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BioShock Infinite – Ist Columbia wirklich das neue Eden?

von am 18. April 2013
DETAILS
 
Pluspunkte

+ jede Menge Wow-Momente
+ tolle, vielschichtige Geschichte
+ gesellschaftskritische Themen
+ Elizabeth als grandiosen Sidekick
+ tolle deutsche Synchro
+ grandios inszeniertes Columbia

Minuspunkte

- einige Ruckler (Konsolenversion)
- hier und da längere Ladezeiten
- etwas altbackene Texturen
- teilweise etwas starre Gesichtsanimationen und geklonte NPCs

Editor Rating
 
GAMEPLAY
9.0

 
GRAFIK
8.0

 
SINGLEPLAYER
9.0

 
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9.0

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9.0

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Lesezeit: 8 MinutenBioShock Infinite ist mit ziemlicher Sicherheit einer der Titel des noch so frühen Jahres, der eine Chance auf den Game of the Year-Award hat. Zumindest sagen das aktuell viele Spieler und Kritiker des geistigen Nachfolgers von BioShock. Doch kann BioShock Infinite mit seiner luftigen Stadt Columbia, der Story und vor allem dem Sidekick Elizabeth wirklich überzeugen? Oder endet der Höhenflug abrupt mit einem harten Aufprall auf dem Boden der Tatsachen?

Wir schreiben das Jahr 1912. Booker DeWitt ist ein Ex-Pinkerton-Agent, der knietief in Schulden steckt. Wie er diese Schulden bekommen hat, wissen wir nicht. Doch feststeht, dass wir nur noch eine Chance haben sie zu begleichen, bevor wir uns die Radieschen von unten ansehen können. Also machen wir uns in einer stürmischen Nacht auf dem Weg zu einem Leuchtturm irgendwo im Meer. Wer den ersten BioShock-Teil gespielt hat, wird wissen, was es mit einem Leuchtturm im Meer auf sich hat. Sobald Booker auf der Insel ankommt, merken wir, dass es kein Zurück gibt. Überall stehen Warnungen und Drohungen, dass wir das Mädchen zurückbringen sollen, um unsere Schuld zu tilgen. Uns bleibt nichts anderes übrig als immer weiter zu gehen, bis wir in Folge in Columbia landen. Wer den ersten Gameplay-Trailer gesehen hat, kennt den Anfang des Spiels bereits. Doch nicht nur diese Fahrt in den Himmel, sondern generell der Anblick von Columbia raubt einem den Atem. Eine ganze Stadt erstrahlt über den Wolken, die Freiheit scheint grenzenlos. Sobald wir dann das erste Mal durch die Straßen der Stadt laufen, merken wir, wie umwerfend alles designt ist. Kleine Gruppen von Personen, die sich unterhalten, Läden an jeder Ecke, der strahlend blaue Himmel und eine lebendige Stadt über den Wolken. Wow.

Allerdings hält dieser Frieden natürlich nicht lange an und schon bald gerät Booker in das Visier der örtlichen Sicherheitsmannschaft. Doch die Frage ist, warum? Immerhin wollte er nur an einer Tombola teilnehmen. Aber plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, er wird als falscher Hirte dargestellt und es scheint, dass der Prophet – das selbst ernannte Oberhaupt von Columbia – seine Ankunft bereits erwartet hat. Von diesem Moment an kann Booker keine Minute mehr ruhen, denn er muss das Mädchen finden. Sie ist seine einzige Hoffnung.

