Onechanbara Z2: Chaos – Trash-Porn-Samurai-Vampir-Zombie-Action aus Japan
Lesezeit: 5 MinutenWenn ein Land dem Trend der gesellschaftstauglichen Videospiele – mit komplexen Charakterdesigns und der Behandlung von Alltagsthemen – energisch die Stirn bietet, dann ist das wohl Japan. Mit Onechanbara Z2: Chaos liegt gerade das Klischee eines Videospiel-Klischee-Klischees im Laufwerk meiner Playstation 4 und verspricht heiße Anime-Mädels mit scharfen Waffen und jede Menge Untote, die bereit sind Backenfutter zu kassieren. Als Fan stupider Arcade-Metzeleien ohne Niveau möchte ich sofort den Song „(I’ve Had) The Time of My Life“ anstimmen, jedoch lasse ich euch vorher diesen Test lesen, damit ihr wisst, ob das überhaupt gerechtfertigt ist.
Vampirmädels und Zombies! Ein Erfolgsrezept?
Onechanbara Z2: Chaos ist der Nachfolger von Onechanbara Z, welches 2012 für die Xbox 360 und 2013 für die Playstation 3 in Japan erschien. Ihr müsst euch also nicht schämen, wenn dieser Titel hiermit das erste Mal auf eurem Radar landen sollte. Die Reihe geht sogar bis ins Jahr 2004 zurück und startete damals auf der Playstation 2. Seitdem gibt es Ableger für sämtliche Konsolen, von denen es die wenigsten Titel überhaupt erst nach Europa schafften und mit Z2 sogar die Premiere der Reihe in Deutschland gefeiert wird. Auch das Entwicklerstudio Tamsoft findet hauptsächlich in Japan statt, jedoch sollte es hierzulande hauptsächlich durch den Beat’em Up-Klassiker „Battle Arena Toshinden“ bekannt sein.
Wer mich nun tatsächlich fragt, mit welchem Kontext oder mit welcher Geschichte dieses Spiel auffährt, der lässt meinen Zingefinger mehrfach gen Schläfe wandern. Grob gesagt besteht diese Kombo aus vier asiatischen Schönheiten, die aus zwei Schwesternpaaren bestehen. Kagura und Saaya gehören zum „Vampiric Clan“, während sich Aya und Saki den „Baneful Blood“ zugehörig fühlen. Auch wenn diese beiden Parteien eigentlich verfeindet sich, ergibt sich aus der Existenz einer noch größeren Bedrohung eine Kollaboration, welche die Vier auf Missionen schickt, die sich über den ganzen Globus verteilen. Ein Intro – welches lediglich aus Offtext und Bildern besteht – und kleinere Cutscenes mit relativ sinnfreien Dialogen zeigen einen Tenor, der sich klar auf überspitzte Actionunterhaltung beschränkt. Dass die Damen gleichzeitig spärlich bekleidet durch die Levels schreiten, unterstützt die Absurdität dieser Zusammensetzung. Man muss Onechanbara jedoch seinen Vorreiterstatus lassen, da dieses Konzept aus einer Zeit weit vor Bayonetta und Lollipop Chainsaw stammt. Entsprechend der nichtexistenten Story reduziert sich der Spielverlauf auf abgesteckte Levels, was dem ganzen einen Arcade-Anstrich gibt, der für die moderne Videospielkultur obsolet und daher äußerst ungewöhnlich erscheint. Wer gar einen Spannungsanstieg oder etwaige Wendepunkte in der Handlung erwartet, der hat sich jetzt schon gehörig im Spieleregal vergriffen.
Blutgetränkte Klingen und blutleeres Gameplay!
Da während des Spiels zwischen den Mädels gewechselt werden kann, bestimmt ihr zu Beginn jedes Abschnittes die Reihenfolge, je nach Favorit. Oberflächlich betrachtet bedient sich das Gameplay an gängigen Hack’n Slay-Standards, genießt jedoch einige Raffinessen, um das Potential voll auszukosten. Zwei Schlagtasten, gepaart mit einer Zweitwaffe und einer Sprungfunktion, die gleichzeitig als Sturmangriff fungiert, definieren die Basis, wirken jedoch im Vorfeld recht unbeholfen. Wichtig ist zunächst, dass sich eure Waffen mit fortschreitender Metzelei mit Blut benetzen, was sie langsamer und schwächer werden lassen. In einer ruhigen Sekunde gilt es diese regelmäßig per Tastendruck zu reinigen. Danach hauen die unzähligen Kombos aus unterschiedlichen Waffen und Schlagtasten am Boden sowie in der Luft wieder ordentlich rein. Je nach notwendiger Strategie können Erst- und Zweitwaffe auch getauscht werden, was sich jedoch nach den Mädels richtet. Diese besitzen nämlich unterschiedliche Kampfstile und Möglichkeiten, um die Gegnerhorden in den Staub zu kloppen. Ein Wechsel empfiehlt sich also nicht nur, um die gerade gewählte Figur vor dem Ableben zu bewahren, sondern auch um das Potential aller Mädels auszukosten. Wird es brenzlig können auch alle Protagonistinnen gleichzeitig ins Feld geschickt werden. Parallel dazu hat jede Kämpferin auch eine sogenannte „True Form“, die aktiviert werden kann, wenn ihr genug Untote über den Styx gejagt habt. Diese Fähigkeit schaltet sich jedoch erst im Laufe des Spiels für alle Charaktere frei. Während den zahlreichen Bosskämpfen empfiehlt sich die Lock-On-Funktion, die den Gegner nicht außer Sicht lässt, während gut getimte Ausweichrollen euch vor heftigen Attacken bewahren.
