Lesezeit: 3 MinutenWo kam das denn auf einmal her? Da glaubte ich doch das Ende von Deponia mit eigenen Fingern durchklickt zu haben und dann sollen Rufus und ich das alles nur geträumt haben? Und wer hat den rosa Elefanten hereingelassen? Das umstrittene Ende der preisgekrönten Spieleserie bekommt ein Nachspiel, welches auf ein Neues der Spielerschaft versucht klar zu machen, dass gute Geschichten nicht zwangsläufig ein rosiges Ende haben. Erwartet mit der Fortsetzung jedoch keine Schlichtung der hitzigen Diskussion um Rufus’ letzte Minuten aus dem dritten Teil. Sondern vielmehr eine Verdeutlichung, dass man Handlungen nicht einfach umschreiben kann, ohne dass die ganze Welt ins Wanken gerät.
Winter. Eine vermummte Gestalt fährt durch das Endzeitszenario Deponias. Es ist Rufus, der das zu Ende bringt, was er ursprünglich verhindert hatte – er sprengt Deponia in die Luft. Wie aus einem bösen Traum wacht er in seinem Zuhause in Deponia auf und muss feststellen, das keiner um ihn herum sich seinen Heldentaten bewusst ist. Trotzdem ist alles beim alten und die ersten Scherben des Tages nicht weit. Er trifft auf McChronicle, der mit seiner Zeitmaschine das Kernobjekt der Handlung ins Spiel bringt. Rufus kommt schnell in die Verlegenheit, die Zeit zu seinem Gunsten nach Lust und Laune zurückzustellen und damit für das Chaos zu sorgen, für das er nun mal prädestiniert ist. Mit jeder Zeitreise verlieren wir alle Items und setzen alle Aktionen zurück. Erinnern können sich nur diejenigen die einen Aluhut tragen oder wie Rufus eine Metallplatte im Schädel mit sich herumtragen. Sachen gibbet, die gibbet gannich. Es folgen Explosionen, Zeitschleifen und waghalsige Pläne des wohl debilsten Chaoten und Erfinder Deponias. Aber hier kann man nur zuviel verraten.
Das Szenario ist düster, aber nicht melancholisch. Denn auch wenn die Emotionen im Spiel doch manchmal hochkochen, so ist das Thema ein ganz nüchterndes. Gleich schon im Intro macht Goal klar: “Ach, der Schluss gefällt euch nicht? Ihr hofft noch auf ein Happy End? — Aber, aber, ihr wisst doch, Enden und Haie, man sollte sie nicht herausfordern.”
Guilty Pleasure
Bei all dem unterschwelligen Sarkasmus werden meine Glücksgefühle, wieder in Deponia sein, auf die Probe gestellt. Mit schalem Beigeschmack und einem leisen Schuldgefühl, das Ende der Trilogie in Frage gestellt zu haben, werden wir nun in den neuen Teil entlassen. Und trotzdem hat Daedalic wieder ein gelungenes Kapitel geliefert. Detailverliebte wunderbare Hintergründe und viele bekannte und neue Gesichter stehen den Vorgängern qualitativ und unterhaltungstechnisch in nichts nach. Die neuen Quicktime-Events und mit einem Zeitlimit verbundenen Rätsel sind sehr einfach gehalten und unbeschadet zu bestehen. Ebenso empfinde ich die Minigames in jedem Teil als unausgereift. Ich persönlich hätte sie nicht gebraucht, es lässt den Spielfluss aber ein wenig dynamischer werden. Mit den bekannten Sprecher und witzigen Dialogen verfliegen die knapp 15-20 Stunden Spielzeit fast wie im Flug. Ihr solltet jedoch unbedingt die Trilogie vorher abgeschlossen haben, um die Story, alte Schauplätze und Anekdoten in vollen Zügen genießen zu können. Einzig und allein der Soundtrack lässt mich ein wenig enttäuscht zurück. Die Latte der letzten Teile liegt sehr hoch und ich hätte mich für diesen Teil ein wenig mehr Aufwand dafür gewünscht.
Ich möchte mich hier nicht wiederholen, das tut das Spiel schon von alleine
Der Titel ist Programm. Deponia Doomsay schlägt spieltechnisch, abgesehen von den Zeitreisen, in die gleiche Kerbe wie seine vorhergegangene Trilogie ein. Genau das, was die Fans wollten oder? Sie bekommen jedoch das volle Adventure-Paket nicht ohne gut verteilte eindeutige Kommentare seitens Rufus. Es wirkt wie eine trotzige, aber anspruchsvolle Kritik an dem Wunsch nach einem Happy End. Natürlich wird euch für euer Geld das geboten, was ihr von einem Deponia-Titel verlangt und natürlich ist es ein witziges Point’n’Click-Adventure, wie es im Bilderbuch steht. Aber wer zwischen den kniffligen, manchmal willkürlich-wirkenden Rätseln und der in den Dialogen versteckten Seitenhiebe die Zeilen liest, lernt vielleicht eine wichtige Lektion.
Fazit
Ich gehöre zwar nicht zu den Spielern, die sich über das Ende von Goodbye Deponia tot diskutiert haben. Aber meinen Wehmut habe ich nicht verborgen, so mal der letzte Teil schlichtweg grandios war und ich meine Zeit in Deponia schmerzlich vermissen würde. Zweieinhalb Jahre ist es nun her, dass ich Rufus’ Ende gesehen habe und ich muss im Nachhinein zugeben, dass es gut war. Die Geschichte war vorbei. Es gab nichts, wozu man zurückkommen sollte. Und nun sitze ich hier mit einem unguten Gefühl im Bauch, vielleicht doch einen Funken Hoffnung auf ein Happy End gehabt zu haben. Mit Schuldgefühlen, das Ende jemals in Frage gestellt zu haben. Mit Dankbarkeit, noch einmal Deponia gesehen zu haben.
Spielt Deponia Doomsday, wenn ihr den Müllplanet euer Zuhause nennt und die Trilogie mindestens genau so gern wie ich gespielt habt. Die liebevolle 2D-Grafik, knackigen Rätsel und Schmunzeldialoge lassen Heimatgefühl aufkommen. Aber seid euch Gewahr, dass die Welt nicht mehr dieselbe sein wird, zu der ihr zurückkehrt. Schlafende Hunde soll man nicht wecken.
Was ich daraus gelernt habe? Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst.
Deponia Doomsday ist seit dem 1. März 2016 bei Steam und ab 8. April als Special Edition bei Amazon erhältlich.