Lesezeit: 8 MinutenDie Medal of Honor-Serie existiert bereits seit 1999. Seit dem Reboot der Serie vor zwei Jahren ist die Reihe (wie die meisten anderen Shooter) in der Gegenwart angekommen und läßt sich nun von aktuellen Ereignissen inspirieren. “Die Medal of Honor” ist außerdem die höchste militärische Ehrenmedaille, die von der amerikanischen Regierung verliehen wird. Sie geht an Streitkräfte, die „auffallende Tapferkeit und Furchtlosigkeit bei Lebensgefahr weit über die Pflichterfüllung hinaus im Gefecht gegen einen Feind der Vereinigten Staaten“ gezeigt haben. Ob sich Electronic Arts mit Warfighter eine Auszeichnung verdient hat, lest ihr in unserem Test.
Wie war das nochmal mit der Handlung?
Es ist so eine Sache mit Ego-Shootern und dem Erzählen einer Geschichte. Irgendwie scheint beides nie wirklich zueinander zu finden und da bildet auch Medal of Honor Warfighter keine Ausnahme. Alles beginnt mit einem Einsatz in Pakistan und dem Auftrag die illegale Lieferung von Waffen an Terroristen zu stoppen. So einfach sich das anhört, so schief läuft der Einsatz am Ende ab, denn wir sprengen nicht nur den LKW in die Luft, sondern bringen gleich mal fast den ganzen Hafen zum Einsturz. Anlass genug für den Elitesoldaten Preacher, den Job komplett an den Nagel zu hängen und sich auf sein Privatleben zu konzentrieren, steht doch seine Ehe kurz vor dem Aus. Allerdings ist dies einfacher gesagt als getan, denn das Terrornetzwerk sprengt in Madrid Züge in die Luft und wir müssen die Hintermänner finden und ausschalten. Das machen wir als Preacher genauso wie unter dem Codenamen Stump, dem zweiten Spielbaren Charakter in der Kampagne. Wir reisen durch den Nahen Osten und versuchen in 13 Missionen die Welt zu retten.
Entwickler Danger Close versucht, eine Geschichte zu erzählen, scheitert jedoch daran. Die Zerrissenheit des Soldaten Preachers wäre eine gute Grundlage gewesen, der Zwiespalt zwischen Familienleben und Beruf, doch am Ende zeigt uns die Handlung nur, dass der Krieg über der Familie steht, ohne die genauen Motive für diese Entscheidung zu nennen (außer, dass die Welt die USA braucht, um uns alle zu schützen). Im Grunde werden wir in typischer 08/15-Manier von einer Mission in die nächste geschickt, von einem Schlauchlevel in das andere und während uns unsere KI-Kollegen bei jedem erledigten Feind applaudieren, verstehen wir so rein gar nicht, wer die Charaktere eigentlich sind und warum wir schon wieder die Welt vor einem Terroristen retten, den wir so schon in zu vielen Spielen zuvor gesehen haben.
Aus dem Westen nichts Neues
Medal of Honor Warfighter ist ein zweischneidiges Schwert, zum einen bietet der Titel Abwechslung, wir sind zu Fuß durch die Straßen unterwegs, sitzen am Steuer eines Jeeps (was erstaunlich Spaß macht, denn das Rasen durch die Basare und über stark befahrene Straßen ist ein willkommenes Element im Spiel und Need for Speed lässt grüßen), fliegen in Hubschraubersequenzen über unsere Feinde oder bedienen ein MG auf einem Schlauchboot und steuern es auch selbst. Auf der anderen Seite erinnert jede der Missionen vornehmlich an die Call of Duty: Modern Warfare (CoD) Titel. Nichts was ich sehe ist neu, ich habe alles schon einmal gespielt. Auch CoD schleußt mich von einem Schlauchlevel in das andere, inszeniert mit abstürzenden Hubschraubern, einbrechenden Häuserwänden und selbst das Tutorial ist fast identisch. Ob ich nun meinem KI-Kollegen “Mother” folge und auf seine Befehle achte oder Captain Price, macht keinen Unterschied. Stealth-Missionen funktionieren fast genau gleich, Scharfschützen-Sequenzen ebenso. Wir müssen nie nachdenken, nur Feinde erledigen. Wir werden von den einzelnen Missionszielen nicht überrascht, denn die sind schnell abgehakt, was allerdings auch kein Wunder ist, bestehen sie doch sowieso nur aus “Straße von Feinden säubern”, “Gebäude von Feinden säubern”, “Feinde verfolgen” und besonders beliebt ist das Ziel “Türe aufbrechen und Raum stürmen” (es ist scheinbar im Nahen Osten nicht möglich, eine Türe einfach nur aufzumachen). Einzige Neuerung hier ist, dass das Aufbrechen der Türe um eine kleine taktische Komponente erweitert wurde. Schaffen wir es, eine vorgegebene Anzahl von Kopftreffern zu erreichen, belohnt und das Spiel mit einer neuen Variante des Zugriffs. Steht uns zuerst nur das Aufkicken der Türe zur Verfügung, können wir später ein Tomahawk zur Hilfe nehmen oder mit einer Sprengladung die Türe aus den Angeln sprengen.
