Lesezeit: 5 MinutenUnsere arme, kleine PS Vita bekommt endlich wieder was zu futtern: Soul Sacrifice aus der Feder von Mega Man-Schöpfer Keiji Inafune schickt sich an, die Verkaufszahlen von Sonys Handheld wieder ins rechte Licht zu rücken. Aber kann das Action-RPG überzeugen oder geht die Serie “schwache Software auf toller Hardware” in die nächste Runde? Ich habe mir den Titel mal näher unter die Lupe genommen und werde euch nun an meinen Erlebnissen in der morbiden Welt wahnsinnger Zauberer teilhaben lassen…
Ein Slave, ein Zauberer und ein sprechendes Buch
Ihr beginnt das Abenteuer in einem Käfig und werdet dort auch bis zum Finale des Spiels verharren. Als namensloser Sklave müsst ihr hilflos mit ansehen, wie einer eurer Mithäftlinge von einem grausamen Zauberer namens Magusar seiner Lebenskraft beraubt wird. Da ihr ihm offensichtlich als Nächstes zum Opfer fallen werdet, könnt ihr eure verbleibende Lebenszeit genauso gut mit Schmökern verbringen. Da passt es prima, dass zufällig das sprechende Zauberbuch Librom in der Nähe rumliegt. Immer einen frechen Spruch auf den Lippen, fleht euch Librom geradezu an, gelesen zu werden. Also schlagt ihr die magischen Seiten auf und hofft, vielleicht Antworten auf eure Fragen zu bekommen: Wer bin ich, wo komm ich her, wie bin ich hier gelandet und warum ist die Welt nur noch eine vor sich hin faulende Ödnis?
Ein Kessel Buntes
Das Buch wird für den Rest des Spiels euer Level-Hub bilden. Zwischen den Spielabschnitten wird euch die Geschichte in bester Bilderbuchmanier mit guter Sprachausgabe nähergebracht. Die Action findet in sogenannten Phantom Quest-Kapiteln statt: Hier findet ihr euch in großen Arenen wieder, wo es den Monstern an den Kragen geht. Soul Sacrifice ist ein Action-RPG, welches den Schwerpunkt klar auf Kämpfe legt. Was dabei vor allem nach längerer Spielzeit auffällt, ist die erstaunlich hohe Dichte an Zaubern die ihr einsetzen könnt: Beschwörbare Waffen, mörsergeschossartige Energiekugeln, kriechende Elementarzauber, fliegende Klingen, beschwörbare Riesenbestien, etc. Und das ist nur ein Bruchteil an Offensivzaubern! Von Defensiv-, Attributs- und Heilzaubern will ich gar nicht anfangen. Das für sich schon beeindruckende Zauberarsenal wird zudem erheblich gesteigert, da die meisten Zauber auch noch in mehreren elementaren Ausführungen kommen. Leider kann das Gegneraufkommen nicht so ganz mit der Abwechslung an Zaubern mithalten: Schon nach wenigen Stunden Spielzeit trefft ihr auf recycelte Standard- und Bossgegner mit leicht veränderten Farbmustern und elementaren Beschaffenheiten.
Seelen, Seelen, nichts als Seelen
Wie ein roter Faden zieht sich das Leitmotiv des Seelen-Sammelns durch das ganze Spiel. Nach jedem erledigten Gegner könnt ihr durch einen Druck auf die Schulterbuttons entscheiden, ob ihr seine Seele opfern oder retten wollt. Eure Wahl trägt maßgeblich dazu bei, in welche Richtung sich euer Charakter entwickelt. Der Level-Cap von 100 splittet sich streng nach Lebens- und Magiestufe. Eine Seelenrettung verbessert eure Lebensstufe und Verteidigungswerte, während bei einer Opferung eure Magiestufe und somit Angriffswerte erhöht werden. Je nachdem wo eure Präferenzen liegen, könnt ihr euch also euren Charakter zusammenschustern. Das Gemeine daran ist, dass euch stellenweise Abzüge beim Gegenwert gemacht werden, wenn ihr euch zwischendurch mal für eine Opferung bzw. Rettung entscheidet. Dies kann im Eifer des Gefechts durchaus passieren, da euch eine Seelenrettung kostbare Lebensenergie zurückgibt. Umgekehrt bekommt ihr Mana für Seelenopferungen, was nicht minder wichtig ist – schließlich wird in Soul Sacrifice ausschließlich gezaubert.
