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Agony – Du sollst nicht lügen

von am 2. Juli 2018
DETAILS
 
Für Fans von:

Outlast, Alien: Isolation, Amnesia

Pluspunkte

+ spannendes Grundkonzept
+ die Ästhetik der Hölle ist wirklich schaurig

Minuspunkte

- verwaschene Grafik
- einfallslose Rätsel
- hakelige Steuerung und Clipping-Fehler
- schlampige und kurzfristig durchgeführte Zensur
- vom Entwickler versprochene Inhalte wurden nach Release eingestampft
(Abzüge in der Gesamtnote!)

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Zusammenfassung
 

Agony hätte so viel werden können, aber es so ist es nur eine absolute Enttäuschung. Die ersten dreißig Minuten sind ein wahrhaftiger Höllenritt, so schaurig schön und verworren düster ist die Atmosphäre der diabolischen Untiefen, dass technische Mängel fast vergessen scheinen.

Leider wird man aber allzu jäh von selbigen eingeholt und ist bereits nach wenigen Spielminuten derart frustriert, dass man dieses Spiel einfach nur noch verdammen möchte. Und als ob all das noch nicht genug wäre, müssen sich diejenigen, die dieses Spiel auf Kickstarter unterstützten noch mit dem vom Entwickler gebrochenen Versprechen abfinden, dass es für dieses Spiel vermutlich weder Uncut-Patches, noch eine andere Form der Erlösung gibt.

 

Lesezeit: 4 MinutenAgony sollte einer der innovativsten Horror-Titel in 2018 werden. Roh, grausam, dreckig und absolut ungefiltert sollten wir uns als verlorene Seele durch die Untiefen der Hölle kämpfen. Gekämpft habe ich in den letzten Tagen und Wochen, aber nur mit mir selbst. Ich musste feststellen, dass es zwischen dem Agony, was mir angepriesen wurde und dem Agony, was ich letztlich erhielt, solch eklatante Unterschiede gab, dass ich fast schon geneigt bin, von Täuschung zu sprechen. Hier erzähle ich euch warum genau das so ist.

Der Weg nach unten

Und dabei fing alles so gut an. Die ersten Spielminuten von Agony sind wirklich phänomenal, denn der Sturz eurer ins Ableben geratenen Seele ist lediglich der Auftakt eines Abenteuers, dass vielversprechend zu beginnen weiß. Taumelnd fallt ihr in einen Strudel aus Licht, der sich zu uns aller Unbehagen, jedoch immer weiter von uns entfernt. Düsterer und düsterer wird die Kulisse und vorbei an verdrehten Leibern und Dämonen taumeln wir in Egoperspektive immer tiefer in die verdrehte Anderswelt der Hölle. Warum wir hier sind wissen wir nicht, aber wir wissen, dass wir hier nicht länger als irgend nötig sein wollen und so machen wir uns auf den Weg der Unterwelt zu entkommen. Angeleitet von spärlich gesäten Dokumenten und den Inschriften blutverschmierter Steintafeln, zeichnet sich immer deutlicher der Name eines Wesens ab, dass über diesen Teil der Unterwelt zu gebieten scheint. Die Rote Göttin. In ihr liegt unser Untergang und unsere Erlösung. Sie müssen wir finden.

Die Ästhetik des Abgrunds

Vorweg etwas Positives. Wer auch immer für die Grundästhetik in Agony verantwortlich ist, hat einen wirklich ausgezeichneten Job gemacht. Die Hölle ist ein bisweilen wabernder Haufen aus organischem Elend, Blut, Sehnen, Zähnen und deformierten Grausamkeiten, die sich ein gesunder Menschenverstand nur unter größten Mühen ausmalen kann. Ich bin durch Torbögen gelaufen, die eingerahmt von malmenden Zähnen waren, sah deformierte Neugeborene, die als organischer Mörtel zwischen Steinen zertrümmert wurden und fragte mich mit fast jedem meiner Schritte: “Wer hat sich das alles nur ausgedacht?”. Die Hölle in Agony ist ein wirklich grausamer Ort. Ein Ort an dem alles ständig im Wandel ist. Ein Ort, an dem physikalische Gesetze oder Raumdimensionen nichts zu bedeuten haben. Ihr stürzt nach oben, ihr dreht euch in aus Fleisch geformten Spiralen und immer wenn ihr glaubt, dass hinter der nächsten Ecke ein Ausgang sein könnte, wirft euch Agony einen weiteren Stein in den Weg. Nun könnte man in Anbetracht der Umstände ja fast sagen, dass es hier gar nicht so fatal scheint, würde man hier dem Ableben entgegenstreben, nur vergisst man dabei eins – ihr seid ja bereits tot. Sterbt ihr in Agony, wabert eure Seele durch den Raum und kann von euch durch den Äther in einen der unzähligen anderen gepeinigten Leiber gesteuert werden, die euer düsteres Schicksal teilen. So hangelt ihr euch von fleischlicher Hülle zu fleischlicher Hülle und wäre der Großteil der in Agony auftauchenden Probleme nicht irdischer Natur, dann wäre dieses Abenteuer vielleicht sogar längerfristig unterhaltsam.

