Lesezeit: 6 MinutenDer schlimmste Alptraum von Millionen alteingesessenen Nintendo-Fans ist wohl: Wii Fit! Doch auch wenn so mancher Super Nintendo-Veteran Gänsehaut bekommt, sobald er nur die Worte Balance Board und Yoga-Übungen hört, veröffentlicht Big N mit Wii Fit U einen neuen Ableger des Fitnessprogramms. Was er taugt, verrät euch unser Test.
Auf dem höchsten Stand der Wii-Casual-Flut der letzten Konsolengeneration schlug Wii Fit auf dem Markt ein wie eine Bombe und entwickelte sich zu einem gigantischen finanziellen Erfolg für Nintendo. Das Programm verkaufte sich, zusammen mit seinem Nachfolger Wii Fit Plus, über 43 Millionen mal (Quelle: vgchartz.com). Logisch, dass sich Nintendos Chefetage von dieser Reihe eine gewisse Zugkraft für die aktuell schwächelnde Wii U erhofft.
Das kenn’ ich doch schon
Wenig überraschend bleibt der Wii Fit-Kern unverändert: Es gibt Übungen in verschiedenen Kategorien, für die in der Regel das Balance Board und eventuell noch eine WiiMote benötigt wird. Mit dabei sind die vier bekannten Themenkomplexe Yoga, Muskelübungen, Aerobic und Balancespiele. Neu dazugekommen sind Tänze. Ein paar frische Aerobicübungen und Balancespiele sind ebenfalls mit an Bord. In den Bereichen Yoga und Muskelübungen gibt es jedoch gar nichts Neues. Fairerweise sollte man sagen, dass die vorhandenen Trainingseinheiten aber auch schon eine ordentliche Bandbreite abdecken. Die Balancespiele sind bekanntlich eher auf Spaß, als auf Schweiß ausgelegt und mit dem “Kellner”, der “Kletterwand” und dem “Trampolin” sind auch witzige Neuzugänge dabei. Gleiches gilt für die neuen Aerobic Übungen. Insbesondere das “Puzzle-Squash” ist witzig. Das ist eine Art Mischung aus Wii Sports Tennis und Bejeweld. In Summe dürften es aber ruhig mehr neue Inhalte sein.
Wie gut ihr jedoch in den einzelnen Übungen kontrolliert werdet, hängt stark von der jeweiligen Einbindung des Balance Boards ab. Bei jedem Training, das auf Gleichgewicht oder Gewichtsverlagerung basiert, werdet ihr sehr genau unter die Lupe genommen, beispielsweise beim “Stehende Knie” oder der “Ruderübung”. Andere Trainingseinheiten kommen weniger präzise daher. Beim “Klappmesser” wird zum Beispiel nur überprüft, ob ihr eure Füße überhaupt anhebt. In der Praxis bedeutet das, dass ihr diese eigentlich recht schwere Übung ohne Probleme zur Zufriedenheit eures virtuellen Trainers erfüllt, während man bei körperlich einfacheren Aufgaben viel schwerer eine gute Wertung bekommt. Mogeln ist so natürlich auch sehr einfach. Aber andererseits ist Wii Fit U ja kein wirkliches Spiel, sondern eine Fitnessanwendung. Und wer das Programm veräppelt, krückt sich letzten Endes nur selbst einen vor. Hier wäre Kinect zwar genauer, aber dafür kontrolliert das Balance Board viele andere Übungen besser, als es eine reine Kamera ohne Sensoren für die Gewichtsverlagerung könnte.
Sag mir nicht was ich tun soll… Halt! Sag’s mir doch!
Ein Problem beim ersten Wii Fit, dass der zweite Teil auch nur bedingt lösen konnte, war die fehlende Hilfe bei der Auswahl der passenden Trainingseinheiten. Oft wusste man nicht so recht, welche Übung man als nächste Wählen sollte, weil man nicht auswendig wusste, welche Muskelgruppen zum Beispiel durch die “Balancebrücke” gestärkt werden. Diese Problematik geht Wii Fit U auf verschiedene Weisen an. Wie in Wii Fit Plus könnt ihr euch ein eigenes Programm zusammenstellen. Aus sämtlichen Kategorien könnt ihr dann das passende Paket für euch auswählen. Bis zu drei Workouts lassen sich pro Nutzer speichern. Euch werden dafür die benötigte Zeit und die verbrannten Kilokalorien angezeigt. Ebenfalls bekannt ist das “Wii Fit U-Programm”. Hier werden die Übungen in Kategorien wie “Form”, “Jugend” oder “Lebensstil” aufgeteilt, die selbst wieder Unterkategorien haben. Aus denen könnt ihr ein Programm aufstellen, Wii Fit U wählt dann zufällig eine passende Übung aus. Das Problem dabei ist, dass teilweise sehr unterschiedliche Inhalte eine Kategorie bilden. Da bekommt man schnell etwas, dass man eigentlich gar nicht haben will oder was nicht wirklich effektiv ist.