Geschichtsunterricht 2.0. – Heute: Die Unterdrückung der Arbeiter und mehr

Eine der interessantesten Sachen an BioShock Infinite ist die Vielzahl an Themen, die im Spiel angesprochen werden. Während Columbia nach außen hin wie ein neues Eden wirkt, ist die Wahrheit viel grausamer und hässlicher, als wir es uns vorstellen können. In Columbia regieren vor allem die Weißen unter Leitung von Vater Comstock, dem Propheten und Gründer von Columbia. Natürlich hat das zur Folge, dass bestimmte Minderheiten unterdrückt werden. Zur damaligen Zeit waren das nun Mal die Schwarzen und Iren. Wie einige der Kinematoskope – eine Art Stummfilm-Projektor für Touristen – im Spiel zeigen, werden diese zwei Ethnien als eine Art Plage angesehen, die sich vor allem durch Faulheit und Trunkenheit auszeichnet. Grund genug, dass die Wenigen, die einen Job haben, komplett ausgenutzt und wie Dreck behandelt werden. Ein Hungerlohn, falsche Versprechungen und die Illusion, dass sie ein besseres Leben als manch anderer führen, sollen die Unterdrückten ruhig halten. Aber natürlich ist das nicht der einzige kritische Aspekt des Spiels. Ein weiterer und viel präsenterer Aspekt ist der religiöse Wahn. Wie bereits erklärt, ist Vater Comstock ein Prophet und der Führer und Gründer von Columbia. Seinem Ermessen nach ist er in der Lage in die Zukunft zu sehen und die Bewohner der Stadt in ein goldenes Zeitalter zu führen. Ein Zeitalter, in dem es weder Hungernot noch irgendwelche Sorgen oder Ängste geben muss. Allerdings sieht er auch die auflodernden Gefahren in Form von Booker DeWitt, dem falschen Hirten und den Vox Populi. Letztere sind eine Bewegung, die von der Schwarzen Daisy Fitzroy angeführt wird. Sie kämpfen nicht nur für die Gleichberechtigung, sondern für eine allgemein bessere Situation. Allerdings versuchen sie das durch Waffengewalt zu erreichen. Dadurch sind sie eine Art Kontrast zu dem sonst so friedlich wirkendem Columbia. Sozusagen die Schattenseite. Diese ganzen geschichtlichen Aspekte verbinden sich mit der Hauptstory zu einem Konstrukt, das einen mehr als einmal sprachlos werden lässt. Natürlich gibt es noch weit mehr zu entdecken, doch wir wollen euch natürlich nicht spoilern.

Physikunterricht 2.0. – Heute: Viel-Welten-Theorie und Vigors

Ein Aspekt, der mich umgehauen hat, war die Einführung der Risse. Wie bereits im Vorfeld durch Trailer und Entwickler-Tagebücher klar wurde, wird Elizabeth die Möglichkeit haben Risse zu öffnen. Dabei handelt es sich um Fenster zu einer Parallelwelt. Eine Welt, die unserer sehr ähnlich, aber doch gänzlich anders ist. Beispielsweise könnte in einer anderen Welt eine Vase rot sein, während sie auf unserer Weltenlinie blaue ist. Solche Unterschiede wären zwar nur banal, aber natürlich gibt es auch wesentliche heftigere Unterschiede: Personen könnten in einer anderen Welt tot sein, in unserer aber quicklebendig. Die Viel-Welten-Theorie erlaubt vieles. Vor allem gibt sie euch in Feuergefechten ungeahnte Möglichkeiten. Elizabeth kann beispielsweise Risse öffnen, die euch eine Deckung verschaffen, einen Köder oder Waffen-Automaten. Auch ist sie dadurch in der Lage euch im Kampf mit Munition, Gesundheit oder Salzen zu versorgen. Vor allem Letztere sind mehr als wichtig. Während in BioShock die Plasmide mit Adam funktionierten, ist es in BioShock Infinite das Salz, das die Vigors am Leben erhält. Ohne Salze ist es nicht möglich, irgendeine der übernatürlichen Kräfte zu wirken. Dabei sind es genau diese, die so viel Spaß machen. Ganz gleich, ob ihr Feuerbälle aus euren Händen schleudert, die Gegner in die Luft jagt, ein magnetisches Schild aufbaut oder eure Feinde kontrolliert, es gibt für jeden Geschmack ein Vigor. Im Spiel lassen sich allerdings nur zwei Stück davon gleichzeitig ausrüsten. Im besten Falle habt ihr die Kräfte so gewählt, dass sie zusammen noch stärker wirken. Beispielsweise wird erst eine Horde Krähen beschworen, die anschließend durch einen Feuerball entzündet wird. Dadurch habt ihr einen doppelt so effektiven Einsatz der Vigors. Auf der Seite der Waffen seid ihr auch nur auf zwei Waffentypen zur selben Zeit beschränkt. Aber durch geschicktes Aufrüsten der einzelnen Feuerwaffen könnt ihr selbst mit einer Pistole immensen Schaden anrichten. Zumindest solange ihr keinem Handyman oder mechanischen Patrioten gegenübersteht. Denn diese beiden Feinde sind sehr robust und benötigen eine gute Strategie, eine starke Waffe und im besten Fall noch einiges an Salzen und Medikits. Nach einiger Spielzeit könnt ihr euren Schild und eure Lebensenergie erhöhen, um so mehr auszuhalten. Ein Tipp von mir, benutzt diese Infusionen zunächst nur um euren Schild zu verbessern. Ohne einen guten Schild bringt noch so viel Lebensenergie nichts.

