Lesezeit: 7 MinutenSamus Aran, die coolste und härteste Weltraum-Braut aller Zeiten, kehrt auf der Wii – zumindest teilweise – zu ihren Wurzeln zurück. Denn anders, als die Titel der Metroid Prime-Trilogie handelt es sich bei Metroid: Other M nicht länger um ein Action-Adventure aus der Ego-Perspektive, sondern um einen Sidescroller mit deutlichen Retro-Allüren. Ob das dem Titel eher hilft oder schadet, erfahrt ihr hier.
Metroid ist Nintendos Vorzeige-Sci-Fi-Saga, die nun bereits seit 1986 Spieler begeistert und seitdem ein komplexes Spiele-Universum geschaffen hat. Hier ein kleiner Rückblick über alle bisherigen Teile der Geschichte und ihre Ableger:
1986 Metroid (NES)
1991 Metroid II: Return of Samus (GameBoy)
1994 Super Metroid (SNES)
2002 Metroid Fusion (GBA)
2002 Metroid Prime (GameCube)
2004 Metroid Prime 2: Echoes (GameCube)
2004 Metroid: Zero Mission (GBA)
2005 Metroid Prime Pinball (DS)
2006 Metroid Prime: Hunters (DS)
2007 Metroid Prime 3: Corruption (Wii)
In dieses Gebilde fügt sich nun Metroid: Other M ein. Zeitlich angesiedelt ist es nach den Ereignissen in Metroid Prime 3: Corruption und knüpft erzählerisch an Super Metroid an. Während eines Fluges durch die Galaxie empfängt Samus ein Notrufsignal der Stufe “Baby’s Cry”. Etwas regt sich in ihr und von einer inneren Stimme getrieben nimmt sie Kurs auf die Quelle des Signals, eine verlassene gigantische Raumstation namens “Bottle Ship”.
Dort angekommen stellt Samus fest, dass sie nicht allein ist. Im Hangar, steht bereits ein Schiff der Galaktischen Föderationsarmee. Und wenig später trifft unsere Heldin auch auf eine Soldateneinheit.
Deren Commander, Adam Malkovich, ist Samus’ ehemaliger Vorgesetzter, väterlicher Menthor und damit auch eine Schlüsselfigur zu Samus’ Vergangenheit, die in aller Ausführlichkeit in diesem Metroid-Titel aufgedeckt wird. Außerdem dürfen sich Spieler nicht nur darauf freuen, ihre unerschrockene Heldin zum ersten Mal sprechen zu hören, sondern bekommen sie auch erstaunlich häufig in wunderschönen und pathetischen Renderfilmchen – auch ohne Kampfmontur – zu sehen.
Entwickler Team Ninja, die sich mit Other M übrigens zum ersten Mal an der Metroid-Reihe versuchen wählen einen emotionaleren Weg um die Geschichte der kühlen Weltraumbraut zu erzählen. So dürfen wir an Hand von hollywood-reifen Filmchen immer wieder in die Gedanken- und Gefühlswelt der Frau abtauchen, die schon mehrere Male im Alleingang das Universum gerettet hat.
Los geht’s!
Etwas ist faul auf der Raumstation “Bottle Ship” und als die ersten Leichen entdeckt werden und erste Monster auftauchen, ist das nur allzu deutlich. Fortan kämpfen Samus und die Soldaten einen gemeinsamen Kampf um das Geheimnis von “Bottle Ship” zu lüften.
Die Steuerung
Dem eingefleischten Metroid-Spieler wird neben den toll gemachten Videosequenzen und dem emotionalen Erzählansatz vor allem die Aufmachung des Spiels ins Auge stechen. Der Großteil des Spielgeschehens findet in einem Zwischending aus 2D und 3D statt. Das duftet nach Retro-Feeling, wird allerdings immer wieder mit Gameplay-Elementen der Metroid Prime-Trilogie aufgebohrt.
