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The Evil Within – Jetzt wird zurückgegruselt!

von am 5. November 2014
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Lesezeit: 7 MinutenMit The Evil Within will Resident Evil-Mastermind Shinji Mikami weg von der Action-Last der letzten Titel und zurück zu den Wurzeln seiner Horrorschöpfungen: dem guten alten Survival-Horror! Schafft das Spiel, woran namhafte Serien und große Marken zuletzt scheiterten? Unser Gast-Autor Rainer Schauder hat das Spiel ausgiebig gespielt und seine Eindrücke dieses “bluttriefenden Blumenstraußes der Verdammnis” – wie er es nennt – hier niedergeschrieben.

Es ist nun mehr als vier Jahre her, dass die Indie-Szene mit Amnesia: The Dark Descent dem Mainstream eine lange Nase zeigte, indem es eine Welle von neuartigen Horrorspielen ins Leben rief und die einst etablierten Serien in den Staub schickte. Nachdem Resident Evil der verwestlichten Michael Bay-Effekthascherei verfiel, Silent Hill sich seinem Pragmatismus ergab und sich die restlichen Überbleibsel der glorreichen Playstation 2-Ära in Luft auflösten, schienen die unabhängigen Studios zum Vorreiter des Schreckens zu werden und ein Revival des Genres einzuläuten. Gerade Resident Evil, welches einst das Konzept von Alone In The Dark perfektionierte, gilt mit der Erschaffung des Begriffs Survival-Horror als Speerspitze für Horror in Videospielen. Nun ist dessen Schöpfer Shinji Mikami mit seinem neuen Studio Tango Gameworks zurück und verspricht mit The Evil Within die Rückkehr zu alten Qualitäten. Ich hoffe also auf eine ordentliche Portion Furchtgedöns!

Warum wundern? Japan halt!

Es sollte ein ganz (para)normaler Auftrag werden, aber letztendlich kam alles anders, als erwartet! Ziemlich abgedroschener Einstieg, aber genauso startet The Evil Within mit einer Falluntersuchung im “Beacon Mental Hospital”, einer Irrenanstalt. Detective Sebastian Castellanos ist euch hierbei als abgeklärter Ermittler auf den Analogstick geschneidert und kümmert sich, mit seinen Kollegen Joseph Oda und Detective Julie Kidman im Schlepptau, um einen Massenmord, der sich in der Klapse zugetragen haben soll. Dort angekommen offenbart sich ihnen ein Bild der Verwüstung, ausgezeichnet durch einen Haufen Leichen und dem einzigen Überlebenden, in Form von Dr. Marcelo Jimenez.

Als Sebastian kurz darauf von einem mysteriösen Gegenspieler überwältigt wird, erwacht er mit dem Kopf von der Decke baumelnd im grotesken Abbild einer Schlachterei, dessen Metzger er sich zunächst erwehren muss. Mit Mühe und Not gelingt ihm die Flucht aus dem Hospital, glücklicherweise mitsamt seinen Kollegen, dem Doktor und dem Patienten Lesley Withers. Als der Polizeiwagen aufgrund eines Erdbebens verunglückt, erwacht Sebastian in einem dunklen Wald, welcher der Start einer morbiden Odyssee durch diverse Alptraumszenarien bedeutet. The Evil Within liefert einen spärlichen Einstieg, der keine Zeit für Fragen und noch weniger Zeit für Erklärungen lässt.

Gerade in den ersten Missionen wirkt die Handlung ziemlich unzusammenhängend, als hätte man lieblos diverse Horrorklischees aneinander geklatscht. Spätestens wenn Sebastian einen zerbrochenen Spiegel fokussiert und dadurch in einer heruntergekommenen Nervenheilanstalt aufwacht, um dort per elektrischem Stuhl seine Fähigkeiten zu verbessern, ist der Mindfuck perfekt. Ein Zusammenhang und eine Form von Struktur werden zum Glück nach dem ersten Viertel nachgeholt, bis dahin muss man die Abläufe einfach auf sich wirken lassen. Warum befindet sich Sebastian in dieser verstörenden Welt? Was hat es mit der Irrenanstalt auf sich? Wer ist der mysteriöse Gegenspieler? Welche Bedeutung hat der Patient Lesley? Wo beginnt der Alptraum und wo beginnt die Realität?

