervention
Zu Beginn des Spieles, wenn ihr erstmals unter den Menschen wandelt, fällt Issun schnell auf, dass euch niemand als Gottheit wahrnimmt. Stattdessen sehen sie einen einfachen, weißen Wolf. Das liegt daran, dass mit dem Verschwinden von Amaterasu und den anderen Göttern eine Zeit angebrochen ist, in der übernatürliche Ereignisse zu Legenden und Sagen wurden. Es liegt nun an euch diese Wahrnehmung zu ändern und die Menschen glücklich zu machen. Dazu müsst ihr mit den verschiedenen Bewohnern der Welt reden und von ihren Problemen erfahren. Mithilfe eurer Götterkräfte liegt es dann an euch, ihnen zu helfen. Mal müsst ihr dazu zerstörte Objekte reparieren oder verschwundene Personen/Dinge ausfindig machen, Botengänge erledigen oder einfach die Natur verschönern. Für jede erledigte Aufgabe erhaltet ihr “Praise”, das für die Zufriedenheit der Bewohner steht und gleichzeitig als “Währung” für Verbesserungen von beispielsweise eurer Lebensenergie oder Tintenmenge eingesetzt werden kann.
Wie aus einer anderen Zeit
Tinte ist auch ein gutes Stichwort, denn die gesamte Welt von Ōkami sieht aus, als würden wir eine japanische Papierrolle betrachten. Das hängt damit zusammen, dass die Entwickler von Clover Games damals die Entscheidung trafen, ein Spiel im Sumi-e-Look (japanisch 墨絵 “Tuschebild”) zu kreieren. Dank des Cel-Shading-Looks entsteht so ein einmalig kunstvolles Spiel, das einen allein durch sein Erscheinungsbild noch tiefer in die Mythologie hineinzieht. Diese ist nämlich in jedem Aspekt des Spieles vertreten. Angefangen bei Amaterasu, der wichtigsten Göttin des japanischen Shintoismus, bis hin zu den Pinselgöttern, die den Tierkreiszeichen nachempfunden sind. Aber auch die Gegner sind allesamt mythologischen Monstern nachempfunden. Ein besonderes Schmankerl sind da vor allem die klassischen Ukiyo-e-Darstellungen (japanisch 浮世絵, etwa “Bilder der fließenden Welt”) der Monster und Götter, die ihr im Monsterlexikon oder im Hintergrund des Pausemenüs wiederfindet. Wer ein wenig Ahnung von der japanischen Mythologie hat, wird deshalb vollends auf seine Kosten kommen. Aber auch ohne entsprechende Hintergrundkenntnisse bietet das Spiel viel zu Sehen und zu Entdecken. Grund dafür ist unter anderem Hideki Kamiya (Bayonetta), der seines Zeichens großer Zelda-Fans ist und Ōkami entsprechend konzipierte.
Dadurch erwarten euch tiefe Wälder, offene Ebenen, große Städte, verwinkelte Bergdörfer, riesige Schreine und auch das Meer auf euren Reisen. Jeder dieser Orte birgt seine eigenen Besonderheiten und nicht selten trefft ihr auf Dungeons, die mit Rätseln gespickt sind. Dazu kommen kleinere Nebenmissionen, die euch ebenfalls “Praise” einbringen. Untermalt werden diese Kulissen von Musikstücken, die an klassische, japanische Theaterstücke erinnern. Flötenklänge, Trommeln, Lauten und andere, alte Instrumente sorgen für Kompositionen, die zum Verweilen einladen.
Kleine Alterserscheinungen
Wie bei jedem Review zu einem HD-Remake oder einer Portierung sollte ich kurz auf die technischen Aspekte des Spieles eingehen. Da ich keinen direkten Vergleich zur ursprünglichen Version hab, kann ich auch nur meine Beobachtungen zu Ōkami HD darlegen. So fällt das Alter des Spieles an diversen Ecken und Kanten auf. Allen voran die extrem zickige Kamera, die oft ein Problem in der PS2-Ära war. Aber auch abseits davon gibt es kleine Alterserscheinungen, wie sehr leere Regionen, eine fehlende Sprachausgabe oder teilweise schwammige Grafiken. Letztere fallen dank des Grafikstils aber nicht weiter auf, wenn nicht penibel drauf geachtet wird. Die Ladezeiten sind kurz und das Spiel läuft zu jedem Zeitpunkt flüssig, auch wenn niemand mehr als 30 Frames pro Sekunde erwarten sollte.
Zehn Jahre später…
Nach rund 36 Stunden Spielzeit flimmern die Credits über den Bildschirm und ich blicke zurück auf eine ganz besondere Spielerfahrung, die ich gerne schon zehn Jahre früher gemacht hätte. Ōkami HD ist ein tolles und extrem schönes Spiel, das jeder Fan von japanischer Kultur ansprechen wird. Allein der Look des Spieles ist etwas Einmaliges – wenn wir von der Fortsetzung absehen – und hat zurecht diverse Awards dafür bekommen. Die zickige Kamera macht manche Etappen zwar etwas mühselig und die Ähnlichkeit zur Zelda-Reihe ist nicht zu übersehen, aber das macht das Spiel keineswegs schlechter. Zumindest für mich nicht. Ich bin froh diesen Titel endlich nachgeholt haben zu können und bin der Meinung, dass er auch 2017 noch eine gute Figur macht. Wer Spaß an Spielen wie The Legend of Zelda hat und japanische Kultur mag, sollte sich dieses HD-Remake nicht entgehen lassen. Was jetzt nur fehlt, wäre eine Fortsetzung. Doch darauf werden wir wohl lange warten können.