Reviews
2 Kommentare

Bravely Default – Die Rückkehr des Final Fantasy-Feelings

von am 3. Januar 2014
DETAILS
 
Editor Rating
 
GAMEPLAY
10

 
GRAFIK
10

 
SINGLEPLAYER
10

 
MULTIPLAYER
10

 
SOUND
10

Gesamt-Wertung
10

Hover To Rate
User Rating
 
GAMEPLAY

 
GRAFIK

 
SINGLEPLAYER

 
MULTIPLAYER

 
SOUND

User-Wertung

You have rated this

 

Lesezeit: 12 MinutenWisst ihr noch, wie das war? Damals, als Square Enix noch Squaresoft hieß? Als man noch jedes Final Fantasy abgefeiert hat und sich wochenlang nicht mehr von der Konsole trennen konnte? Spätestens seit Final Fantasy XIII hat sich die Serie in eine Richtung entwickelt, die nicht mehr jedem Fan schmeckt. Mit Bravely Default will Square Enix mithilfe des Entwicklers Silicon Studio jetzt genau jene abholen, die auf der Suche nach längst vergessenem 90er Jahre Rollenspielgold sind.

Das große Comeback der vier Element-Kristalle

In Luxendarc, der Welt von Bravely Default, regeln seit Anbeginn der Zeit vier mächtige Kristalle die Elemente: Wind, Wasser, Feuer und Erde. Um die Kristalle bei Kräften zu halten, spendet jeweils eine Vestalin von morgens bis abends Gebete. Unterstützt wird jede der Frauen innerhalb der Kristalltempel von einem Bund gläubiger Priesterinnen. Doch die Religion der Kristallisten scheint an Anhängern zu verlieren. Der ständige Fortschritt neuer Technologien lässt die Menschen an der Macht der Kristalle zweifeln. Ob dies mitunter der Grund für die aufkommende Bedrohung zu sein scheint? Eines unheilverkündenden Tages bricht die Dunkelheit herein und reißt fast alle Vestalinnen und Priesterinnen in den Tod. Mit den Gebeten verstummt auch die Macht der Kristalle: Die Elemente geraten außer Kontrolle. Der Wind weht nicht mehr, die Meere verfaulen, Vulkane brechen aus und die Erde bebt.

Tiz Arrior, ein einfacher Dorfjunge, erlebt die Katastrophe als einer der Ersten. Sein Heimatdorf Norende wird mitsamt aller Bewohner und seinem kleinen Bruder vom Erdboden verschluckt, so dass er sich auf die Suche nach Antworten macht. Wer ist für das Unheil verantwortlich? Kann die Welt noch gerettet werden? Auf seiner Reise begegnet er sehr früh Agnès Oblige, eine der letzten überlebenden Vestalinnen. Nur mit ihrer Hilfe können die Kristalle und somit das Gleichgewicht von Luxendarc wieder hergestellt werden. Doch ihre Aufgabe wird immer wieder von der nach Macht strebenden Regierung von Eternia auf die Probe gestellt. Da sich im Verlauf des Abenteuers auch noch ein Lustmolch namens Ringabel und die ehemalige Eternia-Kriegerin Edea Lee auf die Seite unserer Helden begeben, sind innerhalb der Partie zudem Spannungen vorprogrammiert…

Das kommt mir alles irgendwie bekannt vor…?

Vier Elementkristalle… Vier Helden… Eine dunkle Bedrohung… Ihr habt es vielleicht schon gemerkt, Bravely Default greift fast exakt das gleiche Szenario auf, wie der allererste Teil von Final Fantasy. Aber auch in Final Fantasy III und Final Fantasy V wurde den vier Kristallen eine bedeutungsschwangere Rolle innerhalb der Story zugeteilt. Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs, denn Bravely Default fühlt sich an und spielt sich wie ein waschechtes Final Fantasy aus 8- und 16-Bit-Zeiten. Es gibt ein Wiedersehen mit Zufallskämpfen, dem Jobsystem und Luftschiffreisen über die Weltkarte. Das mag sich altbacken und nicht mehr zeitgemäß anhören, allerdings schafft es Square Enix mit cleveren Kniffen, die über Jahrzehnte hinweg festgefahrenen Spielelemente deutlich aufzulockern. Fangen wir aber zunächst einmal mit dem grundlegenden Spielablauf an.

