Lesezeit: 4 MinutenZum allerersten Mal hat Eurogamer mit seiner Eurogamer Expo, kurz EGX, nach Berlin gerufen und somit auch ein deutsches Standbein der internationalen Messe aufgeschlagen. Neben etlichen Spielen und einigen kommenden Gaming-Blockbustern gab es auf zwei Stages noch ein ausgiebiges Panel- und Talk-Programm, welches für alle Besucher über die drei Tage hinweg zugänglich war. Auch wir haben die Zeit genutzt, um einigen der Panels beizuwohnen und möchten euch die interessanten Vorträge und Diskussionen nicht vorenthalten.
Gaming-Journalismus in Gefahr! Sind Content Creator das Ende der Spiele-Publikationen?
Ganz besonders interessant ist zu Beginn eben dieses gleichnamige Panel, bei dem die Gäste gemeinsam diskutieren, ob Content Creator, oder eben Influencer, dem Gaming-Journalismus den Rang ablaufen. Geladen waren zum Talk Maxi Gräff (Microsoft), Michael Graf (GameStar), Jochen Gebauer (Games Podcast), Gunnar Lott (Visibility) und Ingo Horn (Wargaming), also Vertreter der zwei relevanten Gruppen seitens der PR, ob Publisher oder Agentur, die jeweils auch ihren Hintergrund im Gaming-Journalismus haben sowie aktuelle Journalisten. Auf Twitter wurde während des Talks deutlich gemacht, dass doch ein Influencer im Panel vermisst würde und vielleicht mag sich diese Frage auch der ein oder andere Leser nun fragen. Natürlich hätte ein Influencer die Runde oberflächlich gesehen erstmal abgerundet, jedoch stimme auch ich der Meinung bei, dass ein Influencer so erstmal aber auch nicht viel dazu sagen kann, ob und wie er denn nun den Gaming-Journalismus beeinflusst. Es ergibt durchaus Sinn, dass man in diesem Fall eben nur die beiden Akteure Publisher/PR und Journalist zu Wort kommen lässt, da diese explizit darauf eingehen können, wie sie Influencer-Werbung handhaben, wo die Vor- und Nachteile gegenüber klassischem Gaming-Journalismus liegen und ob Influencer einem als Journalisten eben die Wurst vom Brot klauen. Außerdem gab es für alle Talks und Panels leider nur eine begrenzte Zeit von 45 Minuten, auch wenn die Meinung seitens Content Creator in dem Sinne sicherlich auch interessant gewesen wäre, hätte sie in dem Fall auch kostbare Redezeit in Anspruch genommen, um nur oberflächlich am Thema zu kratzen.
Noch ein kurzer Disclaimer an dieser Stelle, dass ich die Diskussion nicht in ihrer eigentlichen Reihenfolge wiedergeben werde, sondern diesen Artikel an den gebrachten Argumenten und Kernaussagen orientiere und strukturiere.
Sind wir nicht alle Influencer?
Schauen wir uns nur das Wort Influencer an, so ist die Definition recht einfach. Wenn wir mit unserer Meinung auch nur eine Person beeinflussen, haben wir schon erfolgreich geinfluenced. Wir lassen uns von Menschen beeinflussen, deren Meinung wir schätzen, deren Erfahrungen wir vertrauen und die vielleicht schon in der Vergangenheit eine ähnliche Auffassung und einen ähnlichen Geschmack wie wir bewiesen haben. Und letztendlich geht es uns doch genau so, wenn wir Beiträge, ganz speziell Reviews, von Journalisten lesen, oder etwa nicht? Beispielsweise weiß der fleißige IKYG-Leser, dass Lus Steckenpferd die Dark-Souls-Reihe ist und vertrauen vielleicht eher ihm in seiner Meinung zu einem Souls-like als Daniel, während André der Mann für Visual Novels sein mag und Chucky ein Ass im Ärmel bei Kartenspielen hat. Macht ein Leser seine Kaufentscheidung von einem Review abhängig, geht er in diesem Moment eine Art Vertrauensvertrag mit dem Rezensenten ein, der in dem Fall mit seiner (zwar möglichst objektiven) Meinung für das Spiel bürgt (zumindest ist dies meine Schlussfolgerung, auch wenn diese Aussage so nicht Teil des eigentlichen Panels war).
Und natürlich kann es sein, dass man etwaigen Journalisten nun auch auf Twitter, Instagram oder sonst wo folgt und sich eben plötzlich auch von deren privaten Meinung, oder gar Privatleben, beeinflussen lässt. ”Ach, der Chucky hat gerade getwittert, dass er privat eine Runde Mau Mau spielt? Dann scheint das ja ganz cool zu sein, vielleicht versuch ich das auch mal, immerhin teilen wir unseren Geschmack was Hearthstone angeht”. So, oder so ähnlich. Natürlich tritt in diesem Zusammenhang der Journalist nicht mehr als Journalist, also als Angestellter des jeweiligen Mediums, auf, sondern privat. Oder eben schon als Influencer, ob man diese Bezeichnung mag, sich damit identifiziert oder nicht.
