Lesezeit: 5 MinutenStellt euch vor, ihr wacht auf und habt keine Ahnung, wo ihr seid … oder wer … oder was passiert ist. Ein Alptraum für jeden Hobbyzecher. Aber denkt jetzt mal drüber nach, wie schrecklich es noch wäre, wenn ihr danach feststellt, dass ihr in einer verschlossenen Stahlkapsel liegt, die sich nicht öffnen lässt. Interessiert an dieser Erfahrung? Dann könnte der 3DS-Download-Titel The Starship Damrey was für euch sein.
Der Titel ist schon seit einiger Zeit im eShop erhältlich und wurde von den beiden Story-Assen Takemaru Abiko und Kazuya Asano geschaffen. Falls ihr euch auf das Spiel einlasst, werdet ihr aber schon zu Beginn feststellen, dass “keinen Plan haben” hier zum Spielkonzept gehört. Nach dem Start eines neuen Spiels seht ihr auf den beiden Bildschirmen eures 3DS die Schwärze des Innenraums der Kapsel, in der ihr liegt. Dazu spricht eine monotone Computerstimme mit euch, die irgendwo zwischen gruselig und sexy liegt. Ihr erfahrt, dass ihr euch in einer Kälteschlafkapsel befindet und durch den langen Schlaf eventuell an Amnesie leidet. Das war’s ihr liegt da in der Dunkelheit und es gibt kein Tutorial oder ähnliches. Fangt also munter an, Knöpfe zu drücken und auf dem Touchscreen herumzufuhrwerken. Auch über die Hintergrundgeschichte erfahrt ihr erst mal nichts mehr. Der Spieler soll sich hier alles zusammenreimen. Damit ist The Starship Damrey in vielerlei Hinsicht die totale Abkehr von aktuellen Blockbusterspielen. Weil man nicht weiß, was man überhaupt machen muss, wird die Amnesie auch spielerisch erfahrbar.
Angst entsteht im Kopf
Ohne zu hart zu spoilern ist natürlich klar, dass ihr irgendwie mit der Außenwelt in Kontakt treten müsst, um zu erfahren, was da los ist. Ihr hackt euch also durch das Bewältigen sehr simpler Rätsel in den Computer eurer Kapsel. Danach habt ihr Zugriff auf einen Roboter, der fortan euer Alter Ego ist. Schnell ist klar, dass ihr euch auf einem Raumschiff befindet auf dem sich offensichtlich schreckliche Ereignisse zugetragen haben während ihr geschlafen habt. Die Umgebung, die ihr erkundet, ist düster und die Lampe eures Roboters spendet kaum Licht. Ohne Blut und Gemetzel schafft es The Starship Damrey gruselig zu sein. Die Optik ist aus technischer Sicht zwar alles andere als berauschend, aber sehr atmosphärisch umgesetzt. Die Ego-Ansicht der Roboterkamera verstärkt diesen Effekt noch. Eine gute (und sehr sparsam eingesetzte) Akustik leistet ebenfalls einen gewaltigen Beitrag zum Spielgefühl. Dazu kommt die Verlorenheit, die ihr empfinden werdet, da ihr keine Ahnung hab, was eigentlich los ist. Die Geschichte müsst ihr erst mal freilegen, indem ihr das Spiel auch wirklich spielt.
Dazu bewegt ihr euren Roboter nach 80er-Jahre Rollenspielmanier in 90° Winkeln durch die Räume der Damrey. Mit dem Slide Pad lässt sich dann noch euer Sichtfeld absuchen. Typisch für ein Adventure, gilt es Rätsel zu lösen, indem man Gegenstände kombiniert und die Umgebung manipuliert. Wer wirklich alteingesessener Gamer ist, fühlt sich eventuell sogar an die guten alten Textadventures der späten 70er/frühen 80er erinnert. Nur wurde da nichts grafisch oder akustisch dargestellt. Alles was es gab, waren Beschreibungstexte und eintippbare Befehle.
