Lesezeit: 5 MinutenIch habe noch nie einen LittleBigPlanet-Teil gespielt. Obwohl ich das Spielkonzept schon immer faszinierend fand, wollte ich es auf der PS3 einfach nicht haben. Im Grunde ist LittleBigPlanet ja ein endloser Fundus an Spielspaß – aber für das schnelle Spiel zwischendurch jedesmal Fernseher, Soundanlage und PS3 anschmeißen? Auf einem Handheld sieht die Geschichte natürlich wieder ganz anders aus. Es gab zwar einen Ableger für die PSP – aber mal ehrlich: LittleBigPlanet in etwas schlechterer PS2-Optik? Nein, danke! Daher bin ich sehr glücklich darüber, dass es der kleingroße Planet jetzt auf die PS Vita geschafft hat. Ob das Spiel mich in der portablen Version wirklich so glücklich macht, wie ich es vermutet habe?
Der Puppenspieler von Carnivalia
Schon in Pinocchio haben wir gelernt: Traue auch dem schönsten Jahrmarkt nicht über den Weg. So galt der Vergnügungsplanet Carnivalia bis vor Kurzem noch als Ort der Glückseligkeit. Doch damit ist erstmal Schluss, denn der “Puppenspieler” entzieht den Bewohnern jegliche Freude und macht sie zu seinen finsteren Marionetten. Ganz schön creepy, was? Zugegeben erinnern viele Levels an so manche finstere Fantasie eines Tim Burton und manche Musikstücke könnten auch glatt von dessen Stammkomponist Danny Elfman komponiert worden sein. Obwohl die Story nicht besonders originell ist, erfüllt sie ihren Zweck und wird zudem von professionellen Sprechern (unter anderem die Synchronstimme von Robert De Niro) perfekt untermalt.
Das gibt’s nur auf der Vita…
LittleBigPlanet PS Vita ist in erster Linie immer noch ein Jump’n’Run, welches viel Wert auf Physikspielereien legt und daher des Öfteren auch recht schwammig zu steuern ist. Durch die beiden Touchflächen und Bewegungssensoren der PS Vita dürft ihr aber darüber hinaus öfters mal auf eurem Display rumfummeln. Ich habe noch nie so oft Fingerabdrücke wegwischen müssen wie bei diesem Spiel, daher kann ich guten Gewissens sagen: LittleBigPlanet PS Vita nutzt so ziemlich jedes Hardware-Feature des Handhelds aus. Aber das ist auch gut so, dafür sind sie ja da. Trotzdem sieht Spielfluss aus meiner Sicht anders aus, wenn ich z.B. mitten im Levelgetöse irgendwelche Blöcke mittels Touchscreen verschieben oder rotieren lassen muss. Vielleicht sind meine Finger zu dick, aber die Abfrage klappt hier leider nicht immer so gut und wirkt oft ebenso schwammig wie die Grundsteuerung. Trotzdem macht das kindlich-chaotische umhergespringe einfach Laune und die Toucheingaben ermöglichen zudem völlig neue Spielkonzepte.
Wer braucht schon Smartphones?
Neben der (leider recht überschaubaren) Kampagne gehören die etlichen, freischaltbaren Minispiele zu meinen persönlichen Highlights in LittleBigPlanet PS Vita. Hier werden die Touchscreens komplett ausgereizt, so dass man sich schnell an diverse Spiele-Apps aus der Smartphone-Kiste erinnert fühlt. Hier wird wirklich jedem was geboten: Eine Jenga-Variante mit Tetrisbausteinen, Schaltkreis-Puzzler, ein Bust-A-Move-Verschnitt, Rennspiel, Shooter, und so weiter und so fort. Für viele der Spiele müsst ihr die Vita in die Vertikale drehen – sogar an lokale Multiplayer-Spiele für Zwischendurch wurde gedacht. Jedes der Minispiele hat ein eigenes Rangsystem und wird euch im Gegensatz zur Hauptkampagne ganz schön fordern, wenn ihr überall die maximal möglichen drei Sterne abräumen wollt. Hier gelingt LittleBigPlanet PS Vita genau das, was ich auf der PS Vita bislang so schmerzlich vermisst habe: Der Zwischendurch-Charakter. Schnell mal aus dem Standby-Modus raus und ein, zwei Versuche im aktuell anstehenden Minispiel, fertig.
