Städtebau, Survival-Games, moralischen Dilemma, Winter
- großartige Stimmung
- moralische Dilemma ohne Gut und Böse
- cooles Städtedesign
- Scenario customizing
- sehr gutes Sound-Design
- wenig Wiederspielwert
- kaum Handlung
- ...das sich aber nie ändert
- seltene technische Probleme
Frostpunk ist eine sehr gute Basis für ein grandioses Aufbaustrategie-Spiel. Leider fehlen aber Langzeitmotiviation und Abwechslung auf allen Ebenen, wodurch sich das Spiel viel zu schnell verbraucht anfühlt.
Lesezeit: 3 MinutenNach dem todtraurigen Krieg-Survival-Management-Mix This War of Mine war klar, dass das neueste Spiel von 11 bit Studios Frostpunk kein fröhlicher Spaziergang wird. Wie bitterkalt es in der Stadt im Eis zugeht, erzähle ich euch hier.
bitterkalte Welt
Eine neue Eiszeit ist angebrochen. Die Menschen flüchten nach Norden und wir, eine kleine Gruppe aus London, stoßen auf einen verlassenen Krater. In der Mitte ein haushoher Wärmegenerator, rundherum ein paar Ressourcen und tief genug, um den eisigen Wind abzuhalten. Schnell ist eine Stadt gegründet und wir als Spieler werden zum Bürgermeister ernannt. Damit ist die grundlegende Geschichte von Frostpunk aber auch leider schon erzählt. Einen größeren Handlungsrahmen gibt es nicht. Abseits von einigen kleinen Texten, die zwar zur Stimmung beitragen aber ansonsten völlig ignoriert werden können, gibt es gerade für Story-Fans kaum etwas bei Frostpunk zu holen. Unsere Siedlung besteht aus zu vielen Menschen, um den Tod einzelner schmerzhaft gestalten zu können. Und trotz des interessanten Szenarios gibt uns Frostpunk leider keine Möglichkeit hier weiter zu forschen.
eiskalte Schauer
Stattdessen beschäftigen wir uns im Spiel vor allem damit, verschiedenste Gebäude zu errichten und Gesetze zu erlassen. Ersteres läuft dabei weitestgehend klassisch ab. Wohnungen, Krankenstationen, Jagdhütten etc. werden ringförmig um den Generator errichtet und decken so die Bedürfnisse unserer Einwohner ab. Da es im ewigen Eis aber an allen Ecken knapp ist, können wir zusätzlich Gesetze erlassen, die der Ressourcenknappheit (meist auf Kosten der Zufriedenheit) entgegen wirken sollen. Oft geraten wir hier in große Dilemma, da sich Optionen teilweise ausschließen, beide Seiten aber Vor- und Nachteile mit sich bringen. Beispielsweise stellt sich schnell die Frage, wie wir in unserer Siedlung mit den Verstorbenen umgehen sollen. Errichten wir einen Friedhof und steigern mit zeremoniellen Begräbnissen die Hoffnung der Lebenden oder konservieren wir die Leichen in einem Eisloch um sie später als Organspender zu verwenden? Mit jeder unserer Entscheidungen müssen wir versuchen Zufriedenheit, Hoffnung und Effizienz im Einklang zu halten und sind so das eine oder andere Mal dazu gezwungen, furchtbare Gesetze zu erlassen.
Im Laufe des Spiels werden diese beiden Kernmechaniken durch weitere Elemente, wie Expeditionen und Forschungsbäume ergänzt, wodurch zu keinem Zeitpunkt das Gefühl aufkommt, man hätte alles erledigt. Konstanter Zeitdruck und der ständige Mangel an Ressourcen, Arbeitern und vor allem Hitze, sorgen dafür, dass Frostpunk sich nie leicht oder entspannt spielt. Das Szenario-Customizing bietet aber durchaus die Möglichkeit einzelne Elemente des Spiels leichter zu gestalten, sodass auch Städtebau-Neulingen das Ende des Spiels erreichen können. Leider bietet Frostpunk durch kaum vorhandene Zufallselemente wenig Wiederspielwert und die drei vorhandenen Szenarien unterscheiden sich nur geringfügig voneinander.
(kein) cooles Design
Die fantastische Stimmung in Frostpunk kommt vor allem durch das grandiose Sound-Design zu Stande. Der eisige Sturm peitscht und ständig hört man frostiges Klirren, während im Hintergrund große Dampfmaschinen wüten. Leider sind längere Texte nie vertont und die wenigen gesprochenen Zeilen der Arbeiter wiederholen sich viel zu schnell.
Visuell setzt Frostpunk auf einen extremen Kontrast zwischen dem frostigen Hellblau des Winters und der braun-roten, rauchenden Industrie der Stadt. Das sieht zwar verdammt schick aus, überdeckt aber völlig die Farbkodierung der Gebäude. Diese Farben (medizinische Gebäude in blau, Nahrungslieferanten in Grün usw.) gehen leider völlig unter, wodurch gerade bei größeren Städten die Übersicht stark leidet. Durch die spielerisch erzwungene, ringförmige und möglichst effiziente Bauweise, sehen die Städte zwar sehr cool aber auch immer gleich aus, wodurch extrem viel visuelle Abwechslung verloren geht.
Zudem litt Frostpunk während des Testens unter technischen Problemen, die das Spiel mehrmals zum Absturz brachten. Glücklicherweise speichert Frostpunk oft genug automatisch, sodass hier nie mehr als ein paar Minuten Spielzeit verloren ging.
Fazit
Frostpunk ist audio-visuell super cool und moralisch eiskalt. Selten dachte ich derart intensiv über einzelne Entscheidungen nach oder kämpfte so lange wie möglich gegen bestimmte Entscheidungen an. Man findet sich schnell im Gameplay zurecht, kämpft aber bis zu letzt mit der Perfektion aller Aspekte. Leider bietet Frostpunk für mich aktuell aber zu wenig Inhalt und Wiederspielwert. Verschiedene Völker mit unterschiedlichen moralischen Vorstellungen oder mehr und einflussreichere Zufallsereignisse hätten noch einiges aus dem Spiel rausholen können. Bleibt zu hoffen, dass die bereits angekündigten kostenlosen und kostenpflichtigen Updates noch einiges aus dem Eisklotz schlagen.