Lesezeit: 5 MinutenBeat ’em Up-Fans können sich in letzter Zeit nicht beschweren: Street Fighter IV, Tekken 6 oder auch das etwas betagte Soul Calibur IV versorgen handgreifliche Gamer mit schmackhafter Kost. Doch es ist noch lange nicht Schluss in dieser Nahrungskette, denn Capcom hat sich dazu entschlossen, der beliebten Marvel vs. Capcom-Reihe einen zeitgemäßen dritten Teil zu verpassen, der den epischen Titel “Fate of Two Worlds trägt” und sowohl Grünschnäbeln als auch Veteranen bei der Stange halten soll.
Zwei Welten kollidieren
Dr. Doom (Fantastic Four) sollte es eigentlich besser wissen: Sein Plan sich mit Albert Wesker (Resident Evil) zu verbünden, um nicht nur seine Welt der Marvel-Recken zu knechten, sondern auch dem ehemaligen Umbrella-Wissenschaftler zu großer Macht zu verhelfen, geht fürchterlich nach hinten Los. Eine noch größere und dunklere Macht erscheint am Horizont und droht beide Welten zu vernichten. Aber wer Doom auch schon im Namen trägt…
Ja, tatsächlich besitzt Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds eine Geschichte. Wenn auch eine, die auf einem kleinen gelben Post-it massig Platz findet. Wie sagt man beim Fußball so schön: Was zählt ist auf dem Platz! Und auf eben jenem befinden sich jeweils 16 Marvel- sowie 16 Capcom-Charaktere. Eine bunte Truppe, die nicht nur alte Hasen wie Ryu, Chun-Li, Iron Man oder Wolverine, sondern auch unverbrauchte Helden und Schurken wie Deadpool, Viewtiful Joe, Dante oder M.O.D.O.K. besteht. Es macht Spaß, sich die unterschiedlichen Individuen anzuschauen und auszutesten.
Leicht zu lernen – Simple Mode
Generell stehen sich immer Teams aus drei Kämpfern gegenüber. Entgegen traditioneller Prügeltiteln wird auch nicht in Runden gefightet. Last Man Standing lautet die Devise. Per Knopfdruck können die Teamkameraden zur Tat schreiten, indem sie entweder eine einzelne Attacke ausführen, um den Gegner zu überraschen, Kombos weiterführen, oder gar komplett das Comicheft in die Hand nehmen.
Auch wenn sich jeder Charakter deutlich anders anfühlt, sind die Angriffe doch relativ simpel gehalten. Wer Ryus Hadouken beherrscht, kommt in MVC3:FTW schon sehr weit, sind die Tastenkombinationen doch eher einfach zu erlernen und verschüchtern nicht wie zum Beispiel bei Tekken, Dead or Alive oder Virtua Fighter.
Der Simple Mode vereinfacht die Steuerung darüber hinaus noch weiter. So sind die ganzen, visuell spektakulären Spezialattacken leichter auszulösen, was für frühe Erfolge und ein stückweit Befriedigung sorgt. Der Eingang in die tiefe taktische Welt der körperlichen Auseinandersetzungen bleibt aber verwehrt.
Hart zu meistern – Crossover Counters und Hyper Combo Finishers
Timing ist alles. Das wird schnell klar, wenn man sich ambitioniertere Ziele gesteckt hat, als die Oma oder den Hund mit Buttonmasherei an die Wand zu prügeln. Virtuell versteht sich. Die richtige Attacke zur richtigen Zeit entscheidet über Sieg oder Niederlage.
Wenn auch die drei Angriffsknöpfe (leicht, mittel, stark) im Gegensatz zur Konkurrenz eher spartanisch anmuten, haben sich die Köpfe von Capcom ein paar Sachen einfallen lassen, um dem ganzen Geschehen eine herausforderische Note zu verpassen.
Während man mit dem Crossover Counters seinen Gegner überrascht, in dem man beim Block zum richtigen Zeitpunkt den Teamkollegen ins Spiel bringt, kann man mit clever eingesetzten Hyper Combos sogar eine Kombokette von 600 Treffern an den Tag legen. Kein Witz.
X-Faktor ist nicht nur der Titel einer bekannten Castingsendung, sondern auch ein Feature im Spiel, dass gerade in brenzligen Situationen im wahrsten Sinne des Wortes Leben rettet: Durch die richtige Tastenkombination aktiviert, schimmert der Kämpfer leicht rot und regeneriert ein wenig Lebenssaft, während er schneller und härter austeilt. Natürlich nur für ein paar Sekunden.