Ein Magier und sein Zauber-Sixpack
Bevor ihr euch überhaupt in die Schlacht stürzt, ist es empfehlenswert, eure schwarzen Künste zu überfliegen. Dies macht eigentlich praktisch nach jeder gewonnenen Schlacht Sinn, da ihr jedesmal mit neuen Sprüchen überschüttet werdet. Solltet ihr alte Zauber bekommen, könnt ihr die ebenso gut gebrauchen: Jeder davon lässt sich aufwerten, indem er mit einem gleichartigen Spruch kombiniert wird. Um Eure Lieblingshöllenkünste aufzuwerten, müsst ihr also immer wieder erneut die entsprechenden Zauber looten. Die Tastenbelegung für die einzelnen Sprüche ist dabei euch überlassen, zur Verfügung stehen Kreis, Quadrat und Dreieck. Pro Taste dürft ihr zwei Zauberformeln auslagern, so dass ihr im Kampf nie mehr wie sechs magische Skills einsetzen könnt. Dies macht es unumgänglich, vorher abzuwägen, gegen welche elementaren Beschaffenheiten eure Gegner anfällig sind. Auch machen bodenfixierte Sprüche keinen Sinn, wenn ihr Jagd auf Vogelmonster macht. Die Zauber spielen sich erfreulich unterschiedlich: Bei beschwörten Waffen steuert sich Soul Sacrifice wie ein abgespecktes God of War, Wurfgeschosse lassen Third-Person-Shooter-Feeling aufkommen und bei Elementarmagiegranaten muss der richtige Wurfwinkel bestimmt werden. Die Kreuz-Taste lässt euch in all dem Magiegetöse akrobatische Einlagen in Form von Ausweichrollen ausführen.
Magische Soundkulisse, nicht ganz so zauberhafte Grafik
Schon im Hauptmenü begrüßt Soul Sacrifice euch mit einem tollen, dramatischen Orchester-Score aus der Feder von Yasunori Mitsuda (u.a. Chrono Trigger, Chrono Cross, diverse Xeno…-Titel). Der äußerst abwechslungsreiche Soundtrack fängt die bedrückende Stimmung des Spiels toll ein und ist nicht umsonst auch separat im PSN-Store erhältlich. Auch sonst überzeugt die Klangkulisse mit engagierten Sprechern und knackigen Soundeffekten. Speziell in den Kämpfen macht die Musik gepaart mit dem Kampfgeschrei und Magieexplosionen echt was her, so dass sich jeder noch so kleine Kampf wie eine epische Schlacht anhört. Die Grafik kann hier nicht ganz mithalten und ist für PS Vita-Verhältnisse eher im “Okay”-Niveau anzusiedeln. Zwar sind das Gegnerdesign und die Magieeffekte gelungen, die Arenen sehen jedoch oft eher trist aus und haben stellenweise erschreckend pixelige Bodentexturen aufzuweisen.
Mehr Spieler, mehr Seelen!
Irgendwann werdet ihr in der Hauptstory einen Punkt erreicht haben, wo ihr schon tot umfallt, wenn eure Gegner euch nur anschauen. Dann ist es höchste Zeit für ein paar Grinding-Sessions! Glücklicherweise lässt euch Soul Sacrifice mit eurem Hauptspiel-Charakter auch im Multiplayer-Modus leveln, so dass ihr dieses Prozedere etwas beschleunigen könnt. Mit bis zu vier Spielern lässt sich manch mächtiges Zauberwesen doch gleich viel entspannter auseinandernehmen. Auch wenn es zuweilen recht chaotisch zugehen kann, macht das Monster-Metzeln zu viert jede Menge Spaß. Dank Schnellchat-System kann man vor der anstehenden Schlacht auch noch die Taktik besprechen und ob der Fokus auf Opfern oder Retten liegen soll. Der Netzwerk-Code läuft stabil und hat mir in meinen Testläufen nur Probleme bereitet, wenn mein Router rumgesponnen hat. Aber selbst bei abbrechender Verbindung werdet ihr glücklicherweise nicht aus dem Spiel geworfen, so dass ihr den Level alleine noch beenden könnt.
Fazit: Hier fehlt die Seele
Eigentlich macht Soul Sacrifice nicht viel falsch. Die Story wird auf ihre ungewöhnliche Art angenehm anders erzählt und die passable Grafik wird um einen großartigen Soundtrack ergänzt. Auch der Multiplayer macht Laune und lädt zu ausschweifenden Grinding-Sessions ein. Allerdings werdet ihr nach der zigtausendsten Mutantenkatze schlichtweg gelangweilt, denn Gegnervielfalt wurde hier leider nicht groß geschrieben. Da sich auch die Bossgegner und Arenen schnell wiederholen, wird man trotz ständig neuer Zaubersprüche irgendwann wenig Lust verspüren, weiterzuspielen. Nach fünf Stunden hat man eigentlich schon alles gesehen, was in einem 20+ Stunden-Spiel tödlich ist. Eigentlich schade, denn das Setting, die Spielidee und Story hätte viel mehr Potential gehabt. Mit mehr Arenen und Gegnervarianten hätte man locker einen Hit gelandet, so ist es “nur” ein solides Action-RPG mit einem erwähnenswert gelungenen Soundtrack. Nein, den erhofften Überflieger, der die PS Vita retten wird, bekommen wir auch diesmal nicht. Aber auf Sonys Handheld ist man ja derzeit mit “guter Durchschnitt” auch schon zufrieden.
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