Lesezeit: 9 MinutenEs ist wieder soweit, Crytek hat die dritte Tech-Demo für den PC veröffentlicht. Diese Demo namens Crysis 3, die wohl jeden heimischen Computer an den Rand seiner Leistung bringt, verwandelt uns erneut in einem Kämpfer im Nanosuit. Da unsereins keinen High-End-PC besitzt, haben wir den Titel für die PS3 getestet und sagen euch, ob der letzte Teil der Reihe ein würdiger Abschluss ist.
Aufwachen! Rachezeit!
Wir sind Prophet, der Kämpfer im Nanosuit. Die CELL Cooperation hat uns in eine Art Staseschlaf versetzt und ist kurz davor, unseren Anzug zu rauben. Doch Hilfe naht, kaum als wir unsere Augen öffnen, treffen wir auf einen alten Bekannten: Psycho. Der ist von nun an nicht nur unser humorvoller Sidekick, sondern bringt uns zudem in Kontakt mit einer Gruppe von Revoluzern, die CELL vernichten wollen. Da die Gruppe klein ist, der Gegner mächtig, sind wir die einzige vernünftige Hardware, die die Welt noch retten kann. Ich sage Hardware, denn das ist Prophet in den Augen der Anderen. Er ist mutiert, verschmolzen mit Alientechnologie (aus dem Hause Ceph) und hat nur noch wenig Menschliches an und in sich. Und: Er ist der letzte seiner Art. Die CELL Cooperation hat alle anderen Anzüge vernichtet. Das eigentliche Ziel ist, das System X abzuschalten, das die CELL mit Strom versorgt. So einfach sich das anhört, so schnell haben wir es plötzlich mit einem ganz anderen Gegner zu tun. Einem viel Größeren als den menschlichen Übeltätern.
Wer sich (im Gegensatz zu unserem Protagonisten), nicht mehr an die Handlung der Vorgänger erinnern kann oder Crysis noch nie zuvor gespielt hat, der bekommt von Entwickler Crytek eine kurze Zusammenfassung spendiert. Aber auch die in Teil Drei erzählte Geschichte selbst erklärt ein paar Dinge und sei es nur durch Datenträger, die wir überall finden können.
Willkommen im Straßendschungel
Wir sind wieder zurück in New York, doch anstelle einer lebhaften Stadt finden wir ein Millionen-Grab vor, leere, mit Gräsern bedeckte Straßen, Skelette der Aliens säumen unseren Weg. Die Stadt hat unter den Ceph gelitten und ist verlassen. Einzig die Mitglieder der CELL Cooperation halten sich in den Ruinen auf… zumindest scheint es so. Crytek schließt die Geschichte um den Nanoanzug und seinen Träger ab, doch nicht, ohne uns auch ein paar Neuerungen zu präsentieren. Es scheint in letzter Zeit ziemlich in Mode zu sein, den Protagonisten eines Spiels mit einem mächtigen Bogen auszustatten (Assassin’s Creed III, Tomb Raider), weswegen auch Prophet nicht ohne auf Rachefeldzug gehen kann. Das Besondere an unserer neuen Waffe ist, dass sie sich unheimlich gut für Weitschüsse eignet und uns erlaubt, unsichtbar zu bleiben, obwohl wir eine Waffe betätigen. Was die Feinde verwirrt, kann uns nur nutzen. Wir schleichen also von nun an nicht nur ungesehen, sondern schießen unsichtbare Pfeile auf die Bösewichter.
