Lesezeit: 6 MinutenSeit Jahren herrscht im Genre der Ego-Shooter ein wenig Eintönigkeit. Jahr um Jahr kämpfen die Call of Duties und Battlefields um den Ballerthron. Im Gepäck mehr Bombast, mehr Realismus und noch mehr brisante Bilder, die den Magen des Spielers auf links drehen. Doch nun schreiten die kreativen Köpfe von People Can Fly und Epic Games zur Tat und servieren mit Bulletstorm einen Titel, der wie ein Antidepressivum wirkt: Es ist schnell, abgefahren, kreativ und macht wahnsinnig viel Spaß!
Rache wird am besten mit einem ordentlichen Arschtritt serviert!
Karma ist eine fiese Sache: Grayson Hunt ist Anführer einer Sondereinheit, die sich Dead Echo nennt und unter dem Befehl des Generals Sarrano steht. Unter seinem Auftrag töten sie Waffenschieber, Mörder und korrupte Politiker. Jedenfalls dachten sie das. Wie sich während einer Mission nämlich herausstellt, benutzt Sarrano Dead Echo nur, um Personen auszuschalten, die seiner Machtposition gefährlich werden könnten und allesamt eigentlich nur ihr Leben als normale Bürger fristen. Das gefällt der Truppe um Hunt natürlich eher wenig, weswegen sie dem General den Rücken kehren und sich von nun an als Weltraumpiraten durchschlagen, bis sie dann eines Tages in den unendlichen Weiten auf Sarranos Kreuzer stoßen…
Kurzerhand beschließt Grayson nicht ganz nüchtern, das Schiff zu attackieren, was fürchterlich in die Hose geht: Gerade noch so eben strandet die ehemalige Eliteeinheit unter Verlusten auf einem Planeten, der auf den ersten Blick zum Urlaub einlädt. Doch die Idylle bleibt nur von kurzer Dauer: Mutanten und Psychopaten stören das friedliche Bild erheblich. Und so versuchen Hunt und Ishi Sato, der einzige Überlebende der Crew, einen Weg vom Planeten zu finden. Bis sie merken, das auch Sarrano notlanden musste.
Gesucht: Kreativer Umgang mit Waffen, Peitschen und Stahlkappentretern
Was Bulletstorm aber erst richtig aus dem Genre-Einheitsbrei hievt, ist das sogenannte Skillshot-System. Jeder Kill bringt Punkte, doch gibt es für kreative, coole und anspruchsvolle Kills natürlich eine größere Belohnung. Jede Waffe hat ihre eigenen Skillshots und für die Umgebung gibt es ebenfalls noch mal einen Schlag voll. Insgesamt existieren über 130 unterschiedlicher Skillshots, die in einer Datenbank aufgelistet werden. Damit man auch sehen kann, was man wie machen muss, um sie alle zu sammeln.
Eingestuft werden diese Shots nach ihrem Schwierigkeitsgrad. Jemanden weg zu treten um dann anschließend mit einem ganzen Magazin zu bearbeiten gibt natürlich nicht so viele Punkte, wie jemanden in die Nüsse zu schießen und ihn daraufhin den Kopf abzukicken. Das schimpft sich übrigens Mercy-Skillshot.
Im Laufe des brutalen Abenteuers bekommt Gray natürlich allerhand Waffen zwischen die Finger, die nicht nur zum Experimentieren einladen, sondern auch überraschend ideenreich ausgefallen sind. Natürlich gibt es ein Maschinengewehr, aber auch eine Schrotflinte namens Boneduster, das anstatt zwei gleich vier Läufe besitzt. Die Flailgun beispielsweise schießt Stahlketten, an deren Enden sich jeweils eine Granate befindet und der Penetrator… nun ja, Bohrgeschosse mit Eigenantrieb. Muss man mehr sagen?
Das ist natürlich bei Weitem nicht alles und im späteren Spielverlauf lassen sich auch Sekundarfunktionen freischalten, die noch mehr Abwechslung bringen. Diverse Versorgungskapseln laden dazu ein, den Munitonsvorrat aufzustocken. Als wäre das nicht schon genug, findet sich in Grays Waffenfundus eine Laserpeitsche mit der man Gegner durch die Gegend schleudern und später auch in die Luft katapultieren kann. Außerdem dient sie dazu, Gegenstände heranzuziehen, Schalter umzulegen oder den Weg von Trümmern zu befreien. Komplettiert wird das offensive Arsenal von einer gemeinen Blutgrätsche, die Jürgen Kohler gewiss gut gestanden hätte.
Wie ein Elefant im Porzellanladen
Es ist schon erstaunlich, was der Spieler in der gut acht Stunden langen Odyssee auf dem völlig verkorksten Planeten erlebt. In der Haut von Hunt rutscht man im Sekundentakt von einem Schlamassel ins Nächste. Und immer wieder wird dem ganzen Spektakel noch eine Schüppe draufgelegt. Das wird natürlich süffisant im Stile eines 80er Jahre Actionfilms mit trockenen One-Linern kommentiert. Zugegeben: Tiefgründig ist anders, aber in Anbetracht der momentanen Shootersituation eine willkommene Abwechslung.
Abwechslung ist das richtige Stichwort: Die Locations reichen von trockenen Wüstenabschnitte über malerische Stadtviertel bis zu einer Miniaturstadt, in der man sich wie Godzilla fühlt, den man dann später sogar steuern darf. Darüber hinaus muss auch die eine oder andere Rail-Sequenz absolviert und unter Zeitdruck bestimmte Stellen erreicht werden. Natürlich immer mit mächtig Lärm und Action im Gepäck sowie Bossgegner, die zwar spärlich in Erscheinung treten, dafür aber den Begriff Bossgegner wahrlich verdient haben!