Dorf – Weltkarte – Dungeon – Weltkarte – Dorf – Weltkarte – Dungeon…

Ja, ihr merkt vielleicht schon an der leicht zynischen Überschrift dieses Absatzes, worauf ich hinaus will. Ihr bekommt, rein oberflächlich gesehen, das volle Old School-Programm geboten. Man betritt ein Dorf, hier gibts Probleme. Um die zu lösen, latscht man brav über die Weltkarte bis zum Herd des Unglücks, welcher sich in einem Dungeon wiederspiegelt. Nach dem Lösen des Problems (Dungeon erforschen plus obgligatorischer Endgegnerkampf) bedanken sich alle im Dorf recht schön und man reist über neu freigemachte Grenzen ins nächste Städtchen, welches euch wieder mit neuen Aufgaben bestückt. Dort gibt es dann natürlich wieder neue Waffen, Gegenstände und Zaubersprüche für euch. JRPG-Kost mit der Extraportion Nostalgie. Bravely Default fühlt sich wie ein verlorener Super Nintendo-Titel an, der jetzt ein Remake erhalten hat. Aber genau das ist der Stoff, aus dem Rollenspielträume sind.

Ich bin wieder zu Hause

Wer auch nur einen Titel zwischen Final Fantasy und Final Fantasy IX gezockt hat, wird sich sofort heimisch fühlen. Sogar Item-Bezeichnungen wie “Phönix-Feder”, “Äther” oder Elixir” wurden direkt übernommen. Man muss die Beschreibung erst gar nicht mehr lesen und weiß sofort, was welcher Gegenstand bringt. Ebenso verhält es sich mit Zaubern, Jobs und Ausrüstungsgegenständen. Etliches wurde recycelt und im Effekt nahezu 1:1 ins Spiel übernommen. Wenn Square Enix noch Chocobos und die typische Siegesfanfare aus Final Fantasy eingebaut hätte, gäbe es keinen Grund mehr, das Spiel anders zu benennen.

Junge, was willst du einmal werden, wenn du groß bist?

Das Jobsystem aus Final Fantasy III und Final Fantasy V kehrt mit satten 24 Jobs zurück! Euch steht zu Beginn des Abenteuers aber nur ein Beruf zur Auswahl. Um an neue Jobs zu kommen, müsst ihr zunächst einen der gefürchteten Krieger von Eternia besiegen. In diesen Bosskämpfen müsst ihr euch erst einmal gegen einen Krieger dieser Berufsklasse behaupten, bevor ihr euch dessen sogenannten Job-Asterisk aneignen könnt. Neben den am Anfang des Spiels eher klassischen Berufen wie Ritter, Dieb oder Schwarz-/Weißmagier, kommen später etwas exotischere Varianten wie Waldläufer, Salbenmacher oder Performer hinzu. Jeder Job erweitert euer Kampfportfolio um hilfreiche Eigenschaften und lässt euch die Qual der Wahl, welchen Beruf ihr weiter ausbauen wollt. Aber Vorsicht: Mit jedem Berufswechsel ändern sich auch dementsprechend Statuswerte und Waffenhandling, so dass ein Umsortieren der Ausrüsung erforderlich ist. Da ein Weißmagier mit seinem Zauberstab nicht so viel Schaden austeilt, wie ein schwerbewaffneter Ritter, sollte man auf dem Schlachtfeld stets für eine beruflich gut ausgewogene Truppe sorgen.

Ich habe meine Berufsausbildung abgeschlossen. Und jetzt?

Ihr könnt jeden Job wie euren eigentlichen Charakter hochleveln und somit neue Hilfsfähigkeiten freischalten. Das kann je nach Beruf z.B. eine erhöhte Resistenz gegen ein bestimmtes Element sein, Statusboni oder etwa das Anzeigen der Anzahl ausstehender Schatztruhen innerhalb eines Dungeons. Die erworbenen Kenntnisse könnt ihr auch bei einem Berufswechsel verwenden, da es pro Character neben den Berufsfähigkeiten des aktiven Jobs noch weitere Slots für Hilfsfähigkeiten gibt. Hier könnt ihr prinzipiell alles reinpfeffern, was ihr an Fähigkeiten aus 24 Jobs gelernt habt. Natürlich könnt ihr nicht alle Skills gleichzeitig benutzen, so dass ihr am Anfang des Spiels nur eine Fähigkeit importieren könnt. Im fortschreitenden Spielverlauf erweitert sich jedoch die Hilfsfähigkeitenbandbreite ständig, so dass ihr einen ganz eigenen, individuell aufgestellten Charakter mit diversen Boosts formen könnt. Neben den Hilfsfähigkeiten könnt ihr sogar noch ein Job-Geschick aus einem anderen erlernten Beruf übernehmen und z.B. als Weißmagier auch alle schwarzen Zaubersprüche einsetzen. Es ist ebenso praktisch, mit jedem Held den Weißmagier-Beruf einmal etwas hochzuleveln, damit im Falle des Falles unabhängig vom ausgeübten Beruf jeder als Heiler fungieren kann. Da über die ganze Spielzeit hinweg ständig neue Berufe hinzukommen und ihr permanent mit dem Entdecken neuer, interessanter Skills beschäftigt seid, kommt nie Langeweile auf.