Doch nicht nur das, wir können auch Geschütze für uns arbeiten lassen, indem wir sie hacken. Wählen wir diese Option, öffnet sich ein simples Minispiel, das daraus besteht, im richtigen Moment einen einzigen Knopf auf dem Controller zu drücken. Das ist super einfach und kann von euren kleinen Geschwistern oder generell von Kleinkindern übernommen werden, wenn es euch auf Dauer zu langweilig wird. Doch mit den Geschützen auf unserer Seite machen wir natürlich die Gegner stutzig, die das so gar nicht nachvollziehen können und den Verdacht sofort auf den flüchtigen Prophet fallen lassen. So haben wir den Vorteil, dass wir ungesehen und ohne eine Hand zu bewegen ein paar Feinde erledigen, aber auch den kleineren Nachteil, dass im Gebiet erhöhte Aufmerksamkeit herrscht. Wie praktisch, dass wir auch Minen entschärfen können, um so neue Wege zu schaffen, damit wir die Gegner heimlich umgehen können.
Open World oder Schlauch?
Wer denkt, dass Crysis 3 eine offene Welt mit ungeahnten Möglichkeiten bietet, den muss ich etwas enttäuschen. Das Spiel gaukelt eine offene Welt vor, macht uns dabei aber dennoch glauben, dass wir super schlau waren und eine gute Abkürzung entdeckt haben. Damit lässt sich leben, auch wenn die Schlauchlevel genau so vorgesehen sind. Wir können uns im Stealth-Modus durch die einzelnen Kapitel des Spiels schleichen, unsichtbar Gegner erledigen oder sie einfach links liegen lassen, aber natürlich auch schießenderweise vorrücken. Stealth macht das Spiel einfacher, da die bewaffneten Mitarbeiter der CELL Cooperation uns schnell entdecken, einen hohen Aufmerksamkeitsgrad besitzen und neugierig werden, wenn einer der ihren plötzlich verschwindet. Wer den Bogen geschickt als Ablenkung einsetzt, umgeht die Gefahr, schnell von drei oder mehreren Maschinengewehren eingeschlossen zu sein. Die Ceph, also die Aliens, sind da schon etwas härtere Gegner, denn die interessieren sich überhaupt nicht für Deckung, fackeln nicht lange, bevor sie angreifen und bevor wir uns überhaupt wundern können, wird aus dem Nichts zugeschlagen. Von der Größe der Ceph im Vergleich zu unserer mal ganz abgesehen. Doch die Ruinen von New York sind so zerfallen, dass es immer ausreichend Deckungsmöglichkeiten gibt, um einmal eine kleine Auszeit vom Kampf zu nehmen oder, um unseren Energiepegel des Anzugs aufzuladen, damit wir ihn gleich wieder einsetzen können.
Wenn wir schon beim Thema Größe sind: Was mich persönlich laufend irritiert hat, war die Statur von Prophet. Egal ob aufrecht oder leicht gebeugt, verglichen mit der Umgebung kam es mir immer so vor, als ob ich einen Zwerg steuern würde. Das Gras höher als Prophet, überall Steine, die man selbst mit dem Supersprung nicht erreichen kann usw. Es liegen also viele Jahre Stille und Einsamkeit über New York, die von der Natur weise zu ihren Gunsten genutzt wurde, um mir mehr Deckung zu ermöglichen und dabei gleichzeitig ein hohes Maß an Irritation zu verursachen.