Einer der entscheidensten Kritikpunkte ist die halbgare Steuerung, die wie das restliche Gameplay zwischen Retro und Moderne feststeckt. Die Idee das Spiel nur mit der Wii-Remote spielbar zu machen, funktioniert in der Pseudo-2D-Ansicht wunderbar. Der Controller wird quer gehalten, das Steuerkreuz dient – wie zu NES- und SNES-Zeiten – zur Bewegung von Samus Aran, geschossen wird mit der “1”, gesprungen wird mit der “2”. Will man den Charge Beam aufladen, hält man die “1” gedrückt, für einen Saltosprung drückt man zusätzlich zur Taste “2” auch noch das Steuerkreuz in die gewünschte Richtung. Die Verwandlung in den Morphball erfolgt per Knopfdruck auf die “A”-Taste, das Bombenlegen in diesem Modus per Taste “1”.
Für den Konzentrationsmodus, also das Nachladen von Raketen, sowie die Heilung unserer Heldin – wird die Remote senkrecht gehalten und die “A”-Taste gedrückt. Allerdings ist man in der Zeit des Nachladens, beziehungsweise des Heilens relativ schutzlos und so agil, wie ein Hinkelstein.
Das wars. Na ja… fast.
Denn hätten die Entwickler es bei der 2,5-D-Spielweise belassen, hätte man nur ein Spiel mit starkem Retroeinschlag bekommen. Doch was die 3D-Metroids ausgemacht hat, war die Ego-Perspektive in der nicht nur geschossen, sondern auch erforscht wurde. Und dieses Element wollten die Macher von Metroid: Other M unbedingt übernehmen. Sehr zum Nachteil des Spiels. Denn so kommt es, dass der Spieler dann und wann in die Helmsicht von Samus schlüpfen muss, um die Umgebung zu scannen. Warum? Nur so lassen sich wichtige Puzzleteile der Story entdecken, Rätsel lösen und den einen oder anderen härteren Gegner mit einer gezielten Rakete Feuer unter’m virtuellen Hintern machen.
Für die Ego-Perspektive muss man die Wii-Fernbedienung senkrecht halten und auf den Bildschirm zeigen. So kann per “B”-Trigger gescannt werden, mit dem A-Knopf geschossen und, bei erfasstem Ziel, auch mit der Rakete geballert werden.
Leider bleibt Samus in dieser Perspektive wie angewurzelt stehen. Bewegen ist nun nicht mehr, was natürlich mit Gegnern in unmittelbarer Nähe keine gute Idee ist. Besonders bei den Zwischen- und bei den Bossgegnern wird der Perspektiv-Wechsel zum Problem. Mal funktioniert der Umsprung einfach nicht, mal verhaspelt man sich beim Wechsel der Wiimote-Haltung mit den Knöpfen.
So kommt es in der Hitze des Gefechtes nicht selten vor, dass man eigentlich eine Rakete abfeuern wollte, stattdessen aber dank leichter Schräglage des Controllers zurück in die 2D-Ansicht wechselt und sich plötzlich als Morphball vor einem riesigen Wurmungeheuer wieder findet, das einen dann auch gleich wie einen leckeren Bonbon verschluckt.
Der Kampf
Ein weiterer wichtiger Punkt neben der Erforschung der Station „BottleShip“ ist natürlich der Kampf gegen allerlei unangenehmes Viehzeug. In der Pseudo-2D-Ansicht muss kaum gezielt werden. Hier schaut man nur grob in die richtige Richtung und drückt auf’s Knöpfchen: den Rest macht der Blaster von selbst. Völlig egal, ob der Gegner gerade zur Seite schlenzt, die Wand hochklettert, oder zu fliegen anfängt. Getroffen wird auf jeden Fall. Das macht das Spiel deutlich arcade-lastiger und ballerfreundlicher, als dies bei den Vorgängern der Fall war. Das ist allerdings nicht weiter schlimm, weil die Bossgegner dafür um so härter zu knacken sind.
Darüber hinaus verfügt Samus über einge sehr schicke Spezialattacken. Der sogenannte Sensemove ist ein wichtiges Feature für geschmeidiges und effektives Kämpfen. Ein einfacher Druck in eine Richtung des Steuerkreuzes lässt unsere Heldin in letzter Sekunde einem Projektil ausweichen. Ist dabei der Beam aufgeladen, kriegen die Gegner als Konter gleich ordentlich was auf die Mütze.