Komplett neu ist aber der “Personal Trainer”. Dem gebt ihr nur ein Kalorienziel vor, dass netterweise ein Nahrungsmittel als Beispiel anzeigt (z.B. Chips 265 kcal), und der Trainer sucht für euch die Übungen nach eurem Intensitätswunsch aus. Leider werden euch teilweise auch Übungen zugeteilt, die ihr bei der jeweiligen Intensitätsstufe kaum erwarten würdet. Weiter könnt ihr Übungen anhand der zu trainierenden Körperpartie auswählen oder aus der Rangliste eure Favoriten (nach Häufigkeit, Verlauf, verbrannten Kalorien und Spielzeit) auswählen. In Summe hat man so durchaus brauchbare Auswahlhilfen. Insbesondere, da auch Vorschläge nach jeder einzeln ausgewählten Übung gemacht werden, die euch verraten, was noch sinnvoll wäre. Fehlerfrei ist das System zwar nicht, aber eine deutliche Verbesserung zu den Vorgängern.
Das gilt auch für die Menüs. Die sind viel übersichtlicher und deutlich komfortabler zu bedienen, was auch am Touchscreen des GamePads liegt. Leider verschwendet Wii Fit U zwischen den Übungen immer noch viel zu viel Zeit mit unnützem Gelaber (das sich auch noch oft wiederholt). Das bremst euer Training vollkommen unnötig aus und ist der mit Abstand schwerwiegendste Kritikpunkt. Es nervt einfach ungemein. Davon lenkt euch leider auch die Präsentation kaum ab. Die ist extrem unspektakulär und absolut nicht auf der Höhe der Zeit. Allerdings ist das hier auch nicht das Ziel. Wenn alles Wichtige gut zu erkennen ist, reicht das nun mal für eine Fitnesssoftware. Wenigstens HD-Auflösung gibt es aber, so erkennt ihr die Detailarmut wenigstens gestochen scharf.
Lauf, verdammt nochmal!
Das GamePad wird abseits der Menüs leider zu spartanisch eingesetzt. In der Regel könnt ihr es nur als zweiten Fernsehmonitor nutzen, auf dem nochmal das Gleiche wie auf eurer großen Glotze abgebildet wird. Das ist praktisch, wenn der Fernseher anderweitig genutzt wird, aber prinzipiell gibt es viele Inhalte die von einem ausgiebigeren Gebrauch profitiert hätten. Ein Beispiel ist die “Fahrradinsel”. Hier müssen Fahnen in einem relativ weitläufigen Gebiet gesucht werden, während ihr auf dem Balance Board auf und ab trampelt und eine WiiMote als Lenkrad nutzt. Das GamePad zeigt die Karte. Aber warum ersetzt das Pad nicht direkt die WiiMote? Ihr hättet die Karte besser im Blick und müsstet vorher und nachher nicht das Eingabeinstrument wechseln. Vermutlich war es Nintendo hier zu viel Arbeit die Übung umzuprogrammieren. Denn sie war, abgesehen von der Karte, inhaltlich unverändert schon im Vorgänger enthalten.
Und zum Schluss kommen wir dann noch zum Fitmeter, einer der größten Neuerungen von Wii Fit U. Den kleinen runden Knubbel könnt ihr euch an den Gürtel schnallen und dann fungiert er als Schrittzähler. Am Ende des Tages könnt ihr die Daten über das GamePad an Wii Fit U übertragen und das Programm errechnet die verbrannten Kalorien. Das ist also der nächste Schritt in Nintendos merkwürdig kontinuierlicher Schrittzählerentwicklung. Schließlich gab’s schon den Pokéwalker (dem das Fitmeter verdammt ähnlich sieht) und der 3DS hat ja bekanntlich auch einen. Aber das Fitmeter will mehr sein: Es enthält auch ein Barometer, dass Höhenunterschiede durch Veränderungen des Luftdrucks messen soll. Das Problem dabei: Durch einen Wetterumschwung ändert sich der Luftdruck auch ohne Bewegungen in der Vertikalen. Wii Fit U weißt euch auch selbst darauf hin. Aber das macht diesen Aspekt des Programms natürlich irgendwie… überflüssig, denn auf die ermittelten Höhenunterschiede könnt ihr euch so nicht verlassen. Abgesehen davon, dass ein Schrittzähler wohl ohnehin eher was für knallharte Kalorienzähler ist.
Fazit
Was soll man zum Abschluss über Wii Fit U sagen? Das Programm merzt einige Fehler der Vorgänger aus und macht nichts schlechter. Das Problem ist aber, dass einige nervige Fehler bestehen bleiben. Insbesondere das überflüssige Gelaber zwischen den Übungen bremst den Nutzer gewaltig aus und die automatische Übungswahl funktioniert nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Ärgerlich ist aber auch, dass das Potential der neuen Inhalte nicht ausgeschöpft wird. Das Fitmeter misst nicht wirklich sinnvoll die Höhenunterschiede, das GamePad ist während der Übungen nur sporadisch eingebunden und bei den neuen Übungen wurde (abgesehen von den Tänzen) ziemlich gespart.
Trotzdem funktioniert das Grundgerüst von Wii Fit U sehr gut und wenn man das Programm überlegt einsetzt, ist es im Rahmen seiner Möglichkeiten auch sinnvoll. Dabei sollte man aber anmerken, dass sich Wii Fit noch nie als Allheilmittel betrachtet hat. Es wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass man generell körperlich aktiv sein sollte und dass die kurze Zeit vor der Konsole generell nicht ausreicht um ein gesundes Leben zu führen.
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