Während wir uns also durch die Ruinen von New York bewegen, hilft uns Psycho mit guten Ratschlägen, Aufträgen und der Überwachung von oben (wir können auf keine Leiter klettern, also muss er das eben tun). Unser Freund und Helfer ist mehr ein Sidekick, als ein Helfer (ansonsten würde er uns hin und wieder sicherlich mit einem Snipergewehr unterstützen anstelle nur Funksprüche zu senden). Während wir die Supermaschine sind, wurde Psycho von der CELL Cooperation aus seinem Anzug geschält und erlebt nun, wie schwach man sich als Mensch fühlt. In der Zeit, in der wir die Gegner ausschalten, bleibt Psycho im Fahrstuhl stecken, aus dem er sich selbst nicht mehr befreien kann. Das sorgt für einen von vielen Schmunzlern wenn er dabei ist, hilft uns aber im Kampf nicht viel. Wobei, wer braucht diese Hilfe schon, wenn man einen Anzug besitzt, der uns mit übermenschlichen Fähigkeiten ausstattet? Einem Anzug, der unsere Verteidigung stärkt, uns unsichtbar macht und noch vieles mehr. Damit das auch so bleibt, können wir ihn mit Upgrades verbessern und so unsere Heilung beschleunigen oder mehr Schaden verursachen. Die Möglichkeiten sind reichlich, wenn man die dazugehörigen Nanoteile findet, die in den Level versteckt sind. Die freigeschaltenen Upgrades können wir zu einer vierer Gruppe zusammenfassen und speichern, dafür stehen uns drei Slots zur Verfügung, die wir dann auch laufend verändern können. Das ist gut, doch braucht man sicherlich nicht alle der Upgrades, das Spieldesign denkt natürlich an Menschen wir mich, die gerne an solchen Objekten blind vorbei laufen und damit jede Chance auf Verbesserungen eigenständig vermasseln.
Crysis 3 ist im Vergleich zum direkten Vorgänger nicht nur linearer, es erschien mir auch einfacher. Anstelle von wilden Schießereien, bin ich am Großteil der Gegner einfach ungesehen vorbeigeschlichen. Der normale Schwierigkeitsgrad (ich sehne mich nie nach der Herausforderunge eines Veteranen-Grades), entspricht mehr dem einfachen aus Crysis 2. Der Anzug ist stärker, der Bogen unterstützt dieses Gefühl zusätzlich. Die unzähligen Versteckmöglichkeiten helfen auch ein großes Stück, was den Schleichfaktor hervorhebt, der mir persönlich mehr Spaß macht als in den Vorgängern. Die Spielzeit der Einzelspieler-Kampagne liegt bei etwa sechs bis acht Stunden, also in heutzutage üblichem Shooter-Niveau und Abhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad. Mir persönlich kommt das immer mehr entgegen, weil ich zum einen in Spielen wie Crysis gerne viele Pausen mache und zum anderen, weil mir immer mehr die Zeit fehlt, ausreichend zu Zocken. Das scheint mit zunehmendem Alter normal zu sein und der Titel versteht mich. Wer die Spielzeit etwas ausweiten möchte, sollte sich auf die Suche nach allen versteckten Datenträgern, Upgrades und Postern machen und die Nebenaufgaben absolvieren, die optional sind. Leider weiß man bei ihnen meistens nie so wirklich, ob sie überhaupt einen Nutzen für die Handlung, Prophet oder uns haben. Man bekommt keine direkte Belohnung, macht sie aber meistens, da sie sowieso immer irgendwie auf unserem Weg liegen und dann eben mal schnell abgehakt werden.
Unsichtbar gegen Unsichtbar: Der Multiplayer
Wie bereits in Crysis 2, gibt es auch im neuen Teil einen Mehrspielerpart. Standardmodi, kleine Karten, verbunden mit dem Nanoanzug. Der hat im Gegensatz zur Kampagne nun zwei Energieleisten, eine für verstärkte Rüstung und eine für unsere Unsichtbarkeit. Wer zum ersten Mal einem Spiel hier beitritt, wird sich an die Unsichtbarkeit der Gegner, die nur an den verschwommenen Umrissen und roter Farbe zu erkennen ist, erst einmal gewöhnen müssen. Was aber nicht heißt, dass es vom Spieltempo langsam zugehen würde. Leider kann die PS3, wahrscheinlich im Gegensatz zur PC-Version, nicht gerade mit einer sehr großen Anzahl von möglichen Spielern aufwarten. Teilweise sind in den Modi „nur“ 50 Spieler unterwegs, was im Vergleich zu einem Battlefield 3 oder Black Ops 2 stark den Spielspaß eingrenzt. Dadurch werden selbst kleine Karten plötzlich zu leeren Riesen, auf denen vielleicht eine Handvoll Spieler aufeinander treffen. Dennoch provitiert der Multiplayer von den unterschiedlichen Karten, egal ob an Hafen geankerten Schiffen oder in den Dschungelruinen von New York, und davon, dass man auch mal eine Alienwaffe findet oder man sich an das Geschütz eines Fluggeräts klemmen kann.