Warum heißt das Spiel eigentlich Bravely Default?

Der Titel leitet sich durch ein spannendes Feature innerhalb der rundenbasierten Kämpfe ab. Aber erst einmal möchte ich euch die grundlegende Kampfmechanik näherbringen. Ihr habt vor jeder Runde gemütlich Zeit, eure Züge zu planen. Neben den üblichen Verdächtigen wie “Angriff”, “Fähigkeiten” (je nach Job unterschiedlich), “Objekte” und “Flucht” gäbe es da noch die interessanten Features “Spezial”, “Freund rufen” und eben “Brave”/”Default”. Fangen wir mal mit “Spezial” an. Hier könnt ihr besonders mächtige Angriffe oder Aktionen ausführen, die zudem eure Statuswerte erhöhen. Den Effekt könnt ihr sogar mit Boni und elementar- bzw. statusverändernden Angriffen verstärken, die ihr im Verlaufe des Spiels erhalten werdet. Während eurer Spezial-Aktion ertönt je nach Charakter eine Melodie. Solange diese Musik läuft, halten eure Stats-Boosts an und können sogar durch Spezial-Aktionen eines anderen Charakters gestapelt werden. Natürlich dürfen diese Spezialaktionen nicht beliebig gestarten werden und müssen erst durch den häufigen Einsatz von “Brave” aktiviert werden.

“Brave” ist das Gegenstück von “Default”. Ihr startet jeden Kampf in der Regel mit null Brave-Punkten, kurz BP. Jeder Zug, den euer Charakter tätigt, kostet einen BP. Das gleiche gilt für eure Gegner. Es gibt jedoch die Möglichkeit, mit “Brave” bis zu vier Aktionen hintereinander auszuführen. Ihr könnt also z.B. gleich viermal einen Angriff starten. Oder ihr könntet in einer auswegslosen Situation als letzter, vebliebener Charakter in einem Zug durch vier mögliche Aktionen drei Freunde wiederbeleben und anschließend einen Heilzauber für alle ausprechen. Bei vier ausgelösten Braves würdet ihr dann ab der nächsten Runde jedoch auf -3 BP landen und euer Held müsste drei Runden aussetzen, da nur 1 BP pro Runde regeneriert wird. Umgekehrt könnt ihr euch aber auch BP ansparen, indem ihr “Default” auslöst. Bei dieser Aktion geht euer Held zusätzlich in Verteidigungsstellung und kassiert nicht mehr ganz so viel Schaden. Ebenso können eure Gegner sich BP ansparen und in einer Kettenreaktion mehrere Angriffe hintereinander starten, daher sollte man stets die BP beider Parteien im Auge behalten. Das einfache, wie geniale Konzept der aufzusparenden und auszuteilenden Züge, bringt taktische Finesse in das leicht angestaubte Kampfsystem und macht die Kämpfe angenehm kontrollierbar.

Relativ unnötig hingegen ist noch die Möglichkeit, die Zeit mitten im Kampf anzuhalten und dabei einen “SP”-Punkt zu opfern. Diese Punkte bekommt man nur nach acht Stunden Echtzeit wieder zugeschrieben. Wer nicht so lange warten will, kann sich gegen Echtgeld SP-Tränke kaufen, was meiner Ansicht nach jedoch völlig unnötige Geldverschwendung ist. Mich hat es nicht gestört, da ich das Feature kaum nutze, aber dieser alberne Mikrotransaktions-Versuch sei an dieser Stelle auch einmal erwähnt.

