Endless Ocean 2 – Dem Ruf des Meeres gefolgt
Lesezeit: 6 MinutenEs gibt da draußen Spiele die mit all dem Stress, den Highscores, Achievements, Trophäen, freischaltbaren Ingame-Items und globalem Punkte-Wettkampf nicht die Bohne zu tun haben. Fernab jeder Action dürfen wir auf der Wii einmal mehr ins virtuelle Nass hüpfen und dem Alltags-Stress davon tauchen. Ob der verheissungsvolle Ruf des Meeres unseren Erwartungen gerecht wird und uns wirklich die Entspannung liefert die wir erwarten, erfahrt ihr hier.
Endless Ocean 2: Der Ruf des Meeres ist ein wahrlich eigentümliches Spiel. Will man es vergleichen, kommt man am eigenen Vorgänger Endless Ocean, dem PS3-Pendant Aquanauts Holiday, das es nur in Japan, China und den USA gibt, und den Safari-Abenteuern Hakuna Matata und Wild Earth: African Safari nicht vorbei. Ansonsten gibt es dort draussen nicht viel Vergleichbares. All’ diese Spiele sind keine Simulationen, sondern viel mehr sehr entspannte Adventures. Es gilt umherzuschweifen und zu entdecken. Nicht um irgendwelche tollen Dinge, wie Highscores oder dergleichen zu erringen, sondern einfach nur, um des Entdeckens willen. Mit anderen Worten: hier soll gestaunt und entspannt werden.
Das Abenteuer beginnt
In Endless Ocean 2: Der Ruf des Meeres geschieht dies – Oh Wunder – im lauwarmen Nass der Weltmeere. Frisch in der Südsee beim R&R Tauchservice angekommen, dürfen wir uns den eigenen Spielcharakter erstellen. Hautfarbe, Geschlecht und Größe. Nachdem wir unseren künftigen Chef und dessen Enkeltochter Oceane kennengelernt haben, müssen wir unser Können unter Wasser ein erstes Mal unter Beweis stellen. Wollte man eben noch vor den etwas hölzernen NPCs flüchten, erfasst den Spieler mit diesem ersten Tauchgang eine gewisse Ehrfurcht. Die Grafik der Wii wird hier unter Wasser scheinbar voll ausgereizt. Sonnenstrahlen brechen durch die kleinen Wellen zehn Meter über uns, brechen sich unter und vor uns an einem schönen Korallenriff. Überall wimmelt es vor lauter bunten Fischen in allen Größen und Formen. Kaum vorstellbar, dass dieser wundervolle Ort der Arbeitsplatz unseres Spielcharakters sein soll. Irgendwas müssen wir falsch gemacht haben!
Oceane erklärt uns die grundlegenden Steuerungsbefehle, die wirklich ziemlich eingängig sind und schnell sitzen. Will ich irgendwo hin schwimmen, zeige ich mit der Wii-Remote in die entsprechende Richtung und drücke B für einen Schlag mit meinen Flossen. Die A-Taste fokussiert Gegenstände, Fische und Korallen. So erfahre ich wichtige Details über die Spezies und kann sogar mit ihnen interagieren. Wie genau, darauf gehe ich später genauer ein.
Während unses ersten Tauchgangs, der den Namen Tutorial durchaus verdient hat, werden wir mit Informationen satt versorgt. Wir kriegen jede Menge Meeresbewohner zu sehen, sogar mehr, als man bei einem Besuch im Düsseldorfer Aquazoo zu sehen kriegen würde. Sogar ein Buckelwal schaut vorbei! Etwas nervig ist bei ersten virtuellen Planschen, dass die gute Oceane eine echte Quasselstrippe ist und unentwegt plappert. Nur gut, dass Entwickler Arika sich – und uns – die Sprachausgabe erspart hat. So können wir die etwas nervigen, weil mitunter völlig belanglosen Sprechboxen getrost ungesehen wegklicken und die Schönheit dieser heilen Unterwasserwelt genießen.
Hintergrundgeschichte um jeden Preis?
Einen ersten Auftritt hat in diesem Tutorial auch die etwas zu sehr konstruierte Hintergrundgeschichte, die uns im Verlauf des Spiels um den Globus reisen lässt. Denn eigentlich sind wir ein Student, der auf der Suche nach einer uralten Legende, dem “Rätsel des Liedes des Drachen” ist und dafür ein wenig Feldforschung betreibt. Die Geschichte um dieses Lied des Drachen verwebt innerhalb von 30 Minuten den Spielcharakter, den Chef des R&R Tauchservice, seinen verstorbenen Sohn und Oceane miteinander. Ein mysteriöser Lapislazuli-Anhänger, der unter Wasser merkwürdige Töne von sich gibt und sogar Buckelwale verrückt spielen lässt, bringt uns auf die Spur einer versunkenen Burg in der Ägäis.