Gut ist, dass in einigen Modi Spieler mit niedrigem Level getrennt von den Spielern mit hohen Levels sich einfinden. So kann man Erfahrung sammeln, sich ausprobieren und die Karten kennen lernen ohne jede Minute einen Respawn zu erleben. Der Multiplayer ist insgesamt eine Mischung aus teambasierten Modi und Modi mit einem speziellen Ziel, die man so auch aus dem Vorgänger bereits kennt. Neu hinzugekommen ist „Jäger“: Zwei Spieler müssen unsichtbar und mit Bogen ausgestattet, die gegnerische Gruppe ausschalten. Trifft jedoch aus genau dieser Gruppe jemanden den Jäger, verwandelt er sich in diesen und wechselt die Seiten.
Keine Tech-Demo für die PS3
Wer Grafik-Fetischist ist, sollte wohl besser bei der PC-Version bleiben (die Bilder in unserer Galerie stammen vom Entwickler Crytek und sicherlich von keiner PS3). Die PlayStation 3 ist verglichen mit Computer und Xbox 360, der grafische Verlierer. Nicht, dass es total schlecht aussehen würde, das nicht, aber man wird das Gefühl nicht los, dass man mehr aus der Konsole hätte herausholen können. Texturen bauen sich langsam auf, wenn sie sich weiter weg befinden, Büsche und Gräser sehen billig gemacht aus, als ob sie aus einem in die Jahre gekommenen Spiel stammen. Braunes Wasser ist wirklich braun und damit Einheitgebräu, während klares Wasser nicht spitze aber recht gut aussieht. Man merkt den guten Ansatz am Spiel von Licht und Schatten. Das anzusehen ist eine Freude, aber nicht so sehr, wie zum Beispiel in Far Cry 3. Jedes Intro eines neuen Levels lässt teilweise Vorfreude auf die Umgebung aufkommen, was an der Abwechslung liegt, an den Ruinen, die von der Natur zurückgeholt wurden. Da tanzen auch die Eichhörnchen im Kreis (tun sie wirklich, ehrlich).
Die musikalische Untermalung besteht aus Klavierklängen, die zwar weniger zu den Alien, allerdings gut zum dschungelartigen New York passen. Sie vermittelt eine gelungene Mischung aus nahem Untergang und aufkeimender Hoffnung. Die deutsche Synchro kann gut mit der englischen mithalten, auch wenn Psycho aufgrund seines britischen Akzents mir persönlich besser in seiner Rolle als Helfer und Sidekick gefallen hat, es passt einfach zu seinem Charakter. Prophets Stimmen gleichen sich ziemlich, egal in welcher der beiden Sprachen man spielt.
Fazit – Ein Abschluss, wie ich ihn mag
Ich habe noch nie so wenig Munition in einem Shooter verschossen, wie in Crysis 3. Ich bin von einem Speicherpunkt zum nächsten, von einer Aufgabe zur anderen geschlichen und habe mich teilweise in alte Splinter Cell-Zeiten zurückversetzt gefühlt. Leider kann das Spiel auf der PS3, im Gegensatz zu den anderen Plattformen, grafisch nicht wirklich überzeugen. Auch die Spielzeit ist mit zirka sechs Stunden nicht lange. Aber das sind wir von Shootern mittlerweile ja gewohnt. Die Handlung ist leider relativ nebensächlich und der Multiplayer leidet unter fehlenden Mitspielern. Allen Kritikpunkten zum Trotz muss ich sagen, dass mir der Titel und seine Kampagne viel mehr Spaß gemacht hat, als noch in Crysis 2.
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