Red Steel 2 – Marshall Bravestarr kann einpacken
Lesezeit: 7 MinutenWenn man das erste Mal Red Steel 2 in seine Wii eingelegt, rechnet man irgendwie mit einem Western oder einem Eastern. Heraus kommt ein Misch-Masch aus diesen beiden Genres mit einer ordentlichen Prise Marshall Bravestarr. Der kann allerdings in seinem Vorruhestand bleiben, denn ab hier übernehmen die Kusagari das Kommando über New Texas… pardon… über Caldera. Wir haben dem zweiten Schwertkampf-Spiel gehörig auf den Zahn gefühlt.
Die Handlung
Mitten in der Wüste Nevadas liegt unter der sengenden Sonne eine Stadt namens Caldera. Ein richtiges Wüstennest, in dem Tumbleweeds durch die staubigen Straßen rollen und jede Menge zwielichtige Gestalten ihr Unwesen treiben. Architektonisch ist Caldera ein wilder Mix aus Western und Eastern, gemischt mit neumodischen technischen Spielereien, wie elektrischen Türschlössern, Klimaanlagen, offenen Telefonzellen und Getränkeautomaten.
Bereits seit Generationen wacht der Schwertkämpfer-Clan der Kusagari über die Stadt und versucht das Verbrechen so klein wie möglich zu halten. Wir schlüpfen in die Rolle eines dieser legendären Kusagari. Allerdings kommen wir geradewegs aus der fünfjährigen Verbannung zurück nach Caldera und der Empfang, den man uns bereitet, ist alles andere als freundlich. Das Spiel beginnt für uns mit gefesselten Händen. Das Seil ist am hinteren Ende eines Motorrades befestigt, auf dem Payne, der Anführer der Jackals sitzt. Ehe wir wirklich erfassen können, was geschieht, beschleunigt Payne und schleift uns auf einem Höllenritt quer durch die Wüste hinein in einen trockenen Abwasserkanal der Stadt Caldera. Dort können wir uns spektakulär befreien, Payne ergreift die Flucht und unser namenloser Held beginnt sein Abenteuer in einer ins Chaos gestürzten Stadt, in der alle anderen Kusagari offenbar die letzten Tage nicht überlebt haben.
Look & Feel
Das Setting ist bereits eine ziemlich deutliche Abgrenzung des Spiels gegenüber seinem Vorgänger, der in Großstädten der Gegenwart spielte. Wann Red Steel 2 spielt ist eigentlich auch völlig nebensächlich. Der Stilmix aus Western, Eastern und ein kleines bißchen Science Fiction hier und da ist eigenwillig, aber ungemein atmosphärisch. Und auch, wenn Cel-Shading sicherlich nicht jedermanns Sache ist, so haben die Schöpfer es geschafft einen völlig eigenen Stil zu kreieren, der sich nicht verstecken muss. Selbst, wenn man dem comic-haften Look nichts abgewinnen kann, muss man neidlos anerkennen, dass Red Steel 2 – wenn auch nicht immer – grafisch auf der Wii ganz oben mitspielt.
Die Geschichte um den namenlosen Kusagari-Wächter, seine Freunde und die Stadt Caldera wird spannend erzählt und treibt uns quer durch die Wüstenstadt, Geisterstädte, Schluchten und die Wüste selbst. Abwechslung ist durch den ständigen Stilmix mit asiatischen, indianischen, technokratischen und Western-Elementen ständig gegeben. Mal sieht ein Stadtteil aus, wie ein japanischer Tempel, mal findet man sich in einem staubigen Canyon wieder, wo man neben indianischen Totems und High-Tech-Sendemasten plötzlich gegen Ninjas kämpfen muss.
Die Steuerung
Der Schwertkampf nimmt in Red Steel 2 eine viel größere Rolle ein, als in seinem Vorgänger. Das ist bereits der zweite Bruch mit der eigenen Vergangenheit. War es im ersten Teil der Reihe noch so, dass man die meiste Zeit mit dem Ballermann gegen die Feinde ins Feld zog und eigentlich nur bei Zwischen- oder Endgegnern das Katana zückte, ist das Waffenarsenal in Red Steel 2 eher Beiwerk. Jeder Gegner, der ein Schwert mitführt ist auch in der Lage Kugeln damit abzuwehren. Das können wir übrigens auch und klappt eigentlich auch fast immer. Dank Wii MotionPlus macht der Schwertkampf auch richtig Spaß. Hier sind Ausdauer und Muckis gefragt, denn obwohl man die Sensibilität der Schläge einstellen kann, gehen die Kämpfe in Fleisch und Blut über.
Die Entwickler haben sich ein simples und doch komplexes Paket an Schlägen, Kombos und Spezialangriffen ausgedacht. Will man den Hieb eines Gegners blocken muss man zunächst darauf achten, dass man das Schwert in die richtige Position bringt und dann A drückt. Fertig!
Die Offensive sieht da schon etwas anders aus. Wir können unser Katana zu vier Standard-Angriffen einsetzen: Horizontaler Angriff, vertikaler Angriff, Stich-Angriff und Starker Angriff. Letzterer ist besonders bei Gegnern wichtig, die einen Panzer tragen. Macht man nur kleine Lulli-Bewegungen mit dem Handgelenk, verpasst man der Rüstung nicht mal einen Kratzer. Hier muss ausgeholt werden und mit voller Wucht der Schutz zertrümmert werden. Ist die Rüstung einmal fort kann man immer noch gekonnte Schwerthiebe vollziehen.