Was Warfighter im Gegensatz zu seinen Shooter-Konkurrenten auch anders macht, sind die Feinde. Die sind nicht einfach nur Kanonenfutter, sondern wechseln laufend ihre Deckung (die sie gut nutzen), rennen nur selten in einem Anfall von Kamikaze direkt vor unseren Gewehrlauf und sobald wir uns nicht bewegen, werden wir mit Granaten dazu gezwungen aus der Deckung zu kommen. So weit so gut, allerdings gibt es auch hier so einige Kritikpunkte: Meine KI-Kollgen zum Beispiel, die ihre Munition grundsätzlich an Steintreppen verschwenden, während ich eigentlich ihre Hilfe im Gefecht brauchen könnte. Die Feinde werfen so oft Granaten, dass es schon wieder nervt, genauso wie deren Taschenlampen, die mir komplett die Sicht nehmen, sobald ich in deren Richtung sehe. Viel Zeit vergeht, bis ich teilweise die Feinde überhaupt im Chaos und in der Einheitsbrei-Umgebung gefunden habe, da mir das Spiel auch nicht anzeigt, von welcher Seite ich getroffen worden bin. Das mag der Eine als Anspruch im Spiel, der Andere als störende Elemente sehen. Bei mir ist es definitiv letzteres. Die KI-Kollegen sind allerdings hilfreich wenn es um Munition geht, denn sobald mein Gewehr leergeschossen ist, muss man sich ihnen nur nähern und schon gibt es wieder ein volles Magazin. Oft brauch ich es allerdings gar nicht, denn meine Sekundärwaffe hat grundsätzlich unendliche Munition, da fühl ich mich nicht gerade wie Lara Croft, sondern da fühle ich nur fehlende Logik und dass obwohl man sich bei Entwickler und Publisher realistischer Shooter auf die Fahne geschrieben hat.
Um beim Thema Waffen zu bleiben: Obwohl man die Waffen der Feinde aufnehmen kann, bleibt man irgendwie immer bei der vorgegebenen Standardwaffe. Das liegt vor allem daran, dass man den Unterschied kaum ausmachen kann und auch daran, dass nicht eine der angebotenen Waffen zielsicher und treffgenau ist. Wo immer ich hinziele, egal ob mit einfacher Pistole oder Snipergewehr, der Schuss geht mit großer Wahrscheinlichkeit ganz woanders hin. Das ist bei einem Schnellfeuergewehr kein Problem, irgendein Schuss wird am Ende schon sitzen, bei einem Scharfschützengewehr allerdings ist es kein Spaß mehr, wenn man über den Gegner zielen muss, um ihn überhaupt zu treffen. Das wird mit Realismus im Spiel erklärt, ich will aber nicht Wind und Wetter in einen Schuss einberechnen, während ich in der virtuellen Welt unterwegs bin.
Die Kampagne ist in typischer 6 Stunden Shooterzeit-Manier vorbei, wobei hier kurz eingefügt werden muss, dass man dem Spieler tatsächlich eine Mission als solche ausgibt, die im Grunde aus nichts anderem besteht als Intro, Spieler macht einen Kopfschuss und Outro. Das ist eigentlich eine Frechheit. Vielleicht versteht sich Medal of Honor Warfighter auch einfach gar nicht als Einzelspieler-Titel sondern hat seinen Fokus auf dem Multiplayer. Wechseln also auch wir unseren Fokus und sehen uns einmal an, was das Spiel online zu bieten hat.