Ein perfekter Sidekick

Einen riesen Pluspunkt bekommt Elizabeth. Jeder von uns kennt KI-Partner. Meist stehen sie im Weg, helfen nicht, reden sinnloses Zeugs und sterben einem weg. Nicht so Elizabeth. Sie kann auf sich selbst aufpassen und versteckt sich so lange, bis die Feuergefechte ausgetragen sind. Außerdem versorgt sie euch durch ihre Riss-Fähigkeit mit Salzen, Medikits und der Munition der ausgerüsteten Waffe. Sollten an eurem aktuellen Kampfschauplatz auch größere Risse geöffnet werden können, beispielsweise für Deckung, übernimmt sie diese Aufgabe auch gerne. Auch abseits von Kämpfen steht sie nur selten im Weg und verfolgt dafür häufig ihre eigenen Ziele, wie es scheint. Seid ihr zum Beispiel am looten, nutzt sie die Zeit um die Umgebung zu erkunden. Oft findet sie dabei Silver Eagles, die sie euch gerne überlässt, damit ihr genug Geld für Erweiterungen habt. Ein weiterer positiver Aspekt von ihr ist ihre Fähigkeit des Schlösser-Knackens. Die junge Dame ist nicht auf den Kopf gefallen und kann deswegen allerlei Schlösser von Türen oder Tresoren öffnen, sofern ihr die nötigen Lock-Picks habt. Dadurch kommt ihr schnell zum großen Rubel, den ihr auch benötigt, wenn eure Vigors oder Waffen stärker werden sollen. Immerhin stehen die Verkaufsautomaten nicht nur zur Zierde in der Gegend herum. Sie bieten neben Erweiterungen für Vigors und Waffen auch Munition, Medikits und Salze an. Natürlich alles nur gegen den entsprechenden Geldbetrag. Wenn sie einmal nicht gerade diese unterstützenden Sidekick-Aufgaben erfüllt, ist Elizabeth vor allem eins, das Gegenstück zu Booker DeWitt. Zwar ranken sich viele Geheimnisse um beide Charaktere, doch Booker wirkt dabei die ganze Zeit kalt, verschlossen und abgebrüht. Elizabeth hingegen ist die emotionale Seite in dem dynamischen Duo. Sie will nicht mehr eingesperrt sein, sie will die Freiheit. Sie hat Ängste, Sorgen und teilt diese Booker und damit dem Spieler mit. Elizabeth ist ein Charakter, den jeder automatisch ins Herz schließt. Sie ist nicht aufdringlich, aber trotzdem immer präsent. Und sie bringt so viele Geheimnisse mit sich, dass sie einfach nur faszinierend und interessant ist.

Columbia – Eine Stadt für Entdecker

Wenn wir alle genannten Aspekte einmal ignorieren und uns nur auf diese magische Stadt im Himmel konzentrieren, haben wir etwas Unglaubliches gefunden. Nicht nur fliegt diese ganze Stadt, nein, sie ist unfassbar schön und bietet so vieles zu entdecken. Zwar sind viele der Texturen und Grafiken für heutige Verhältnisse altbacken, aber trotzdem gibt es so viele schöne Details. Kleine Läden, mit Kundschaft, einen Jahrmarkt, Gärten, ein Museum und noch vieles, vieles mehr. In den meisten dieser Lokalitäten lassen sich vor allem auch viele Gegenstände finden. Ich bin zwar eigentlich keiner dieser typischen Looter, der alles einsammelt, aber in Columbia wurde ich zu einem. Während es am Anfang noch eher ruhig und gediegen ist, gibt es später in jeder Mülltonne, jeder Kiste, jedem Fass und jedem Schrank Loot zu finden. Meistens ist es nur Munition, oft aber auch Nahrung oder ein paar Silver Eagles. Nahrung ist vor allem deswegen wichtig, weil sie euch Gesundheit oder Salze bietet, wenn einmal kein vollwertiges Versorgungspaket in der Nähe ist. Ihr solltet allerdings auch auf deren Beschreibung achten: Während Soda beispielsweise Salz auffüllt, sorgt Alkohol dafür, dass Salz abgebaut wird, aber positiv auf eure Gesundheit wirkt. Auch gibt es an manchen Stellen vergammelte Nahrung, die eure Gesundheit zerstört, anstatt sie aufzubauen. Des Weiteren findet ihr stellenweise auch Ausrüstung. Diese kommt in Form von Hut, Shirt, Hose und Schuhen. Dadurch könnt ihr maximal vier Elemente anziehen, die jeweils verschiedene Effekte erzeugen. So könnt ihr zum Beispiel unverwundbar werden, wenn ihr etwas konsumiert oder ihr erzeugt mehr schaden bei Nahkampfangriffen. Ansonsten haben die Jungs und Mädels bei Irrational Games ein erneutes Wunderwerk vollbracht. War es in BioShock eine ganze Stadt unter Wasser, ist es dieses Mal eine über den Wolken. Darüber hinaus haben sie dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt, in der Art und Weise, wie sie Columbia besiedelt haben. Rapture beherbergte nur Mutanten, aber Columbia hat Zivilisten, die sich unterhalten. Die Stadt ist lebendig. Eine realistische Geräuschkulisse und schon erlebt ihr etwas Magisches.

