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1-2-3-4 – Completionist

von am 5. November 2022
 

Lesezeit: 6 MinutenZwei Wochen sind rum, Zeit für eine neue Runde 1-2-3-4! Zum vorletzten Mal! Vor der Winterpause. Dieses Mal dreht sich alles um die Frage: “Habe ich wirklich alles vom Spiel gesehen?” Damit verbunden ist ein Themenkomplex mit dem sich ganze Vortragsreihen füllen lassen. Wie erreicht man 100% bei einem Spiel? Kann man das? Will man das? Und wenn ja, warum? Für ein Achievement? Für eine Trophy? Was macht man mit diesem digitalen Gamer-Orden? Oder geht es mehr um das Wissen, wirklch jede Strecke befahren, jeden Stein umgedreht und jede noch so kleine Quest “geschafft” zu haben? Was sagen 100% über uns als Spielende aus? Ich habe meine drei drängendsten Fragen zu dem Thema an vier Experten weitergegeben und hier ist das Ergebnis.

Was ist 1-2-3-4? Ganz einfach: 1 Redaktionsmitglied wirft im 2-Wochen-Rythmus 3 Fragen zu einem Thema auf und 4 Menschen beantworten diese Fragen dann. Eben “1-2-3-4”. Drei dieser Menschen sind Gaming-Experten mit unterschiedlichsten Professionen: Redaktionsmitglieder anderer Media-Outlets, Influencer, Podcaster, Entwicklerinnen und Entwickler und andere Brancheninterne, sowie Ehemalige. Die Mischung macht’s!

Meine Gäste zu diesem Thema sind:

Miggi, Mitgründer von ThreeTwoPlay | auf Twitter @MichSeif
Christian Kurowski, Redakteur bei Game Two | auf Twitter @KungFuKuro
Christian Gürnth, Host von Radio Nukular & Trailerschnack | auf Twitter @onlinegott
Sebbelsby beantwortet dieses Mal die Fragen als IKYG-Team-Mitglied.

Los geht’s!!!

Versuchst du die 100% oder heißt es Story durch und weg damit?

Miggi: Das kommt komplett darauf an, wie sehr mich das Spiel und vor allem auch die Welt und Geschichte überzeugen. Die 100% sollten sich für mich nicht nach einer nervigen Aufgabe anfühlen und im besten Fall noch zusätzliches Worldbuilding betreiben oder einen zusätzlichen Anreiz mitbringen, wie ein alternatives bzw. “wahres” Ende. Das Genre, die Serie oder Faktoren wie Achievements für die 100% Completion spielen hier für mich fast keine Rolle, sondern sind eher nette Zugabe.

Christian Kurowski: Grundsätzlich gehöre ich zu jenen Menschen, die durchaus die 100 Prozent in Spielen anstreben. Ich habe auch oft im Vorfeld die rosige Vorstellung davon, wie genüsslich ich die Titel, auf die ich mich richtig freue, von vorne bis hinten durchspiele. Jeden Winkel der Welt erkunden und das letzte Geheimnis lüften. Die Realität ist eine andere. Ein viel traurigere. Und ich glaube, dass das an zwei verschiedenen Faktoren liegt, die aber eigentlich auch gleich sind.

1.) Ich spiele suuuuper langsam. So wie alte Menschen stellenweise über die Autobahn krebsen, so spiele ich meine Videospiele. Für Elden Ring brauchte ich beispielsweise 242 Stunden. 80 Tage sind vergangen, bis ich die Credits über den Bildschirm flimmern sah. FÜR MEINEN ERSTEN DURCHLAUF.
2.) Zeit grundsätzlich. Ich habe viel um die Ohren, will irgendwie in jedes Spiel mindestens mal reinschauen und der Tag hat leider nur 24 Stunden. Oftmals ist es so, dass ich einfach irgendwann auf ein neues Game aufspringe, bevor ich das alte beendet habe. Wenn ich ein Spiel durchspiele, dann in der Regel aus beruflichen Gründen. Aber die 100 Prozentmarke bleibt da auch eher ein Wunschtraum.