Ohne zu viel verraten zu wollen: Das sind die Fragen, um die sich die Handlung von The Evil Within dreht. Es wirft euch in eine komplett absurde Ausgangssituation, um letztendlich alle Rätsel zu lösen, bis sich das Ganze zu einem halbwegs plausiblen Gesamtbild zusammenlötet. Das Ganze funktioniert leider zum größten Teil nicht als tragende Komponente des Spiels, da die Storyfetzen zu verwirrend und geheimnisvoll sind, als dass sie Neugier und einen packenden Spannungsbogen erzeugen könnten. Dieser Fakt schließt jedoch diverse Wendepunkte und Lichtblicke, die Abwechslung in die Handlung bringen, nicht gänzlich aus.

The Evil Within - Die Welt des Bösen

Let’s Play, like it’s 2005!

Ich lasse die Katze mal direkt aus dem Sack: Das Gameplay von The Evil Within ist je nach Sicht der Dinge entweder altbacken oder traditionell. Ihr blickt Sebastian über die Schulter, während er sich durch die unterschiedlichen Gruselkulissen bewegt und schießt. Ein Vergleich zu Resident Evil 4 oder Shadows Of The Damned ist nicht von der Hand zu weisen, dementsprechend sind die Schusswechsel alles andere als präzise, was jedoch durch das träge Verhalten der Gegner ausgeglichen wird. Diese bewegen sich entweder schleppend auf euch zu oder rennen sporadisch drauflos, halten jedoch bei jedem Treffer inne. Das ganze Konzept kennen wir bereits vom großen Vorbild. Dennoch sind die Kämpfe um einige Variationen und Kniffe verändert worden, die einen Funken Strategie mit sich bringen. Sebastian kann nämlich auch schleichen und sich dadurch nicht nur ungesehen an die Gegner heranpirschen, um sie mit einem Stealth-Kill zu überraschen, er kann sie auch mit herumliegenden Flaschen, die in die Umgebung geworfen werden, ablenken. Diese Methode passt zum Grundgedanken von Survival-Horror, der ständigen Munitionsknappheit, der man sich auch in The Evil Within stellen muss. Der Nahkampfangriff ist nämlich selbst auf dem höchsten Level immer noch eine absolute Notlösung und dient hauptsächlich zum spontanen losreißen von Gegnern. Als letzte Instanz können auch Schränke als Versteck benutzt werden.

Das Waffenarsenal entspringt mit Pistole, Schrotflinte und Scharfschützengewehr dem blutigen Standard. Die Ausnahme bietet eine Armbrust mit unterschiedlichen Bolzen, wie Explosivbolzen, Elektrobolzen, Frostbolzen oder Bolzenbolzen. Ist die Armbrust erstmal gespannt, können deren unterschiedliche Effekte strategisch auf die jeweilige Situation angewendet werden. Die Bolzen können mit gefundenen Einzelteilen hergestellt werden, die entweder in der Umgebung herumliegen oder entschärften Fallen entnommen werden. Ja, die Welt ist gespickt mit Bären-, Stolper- oder Säurefallen. Ihr solltet also auf der Hut sein, wenn ihr euch durch die Areale bewegt.

Feuer ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Gamesplays, denn die Gegner besitzen ein morbides Schadensmodell aus zerfetzten Körperteilen und sind dementsprechend hart im Nehmen. Sie anzuzünden bedeutet den direkten Tod, was sich natürlich positiv auf euren Munitionsbestand auswirkt. Zu diesem Zweck gibt es nicht nur Molotowcocktails, sondern auch Streichhölzer, mit denen am Boden liegende Untote einfach mal angezündet werden. Die ganzen Utensilien inklusive Heilungsspritzen liegen natürlich in der Umgebung herum, die ihr akribisch absuchen solltet. Kurios sind unzählige Behälter mit grünem Gel, welches Sebastian ebenfalls sammeln kann, um es als Währung für Upgrades auszugeben. Diese Verbesserungen unterteilen sich in die Attribute der einzelnen Waffen, der körperlichen Verfassung und der Größe des Inventars für die einzelnen Items.

Das Gegnerdesign verhält sich neben ein paar Ausnahmen grundlegend minimalistisch mit menschlichen Untoten und leichten Variationen derselben. Ausnahmen bilden schwere Endbosse, die zwar ebenso hin und wieder langweilige Klischees bedienen, vereinzelt aber auch ein erfrischend-skurriles Design aufweisen und euch in bedrohende Panik versetzen. In jedem Fall sind die Animationen und das Trefferfeedback sehr überzeugend und fügen sich nahtlos in die stimmige Atmosphäre ein. Abseits davon werdet ihr je nach Situation immer wieder vor neue abwechslungsreiche Aufgaben gestellt, die oft von verschiedenen Monstertypen oder der Kulisse abhängig sind und verhindern, dass die Schusspassagen zu repetitiv werden.

Patchwork-Gamedesign zwischen Gut und Böse!