Simpel aber intensiv
The Starship Damrey wird so praktisch zu einem Bindeglied zwischen modernen Spielen und diesen altgedienten Klassikern. Es spielt sich wie eine audiovisuelle Abwandlung des ursprünglichen Grundkonzepts von Zork & Co. das da heißt: Erkunden und rumprobieren. Vorausgesetzt, man ist auch wirklich am Medium “Videospiel” interessiert und retrobegeistert, gibt das dem Geschehen einen interessanten Twist. Ist das nicht der Fall, fühlt ihr euch durch die rechtwinklige Architektur des Spiels oft einfach nur veräppelt. Denn manchmal liegen Gegenstände so blöd “zwischen” zwei “Feldern”, dass es etwas zu frickelig wird, mit ihnen zu interagieren. Unglücklicherweise sind solche Probleme auch fast schon die größte Hürde im Spiel. Sterben könnt ihr nicht (was noch zum langsamen, ruhigen Konzept passt) und auch die Rätsel sind extrem linear und leider ziemlich einfach … es sei denn, ihr habt nicht irgendwo einen Gegenstand übersehen. Denn das kann euch recht schnell passieren. So offensichtlich sind nämlich nicht alle Interaktionsmöglichkeiten zu finden.
Problematisch ist auch der Umfang. Denn obwohl The Starship Damrey nur acht Euro kostet, bietet es doch recht wenig Inhalt. Das liegt natürlich auch an dem recht geringen Wiederspielwert. Denn sobald man die Auflösung der Geschichte einmal kennt und weiß, wie die Rätsel gelöst werden, kann man aus dem Spiel natürlich nichts mehr rausholen. Es sei denn, man wartet so lange, bis man das meiste davon wieder vergessen hat. Und wo wir gerade bei der Auflösung der Geschichte sind: Ohne Inhalte vorweg zu nehmen, kann man doch zusammenfassen, dass das Ende nicht halb so überraschend daherkommt, wie es die Entwickler gerne hätten. Trotzdem trifft es aber den richtigen Ton und hinterfragt die übliche Rollenverteilung, die in vielen Videospielen vorherrscht. So bleibt es letzten Endes trotzdem stimmig und absolut befriedigend.
Unglücklicherweise zeigt sich der Spielablauf extrem linear. Meist öffnet man durch das Lösen eines Rätseln nur den nächsten Raum, in dem man wieder ein Rätsel löst und so weiter. Und die Aufgaben beschränken sich oft auf einfaches Suchen und Kombinieren. Dialoge gibt es praktisch gar nicht, denn ihr erkundet eine tote Umgebung ohne jegliche echte Gesellschaft. Bis auf einige Ausnahmen scheint bereits alles Relevante passiert zu sein und ihr durchsucht nur die zurückgebliebenen Hinweise. Das ist so gut umgesetzt, dass es die Atmosphäre gewaltig davon profitiert. Nur leider macht es den Spielablauf nicht unbedingt vielschichtiger.
Fazit
Es ist nicht gerade einfach eine treffende Note für ein Spiel wie The Starship Damrey zu finden. Kein Wunder, schließlich gehört es zur Guild-Serie von Level-5, in der grundsätzlich ungewöhnliche Spielideen umgesetzt werden. Und auch dieser Titel dürfte vielen Leuten einfach zu sperrig sein. Die Optik ist zwar stimmungsvoll, aber aus technischer Sicht nicht gerade umwerfend und das Gameplay ist so langsam, dass es viele Spieler einfach nur träge finden dürften. Der Umfang ist auch nicht gerade riesig. Im Gegenzug ist es jedoch eine sehr ungewöhnliche Spielerfahrung, wenn man sich erst mal darauf einlässt. Es gibt zahlreiche Bezüge zur Geschichte des Mediums Videospiel, eine interessante erzählerische Struktur und eine tolle Atmosphäre. Wem die Kritikpunkte wichtig sind, der kann bei der Endnote noch locker zwei Punkte abziehen. Oder schlagt noch ein, zwei Zähler drauf, wenn euch die Vorteile zusagen.