Mein Team innerhalb des Teams
Wenn Elektronic Arts einen Multiplayer-Titel veröffentlicht, muss man sich leider auch immer mit dem Thema Origins und Onlinepass beschäftigen, denn beides wird benötigt, um überhaupt eine Partie spielen zu dürfen. Sind Account und Pass vorhanden, kann es losgehen. Wer möchte kann (muss aber nicht) sich zudem beim Battlelog anmelden, wie es bereits bei Battlefield 3 der Fall ist.
Wie schon im Einzelspieler-Modus ist auch hier wenig Überraschung geboten, wer Shooter online spielt, der kennt auch hier die angebotenen Modi wie Team Deatchmatch oder Herrschaft bereits. Das Spiel bietet sechs Soldatenklassen mit unterschiedlichen Fähikeiten, so kann der Spec-Ops-Soldat mit einen Scanner einsetzen, um die Umgebung nach Feinden abzusuchen oder der Pionier seine Rüstung auf Knopfdruck verstärken. Zudem kann man aus einer von 20 Nationalitäten wählen, von der jede spezielle Waffenfähigkeiten hat. Das alles wird jedoch unübersichtlich und lieblos präsentiert. Es macht Mühe, sich durch die Menüs zu scrollen und den Überblick zu behalten.
Doch ist auch im Multiplayer nicht alles schlecht, denn Medal of Honor Warfighter gibt mir in jedem der unterschiedlichen Modi einen “Buddy” an die Seite, der vom Spiel zufällig ausgewählt wird. Alle Spieler bilden nun auch in einem Team Deathmatch-Spiel jeweils ein zweier-Team, helfen sich mit Muniton aus und können sich gegenseitig heilen. Das an sich ist eine innovative, gute Idee, nur nicht jedermanns Ding. Was nützt mir zum Beispiel ein Buddy, wenn ich an einen Camper gerate, der sich nur von einem Fenster zum anderen bewegt, während ich lieber kreuz und quer über die Karte renne, weil es mir mehr Spaß macht? Es ist nichts für Spieler, die zum ersten Mal den Onlinemodus ausprobieren, denn im Gegensatz zum einem sehr einsteigerfreundlichen Call of Duty oder einem sehr auf Teamarbeit ausgelegten Battlefield 3, lässt mich Warfighter ohne viele Erklärungen ziemlich alleine, während es versucht eine Mischung aus beiden voher genannten Spielen zu sein. Wie in der Kampagne möchte Danger Close zu viel auf einmal.
Gutes für die Sinne
Im Hintergrund von Medal of Honor Warfighter arbeitet die bereits aus Battlefield 3 bekannte Frostbite 2-Engine. Also eine gute Voraussetzung für grafische Hochleistungen. Auf der PlayStation 3 sieht der Titel auch gut aus, es gibt teilweise sehr schöne Lichteffekte zu sehen, Regentropfen auf dem Asphalt oder auf Steinen. Allerdings weiß man, was die Engine kann und das wird eindeutig nicht vollends ausgeschöpft: So lässt sich die Umgebung kaum von Patronen beeindrucken, die Gesichtsanimationen sind steif und wirken altbacken, selbst die Zwischensequenzen können nicht wirklich überzeugen, weil sie veraltet aussehen. Wir bereisen unter anderem den Jemen und Pakistan als Schauorte und sehen kaum Unterschiede, denn Details fehlen und wären nicht Feinde auf den Straßen unterwegs, würde sich jede Stadt, jedes Dorf als verlassenen Geisterort anfühlen. Während die Grafik in der Kampagne wirklich punktet, erkennt man sie im Multiplayer kaum wieder, denn aus unerfindlichen Gründen wurde sie dort heruntergeschraubt, die Texturen noch verwaschener und die Karten noch liebloser gestaltet.