Christian Gürnth: Da ich sehr viele Mehrspielerspiele spiele, ist mir in allerlei Titeln die Story erstmal egal. Nehmen wir, weil es gerade aktuell ist: Call of Duty: Modern Warfare 2. Ich liebe Call of Duty und begleite die Reihe jetzt seit fast 20 Jahren. Jedes Jahr hieß es für mich: Erst die Story, dann der Mehrspieler. Einfach weil die Kampagne nur wenige Stunden verschlingt und an einem Abend durchspielbar ist. Dann kam Modern Warfare (2019) und der Mehrspieler zog mich von Sekunde Eins in seinen Bann. Alles fühlte sich an wie damals zu besten Call of Duty 4: Modern Warfare-Zeiten und die Story wurde erstmal links liegen gelassen. Statt in der Kampagne alleine zu spielen, war ich im Mehrspieler oder in Warzone mit meinen Leuten unterwegs – ich habe gestreamt und die Kampagne schlichtweg „vergessen“, trotz phänomenaler Wertungen und meiner Lust aufs Spiel. Nach 2 Jahren habe ich dann durch einen Zufall bemerkt, dass ich noch keinerlei Gamerscore gesammelt habe, obwohl sich mittlerweile einige Hundert Stunden Mehrspieler und Warzone auf meiner Uhr gesammelt haben. Da war mir klar: Irgendwie kicken dich Gamerscore / Belohnungen gar nicht mehr, anders als es eventuell früher einmal war.

Sebbelsby: Ich bin vermutlich eher so der 90 % Typ. Fängt mich ein Spiel ein, bin ich mehr als gewillt, die nötige Zeit in die Errungenschaften und Nebenmissionen zu stecken. Was mich jedoch von den 100 % abhält, sind extreme Aufgaben, die irgendwann einfach nur noch nerven. Es kommt aber wirklich auf das Spiel und die Aufgabe an. So kann ich mich daran, das ich in Trover Saves the Universe unbedingt das Achievement “You Actually Did It?!” haben wollte. Hierbei müssen 100 Papierkugeln in eine Basketballkorb-Mülleimer-Kombi geworfen werden. In der Hoffnung, einen lustigen Kommentar der Figuren zu ergattern, habe ich die Errungenschaft in Angriff genommen. Nach einer guten halben Stunde “Körbe werfen” gab es dann nur die Achievement-Benachrichtigung und sonst nix.

In welchem Spiel hast du 100%?

Miggi: Die 100% – in diesem Fall sogar 112% – die mir am meisten bedeuten, sind die von Hollow Knight. Hier passt für mich alles perfekt zusammen: durch zusätzliche Lore, fordernde Kämpfe, Optik und Sound wird der Anreiz, das Spiel zu komplettieren, als perfektes Paket zusammengeschürt. Obwohl das Spiel vor allem hinten raus echt verdammt schwer wird, fühlt sich nichts davon so an, als wäre es nur drin um den Umfang zu erhöhen und ergibt in der Gesamtstory Sinn. Die perfekten 112%

Christian Kurowski: Die traurige Wahrheit? Ich glaube in gar keinem Spiel. Ich besitze auch nirgends eine Platintrophäe. Was paradox ist, weil ich zum Beispiel seeeeehr viel Zeit in Soulsborne-Spiele stecke. Aber auch da hab ich – glaube ich – in keinem Teil jede Quest zu Ende gespielt oder jedes Ende gesehen. Ich glaube aber, Shadow of the Colossus drehte ich komplett auf links. Keine Ahnung, wie oft ich dieses Meisterwerk durchzockte. Und sogar die Challenges absolvierte, um die Bonus-Items zu bekommen. Aber Shadow of The Colossus bleibt – glaube ich – die Ausnahme.

Christian Gürnth: Ich habe jetzt einmal meine Spielebibliothek durchgeguckt und tatsächlich sind es vor allem Spiele aus der Xbox 360-Ära, die bei mit komplettiert wurden. Von Arcade-Titeln wie Lumines über die Pac-Man Championship Edition bis Wolf of the Battlefield: Commando 3. Aber auch Diablo 3, welches sowohl auf der Xbox 360 als auch auf der Xbox One dann komplettiert wurde. Das Ganze ist dann aber meist bei Spielen der Fall, die ich nur noch grinde und deren eigentlichen Inhalte ausgereizt sind – da ist der Gamerscore einfach ein netter Zusatz für eigens kreierte Herausforderungen. Wobei mir einige der Vorgaben auch einfach zu “doof” sind, wenn ich da an die Komplettierungsbelohnungen der Gears of War-Reihe denke oder daran, dass bestimmte Mehrspieler-Belohnungen aufgrund von abgeschalteten Spieleservern oder einer verschwindend geringen Anzahl an Mitspielern gar nicht wirklich möglich sind.