Influencer killed the gaming editor
Aber in wie weit beeinflussen Influencer denn nun den Gaming-Journalismus? Um direkt vorab die einstimmige Meinung vorweg zu nehmen: nein. Die Wirkung und Werbung, die ein Content Creator für ein Produkt erzielen kann, sind eine andere als die von Journalisten. Je nach Kampagne, die aufgezogen wird, lohnt es sich mehr auf Influencer zu setzen oder eben klassischere Presse-Outlets. Während Themen über Games-Medien breiter gefächert ausgeliefert werden können und am Ende eventuell eine breitere Leserschaft erreichen, heißt es nicht, dass sie bei jedem Leser eine Punktlandung hinlegen, heißt jeden auch interessieren. Hierfür wurden in der Diskussion schöne Beispiele vorgetragen. Möchte die Firma beispielsweise eine Konsole dem breiten Markt vorstellen, so sind für technische Details, Vergleiche etc. journalistische Outlets, die das Thema breit ausliefern und auf viele Interessenten, die vielleicht so nicht direkt nach dem Thema gesucht haben, treffen, vielversprechender. Soll jedoch der neue Nischen-Titel beworben werden, verfehlt diese Streuwirkung einen Großteil. Hier bietet es sich eher an, einen passenden Content Creator, oder eben Influencer, zu suchen, der bereits tief in diesem Themengebiet verankert und gerade deswegen und dafür bekannter ist. Hier sammeln sich Fans des Nischen-Genres, die eher auf das Produkt anspringen als der allgemeine Gaming-Fan.
Koexistenz von Influencer und Journalist
Und so kommt es nicht nur, wenn es um die Gunst der Publisher und Werbemittel geht, zu einer funktionierenden Koexistenz von Infleuncern und Jouernalisten. Niemand nimmt dem anderen was weg, eher werden die Möglichkeiten durch Content Creator erweitert. Nicht nur für die PR-Schaffenden seitens der Entwickler und Publisher, auch für den Konsumenten. Eine Gaming-Publikation kann zwar mit ausführlichen Specials auffahren, wird jedoch kaum die Zeit haben, ein (Nischen-)Thema ausführlich (und vielleicht ausschließlich) zu behandeln.
Und zu guter Letzt darf man nicht verachten, welche Mühe und welches Talent auch von Content Creatorn mitgebracht werden muss. Viele tendieren dazu, Influencer zu belächeln und geben vielleicht gerade deswegen mehr Wert auf die Meinung von Journalisten, weil hier noch eine klassische Ausbildung hinter dem Berufsweg steht. Doch auch wenn der Content Creator die Person ist, die vom Schreibtisch zuhause im Keller aus agiert, darf man nicht vergessen, wie viel dazu gehört, wirklich eine Followerschaft zu generieren. Denn nicht jeder, der es versucht, ist auf der Bildfläche, sondern nur die, die hart dafür gearbeitet haben, respektiert und in ihrer Meinung wertgeschätzt werden. Und das geht in den meisten Fällen eben nicht nur mit 30 Minuten Arbeitsaufwand am Tag.
Problematisch wird es da für mich, wenn Geld fließt. Gleich vorweg, ich verstehe das jeder Geld verdienen muss. Darum geht es nicht. Du hast in diesem Artikel gut beschrieben welche Vorteile Journalismus und welche Influencer haben. Und wenn von allen Seiten offen damit umgegangen wird, wie es auch in finanzieller Hinsicht läuft, dann muss ich die Art und Weise nicht gut finden, aber es ist an sich erstmal okay. Ich kann aber eine Meinung nicht ernst nehmen, wenn ich nicht weiß, dass eine PR oder ein Publisher etwas dafür gegeben hat, damit ein Influencer dies oder jenes über das Spiel sagt. Das hat natürlich auch damit zu tun, inwieweit ich eine Person und deren Spielegeschmack kenne. Da brauche ich dann keinen Influencer der mir sagt, dass Spiel XY das krasseste ist. Wenn mir ein LeFloid oder ein Gronkh sagt, dass dieses oder jenes Spiel gut ist, dann hat das für mich keinen Wert, da ich sie zum einen nicht kenne und zum anderen weiß, dass es vorkommt, dass sie für Werbezwecke eingekauft wurden.
Ja, ich denke da kommt es auch einfach generell noch darauf an, was für ein Typ man ist. Ich kaufe jetzt auch nicht instant etwas, was mir jemand zeigt, vor allem wenn ich weiß, dass dahinter eine bezahlte Promotion steht. Aber wie im Artikel auch angesprochen, gerade in nischigeren Feldern ist man vielleicht froh über die Empfehlung, weil das Spiel sonst an einem vorbei gegangen wäre.
Du hast da mit Gronkh und LeFloid ja sehr große Namen genannt, aber es gibt ja auch kleinere Influencer, die sich eher nur im 10k-Abo-Bereich befinden und auch nicht unbedingt jeder kennt, die aber schon eine Vielzahl an Leuten erreichen und wo es für einen Publisher schon interessant sein kann, mit denjenigen zusammen zu arbeiten.
Ja klar. Das sollte ja auch eher den Punkt klar machen, dass je größer der Name ist, desto wertloser ist für mich die Aussage, ob ein Spiel gut ist. Darum geht es mir. Wenn mir Lu etwas zu einem Soulslike Spiel erzählt, dann vertraue ich seiner Meinung eher, als wenn das ein großer YouTuber sagt, der mir einen Monat vorher sagt, dass ein anderes Spiel total super ist. Meinem Gefühl nach geht es da weniger darum, ob die Person zum Spiel passt, sondern mehr um den Namen. Sicherlich tue ich da manchem auch unrecht. Aber meiner Meinung nach sollte das Produkt Werbung genug sein. Und kleine Indietitel werden sicher nicht auf die großen Namen zurückgreifen können.