Non-Reviews
0 Kommentare

1-2-3-4 – Pixel & Polygone

von am 19. November 2022
 

Lesezeit: 5 MinutenDie Zeit ist gekommen für eine neue Runde 1-2-3-4! So kurz vor unserer Winterpause dreht sich alles um das Thema Grafik. Ob glänzende Rüstungen, wehendes Haar und hochauflösende Texturen, Grafik macht schon einiges aus. Oder vielleicht doch nicht? Das schöne an diesem Thema ist, dass es viele verschiedenen Geschmäcker in Sachen Grafik gibt. Die einen stehen auf Grafikmonster und hohe Bildwiederholungsraten, die anderen mögen es am liebsten stilisiert oder retro pixelig. Ein richtig oder falsch gibt es nicht. Manche Videospiele beeindrucken uns aber mit ihrer Grafik. Vielleicht sogar so stark, dass es uns nicht mehr aus dem Kopf geht. So wie Super Mario 64, welches damals schon ein echt großer Schritt in die 3D-Welt war. Wir wollen uns heute ein paar Meinungen zu diesem Thema einholen und haben dafür so wie immer tatkräftige Experten-Unterstützung im Schlepptau.

Was ist 1-2-3-4? Ganz einfach: 1 Redaktionsmitglied wirft im 2-Wochen-Rythmus 3 Fragen zu einem Thema auf und 4 Menschen beantworten diese Fragen dann. Eben “1-2-3-4”. Drei dieser Menschen sind Gaming-Experten mit unterschiedlichsten Professionen: Redaktionsmitglieder anderer Media-Outlets, Influencer, Podcaster, Entwicklerinnen und Entwickler und andere Brancheninterne, sowie Ehemalige. Die Mischung macht’s!

Meine Gäste zu diesem Thema sind:

David May, Chefredakteur bei Zockwork OrangeZockwork Orange
Markus Jakob, Streamer, Gründer & Podcaster bei Backloggerz – backloggerz.de
Phillip Ogunfojuri, Games Culture Influencer – playr.one
Mykel Jay beantwortet dieses Mal die Fragen als IKYG-Team-Mitglied.

Los geht’s!!!

Grafik kann ein sehr wichtiger Bestandteil eines Videospiels sein. Wie wichtig ist dir Grafik in Videospielen?

David May: Die Grafik eines Spiels ist mir tatsächlich überhaupt nicht wichtig und meist nur ein netter Bonus. Wenn ein Spiel ein interessantes Gameplay oder eine spannende Story hat, ist die Grafik für mich nebensächlich. Aber auch bei mir gibt es Spiele, die mich zuerst durch die Grafik (oder Optik) überzeugen konnten. Sable aus dem letzten Jahr war so ein Spiel, bei dem ich mich direkt in den Grafikstil verliebt habe. Hätte es anders ausgesehen, hätte ich das Spiel vermutlich gar nicht beachtet, hier war die Comic-Optik aber eigentlich auch das Herausstellungsmerkmal das Spiels.

Ich finde aber, die unterschiedlichsten Spiele können einen super unterhalten und da ist es für mich egal, ob sie High-End-Grafiken haben oder vielleicht total minimalistisch und abstrakt aussehen. Backbone, Unpacking oder Spiritfarer sind drei Games der letzten Zeit, die mir da einfallen, die trotz reduzierter Grafik einfach wunderschöne Spielerlebnisse boten.

Markus Jakob: Prinzipiell nicht wirklich, am Ende kommt es auf den Spielspaß an – Nintendo machen das ja seit Jahren vor und behalten mit diesem Ansatz Recht. Natürlich zählt irgendwie der erste Eindruck, wenn man so durch die Shops scrolled, dann ist die Aufmerksamkeit bei einer unglaublichen Grafik schon ungleich höher, als wenn man ein grafisch total reduziertes Game sieht. Aber wenn Du mich fragst, ob ich lieber ein Nidhogg oder zuletzt ein Pico Park spiele, die einfach nur Spaß machen, oder das drölfte Assassin’s Creed, das zwar geil aussieht, aber gefühlt wiedergekäut sein Großvater ist… dann liegt die Antwort auf der Hand. Oder schau Dir Fortnite an – das ist zwar kein Pixel-Shooter, aber grafisch nun wirklich nichts besonderes – der Spielspaß, den es perfektioniert hat, steht weit im Vordergrund.

Phillip Ogunfojuri: Grafik hat für mich einen extrem hohen Stellenwert. Aber damit meine ich nicht (nur), wie technisch fortgeschritten das Spiel ist, sondern vielmehr, wie das Gesamtbild ist. Passt die Artdirektion? Wie viel Detailverliebtheit steckt in der Welt? Bewegen sich die Figuren wie ein frisch erwachter Pinocchio oder smooth wie Simba in König der Löwen? Ich vergleiche das gerne mit Filmen: Dune kann ich man sich auch gut einer alten VHS ansehen. Klar, in 4K und HDR sicher viel geiler, aber “Grafisch” ist es dennoch eine Wucht!

Mykel Jay: Liebe auf den ersten Blick muss es nicht direkt sein, aber natürlich ist der erste Eindruck bei einem Videospiel ein rein optischer, es sei denn, der Name verrät eine bekannte Reihe. Dann und wann schafft es ein Grafikstil sogar, dass ich mich für ein Spiel interessiere obwohl mir Franchise oder Genre überhaupt nicht zusagen. Und wenn ich völlig jungfräulich mit einem neuen Spiel konfrontiert werde, bei dem mich der Grafikstil anspricht, dann bin ich angefixt. Zumindest solange bis ich einen Einblick in Genre, Gameplay, Setting und Story erhalte. Also ja: Grafik, ganz besonders der Grafikstil ist immens wichtig. Und dabei muss es nicht mal hochrealistisch zur Sache gehen. Es muss einfach passen.