Sebbelsby: So richtig viele 100 % durchgespielte Titel habe ich nicht. Eine “Spielreihe”, die ich aber relativ oft auf 100 % schaffe, sind die LEGO-Titel. Zusammen mit meinem Bruder habe ich stunden über Stunden in Spiele wie LEGO: Der Herr der Ringe und LEGO Marvel Superheroes gesteckt, um alle Figuren und Sammelobjekte zu finden. Die LEGO-Spiele sind dafür aber auch wirklich super geeignet. Abseits davon fallen mir jetzt gerade nur Hyrule Warriors: Zeit der Verheerung und Super Mario Odyssey ein. Letzteres hat mich echt viel Lebenszeit gekostet, da es nach der Story noch so einiges zu erledigen gab.

Was ist deine nervigste Erinnerung beim Komplettieren eines Spiels?

Miggi: Die nervigste Completionist-Erfahrung für mich war Batman: Arkham Knight. Die Entscheidung, das True Ending hier hinter 243 Riddler-Herausforderungen zu verstecken, verstehe ich bis heute nicht. Als Fan der vorangegangenen Spiele war ich stur genug, um mich da durchzubeißen und bereue es auch nicht unbedingt. Würde ich es noch mal machen? Vermutlich. Aber frage ich mich bis heute, warum man sich dafür entschieden hat und warum niemand irgendwann auf die Idee gekommen ist, die Challenges zumindest zum Teil optional zu machen? Definitiv.

Christian Kurowski: In jüngerer Vergangenheit fällt mir da The Legend of Zelda: Breath of the Wild ein. 150 Stunden butterte ich zum Start der Nintendo Switch in Links jüngstens Abenteuer rein. Aber ich machte einen Fehler: Ich weigerte mich, die Schnellreisefunktion zu nutzen. Weil ich die Welt so toll fand, bin ich überall hingelaufen oder hingeritten. Aber Nintendo beging auch einen Fehler. NEUNHUNDERT KROGSAMEN?! Sag mal, gehts noch?! Das ist doch die übelste Fleißarbeit. Da gab ich dann irgendwann auf.

Christian Gürnth: Der nervigste Bug der auftrat war, als ich mit Freunden Left 4 Dead gespielt habe. Es ging drum alle(?) Karten auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchzuspielen ohne dass man selbst zu Boden geht. Wir befanden uns im letzten Abschnitt der letzten Karte, der rettende Helikopter wurde gerufen und in dem Moment als ich mit meinem Charakter den Helikopter erklimmen wollte, traf mich ein geworfener Stein eines Bossmonsters. Ich gehe zu Boden, alle anderen sind im Heli. 8 Stunden Grind, alle freuen sich über ihr Achievement nur ich sitze in meiner Fürther Wohnung, warte auf das aufploppende Symbol und Nichts erscheint. Auf meine Frage, ob wir es morgen dann nochmal für mich holen gibt es nur schallendes Gelächter und ein „Auf gar keinen Fall.“ – Schade aber verständlich.

Es gibt aber auch coole Erinnerungen, eine davon war Wolf of the Battlefield: Commando 3. Die letzte Belohnung war auch nur im Koop erspielbar und ein mir völlig fremder Kerl aus Australien, mit dem ich ab und an Mal auf Xbox gespielt habe, hat sich, obwohl er schon die 100% vollhatte, einige Stunden mit mir zusammengesetzt und in einer Onlinesession das letzte Achievement geholt. Dann haben wir uns verabschiedet und nie wieder miteinander geredet. Absurd aber schön.

Sebbelsby:Eine bestimmte nervige Stelle in einem bestimmten Spiel fällt mir da jetzt gar nicht so ein. Was ich aber immer sehr deprimierend finde, sind endlos lange grindige Aufgaben für Cosmetics oder Waffen, die sich nicht wirklich lohnen. Muss ich für das “Epische Großschwert der göttlichen Götter” mehrere Stunden grinden, kann mein Ziel aber erst gegen Ende erreichen, wenn kaum noch Gegner da sind, um die Waffe zu benutzen, verspüre ich weniger die Lust, mir das Achievement zu schnappen.

In 14 Tagen haben wir dann ein anderes Thema und andere Gäste für Euch zusammengetrommelt.
Lasst uns in den Kommentaren gerne wissen, wie ihr die Fragen beantwortet hättet.
Wir freuen uns über jedes Feedback!

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