Hat man einen Gegner einmal entscheidend getroffen kommt der Finisher zum Einsatz. Euer Gegenüber ist nun in einer der vier Positionen in denen ihr ihnen den Garaus machen könnt: betäubt, kniend, Knockdown oder kritisch. Die ersten drei sind nur von kurzer Dauer. Nun könnt ihr entweder mit einem Stich, einem horizontalen oder vertikalen Hieb den Kampf beenden.
Außer diesen einfachen Attacken erwarten euch die Geheimschläge, von denen es insgesamt acht Stück gibt: The Rush, The Guillotine, The Shot, The Matador, The Storm, The Ram, The Crush und The Reaper. Allesamt sind diese mächtigen Angriffe Kombos. Soll heißen, dass ihr verschiedene Knöpfe und Hiebe miteinander kombiniert, um verheerende Schläge gegen Widersacher auszuführen. The Rush beispielsweise ist der große Bruder des Stichs. Man macht hierbei durch drücken von A und einem Stich nach vorne einen gewaltigen und kräftigen Satz nach vorne. Und The Storm ist immer eine gute Wahl, wenn man von vielen Gegnern auf nahe Distanz umzingelt wird. Auf der Stelle dreht sich der Spieler mit gezogener Klinge. So bekommt jeder im Umkreis den Stahl zu spüren. Super elegant ist er auch, wenn man von hinten angegriffen wird. Dann nämlich blinkt ein Symbol auf und mit einem einfachen Knopfdruck legt der Spieler die Klinge nach hinten und ersticht den feigen Angreifer blind. Alle Geheimschläge der Kusagari sind auch spektakuläre Finisher.
Dann wären da noch die Spezialkräfte der Kusagari: Der Adler, Der Drache, Der Bär, Der Tiger, Die Kobra. Allesamt sind extrem fortgeschrittene Techniken, bei denen man meist das Katana durch gleichzeitiges drücken von A und B aufladen muss. Schimmert die Klinge sind wir bereit. So kann man mit einem Streich der Remote einen anstürmenden Gegner in die Luft werfen. Oder mit dem Drachen (horizontaler Angriff) eine Schockwelle in Richtung eines Gegners schnippen. Der Bär entfesselt sogar ein kleines Erdbeben, dass ganze Horden von Gegnern verwirrt und taumeln lässt. Der Tiger lässt jeden Angriff eines Gegenspielers abblocken und die Kobra ermöglicht ungeahnte Schießkünste.
Ach ja: schießen!
Gezielt wird mit der Remote, geschossen mit dem B-Knopf. Das wars!
Sollte man tatsächlich mal einen oder zwei Tage lang nicht gespielt haben, dauert es immer ein klein wenig, bis man sich wieder an das Handling und alle Attacken, Kombos, Blocks und Spezial-Moves gewöhnt hat.
Der Umfang
Manche Quellen nennen 14 Stunden als Spielzeit, andere 16 Stunden. Die Wahrheit liegt bei mir irgendwo dazwischen. Das finde ich persönlich absolut in Ordnung. Schließlich reden wir hier von einem Shooter (wenn auch mit Schwert) und einem Western-Eastern-Plot. Wieviel Tiefgang darf man da erwarten? Und ganz nebenbei bemerkt: Hier geht es lediglich um das gute alte “Gut-gegen-Böse”-Spiel. So wartet die Geschichte um die Kusagaris, Jackals, Katakaras und Ninjas mit wenigen Überraschungen auf. Dafür erleben wir allerdings ein Abenteuer nach dem nächsten. Ständig erwarten uns neue Aufträge, auch wenn diese sich manchmal wiederholen. Neben den Story-Quests wollen in Nebenaufgaben Dinge eingesammelt, in Sicherheit gebracht oder zerstört werden. Dabei lernen wir auch jede Menge Charaktere kennen, die uns begleiten werden. Den Schwermeister Jian zum Beispiel, der uns in immer mehr Geheimnisse der Schwertkunst einführt. Oder der Sheriff Steve Judd, der uns mit seinem Wissen zur Seite steht. Dann hätten wir da noch Tamiko, die uns über Funk und in technischen Belangen immer eine helfende Hand ist. Außerdem der etwas zwielichtige Schurke Songan, der seine Hand in vielen Näpfen zu haben scheint.
Jede dieser Personen hilft uns in der Geschichte weiter und kann außerdem in seinen jeweiligen Unterschlupfen dafür sorgen, dass wir unsere sauer verdienten Dollars in Erweiterungen und Verbesserungen stecken können. Bei Jian können wir neue Schwertfähigkeiten kaufen, das Katana verbessern und die Spezialkräfte ausbauen. In Judds Saloon dürfen wir neue Schießprügel erwerben und sie ordentlich aufwerten. Hier gibt es natürlich auch Munition. Songan gibt uns die Möglichkeit unsere Finisher aufzubohren, die Lebensenergie und die Rüstung auszubauen und zusätzliche Leben zu kaufen.
Das Fazit
Alles in allem ist Red Steel 2 wirklich ein sehr gutes Wii-Spiel. Die Spiellänge ist völlig in Ordnung, technisch spielt das Game ganz vorne auf der Wii mit, es sieht verdammt gut aus, hat eine stimmige Atmosphäre, die von einem guten Soundtrack getragen aber leider hier und da durch lippenunsynchrone Vertonung zerstört wird. Dieses Spiel wird den Spieler manchmal zur Weisglut treiben, weil es manchmal ein wenig unfair ist, was die Gegnerzahlen angeht. Außerdem ist es auf Dauer körperlich recht anstrengend. Die Kämpfe sind packend inszeniert und Langeweile kommt wirklich nur extrem selten auf. Für Core-Gamer auf der Wii ein absolutes Muss.