Social Media-Kram

Eine Aktionsmöglichkeit namens “Freund rufen” bleibt uns noch. Hierfür muss ich jedoch etwas weiter ausholen. Wer viel unterwegs oder mit genügend 3DS-Besitzern befreundet ist, darf sich über einige Social Media-Gimmicks freuen. Ihr könnt euch z.B. via “Abilink” Fähigkeiten teilen oder eben im Kampf gegenseitig unterstützen. Mit der “Freund rufen”-Aktion sendet ihr entweder eine eigene Attacke in die große, weite Welt hinaus oder empfangt eine Aktion aus dem Gästebuch. Nachschub an Spielkameraden bekommt ihr über Streetpass, was bei mir immerhin dreimal am Hauptbahnhof in Frankfurt funktioniert hat. Wer jedoch nicht viel unterwegs ist, kann einmal am Tag über die Internetverbindung zufallsbasierend drei bis fünf Gäste herbeirufen. Wenn man Glück hat, bekommt man Unterstützung von einem 30 Level höherliegenden Spieler und haut sogar überlegene Endgegner mit einer “Freund rufen”-Attacke mühelos weg. Damit ihr nicht beliebig oft leichtes Spiel habt, müsst ihr im Gegenzug auch immer brav eine Aktion senden. Filesharing à la Bravely Default! Neben der Unterstützung im Kampf helfen euch über Streetpass bzw. Internet eingeladene Spieler aber auch beim Wiederaufbau eures Dorfes.

Norende im Wiederaufbau

Norende, das Heimatdorf von Tiz, wurde bekanntlich schon im Vorspann vollständig ausgelöscht. Aber ihr bekommt schon sehr früh im Spiel die Möglichkeit, euch beim Wiederaufbau zu beteiligen. Welchen Teil ihr zuerst repariert, bleibt euch überlassen. Ihr könnt die wenigen, vorhandenen Läden weiter ausbauen oder z.B. versperrte Regionen für neue Geschäfte freimachen, indem ihr einen Arbeiter die Brücke reparieren lasst. In jedem Dorf und Dungeon eurer Reise gibt es einen Händler, der euch die je nach Ausbaustufe immer nützlichere Waren aus Norende verkauft. Natürlich wollt ihr die Geschäfte daher auf die höchste Stufe ausbauen und die besten Items abstauben – es gibt also viel zu tun und ihr seid am Anfang eurer Aufgabe noch alleine. Sobald ihr euch für eine Aufbau-Beschäftigung entschieden habt, bekommt ihr die benötigte Zeit angezeigt. Diese Uhr zählt in Echtzeit runter und läuft auch im Standby-Modus weiter. Lasst von nun an also immer brav euren 3DS über Nacht zugeklappt an, damit ihr vor dem Zähneputzen am nächsten Tag eurem Arbeiter eine neue schöne Aufgabe geben könnt!

Spätestens, wenn eine Baustelle mehr wie 20 Stunden Arbeit erfordert, sehnt ihr euch nach Hilfe. Mittels Streetpass (oder einer nur einmal am Tag einsetzbaren Onlinesuche) könnt ihr eure Dorfbewohneranzahl täglich um etwa drei bis fünf Einwohner erhöhen und somit effektiver Aufbauarbeit leisten. Zwei Arbeiter brauchen nur noch die Hälfte der Zeit, vier Arbeiter ein Viertel usw. Im Dorf tummeln sich auch immer mal wieder sogenannte “Erzfeinde” die ebenfalls via Onlinefunktion gesendet und empfangen werden. Ihr könnt gegen diese Bonusgegner kämpfen, wenn ihr euch stark genug fühlt und nach einem Sieg Bonusitems kassieren, die eure Attribute dauerhaft stärken. Spätestens seit diesem Titel nehme ich den 3DS auf jede noch so banale Reise vor die Haustür mit und bin ganz aufgeregt, ob ich neue Mitspieler getroffen habe. Für ein Singleplayer-Rollenspiel ist Bravely Default ein erstaunlich soziales Vergnügen! So simpel der Wiederaufbau Norende auch gelöst wurde, so süchtigmachend ist das Prinzip. Seit Wochen (Demo-Version mitgerechnet) ist meine erste Tat am Tag, den 3DS aufzuklappen und neu einzuteilen. Daher spreche ich eine sehr ernstgemeinte Suchtfaktor-Warnung an dieser Stelle aus!

