+ gute Sniping-Mechanik
+ weitläufige, abwechslungsreiche Areale
+ viele freischaltbare Waffen und Gadgets
+ wuchtiger Snipersound
- miserables Speichersystem
- tumbe K.I., dennoch viel zu treffsicher
- USK geschnitten
- kaum Story, gelangweilte Sprecher
"Sniper Ghost Warrior Contracts 2" macht vieles richtig und schafft es mit seiner grundsoliden Mechanik und motivierenden Freischaltungen, den Spieler bei Stange zu halten. Da kann man auch mal die toilettenpapierdünne Story und die teilnahmslosen Sprecher verkraften.
Lesezeit: 4 Minuten“Wer kann sich diesen Namen merken?” war mein erster Gedanke, als ich damals von Sniper Ghost Warrior Contracts gehört habe. Der Name wirkt wild zusammengewürfelt und sollte marketingtechnisch eine Herkulesaufgabe sein. Dennoch hat sich dieser Titel so gut genug verkauft, dass der Nachfolger Sniper Ghost Warrior Contracts 2 bereits 18 Monate später in den Regalen steht. Ein paar weitere Monate später kommt nun auch die aufgebohrte PS5-Version heraus, welche zugleich das erste Sniper Ghost Warrior-Spiel ist, das ich durchgespielt habe. Die Vorgänger (Teil 1 und 3, sowie Contracts) habe ich entweder links liegen gelassen oder (Teil 2) bei der Hälfte aufgrund von fehlender Qualität abgebrochen. Doch reicht die Qualität von Sniper Ghost Warrior Contracts 2 – ich nenne es ab jetzt SGWC2 – um an die Sniper Elite-Serien ranzukommen? Natürlich nicht, aber bleibt trotzdem hier und lest euch meine Meinung dazu durch!
Immer auf den Kopf zielen
Wen spielen wir überhaupt? Den wohl weltbesten(?) Scharfschützen Raven, welcher entweder auch der Hauptprotagonist aus dem ersten Contracts war. Oder nicht?! Ich habe es nicht nachgelesen. Er wurde dieses Mal beauftragt, in einem Terrorstaat im nahen Osten – nennen wir das Land mal Bastardistan – diverse Terroristen und Warlords auszuschalten. Begleitet wird er durchweg über Skype von seinem Auftraggeber, welcher einen Preis für die monotonste Videospielstimme des Jahres 2021 verliehen bekommen sollte.
Doch es ist nicht alles so eindeutig, wie es scheint! Denn Raven findet nach der vierten Mission heraus, dass… ach ich veräpple euch nur. Die Story ist straighter als ‘ne ungekochte Spaghetti und bietet keinerlei überraschende Wendungen oder Überraschungen im Allgemeinen. Wir wählen die Mission aus, werden in das Gebiet teleportiert und verwandeln alles Bösartige mit Bart in eine Blutfontäne und… bitte? Geschnitten? Tatsache! Ich dachte eigentlich, dass wir dieses dunkle Kapitel der Videospielgeschichte hinter uns hätten. Okay, also keine platzenden Köpfe und abgetrennten Gliedmaßen ins der USK-Version. Was für ein Schwachsinn.
Was machen wir in Sniper Ghost Warrior Contracts 2
Na ja: Snipen. Und das recht häufig und sehr filigran. Doch es gehört schon etwas mehr dazu. Im Gegensatz zur verhunzten Open World von Sniper Ghost Warrior 3 wird Raven hier in einem weitläufigen Gebiet abgesetzt und kriegt eine Haupt- und mehrere Nebenaufgaben. In der Regel müssen sehr böse Jungs ausgeschaltet werden. Doch auch das Deaktivieren und Zerstören von diversen Anlagen gehört zu den Herausforderungen.
Doch aufgepasst! Wer meint, das Snipen in SGWC2 vernachlässigen und sich – aus der Hüfte feuernd – auf die Gegner stürzen zu können, wird schnell den Spaß verlieren. Denn man stirbt in diesem Spiel sehr, sehr schnell – selbst auf niedrigeren Schwierigkeitsgraden. Hier ist sehr viel Geduld und Planung gefragt. Dabei helfen uns diverse Gadgets. Zum Beispiel die Drohne, mit der man auch Gegner markieren kann, die nicht im direkten Blickfeld sind. Doch auch klug platzierte Selbstschussanlagen können die Aufgaben um einiges erleichtern.