LittleLagPlanet
Es könnte alles so schön sein. Doch sobald ich in LittleBigPlanet PS Vita online gehe, muss ich mich vor allem auf eines einstellen: Warten. Warten. Warten. “Verbindung mit Spielern gescheitert”. Warten. Warten. Zurück im Hauptscreen. Level auswählen. Warten. Warten. “Verbindung mit Spielern gescheitert”. Warten. Warten. Wieder zurück im Hauptscreen. Anderes Level auswählen. Warten. “Fragt Spieler XY an”. Warten. “Spieler XY hat Anfrage abgelehnt”. Warten. Warten. “Fragt Spieler YZ an”. Warten. “Öffnet Verbindung”. Warten. ENDLICH gehts nach gefühlt 10 Minuten weniger Akkulaufzeit los. Denkt man. Doch dann merkt man ganz schnell, dass das Spiel furchtbar laggt. Eingabeverzögerungen von einer Sekunde und mehr sind keine Seltenheit. Knifflige Passagen sind praktisch unspielbar. Tatsächlich war es im Laufe meiner Kampagnen-Spielzeit nur vier- oder fünfmal möglich, lagfrei mit anderen Mitspielern zu zocken. Und dann macht LittleBigPlanet richtig, richtig viel Spaß. Leider passiert das viel zu selten. Da ich mit asiatischen Spielern eher das Problem hatte, wie mit europäischen, wäre eine optionale regionale Netz-Einschränkung vielleicht keine schlechte Idee gewesen. Hier muss noch kräftig nachgepatcht werden, denn ein solch onlinestarkes Spielerlebnis muss eigentlich ohne Einschränkungen funktionieren. Ich war leider immer nur maximal zu dritt unterwegs, aber schon hier wirkt alles deutlich instabiler als nur zu zweit. Man sitzt nicht selten ahnungslos an seiner Vita mit eingefrorenem Bild und muss verzweifelt mit ansehen, wie seine Figur nach der Sekundenstarre plötzlich wild umherzuckt und schlimmstensfalls in die nächste Falle rennt. Aber, ich betone es nochmal: Wenn es funktioniert und es bei niemandem laggt, zieht man unendlich viel Spaß aus so ziemlich jedem Level im Spiel! Dank Texteingabe kann man auch vernünftig miteinander kommunizieren und den Endkampf konnte ich sogar zusammen mit einem deutschsprachigen Mitspieler bestreiten.
Die Community – unendliche Weiten…
Wenn ein Spiel mit DEM Level-Editor schlechthin protzen darf, dann ist es wohl LittleBigPlanet. Ich rühre den mächtigen Editor mit keinem müden Finger an. Vergesst es. Denn angesichts der vielfältigen Möglichkeiten wird man als Anfänger schlichtweg erschlagen. Aber zum Glück reden wir hier nur von mir. Ihr dürft euch gerne am Levelbasteln austoben. Ihr sollt es sogar, ich will nämlich mehr spielen – muahaha… Aber Spaß beiseite, was die LittleBigPlanet-Community in der kurzen Zeit seit Erscheinen des Spiels schon auf die Beine gestellt hat, ist wirklich beachtlich. Besonders beeindruckend fand ich eine klassische Nachbildung von Frogger. Ich erwartete ein komisches LittleBigPlanet-optisches Gewulst aus Baumstämmen und Schildkröten. Tatsache war aber: Der Level sah echt aus wie Frogger mit der klassischen Optik und macht noch genauso Spaß wie früher. Falls ihr, wie ich, keine 3G-Variante der Vita besitzt, könnt ihr die Custom-Level auch runterladen und ohne Online-Anbindung zocken. Glaubt mir, es gibt wirklich für jeden Geschmack etwas. Ob Jump’n’Run-Level, ganz eigener Multiplayer-Spaß oder einfaches Filmchen – der Kreativität sind wie gewohnt keine Grenzen gesetzt. Im Gegenteil – dank der Einbindung von Touchscreen, eigenen Fotos oder dem Bewegungssensor werden wir wohl noch eine ganze Reihe völlig neuartiger Spielideen von kleinen Hobbyeditoren präsentiert bekommen. Schon alleine deshalb ist LittleBigPlanet PS Vita eigentlich DAS definitive Must-Have-Spiel für eure PS Vita, denn ihr bekommt ständig was Neues geboten.
Technik, die begeistert
Ihr müsst auf der PS Vita keine Kompromisse machen: Grafisch sieht LittleBigPlanet PS Vita mit leichten Abstrichen in Sachen Auflösung und Schärfe ebenso detailliert aus wie die PS3-Ableger. Um es kurz zu machen: Neben Uncharted: Golden Abyss ist LittleBigPlanet PS Vita das grafisch schönste Spiel auf Sonys jüngstem Handheld. Auch wenn ich das Design des Sackboy immer noch grottenhässlich finde. Ansonsten begeistert auch die PS Vita-Version mit visuell als auch spielerisch abwechslungsreich gestalteten Leveln im Bastel-Look. Der Soundtrack ist ebenso variantenreich und experimentell wie das ganze Spiel an sich, ohne an Qualität einzubüßen. Besonders geil war die Mucke im Endfight: Eine Art Dubstep-Variante des Symphonie-Klassikers “Eine Nacht auf dem Kahlen Berge” – grandios.