BRAVELY DEFAULT | 3DS Trailer [HD]

Das komfortabelste Rollenspiel aller Zeiten

Man merkt dem Spiel an, dass Square Enix sich zusammen mit Silicon Studio ernsthafte Gedanken darüber gemacht hat, wie ein japanisches Rollenspiel heutzutage funktionieren sollte. Statt wie mit Final Fantasy XIII den radikalen Weg zu gehen und das westliche Schlauchprinzip überzustülpen, hat man sich hier wieder auf gute, alte, Nippon-RPG-Tugenden zurückbesonnen. Hierbei wurden jedoch alle Störfaktoren, die so ein Spielprinzip mit sich bringt, nahezu restlos beseitigt. Es fängt schon bei der Menüführung an. Sauber strukturiert findet der Spieler hier alles, was er braucht. Das durchaus komplexe Spielsystem kann an jeder Ecke durch die intelligente, gut sortierte Baumstruktur intuitiv angepasst werden. Auch auf dem Kampfbildschirm habt ihr nur nach wenigen Eingaben eure gewünschten Aktionen betätigt.

Das Sahnehäubchen sind die über den Spielablauf entscheidenden Einstellmöglichkeiten. Das Spiel ist euch zu schwer oder zu leicht? Ihr könnt jederzeit und nicht nur zu Spielbeginn zwischen drei Schwierigkeitsgraden wechseln. Ihr habt gerade keinen Bock auf Zufallskämpfe? Dann schaltet sie doch einfach aus und sucht ganz entspannt das komplette Dungeon nach Schätzen und Geheimgängen ab. Ihr wollt effektiv und schnell grinden, weil ihr einen Bossgegner nicht packt? Dann schraubt die Zufallskämpfe auf Maximum und lasst sie in vierfacher Geschwindigkeit durch einen von euch festgelegten Befehls-Algorithmus automatisch ablaufen. In der Zwischenzeit könnt ihr euch ganz entspannt einen Film reinziehen. Ach ja, dank Autosave-Funktion und großzügig verteilten Checkpoints braucht ihr nicht einmal manuell speichern. Durch Tutorial-Quests werdet ihr sogar belohnt, alle Menüs einmal auszuprobieren und entdeckt auch nach Stunden nützliche Funktionen, die euer Rollenspiel-Leben vereinfachen. Bravely Default mag im Kern zwar Old School sein, ist aber so zugänglich wie jedes andere moderne Videospiel und rennt in Sachen Komfort innerhalb des JRPG-Genres der Konkurrenz im Eilschritt davon.

Brutality Default

Obwohl Gewalt in Bravely Default rein oberflächlich gesehen nicht besonders explizit dargestellt wird und das Spiel auf den ersten Blick durch den Kopffüßler-Look der Charaktere eher niedlich wirkt, habe ich selten ein japanisches Rollenspiel mit einem derart hohen Bodycount erlebt. Bereits das vollständig ausgelöschte Dorf Norende ist ein ungewohnt harter Einstieg. Später geht es aber noch ans Eingemachte und ihr werdet Zeuge von grausamen Giftgas-Experimenten mit etlichen Toten, Menschenverfolgung oder etwa Kinderarbeit in Minen. Besonders diplomatisch gehen unsere Helden allerdings auch nicht gerade mit ihren Feinden um, da ihr fast jeden Krieger von Eternia innerhalb der Bosskämpfe tötet. Auch wenn es Notwehr ist, bilden die Kämpfe um Leben und Tot einen merkwürdigen Kontrast zu den eher lockeren, humorvollen Gesprächen zwischen Tiz, Agnès, Edes, Ringabel und der frechen Fee Airy. Das ihr bei den Berufen dann die gleichen Kostüme wie eure zuvor getöteten “Lehrmeister” tragt, lässt alles umso morbider wirken. Ihr werdet aber auch sonst im Rahmen der Handlung nicht selten Zeuge dramatischer und trauriger Szenen. Daher würde ich schon behaupten, dass sich hinter der Fassade des lustig-fröhlichen Heldenquartetts auf dem Cover eines der düstersten, kommerziellen Japano-Rollenspiele der letzten Jahre verbirgt. Mir gefällt dieser Aspekt aber gut, da ich bei den meisten anderen Nippon-RPGs zwischen all dem Klickibunti und Rumgealbere nicht wirklich das Gefühl einer allesüberschattenden Bedrohung bekomme.