Die gewisse Prise Anarchie!
Hat man die Kampagne beendet ist aber noch lange nicht Schluss im Bulletstorm-Universum, Im Echo-Modus können die bekannten Abschnitte unter Wettkampfbedingungen und bestimmten Waffensets wieder und wieder gespielt werden, um den größtmöglichen Highscore auf die Beine zu stellen. Eine Online-Bestenliste verschafft Klarheit wer den größten… Highscore hat.
Der Anarchie-Modus lädt zum kreativen Metzeln mit Freunden und Unbekannten ein. Maximal zu viert stellt man sich Wellen von Feinden, die dann immer stärker werden, wenn in der vorherigen Runde die erforderliche Punktzahl erzielt wurde. Das geschieht natürlich einfacher, wenn im Team gearbeitet wird. Die Kaserne gibt Einblick auf Statistiken, Erfahrungspunkte sowie Leaderboards. Außerdem lässt sich auch der eigene Charakter ein wenig personalisieren.
Auch äußerlich eine gute Figur
Bulletstorm macht nicht nur Spaß, sondern erfreut auch das Auge. Die Unreal Engine 3 lässt mal wieder ihre Muskeln spielen und zaubert ein grafisch einwandfreies Spektakel auf die Bildschirme. Dabei bedienen sich die Entwickler der kompletten Farbpalette. Es gibt eben noch mehr als nur Erdtöne. Ebenso wie die Panoramen: Es beschleicht einen das Gefühl, als würden die Entwickler absichtlich mit den Aussichten protzen, findet man sie doch nahezu an jeder Ecke. Aber gut, das verlängert dann auch die Spielzeit, wenn man stehen bleibt, um sich die Kulisse anzuschauen. Nur die relativ plumpen und nicht so schön aufgelösten Zwischensequenzen trüben den Eindruck ein wenig. Aber sei’s drum: Bulletstorm macht sowohl auf PlayStation 3 und Xbox 360 eine tolle Figur. Der PC protzt zusätzlich mit höherer Auflösung und besserem Anti-Aliasing.
Die Ohren werden mit satten Soundeffekten attackiert und auch die Musik reicht von epischen Streichorchestern bis hin zu rockigem Gitarrenstrom. Wohl dem, der eine 5.1. Anlage sein Eigen nennen kann.
Die deutsche Sprachausgabe ist gut. Wirklich! Sie fängt zum größten Teil den trashigen Flair ein und auch die markigen (und nicht ganz jugendfreien) Sprüche wurden befriedigend ins deutsche übersetzt. Dennoch muss man einfach zugestehen, dass dem Original-Ton nicht ganz das Wasser zu reichen ist. Das Schamgefühl bleibt trotzdem aus, dass normalerweise eintritt, wenn Spiele in die heimische Sprache vertont werden.
Die deutsche Version zieht den Schwanz ein
Was man von dem Rest der deutschen Version nicht gerade behaupten kann. Zugegeben: Bulletstorm ist derb. Man wird belohnt, Gegner auf möglichst kreative Weise um die Ecke zu bringen. Da gehen auch schon mal Körperteile verloren und der rote Lebenssaft spritzt nur so durch die Gegend, als käme er aus einem alleingelassenen und wildgewordenen Gartenschlauch. Definitiv nichts für Kinder. Aber diese Gewalt wird in dieser Form so überspitzt und comichaft dargestellt, dass erwachsene Gamer wahre Jubelschreie ausstoßen und sich ein befriedigendes Gefühl einstellt. Nicht umsonst ist das Spiel nur für Volljährige.
Dennoch bekam Deutschland eine Version spendiert, in der einfach all’ das fehlt. Extremitäten bleiben brav am Torso und auch von Körperflüssigkeiten fehlt jede Spur. Der Ragdolleffekt wurde ebenso entfernt. Übrig bleibt ein Bulletstorm, dass immer noch gut aussieht, dank der abgedrehten Action Spaß macht, aber keine Seele mehr hat. Das Skillshot-System ist somit auch nur ein Schatten seiner selbst.
Fazit:
Bulletstorm sorgt für gute Laune! Es muss nicht immer nur um Krieg, Atomwaffen und Konflikte mehrerer Nationen gehen. Dafür gibt es die Tagesschau. Während man bei Call of Duty und Co. durch den Moralfleischwolf gezogen wird, bekommt man im neuesten Sprössling der Painkiller-Macher fiese und absurde Instrumente in die Hand gedrückt, mit denen man in einfallsreichen Umgebungen möglichst ideenreich und spektakulär seine Widersacher die Klinke in die Hand drückt. Das alles verpackt in einer krachenden B-Story, die vollgepackt ist mit urkomischen One-Linern und Dialogen, die zum exzessivem Schenkelklopfen einladen. Bulletstorm ist wie gutes Popcorn-Kino der 80er: Laut, hohl und extrem kurzweilig!
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Ich habe es letzte Woche angefangen und befinde mich nun im 2. Akt – langsam aber sicher kommt auch Spaß auf. Der Anfang kam mir eher öde vor und der Funke hat auf sich warten lassen. Nun denn, vielleicht war der Start direkt nach Killzone 3 ein Fehler…hätte Kirby oder ähnliches zuerst anspielen müssen….
Ich fand den Anfang eigentlich ganz cool! Die Szene auf dem Schiff, dann der Flashback an dem Hochhaus und der Absturz. Fand ich eigentlich recht abwechslungsreich.