Fazit – Perfektion war selten so zum Greifen nah
Wisst ihr, eigentlich würde ich an das Gesamtpaket LittleBigPlanet PS Vita liebend gerne die Höchstwertung vergeben. Allerdings überschattet die Online-Problematik das Erlebnis des Titels dermaßen im negativen Sinne, dass ich sogar kurz davor war, nur eine acht zu geben. Allerdings gehe ich davon aus, dass mit zukünftigen Patches und Firmwareupdates wohl das ein oder andere lockere Schräubchen noch festgedreht wird. Dies ist auch bitter nötig, denn die Ladezeiten sind so schon recht happig. Wenn dann noch die Onlineverbindung ewig aufgebaut wird (oder auch nicht) und dann noch vom Zufall abhängt ob man lagfrei spielen kann, dann gute Nacht. Ansonsten passt nämlich eigentlich alles: Grafik top, Sound top, innovatives Leveldesign, ultraspaßiger Multiplayer (wenn er denn geht), eine kreative (und vor allem schon länger etablierte) Community. Also, liebe PS Vita-Besitzer: Wolltet ihr nicht schon immer jederzeit und überall euren Sackboy aus der Hose ziehen? Sorry, wenigstens ein zweideutiger Spruch musste jetzt noch rein.
Ich habe jetzt deinen Test gelesen und bin doch einigermaßen verwundert über deine Hohe Wertung, wenn man bedenkt, welche Mängel dieses Spiel doch zu haben scheint. Eine schwammige Steuerung ist doch normalerweise das Totschlagargument für ein Jump’n’Run, wo es doch auf eine gute Steuerung ankommt. Und dann auch noch massive Probleme beim Online-Multiplayer.
vom zusehen her kann ich die Wertung schon verstehen, der Spielspaß gleicht die Mängel ziemlich gut aus
Ich weiß nicht, ob bei mir der Spielspaß noch gegeben ist, wenn ich durch eine schlechte Steuerung in Fallen laufe oder Hindernisse nicht überwinden kann und ich merke es liegt nicht an mangelndem Talent sondern an schlechter Steuerung. Ebenso die Lags beim Online-Spielen sind für mich eigentlich ein No-Go.
naja, diese “schwammige steuerung” ist vom ersten Spiel dabei, und da stört es zumindest mich nicht.
Ich finde es gehört zum spiel, wie bei Killzone 2 diese Verzögerung beim zielen zB.
Ich hab den ersten Teil nur angefangen, weil man dann eine Stelle zu zweit machen musste und ich hatte grad keinen zweiten Spieler zur Hand und ich hatte mir das Spiel auch nur ausgeliehen.
Die Frage bleibt ja am Ende, ob das Spiel um mögliche Fehler drumherum programmiert ist und Fehler nicht so störend auffallen. Wenn man weiß, das man auf solche Fehler achten muss, dann kann ich mich drauf einstellen. Haben die Entwickler es nicht besser hingekriegt, weil sie es nicht besser hingekriegt haben, oder weil es die Hard- und Software nicht besser zugelassen hat.
Also, um nochmal die Wertung zu erklären: Ich war kurz davor, “nur” eine acht zu geben – allerdings nicht wegen der Steuerung, sondern wegen der (hoffentlich nur) momentan noch deutlichen Mängel im Online-Support. Wenn diese nicht wären, würde ich sogar eine 10 geben, denn im Grunde genommen ist das Spiel eigentlich schon wg. dem starken Community-Support ein Pflichttitel für Vita-Besitzer. Denn ansonsten ist wie gesagt alles erste Sahne!
Wegen der schwammigen Steuerung – die gehörte eigentlich schon immer zu LittleBigPlanet und kommt durch die Physik-Engine zustande, auf der das ganze verspielte Konzept des Jump’n’Runs auch münzt. Von schlechter Programmierung kann man da eigentlich nicht sprechen, denn wenn man sich auf das recht physikbasierte Steuerungsprinzip einlässt, kann man auch jedes Hindernis mit Übung meistern. Mit einer punktgenauen Steuerung eines Mario kann man es aber keinesfalls vergleichen, darauf muss man sich schon einstellen.
Wie gesagt, wenn das Spiel drauf angepasst ist, ist es ja kein Problem.
Ich habe das Spiel jetzt auch zumindest schon mal angespielt, kann aber an der Steuerung eigentlich nichts weiter aussetzen; ich finds gut. Und echt putzig. Hatte ja vorher noch nie ein Little Big Planet Spiel gespielt, aber das ist echt irgendwie süß und manchmal ganz schön kniffelig. Mir gefällt’s.