Das Ganze wirkt in der Theorie sehr facettenreich und durchdacht, mündet jedoch in der Praxis zu einem unübersichtlichen Chaos. Obwohl die Moves sind sehr facettenreich und dutzendfach vorhanden sind und außerdem noch erweitert und verbessert werden können, ist das Gameplay größtenteils zu hektisch, um den Überblick zu behalten. Hinzu kommt, dass der Schwierigkeitsgrad kaum fordernd ist und sich die Bearbeitung der kaum enden wollenden Gegnermassen bereits nach kurzer Zeit nach purer Arbeit anfühlt. Dass sich Kagura und Saaya auch noch selbst heilen können unterstützt diesen Fließbandgedanken, wobei ebenfalls zahlreiche Items für Heilung und Verstärkung gekauft oder gesammelt werden können. Auch ist das Verhältnis zwischen normalen Gegnern und Bossen alles andere als ausgeglichen. Während ihr euch während der Levels auf eine konstante Unterforderung einstellt, verwirrt es, wenn Hauptgegner tatsächlich eine gewisse Strategie bedürfen, bis ihr sie mit einer inszenierten Reihe aus Quicktime-Events zur Strecke bringen könnt.
Die Levelstruktur zerrt ebenfalls am Nervenkostüm, indem ihr erst fortfahren dürft, sobald alle Gegner eines Abschnitts besiegt sind. Daraus ergeben sich dutzende von nervigen Wellen, die sich lediglich nach Beschäftigungstherapie anfühlen, während ihr einzelne Zombies sogar oft noch suchen müsst. In den ersten Welten fällt dies noch nicht ins Gewicht, jedoch teilen sich die späteren Gebiete in verschiedene Räume ein, die ihr betreten und regelrecht abarbeiten müsst. Die vielen unterschiedlichen Gegnertypen von trägen Zombies über riesige Fledermauswesen und Werwölfe mit unterschiedlichen Waffen und Fähigkeiten sollten dieses repetitive Gameplay eigentlich auflockern, gehen jedoch in der Masse und im niedrigen Schwierigkeitsgrad unter und reihen sich letztendlich ebenso in die Rolle des inspirationslosen Schwertfutters ein. Motivation schafft immerhin das Upgrade-System. Während den Kämpfen gesammelte Punkte können für neue Moves, Waffen und modifizierende Ringe ausgegeben werden.
Ne Playstation 3 hätt’s auch getan!
Das grafische Niveau bedarf nicht vieler Worte. In Zeiten in denen selbst Dead Or Alive vom puppigen Design seiner Kämpfer zurückweicht, setzt Onechanbara keineswegs auf Fotorealismus, sondern auf simple Anime-Optik, die besonders in der Gestaltung der unterschiedlichen Areale sehr auf das Wesentliche reduziert ist. Die Playstation 4-Exklusivität ist daher sehr fragwürdig. Letztendlich passt es dennoch zum eher arcadigen Style des ganzen Spiels und erinnert nostalgisch an konzeptlose Brawler der 6. und 7. Konsolengeneration und Spielautomaten. Gleiches gilt für Animationen und das Trefferfeedback der Gegner. Alles in Onechanbara Z2: Chaos schreit nach dem Gedanken „Du befindest dich gerade in einem Videospiel“, was das Abtauchen in eine fantasievolle Welt vollkommen zunichtemacht. Auch im Charakterdesign findet sich kein Identifikationspotential. Vier sexuell aufreizende Frauen, die jeder Gefahr spöttisch trotzen und sich dennoch immer wieder als kleine, tapsige Mädchen darstellen, geben sich gleichzeitig erschreckend wenig Mühe mir das Ganze als absichtlichen Trash zu verkaufen. Wen die Freizügigkeit stört, kann die Damen mit dutzenden von freispielbaren Kleidungsstücken bedecken oder aufhübschen, jedoch ermüdet mich das Design, weil es Mittel zum Zweck ist und eher peinlich berührt als amüsiert oder ästhetisch wirkt. Das bekommt die Konkurrenz leider besser hin.
Fazit
Onechanbara hängt an seinen veralteten Wurzeln fest und vernachlässigt dabei alle Aspekte, die Videospiele heute bieten können, zugunsten eines actionorientierten Gameplays. Wer sich selbst so sehr reduziert, muss jedoch genau in diesem Aspekt punkten können, was das Spiel leider nicht schafft. Mechaniken, Moves, Upgrade-Funktion und die Abwechslung durch die vier Charaktere bieten ein gutes Fundament, verkommen jedoch durch den niedrigen Schwierigkeitsgrad und die inspirationslosen Gegnermassen schnell zum repetitiven Buttonmashing ohne Ziel und Motivation. Über das sexualisierte Charakterdesign mag man gerne streiten, jedoch sind solche Stereotypen stets zu verschmerzen, wenn Gameplay und Kontext dies entsprechend unterstützen. Während z.B. Bayonetta in Design und Gameplay punkten kann, fährt Lollipop Chainsaw jede Menge Trash und Humor auf. Das Konzept von Onechanbara in Design, Story und Gameplay ist eben hoffnungslos veraltet und schafft es nicht einen entsprechenden Kontext aufzubauen, der diese Kombination irgendwie rechtfertigt. Selbst ein Coop-Modus wäre letztendlich eine große Bereicherung für das Spielgefühl gewesen, dieser ist jedoch leider nicht vorhanden. Eine Empfehlung würde ich also lediglich Fans der Reihe oder hardcore-japanophilen Arcade-Liebhabern aussprechen, was ich selbst sehr schade finde, denn Onechanbara hätte im Prinzip genug potential, um die nischigste aller Nischen zu durchbrechen.
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