Nur das Nötigste
So vielfältig die Kampferfahrung ist, so abwechslungsarm sind die Spielmodi. Unterteilt in online und offline, wird man mit einem Arcade-, Versus-, Training- und einem relativ monotonen Missions-Modus eher Notdürftig bedient. In letzteres muss man mit dem Kämpfer zehn Aufgaben erfüllen, die sich darauf beschränken, immer schwerer werdende Kombos zu meistern.
Online wird zwar weitestgehend lagfrei gekloppt, aber auch hier hat man nur die Wahl zwischen Ranked-Matches oder scharmützeln in Lobbys. Turniere fehlen genauso wie die Möglichkeit, anderen Leuten als Zuschauer über die Schulter zu schauen. Das ist schade, denn Capcom hat mit Super Street Fighter IV gezeigt, was online alles möglich ist.
Wenigstens wird man mit einem Haufen an Krimskrams belohnt. Wie bei Street Fighter kann man seine eigene ID-Karte mit lustigen Sprüchen, Bildern versehen, um sich Online nach seinen Wünschen zu präsentieren. Für jeden Charakter gibt es Epiloge, Konzept-Grafiken, Videos, 3D-Modelle und Musikstücke freischalten. Nett aber nicht wirklich weltbewegend.
Ein virtuelles Comicheft
Die Präsentation ist eine Wucht! Aufgemacht wie ein Comic herrscht Anarchie auf dem Bildschirm, dass gerade am Anfang beim Spieler für Verwirrung sorgen kann. Überall bunte grafische Effekte, das hohe Spieltempo: Daran muss man sich erstmal gewöhnen.
Doch schon sehr bald lässt sich das visuelle Chaos auf dem Bildschirm bewältigen und man kann sich an der ganzen Pracht ergötzen. Die detailverliebten Schauplätze sehen super aus und würden zum Entdecken einladen, wenn man denn die Zeit dazu hätte. Kracht es auf dem Bildschirm, geht sogar die Umgebung kaputt, jedenfalls zerfetzen die virtuellen Seiten aus dem Comicheft. Sensationell!
Und erst die Kämpfer! Detaillreiche 2D-Sprites sind ja schön und gut, aber diese 3D-Modelle sind ein Augenschmaus. Schaut euch Deadpools Gang an, der ist zum schreien komisch. Jeder Protagonist verfügt über eigene Bewegungen und Gestiken, die mit viel Liebe zum Detail und einem fetten schwarzen Filzstift-Rand versehen wurden.
Akustisch zeigt sich MVC3:FTW genauso liebevoll. Jeder Charakter kann entweder auf englisch oder japanisch verbal seinen Senf im Kampf beitragen und der Soundtrack unterstützt die Auseinandersetzungen mit treibenden Musikstücken. Besonders cool: Jeder Kämpfer, der neu eingewechselt wird, bringt auch seinen Themesong in einer aufgepeppten Version mit. Und was wäre ein Capcom Beat ’em Up ohne diesen coolen Kommentator, der hysterisch aber unterhaltsam das Spielgeschehen kommentiert.
Fazit:
Knall! Pow! Peng! Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds zelebriert ein feinstes Prügelfest das nicht nur visuell, sondern auch spielerisch eine Menge Spaß bereitet. Die unterschiedlichen und abwechslungsreichen Charaktere laden zum experimentieren ein und sehen fantastisch aus. Selten wurde ein Beat ’em Up schöner dargestellt. Leider geht diese Liebe bei der Wahl der Modi verloren. Solospieler kommen nicht sonderlich auf ihre Kosten: Der Arcade-Modus braucht zum absolvieren knapp ne halbe Stunde, bis eine wenig zufrieden stellende Endsequenz über dem Bildschirm flimmert.
Um den maximalen Spielspaß aus dem Titel zu kitzeln, muss man also zügig in die Onlinewelt eintauchen, die aber nur das nötigste bietet. Regelmäßige Turniere oder andere Spielmodi hätten Wunder gewirkt. So bleibt unter dem Strich ein phänomenal spielbarer Prügler, mit toller Grafik und taktischem Gameplay, dass aber ein wenig an Abwechslung krankt.
Interessiert an Marvel vs. Capcom 3: Fate of Two Worlds?
Dann bestellt jetzt gleich auf Amazon.de!