Wo wir gerade von Magie reden. Die Syklines sind ebenfalls etwas Unfassbares. Eigentlich zu Transportzwecken gedacht, sind es riesige Metallschienen, die durch den Himmel verlaufen und Inseln miteinander verbinden. Mit einem Skyhook ist es auch Booker und Elizabeth möglich, an diesen Schienen langzufahren und dabei ein vollkommen neues Spielerlebnis zu erzeugen. Über mehrere Ebenen könnt ihr von einer Sykline zur nächsten springen, beschleunigen und erneut die Linie wechseln. Außerdem ist es möglich, während einer solchen Achterbahnfahrt die Waffe zu zücken und auf Feinde zu schießen. Sofern ihr die richtige Ausrüstung angelegt habt, könnt ihr beim Abspringen von einer Skyline einen Rückstoß erzeugen, der eure Gegner in Brand steckt. Anschließend springt ihr erneut an die Transportschiene und der Kampf geht weiter. Die Skylines machen enorm viel Spaß und befördern einen teilweise so sehr durch die Lüfte, dass ich teilweise mehrere Runden der gleichen Strecke gefahren bin, einfach weil es sprachlos macht. Ein Gameplay-Element dieser Art gab es vorher noch nie.

Ein Fazit zu meiner Reise nach Columbia

Haben die Jungs und Mädels bei Irrational Games ihr Ziel erreicht und das unfassbare Gefühl vom ersten BioShock wiederbelebt? Nein, denn sie haben es noch gesteigert. BioShock Infinite ist ein wirklich klasse Titel. Die vielschichtige Story mit Einflüssen aus Geschichte und Physik erzeugt ein fesselndes Erlebnis, das einen immer wieder nach Columbia zieht. Zwar ist die Grafik ein wenig altbacken und die Konsolen-Versionen leider unter kleineren Ladezeiten und Rucklern, doch diese Schwächen sind eher harmloser Natur. Booker DeWitt ist nicht alleine, als er sprachlos Columbia erblickte. Irrational Games haben es geschafft eine Stadt zu erzeugen, die wirklich unglaublich ist. Dazu kommt mit Elizabeth ein Sidekick, der nicht nur faszinierend und sympathisch, sondern auch nie störend ist. Sie ist die perfekte Ergänzung zu Booker, einem Helden, der gar keiner sein möchte. Auch das restliche Gameplay weiß zu überzeugen. Ganz gleich ob Skylines, Feuergefechte, Vigors oder Risse, alle Elemente vereinen sich zu einem Spiel, von dem ich fast schon sagen möchte, dass es das Game of the Year wird. Hut ab vor Irrational Games und BioShock Infinite.

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Kommentare
 
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  • Erunaenia
    18. April 2013 at 20:39

    Ich hab die ersten beiden BioShock nicht fertig gespielt, weil sie irgendwann langweilig wurden, dass ist bei Infinite definitiv nicht der Fall. Da wird jeder Raum durchsucht und alles genau angeschaut. Ich muss aber auch sagen, dass Elizabeth den “normalen ” Schwierigkeitsgrad schon etwas nach unten dreht mit ihrer ganzen Unterstürzung.


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