Welches Videospiel hat Dich bei dessen Release mit seiner Grafik aus den Socken gehauen?

David May: Hier muss ich direkt die Retro/Nostalgie-Keule schwingen. Ich habe schon häufiger gedacht, dass einen nie wieder etwas so aus den Socken hauen wird, wie es damals passierte, als Videospiele in die dritte Dimension gehoben wurden. Für mich als Nintendo-Kind war zum Beispiel damals Wave Race die Offenbarung in Sachen Grafik schlechthin. Aus heutiger Sicht vermutlich kaum nachvollziehbar, aber ich fand es damals total beeindruckend. Heutzutage kann man ja fast beliebig viel aus einem Spiel herauskitzeln, wenn man das nötige Kleingeld für die Grafikkarte hat, aber so einen richtigen Sprung wie damals, als 2D durch 3D abgelöst wurde, gab es irgendwie nicht mehr.

Markus Jakob: Zuletzt Demon’s Souls auf der PS5. Ungeachtet dessen, dass Souls Games sowieso eine unfassbar dichte Atmosphäre haben, so ist das Remake einfach eine 10/10 in allen Belangen und die Grafik macht das Spiel unwiderstehlich. Bei jedem neuen Spielen, erwische ich mich, wie vor den Toren Boletarias stehe und einfach durch die weitreichenden Landstriche, auf die Zinnen der Burg, in die dunklen Gassen der Stadt schaue und es richtiggehend bewundere. So intensiv ist mir das noch nie passiert.

Phillip Ogunfojuri:Puh, da gibt es viele. Ad hoc fallen mir da Super Mario 64 und vor allem der Startbildschirm, Star Fox, Perfect Dark, God of War 3, Killzone 3, Street Fighter III 3rd Strike, Uncharted 4: A Thief’s End, und Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots ein. Jedes Spiel hat mir technisch oder künstlerisch gezeigt, was möglich ist, wenn man das Entwicklerteam das unmögliche machen lässt. Abgesehen davon habe ich jedem mein: “Bist du deppert, sieht das geil aus”-Seal of Approval gegeben.

Mykel Jay: Das bescheuerte an dem immer wahnwitziger werdenden Realismusgrad ist: Vor zehn Jahren dachten wir schon: Was soll da noch kommen? Und mit dem ersten Forza Horizon war für mich der Moment gekommen, bei dem ich dachte: mehr Realismus braucht es doch gar nicht. Bei Far Cry 2 ging es mir ähnlich. Es gab da so eine kleine Hütte an einem Fluss. Dahinter lagen Wiesen und ein sanft ansteigender Hügel. Ich hatte einen Speicherstand auf der Xbox 360, der mich zur perfekten Uhrzeit zwischen Hütte und Fluss stehen ließ. Im Hintergrund grasten wilde Tiere und die untergehende Sonne tauchte den Himmel und alles um mich herum in ein spektakuläres Licht.

Gibt es einen bestimmten Grafikstil, der dich einfach immer wieder packt?

David May: Ich mag Spiele im Comic-Stil, Cel-Shading, aber auch gute Pixelart – auch wenn das etwas overused ist – geht fast immer. Schöne Noir-Games oder neonbunter Cyberpunk sind eigentlich auch nie verkehrt.

Markus Jakob: Comicgrafik wie bei The Curse of Monkey Island oder Day of the Tentacle, der ja aktuell auch bei den neuen Larry-Teilen oder auch Baphomets Fluch aufgegriffen wird, fasziniert mich seit jeher – vor allem auch, wie vielschichtig er sein kann. Verschoben und etwas crazy, etwas niedlich oder aber auch eher seriös. Aber auch diesen Stil, den Guacamelee geprägt und erst kürzlich von Return to Monkey Island ähnlich genutzt wurde, finde ich wunderschön. PixelArt geht auch immer, wenn es schön umgesetzt ist – diese Stile haben definitiv mehr Charisma als jeder noch so realistische Ansatz, der von den meisten Games verfolgt wird und sich kaum voneinander abhebt.

Phillip Ogunfojuri: Ich würde nicht unbedingt Grafikstile, sondern eher Details sagen. Meiner Meinung nach kann ein Spiel noch so viele Polygone, High-Res-Texturen und fancy-ass-shader besitzen. Wenn ich keine liebe zum (unnötigen) Detail sehe, entlockt man mir maximal ein halbherziges Schulterzucken. Es sind so Minidetails, wie wenn Kratos seine Leviathanaxt zurückruft und Gräser und Blätter glaubhaft im Wind bewegen, die Mimik in The Legend of Zelda: The Wind Waker, “der Mantel” in Watch Dogs oder was auch immer Naughty Dog in ihrer Hexenküche zubereiten.

Mykel Jay: Oh ja. Cel-Shading-Look hat mich vor dem Release von „The Legend of Zelda: Windwaker“ nicht die Bohne interessiert. Damals gab es einen riesigen Wirbel um den Grafikstil dieses fantastischen Zelda-Titels. Vielen hartgesottenen Fans war das zu kindisch, zu verspielt, zu weich. Ich liebte das. Look & Feel ist eine Beziehung, die sich ergibt, das eine erschafft man und das andere erlebt man, wenn die Gesamtpackung stimmt. Das galt 2003,das galt beim HD-Neuaufguss. Und witziger Weise bleibe ich erstmal bei jeder neuen Ankündigung im Cel-Shading-Look kleben.

Sei der Erste, der kommentiert!
 
Kommentiere »

 

Du musst eingeloggt sein zum kommentieren