Das Problem an dieser Ansammlung von Möglichkeiten ist, dass sich The Evil Within oft im Genre vergreift. Während das Spiel gerade zu Beginn auch gerne mal weitläufige Areale bietet, ist die flexible Option zwischen Stealth und Action durchaus zuvorkommend und bietet eine individuelle Herangehensweise. Jedoch gibt es ebenfalls Abschnitte, die klar auf Action gemünzt sind und je nach vorherigen Entscheidungen vom Munitionsmangel beherrscht werden. Gerade in dieser Hinsicht das Inventar zu begrenzen, beißt sich mit Teilen der Action und der undurchsichtigen Priorisierung des Ressourcenmanagements, aber auch mit dem Verwenden der Upgrades. Eben gab es noch Munition an jeder Ecke und daher verstärke ich meine Waffen, jetzt bin ich absolut hilflos, weil ich nicht das Inventar erweitert habe und mich nun ohne Patronen nicht zur Wehr setzen kann. Das Recyceln von Fallen zu Bolzen ist hierbei der letzte, mühselige Strohhalm. Glücklicherweise sind diese Momente im Verhältnis zur großzügigen Spieldauer rar gesät, jedoch ist der unnötige Frust, gerade nach der Hürde des abgedrehten Einstiegs, ein großer Störfaktor.

Anders verhält es sich mit dem optischen Design, was an Abwechslung kaum zu überbieten ist. Was mit lieblosen Horrorklischees beginnt, wird letztendlich zum immer wiederkehrenden Überraschungsmoment, der die Spannung innerhalb der unterschiedlichen Abschnitte trägt. Mit jedem beendeten Kapitel schwingt die Frage mit, welche Ausgangssituation und welche dazugehörige Bedrohung als nächstes auf einen lauern, mal rostig, mal abstrakt, mal bizarr, mal friedlich, mal düster. Es sind derart viele Facetten vorhanden, welche die Atmosphäre des Spiels fast schon per Zufallsprinzip beeinflussen und stets beeindrucken. Ob es jetzt ein altes Schloss mit abartigen Forschungslaboren aus aufgeschnittenen Körperteilen, ein triefendes Kanalisationssystem oder eine postapokalyptische Großstadt ist, die Präsentation überzeugt, obwohl sich das Spiel noch in der grafischen Gradwanderung zwischen den Konsolengenerationen befindet. Das Mysterium rund um die eigentliche Handlung spitzt sich ebenfalls Kapitel für Kapitel weiter zu und vereinnahmt immer mehr die Nervenheilanstalt, die eigentlich ein Ort der Ruhe, des Abspeicherns und Auflevelns ist. Auch hier verändert sich die Kulisse, die Anspielungen auf Personen innerhalb der Story bietet und nebenbei die Lebensgeschichte von Sebastian erzählt. Somit schwingt ein ständiges Mysterium über dem Spiel, welches mit der Abwechslung in Gameplay und Design die große Stärke ist, sofern man sich damit abfinden kann, den Sinn des Ganzen nicht auf dem Tablett serviert zu bekommen. Gruselig ist das Spiel jedoch kaum. Der Horror ergibt sich durch die optische Gestaltung der Areale und die grafische Gewalt innerhalb der Kämpfe. Das Ganze obliegt eher klassischer Natur und zielt nicht auf die Psyche ab, sondern auf Dunkelheit, Blut, Gedärme und Ekel, was durch eine überzeugende Geräuschkulisse fachgerecht unterstützt wird. Konstante Angst oder Jumpscares dürft ihr hier also nicht erwarten, dennoch aber einen Haufen grotesk-verstörender Kulissen und frisch-morbide Ideen, die auch spielerisch gut umgesetzt wurden.

Fazit

The Evil Within wird eher Nostalgiker anstatt Innovationssucher bedienen. Gerade Fans, die den qualitativen Abstieg von Resident Evil nach dem vierten Teil verfluchen, werden hier ihr Revival erleben, da die Spielprinzipien sich wirklich sehr ähneln. Darüber hinaus kombiniert The Evil Within viele zusätzliche Gameplay-Mechaniken und abwechslungsreiche Locations zu einem bluttriefenden Blumenstrauß der Verdammnis. Einzig und allein die Handlung und das zunächst verwirrende Pacing machen das Spiel letztendlich zum potentiellen Nischenprodukt für japanophile Horrorfans, die sich noch heute mit Sehnsucht an die alte Playstation 2-Zeit erinnern. Im Trend der neuen Welle von minimalistischen Psycho-Horror-Games kann The Evil Within nicht mitschwimmen, überzeugt aber dennoch durch solide Horror-Action und einem fantastischen, morbiden und facettenreichen Design.

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