Trotz der ganzen Gagdets könnte das Gameplay aufgrund der sich in ihrer Struktur wiederholenden Missionen relativ schnell langweilig werden. Dem wirkt Sniper Ghost Warrior Contracts 2 mit seinem rudimentären, aber sinnvollen Fertigkeitenbaum und der reichlichen Waffenvielfalt entgegen. Es motiviert sehr, wirklich alle Missionsziele auf einer Map zu erfüllen, um mit der zusätzlichen Kohle in neue Wummen, Aufsätze und Designs zu investieren.
Geht auch ohne
Das Schöne dabei: alles ist optional. Man kann sich auch ohne großen Schnick-Schnack durchkämpfen und die Ziele erreichen. Zudem “hilft” die K.I. einem auch zeitweise tatkräftig dabei, denn die Oberstufe haben die meisten von den feindlichen Soldaten nicht geschafft. Zugleich wissen sie alle bei Alarmstufe Rot selbst auf mehrere hundert Meter, wo genau man steckt und schaffen es mit ihrem Sturmgewehr eine scharfschützengerechte Genauigkeit an den Tag zu legen. Und sollte man ins virtuelle Gras beißen, darf man sich darauf einstellen, einen signifikanten Part nochmal durch zu kloppen. Das Speichersystem gehört ebenfalls zu den größten Antagonisten im Spiel.
Technisch macht SGWC2 von allen Teilen bisher den besten Eindruck. Zwar gehörte die Optik nie zu den vielen, vielen Problemen der Sniper Ghost Warrior-Reihe, doch kann sich der neueste Ableger sehen lassen. Die etwas statischen Kulissen wirken bei Lichteinfall sehr schick, auf der PS5 gab es trotz der gewaltigen Areale keine Nachladezeiten. Tearing oder Clippingfehler sind mir ebenfalls nicht aufgefallen.
Die Sound-Kulisse
Die Musik und Hintergrundgeräusche sind auf dem Level “zweckgebunden, aber nicht herausragend”, doch das (englische) Voice Acting ist aggressiv teilnahmslos. Kein Sprecher versucht den Figuren Leben einzuhauchen und eine Chemie entwickelt sich zwischen den wenigen Personen zu keinem Zeitpunkt. Dafür ist der Sound beim Eindringen der Kugeln wuchtig, brutal und fast schon fetischisierend. Das Treffer-Feedback bei eigenen Treffern hingegen hinkt dem etwas hinterher. Unterm Strich läuft SGWC2 allerdings tadellos. Mir sind während meines Playthroughs keine eklatanten Bugs oder Fehler aufgefallen.
Bester Teil, dennoch nur Bronze
Ich will ehrlich sein: ich war die erste Stunde bei Sniper Ghost Warrior Contracts 2 einfach nur frustriert und habe es verflucht. Zum einen war es selbst auf dem zweiten von vier Schwierigkeitsgraden relativ knackig; zum anderen starb ich viel zu häufig und wurde aufgrund der spärlichen (und nicht immer funktionierenden) Speicherpunkte immer wieder weit nach hinten geworfen. Protagonist Raven und sein Missionsgeber geben sich reichlich Mühe, so monoton wie möglich miteinander zu reden und der Plot war in den besten Momenten zum Vergessen, in den schlimmsten geradezu haarsträubend.
Doch ab einem gewissen Punkt hat es “Click” gemacht. Ich habe mehr und mehr Gadgets freigeschaltet, war motiviert alle Nebenmissionen zu erledigen, um mir von der zusätzlichen Kohle mehr Gadgets zu holen. Auch die Sniping-Mechanik ging irgendwann in Fleisch und Blut über. Zwar wird Sniper Ghost Warrior Contracts 2 die Gaming-Welt nicht signifikant verändern und auch Sniper Elite nicht vom Thron stoßen, doch schafft es der Titel, die Spielenden nach einem ruppigen Start bei Laune zu halten. Und manchmal reicht das vollkommen aus.