Eigentlich haben wir Spielekritiker uns diese haarsträubende Geschichte selbst eingebrockt. In Endless Ocean fehlte jede Form von Hintergrundgeschichte, wofür es schlechte Kritik hagelte. Nun hat Entwickler Arika gleich 200% gegeben und eine Geschichte gebastelt, die selbst einer brasilianischen Seifenoper zur Ehre gereichen würden. Von der Ägäis aus geht es weiter nach Japan und von dort sogar in die Antarktis.
Heimatbasis des R&R Tauchservice ist die Neunerinsel, die ihren Namen einem Billardspiel verdankt, bei dem Oceanes Großvater eben selbige gewann. So klein dieses Eiland auch ist, es stellt ein interaktives Menü dar und ist darüber hinaus wunderschön. Einige Palmen spenden Schatten, in der Mitte steht eine Holzhütte in die sich der Spieler zum ausruhen hineinbegeben kann. Das sollte man auch unbedingt mal machen und alle vier Tagszeiten in vollen Zügen genießen. Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sind brillant anzusehen, volles tropisches Flair entfaltet sich am Tage und in der Nacht verstummt sogar die Musik in der sternenklaren Nacht und gönnt dem Spieler einen weiteren besonderen Moment der Stille.
Am Steg der Insel legt nicht nur unser Boot an, sondern wartet auch unser tierischer Freund auf uns. Das ist zu Beginn ein namenloser Delfin, der uns ab und an behilflich ist und uns am Steg mit Kunststückchen beglückt. Das ist eine interessante Spielerei, hat aber eigentlich keinen größeren Nutzen.
Das Boot bringt uns übrigens nicht nur zu den Schauplätzen der Hauptgeschichte, sondern gewährt uns auch Ausflüge mit Touristen und Umweltschutzaufträge.
Vor der Hütte erwartet uns noch ein Tisch, der unter einem Pavillon steht. Über das Funkgerät können wir Nancy die Händlerin herbeirufen, die uns mit neuen Ausrüstungsgegenständen ausstattet. Natürlich für bare Münze. Ein Fotoapparat lässt uns Bilder betrachten, die wir geschossen haben, im Notizbuch finden wir hilfreiche Informationen und schließlich haben wir da noch das Artenbuch, dass wir mit jeder entdeckten Spezies weiter befüllen. Zu erwähnen wäre dann noch ein Brett, auf dem die von uns erworbenen Titel zu sehen sind. Das funktioniert ein wenig, wie man das vielleicht von Fable II gewöhnt ist. Besondere Ereignisse geben uns die Möglichkeit einen neuen Titel zu tragen. Eine Auswirkung auf das Spielgeschehen sollten wir allerdings nicht erwarten.
Sieht man von der etwas zu konstruierten Geschichte ab und konzentriert sich auf den Kern des Spiels, nämlich das Tauchen, hält man mit Endless Ocean 2: Der Ruf des Meeres ein wahrlich entspannendes Unterwasser-Abenteuer in den Händen, bei dem man selbst dann nicht über den Jordan gehen muss, wenn einem der Sauerstoff ausgeht und bei dem unzählige Wunder auf den Spieler warten.
Interaktion mit der Umgebung
Ich hatte es schon erwähnt. Es gibt Möglichkeiten, mit den Fischen, dem Meeresgrund und den Bedrohungen unter Wasser zu interagieren. Fische lassen sich berühren und füttern. Eines unserer technischen Spielzeuge ist der Pulsar. Gefährliche Tierchen lassen sich mit diesem Elektroschocker abschrecken oder besänftigen, verletzte Tiere werden mit dem selben Gerät geheilt. Ein Multisensor spürt Gegenstände im Meeresboden und andere Gefahren, wie Wasserströmungen und Verwirbelungen auf.
Fazit
Die Atmosphäre des Spiels ist ungewöhnlich dicht. Unter Wasser hat man zeitweise das Gefühl im wahrsten Sinne des Wortes abzutauchen. Grafisch bewegt sich das Spiel unter Wasser auf höchstem Niveau auf der Wii. Über Wasser ist dieser Eindruck leider nicht ganz so gut. Dort wirkt alles hölzern und viel zu sauber, wie in schlechten 80er-Jahren-US-Comic-Serien. Dennoch bewegt sich das Spiel optisch in der Top-Liga auf der Wii. Die mangelnde Sprachausgabe ist sowohl ein Negativ- als auch ein Positiv-Punkt in der Kritik. Schade ist, dass sie fehlt, gut ist, dass uns so viele überflüssige Mono- und Dialoge nur in Textform nerven. Steuerung und Gameplay sind eingängig und simpel. Die Spielvielfalt und der Wiederspielwert steigen durch die vielen unterschiedlichen und liebevoll gestalteten Schauplätze. Endless Ocean 2 empfiehlt sich allen, die Interesse an einem entspannenden Spiel haben und Spielern die gerne tauchen würden, aber denen dieser Sport etwas zu teuer ist.