Einige Weltraum-Viecher sind auch nur mit einem Sprung auf den Rücken mit anschließendem Nackenschuss zu erledigen. Dafür ist allerdings ein gutes Gefühl für das richtige Timing unabdingbar. Dazu kommen Nahkampfattacken und Finishing-Moves, die einen Kampf nicht selten optisch und spielerisch aufwerten können.
Während die meisten Gegner dem 2D-Dauerfeuer zum Opfer fallen haben es die Bossgegner faustdick hinter den Ohren. Direkt zu Beginn begegnet ihr einem riesigen, aus Tausenden Weltraumkäfern bestehenden, Ungetüm. Ihm müssen zum Beispiel die Gliedmaßen mit Froststrahlern eingefroren und einzeln abgeschossen werden, bevor ihr ihm den Rest geben könnt. Wenig später droht Samus zu Wurmfutter zu werden, als sie mit gigantischen und wirklich fiesen Würmern in einem Raum eingesperrt wird. Die Würmer tauchen aus den Wänden und der Decke auf und spucken mit purer Energie um sich. Sie müssen jeweils einzeln aus ihrem Versteckt gebombt werden, bevor man sie mit einem gekonnten Charged Beam-Schuss auf den Pelz rücken kann.
Leveldesign und Spielaufbau
Das Leveldesign ist serientypisch wieder herrlich verschachtelt und dank der verschiedenen Sektoren der gigantischen Raumstation auch ziemlich abwechslungsreich. Hier und da finden sich Terminals, die die Holoprojektionen in einzelnen Räumen abschalten, was neben dem optischen Effekt auch den einen oder anderen “Und ich wunderte mich schon”-Gedanken auslöst. Schließlich ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass es auf einer Raumstation plötzlich dichte Urwälder gibt, wo im Gang zuvor noch nacktes technokratisches Design vorherrschte. Sind die Projektoren einmal abgeschaltet entdecken wir verborgene Türen und neue Pfade.
Rücksetzpunkte und Speicherpunkte sind absolut fair gesetzt. So bleibt der Frustfaktor nach der digitalen Jordan-Überquerung recht niedrig. Insgesamt überwiegt wieder jenes düstere, metallische und kalte Design, das man bereits aus allen Vorgängern kennt. Leider bleibt Metroid: Other M auch grafisch hinter seinen Prime-Vorgängern zurück, auch wenn es besser aussieht als 70% der Wii-Software-Kost.
Eine schwere Geburt
Team Ninja versucht den doppelten Spagat: In Sachen Spielmechanik will man auf der einen Seite an die brillanten Vorgänger der Metroid Prime-Trilogie anknüpfen, auf der anderen Seite hat man die 2D-Anleihen an Zeiten des NES und des SNES. Und was das Thema Story angeht versucht man auf der einen Seite eine packende, emotionale Geschichte zu erzählen, bei der der Spieler mehr über Samus Arans Vergangenheit erfährt, als in allen anderen Spielen zusammen, entzaubert aber die Protagonistin und verwandelt sie von einer kühlen Weltraum-Actionbraut zu einem zerbrechlichen 08/15-Mangagirl. Die Tatsache, dass wir hören können, was sie sagt, was sie denkt und was sie fühlt ist schön, um eine Geschichte zu erzählen, allerdings hätte man es bei einer Prise von all’ dem belassen sollen und nicht gleich die Seifenoper-Familienpackung draufklatschen sollen.
Fazit:
Den hohen Erwartungen der treuen Metroid-Spieler-Gemeinde wird das Spiel leider nicht gerecht. Allerdings ist Metroid: Other M meilenweit davon entfernt ein schlechtes Spiel zu sein. Sieht man von den Steuerungsproblemen und der Tatsache, dass der Einsatz von Spezialwaffen geradezu lächerlich in die Story verwoben wird einmal ab, bekommt man ein durchaus solides Action-Abenteuer, dass jede Menge gutes Unterhaltungspotential hat. Bleibt zu hoffen, dass der nächste Teil entweder ganz im Retro-Stil brilliert, oder zu alter Stärke der Metroid Prime-Saga zurückfindet.