Wunderhübsche Optik und Symphonic Metal

Die Grafik lässt sich nur mit einem Wort beschreiben: bildhübsch. Besonders die Dörfer und Städte können mit einem gelungenen Mix aus 2D-Malerei und ausmodellierten 3D-Bereichen glänzen. Die Kamera zoomt dabei elegant auf eure Spielfigur, sobald ihr einen Schritt wagt. Zwar fallen die Weltkarte, Dungeons und Kampfgrafiken im direkten Vergleich deutlich ab, dafür werdet ihr zugunsten des Spielflusses von lästigen Ladezeiten verschont. Das Kopffüßler-Design der Hauptfiguren erinnert stark an eine Mischung aus Final Fantasy IX und Final Fantasy Tactics und ist nach wie vor Geschmacksache. Es gibt übrigens nicht besonders viele Rendervideos. Fast alle Zwischensequenzen werden in Spielgrafik und von (guter) englischer oder optional (noch besserer) japanischer Sprachausgabe untermalt. Als kleine 3DS-Besonderheit könnt ihr mittels AR-Karte in einer hübsch anzusehenden Bonus-Sequenz zusehen, wie Agnès durch eure Stube spaziert. Die deutschen Texte und Untertitel sind Nintendo-typisch qualitativ wieder über jeden Zweifel erhaben und liebevoll übersetzt worden.

In der Musikabteilung war man besonders experimentierfreudig: Komponiert wurde der Soundtrack von Revo, dem Bandleader einer japanischen Symphonic Metal Band namens Sound Horizon. Dies fällt bei den ruhigen bis epochalen Melodien in Städten oder der Weltkarte zunächst nicht auf. Aber spätestens bei den Kampfmusiken hört man bei den wilden E-Gitarren-Riffs die Wurzeln des Musikers heraus. Stilistisch orientiert sich der Soundtrack damit auch sehr an den Werken von Nobuo Uematsu, der auch eher rockige Kampfmusiken zu früheren Final Fantasy-Teilen beigesteuert hatte. Die Qualitäten des Großmeisters Uematsu werden zwar nicht erreicht, aber das ist Kritik auf hohem Niveau, da der Soundtrack trotz etwas zu oft recycelter Stücke sehr rund und schön anzuhören ist.

Fazit: Das beste JRPG seit Langem

Der japanische Rollenspielkönig ist zurückgekehrt. Das Square Enix zum Jahresende noch einmal dermaßen den Tisch abräumt und der Konkurrenz zeigt, wo der Hammer hängt, hätte ich mir im Vorfeld nicht erträumen lassen. Bravely Default ist ab sofort nicht nur das beste JRPG auf dem 3DS, sondern auch systemübergreifend gesehen das beste japanische Rollenspiel seit Langem. Ich müsste wohl mehr als zehn Jahre zurückblicken, wenn ich an einen JRPG-Titel denken müsste, der mich auf einem ähnlichen Niveau begeistern konnte. Die packende Story, das aufgepeppte Kampfsystem, das ausgeklügelte Jobsystem, die intuitive Menüführung, die komfortablen Einstellmöglichkeiten, die runde Präsentation und zu guter letzt die sinnvolle Ausnutzung der 3DS-Hardware machen aus dem Titel ein Must-Have für jeden, der sich auch nur im Entferntesten für traditionell gelagerte Rollenspiele aus Fernost interessiert.

Da Silicon Studio dem Titel außerhalb Japans kaum Chancen eingeräumt hatte und uns ein Release hierzulande beinahe verwehrt geblieben wäre, bleibt nur noch zu sagen: Kauft euch dieses Spiel! Besser hätte das bislang softwareseitig stärkste Jahr für den 3DS nicht abgklingen können, als mit diesem Rollenspielknaller. Wer immer noch unschlüssig ist, kann gratis eine sehr gute und umfangreiche Demo aus dem eShop beziehen und später sogar einige Extra-Items in das Hauptspiel importieren. Jetzt muss ich aber schnell wieder an meinen 3DS und mein Dorf weiterbauen…

Jetzt haben wir euch den Mund ganz schön wässrig gemacht, wie? Kein Problem. Kauft das Spiel doch direkt in unserem IKYG-Shop oder noch direkter bei Amazon.de!

Kommentare
 
Kommentiere »

 
  • 6. Januar 2014 at 11:07

    Ich habe mal kurz in die Demo reingeschnuppert, da war ich vom Kammpfsystem nicht ganz so begeistert. Aber nach deinen Lobpreisungen werde ich mir das Spiel noch mal näher anschauen


  • totoro
    7. Januar 2014 at 21:56

    Unbedingt! Das Highlight sind eigentlich die Bosskämpfe, da kommt das Brave/Default-System eigentlich erst so richtig zum Tragen. Jobs und Fähigkeiten leveln hat mich auch tierisch motiviert, alles auszuprobieren. Leider hat die Demo null Story sondern wirklich nur pures Gameplay zu bieten – hab aber trotzdem 7 Stunden (!!!) alleine nur die Demoversion gesuchtet…


Du musst eingeloggt sein zum kommentieren