Nicht enttäuschend sind hingegen der Sound und die Musik, die mit den Actionszenen aus anderen Shootern und selbst Filmen mithalten können. Wo immer sich unser Spielcharakter befindet, Waffen bieten eine reale Soundkulisse, die Schüsse knallen und hallen durch die Straßen, Feinde und KI-Kollegen begleiten uns mit ihren Zurufen. Sowohl die englische, wie auch deutsche Sprachsausgabe überzeugt durch gute und professionelle Sprecher, auch wenn es im Grunde nur wenig für die Figuren im Spiel zu sagen gibt.
Fazit: Was haben sie dir da nur angetan!?
Ich war früher ein großer Fan der Medal of Honor-Serie, ich weiß nicht, wie oft ich alleine Allied Assault durchgespielt habe und nun, nach Jahren und nach dem Reboot, kommt Warfighter auf den Markt und es enttäuscht. Es enttäuscht vor allem, weil es viel mehr sein möchte, als es ist. Es kopiert von den beiden Marktführern ohne eine eigene Identität zu entwickeln. Alleine die Handlung hätte mehr hergeben können, stellt sich allerdings am Ende nur als ein Applaus für den Krieg dar, mit fragwürdiger Ethik. Das Missionsdesign ist auf Dauer langweilig, nicht nur weil ich es schon tausendmal gesehen habe sondern weil ich es auch besser gesehen habe. Niemand muss das Rad neu erfinden für einen Shooter, aber uninspirierte Umgebungen und nerviges Waffenhandling sollten mittlerweile der Vergangenheit angehören. Der Multiplayer macht das Gesamterlebnis nicht besser, er ist unglaublich einsteigerunfreundlich und wer bisher Call of Duty oder Battlefield 3 gespielt hat, für den gibt es auch keinen Grund zu wechseln.
Also die Bewertung ist ja sehr mild ausgefallen ^^
Von dem was ich gesehen und gespielt habe, hätte ich nochmal einen bis zwei Punkte weniger gegeben 🙂
Die so genannte “Story” der Kampagne ist halt wirklich lächerhaftig, die Charaktere in den Zwischensequenzen richtig gruselig, die KI ist wirklich, wirklich grottig, die Steuerung in den Fahrsequenzen nicht wirklich umgänglich und das Interfacedesign…. DAS INTERFACEDESIGN!!! 😀
Also ich kann mir nicht vorstellen dass die Entwickler vor der Konsole saßen und wirklich überzeugt sagen konnten: “Jo, das Interface ist bombig, passt!”
Einfach wirklich kein gutes Spiel, da war sogar der Vorgänger noch besser, und der war auch schon nicht der Hit ^^
Aber okay, Meinungen 😉
Trotzdem gute Review, wenn auch für die ganzen Mängel etwas zu positiv ausgefallen! 😉
Ach ja, “Allied Assault” waren noch gute, alte Zeiten. Der Sturm auf die Normandie war legendär und eine der intensivsten Shooter-Erfahrungen, die ich je erleben durfte. Schade, dass Medal of Honor ein weiteres Opfer der Videospiel-Globalisierung geworden ist.
Im internationalen Schnitt liegt Medal of Honor bei knapp 51%. Das ist schon ein vernichtendes Urteil. Immerhin reden wir hier von einem Spiel, dass mehrere Millionen Euro gekostet hat. Natürlich geht es noch weiter runter, aber ich zitiere mal aus unserer Bewertungsbibel:
6/10 = ausreichend plus bis ausreichend
Ein mittelprächtiges Spiel
5/10 = ausreichend minus bis mangelhaft
Ein mittelprächtiges Spiel mit vielen Schwächen
4/10 = mangelhaft
Ein schlechtes Spiel mit deutlichen und vielen Schwächen
(ab hier werden Spiele beinahe unspielbar)
Die Wahrheit liegt meiner Meinung nach zwischen 5 und 6 von 10 Punkten. Das Spiel hat eine Menge Schwächen, leistet sich aber viel mehr “Komfort-Fehler” als grobe Spielbarkeitsschnitzer. Dadurch wird das Spiel nicht unspielbar, aber eben unbequem. Daher geht in meinen Augen die 6/10 völlig in Ordnung.
wie gesagt, ich liebte die Serie, aber jetzt ist sie für mich wirklich tot.