Agony offenbart technische Abgründe

Der Höllentrip könnte prima sein, würdet ihr nicht an jeder zweiten Ecke hängen bleiben oder irgendwo zwischen zwei Steinen festhängen und nicht wieder rauskommen. Ich erinnere mich beispielsweise an eine Passage, in der ich auf einem gewundenen klebrigen Pfad an der Decke entlang laufen musste, um in das nächste Gebiet zu kommen. Dem Ganzen oblag dabei allerdings eine gewisse Dringlichkeit, da ich zu alledem noch von einem Dämon verfolgt wurde. Irgendwie hab ich es dann aber doch noch auf diesen klebrigen Pfad geschafft, nur um nach der Hälfte des Weges festzustellen, dass ich nicht im richtigen Eintrittswinkel den Pfad betrat und dann an irgendeiner unsichtbaren Ecke fest hing und den ganzen Pfad noch einmal zurückstapfen musste – im Schneckentempo. Erst im dritten Anlauf hatte ich so den schmalen Grad getroffen, der es mir erlaubte meinen Weg fortzusetzen. Das sind Steuerungsalpträume, die man im Jahr 2018 eigentlich so nicht mehr durchleben muss. Bedauerlicherweise handelte es sich hier nicht um einen Einzelfall, denn immer dann, wenn ihr versucht Abseits der blutigen Pfade etwas auf Erkundungstour zu gehen, lauft ihr Gefahr irgendwo hängen zu bleiben oder rein zufallen. Nach drei Stunden Spielzeit hatte ich dann auch einfach gar kein Interesse mehr irgendwelchen seltenen Gegenständen oder Secrets nachzurennen, weil ich doch nur wieder beim Sprung über Abgründe an irgendeinem Zweig oder unsichtbaren Objekt festhängen würde. Da war es dann auch keine wirkliche Überraschung, das mir der Übersichtsbildschirm nach Ende des ersten Kapitels eine wirklich desaströse Abschlussbewertung ausstellte. Ich hatte ganze sechs von achtzig einzusammelnden Gegenständen gefunden. Good job, me!

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht

Jenseits der technischen Mängel, sind es insbesondere die Business-Praktiken, mit denen die Entwickler von Agony für Schlagzeilen sorgten. Unter der Prämisse, ein vollständig ungeschnittenes und rohes, wie auch düsteres Höllenszenario zu präsentieren, worben Madmind Studios unzählige Unterstützer für ihr Kickstarter-Projekt. Kurz vor dem verschobenen Release, vermutlich mit Hinblick auf den angezielten Konsolen-Release, wurde das Spiel mehr oder weniger 24 Stunden vor dem Release-Termin noch einmal “überarbeitet”. Angeblich hätte man lediglich allein auf drei Sekunden einer bestimmten Cutscene verzichten müssen, würde aber ansonsten noch immer das versprochene Produkt erhalten. Dann stellte sich raus, dass nahezu alle im Spiel befindlichen Charaktere eine Art Hautanzug tragen, der nicht nur die Geschlechtsorgane verdeckt, sondern den Figuren auch noch einen überaus aufdringlichen Glanz-Effekt beimischt, der einfach nur vermurkst aussieht. Die Fanbase war in Aufruhr und auch wenn Madmind Studios versprachen, ein wirklich unzensierte Version des Spiels nachzuliefern, zerschlugen sich all diese Hoffnungen am 25. Juni. Mit Verweis auf rechtliche, wie finanzielle Probleme, verkündeten die Entwickler, dass es keine unzensierte Version des Spieles mehr geben würde und etwaige Pläne nun gestrichen sind. Hätte ich dieses Spiel auf Kickstarter unterstützt, dann wäre ich vermutlich genauso zornig und enttäuscht, wie es viele der Unterstützer gegenwärtig sind. Ob im Raum stehende Klagen und Forderungen nach Rückerstattung allerdings Erfolg haben, bleibt noch abzuwarten. So oder so, ist dieses letzte Kapitel nur ein weiteres in einer Geschichte von Irrläufen, die nicht nur die Entstehung dieses Spiels, sondern auch seine Vermarktung heimsuchten. Schade eigentlich, denn auch wenn die Prämisse des Spiels, wie auch seine düstere Ästhetik wirklich ansprechend sind, bleibt Agony einfach nur eine riesige Enttäuschung, die mit den kruden Geschäftspraktiken von Madmind Studios einen derart verdorbenen Höhepunkt erreicht, wie man ihn zuletzt bei No Man’s Sky sah.

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